Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.09.2021, RV/6200035/2016

Beurteilung, ob Entledigungsabsicht bei gelagertem Bodenaushubmaterial vorliegt (subjektiver Abfallbegriff)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***GmbH in Liqu.***, ***GmbH-Adr***, vertreten durch ***Ing***, ***Ing-Adr***, als Verwahrer über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Salzburg (nun Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***600000/00000/8/2014***, betreffend Altlastenbeitrag, Säumniszuschlag und Verspätungszuschlag zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer Zollkontrolle haben Organe des Zollamtes Salzburg am in der Gemeinde ***E*** auf dem Grundstück ***KG1***, Ablagerungen von Baurestmassen und Schotter festgestellt. Laut Auskunft des Grundstücksbesitzers, ***MK***, dulde er diese Ablagerungen in Absprache mit der ***GmbH*** (nachstehend "GmbH"), ***GmbH-Adr***. Das Material sei dort seit Herbst 2013 gelagert und solle als Unterbau (Frostkoffer) für eine nahe gelegene Straße dienen.

Die GmbH hat dem Zollamt auf Anfrage mit Schreiben vom zusammenfassend mitgeteilt, es handle sich um Schüttmaterial ohne bodenfremde Bestandteile (Naturmaterial) für den Straßenunterbau (Frostkoffer), das nicht als Abfall nach dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG 2002) einzustufen sei. Das Material - insgesamt ca. 400 m3 - sei zum Zweck der Zwischenlagerung und weiteren Verwertung am und am von einem Bauvorhaben in ***W*** auf Veranlassung der GmbH abtransportiert worden. Es diene zur weiteren Verwendung zum Straßenbau bzw zur Fahrflächenbefestigung entsprechend dem Bebauungsplan ***K***.

Zur Beurteilung, ob es sich bei der gegenständlichen Zwischenlagerung um Abfall handelt, hat das Zollamt weitere Informationen und Unterlagen von der GmbH angefordert.

Mit Schreiben vom hat die GmbH durch ihren damaligen Vertreter eine Stellungnahme übermittelt und Unterlagen (Rechnung und Lieferschein der ***WE*** vom September 2012, Prüfbericht der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg) vorgelegt. Das zwischengelagerte Aushubmaterial der Qualitätsklasse A+ falle nicht unter die Bestimmungen des § 3 Abs 1 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG), insbesondere handle es sich dabei nicht um Abfälle im Sinne des AWG 2002. Das in Rede stehende Material stamme von der Baustelle des von der GmbH betriebenen ***Wohnbauprojekts*** in ***W*** und diene als Schüttmaterial bzw zur Bodenverbesserung. Teile des Materials seien für den Einbau bei der Wohnhauserrichtung (Zuhaus) des Liegenschaftseigentümers ***MK***, ***MK-Adr***, auf dessen Grundparzelle ***KG2***, verwendet worden.

Mit Bescheid vom , Zahl: ***600000/00000/8/2014***, hat das Zollamt für die GmbH den Altlastenbeitrag für 600 Tonnen Bodenaushubmaterial für das dritte Quartal 2012 in Höhe von € 5.520,00 sowie einen Säumniszuschlag von € 110,40 und einen Verspätungszuschlag von € 220,80 festgesetzt.
Laut Begründung treffe auf das Bodenaushubmaterial der subjektive Abfallbegriff des § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 zu, da eine Entledigungsabsicht der GmbH erkennbar sei. Ein unmittelbarer Einsatz des betreffenden Material sei nicht geplant gewesen. Das Aufbringen und Belassen von Abfällen auf einem Grundstück könne als Ablagerung oder Lagerung von Abfällen eingestuft werden. Der Befreiungstatbestand des § 3 Abs 1a Z 4 AlSAG komme nicht zum Tragen. Da die Bestimmungen des § 15 Abs 3 AWG 2002 nicht eingehalten wurden, sei die Altlastenbeitragspflicht entstanden.
Das Rohgewicht sei gemäß § 184 BAO geschätzt worden. Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung sei die angelieferte Menge in Kubikmeter laut Lieferschein und Rechnung der ***WE*** sowie die Untergrenze (400 m3) der Angaben der GmbH herangezogen worden (Umrechnungsfaktor m3 x 1,5).

Gegen den Bescheid hat die GmbH am durch ihren Vertreter Beschwerde erhoben und dessen ersatzlose Behebung beantragt.
Begründet wird die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass das verfahrensgegenständliche Material weder subjektiv noch objektiv als Abfall anzusehen sei. Laut dem vorgelegten Prüfbericht vom handle es sich um Bodenaushubmaterial der Qualitätsklasse A+, das nicht verunreinigt sei und als Schüttmaterial bzw Material zur Bodenverbesserung im Interesse des Liegenschaftseigentümers ***MK*** verwendet werden sollte und auch verwendet wurde. Die GmbH habe sich des Bodenaushubmaterials nicht entledigen wollen, sondern dieses - wie bereits bei Beschaffung des Materials geplant - verwertet und zur bestimmungsgemäßen (gewerblichen) Verwendung vorübergehend zwischengelagert, ohne dass dies einer Bewilligung bedurft hätte.
Die Behörde spreche von Entledigung, da das Materials seit mehreren Jahre zwischengelagert werde, nämlich von 2012 bis dato. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde erkennen müssen, dass das Bodenaushubmaterial im November 2012 zwischengelagert worden sei und zur Verwertung gedacht gewesen sei. Ein Zeitraum bis 3 Jahre gelte nicht als Ablagerung im Sinne des AlSAG. Diese Frist sei nicht überschritten worden.
Überdies habe die Behörde bei ihrer Berechnung außer Acht gelassen, dass ein beträchtlicher Teil des Materials sofort bei der Wohnhauserrichtung des Liegenschaftseigentümers verwendet wurde. Man hätte daher keinesfalls von 600 Tonnen Bodenaushubmaterial ausgehen dürfen.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom hat die GmbH mitgeteilt, es würden keine Lieferscheine und Rechnungen existieren, welche die Menge des bei der Wohnhauserrichtung verwendeten Materials belegen. Das Bodenmaterial sei bereits bei der Beschaffung zur weiteren Verwendung gedacht gewesen und habe es bereits zu diesem Zeitpunkt einen konkreten Einsatzzweck im Rahmen eines geplanten Bauvorhabens auf Grundstücken von ***MK*** gegeben. Eine behördliche Bewilligung für die Zwischenlagerung habe man nicht eingeholt, da eine solche nicht notwendig sei. Die GmbH habe das Bodenaushubmaterial zur konkreten Verwertung zwischengelagert. Da ein Zeitraum bis 3 Jahre nicht als Ablagerung im Sinne des AlSAG gelte, erfolge die Zwischenlagerung nach wie vor rechtmäßig.

Mit Schreiben vom wurden weitere Unterlagen (Schriftverkehr mit der Gemeinde) vorgelegt und wird im Rahmen des Parteiengehörs ua Kritik an einer schriftlichen Befragung des ***MK*** geübt. Fragen seien zum Teil missverständlich formuliert, die gezogenen Schlussfolgerungen zum Teil unrichtig und unvollständig.
Unrichtig sei auch, dass das Material laut behördlicher Nachschau weiterhin in unverändertem Zustand auf dem Grundstück ***KG1*** in ***E*** gelagert sei.
Ohne Zweifel erfolgte die Zwischenlagerung durch die GmbH an einem geeigneten Ort für einen gerechtfertigten Zweck, nämlich konkrete bauliche Maßnahmen. Sondierungsbohrungen für die beabsichtigte Bauführung hätten bereits stattgefunden, deren Kosten die Gemeinde der GmbH in Rechnung gestellt habe.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: ***600000/00000/9/2014***, als unbegründet abgewiesen.
Das Zollamt hält an seiner Ansicht fest, dass Entledigungsabsicht anzunehmen und damit der subjektive Abfallbegriff für das Bodenaushubmaterial erfüllt sei. Das Material, welches im Zeitraum zwischen und auf dem Grundstück ***KG1***, abgelagert worden sei, abzüglich jener Menge, welche bei der Wohnhauserrichtung des ***MK*** Verwendung gefunden habe, lagere nach wie vor - mittlerweile über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren hinweg - auf diesem Grundstück. Dieses sei weder eine genehmigte Anlage noch ein vorgesehener geeigneter Ort für die Lagerung von Bodenaushubmaterial. Mangels einer Bewilligung der zuständigen Behörde wären die Bestimmungen des § 15 Abs 3 AWG 2002 daher nicht eingehalten.
Die auf dem Grundstück gelagerte Menge an Bodenaushubmaterial betrage - abzüglich der an den Liegenschaftseigentümer gelieferten Menge - laut Aktenlage 400 m3. Mit dem aus Pkt. 7.15.8 des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2011 abgeleiteten Faktor von 1,5 zur Umrechnung von Volumen auf Masse multipliziert ergebe sich daraus als Bemessungsgrundlage für die Beitragserhebung jene Menge von 600 Tonnen an Bodenaushubmaterial, die der Beitragsfestsetzung im angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt worden sei.

Mit Eingabe vom wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt.

Laut Eintragung im Firmenbuch wurde die GmbH in Liqu. ***2017*** infolge beendeter Liquidation gelöscht.

Im August 2021 ist das Bundesfinanzgericht davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein gegen den Geschäftsführer der GmbH, ***Ing***, nach § 34 Abs 1 FinStrG eingeleitetes Finanzstrafverfahren eingestellt worden ist.
Laut Begründung des Erkenntnisses vom , Zahl: ***600000/00000/4/2015***, könne von einer Entledigungsabsicht im Sinne des subjektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs 1 AWG 2002 keine Rede sein, da die 600 Tonnen Bodenaushubmaterial bei einer unmittelbar angrenzenden Fläche für eine Aufschließungsstraße eines Bauprojektes in der Gemeinde ***E*** zur Verwendung kommen sollten. Das Bauprojekt habe sich durch widrige Umstände verzögert, sodass die Lagerung des Aushubs die Fristen iSd § 3 Abs 1 b [sic] AlSAG überschritten hätten.
Subjektiverweise wäre ***Ing*** nicht bewusst gewesen, dass eine abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung notwendig gewesen wäre, zumal zum Zeitpunkt der Ablagerung die Gefahr einer Verfristung, auch der dreijährigen Frist gemäß § 3 Abs 1 lt b AlSAG, keinesfalls vorauszusehen gewesen wäre.
Überlegungen zum objektiven Abfallbegriff iSd § 2 Abs 4 AlSAG iVm § 2 Abs 1 AWG 2002 bzw eine nachträgliche Einholung einer abfallrechtlichen Genehmigung nach drei Jahren Zwischenlagerung des Aushubs, die nicht Gegenstand des Finanzstrafverfahrens waren, erübrigten sich.
Das Finanzstrafverfahren wäre einzustellen gewesen, weil von einer groben Fahrlässigkeit nicht ausgegangen werden könne.

Laut Recherchen des Bundesfinanzgerichtes ist ***Ing*** nach Beendigung der Liquidation gemäß § 80 Abs 3 BAO Vertreter der Beschwerdeführerin.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die belangte Behörde begründet die Abgabenvorschreibung im Wesentlichen damit, dass

  • sich die GmbH des verfahrensgegenständlichen Bodenaushubmaterials entledigen wollte (subjektiver Abfallbegriff) und

  • in der gegenständlichen Sache kein konkreter weiterer Verwendungszweck der Ab- bzw Zwischenlagerung gegeben war.

Abfälle im Sinne des AlSAG idmF sind gemäß § 2 Abs 4 Abfälle gemäß § 2 Abs 1 bis 3 des AWG 2002, BGBl. I Nr. 102.

§ 2 AWG 2002 idmF lautet auszugsweise:

"(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden."

Laut dem von der GmbH vorgelegten ***Prüfbericht*** der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg vom hat die Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Materials ergeben, dass es sich um kein verunreinigtes Bodenaushubmaterial handelt und es hinsichtlich der Umweltverträglichkeit in die Qualitätsklasse A+ zu klassifizieren ist, weshalb es nicht als Abfall iSd AWG 2002 gilt. Die Probenentnahme erfolgte zwar erst nachträglich am an der Zwischendeponie Haldenaufschüttung ***KG3***, Bauvorhaben ***E***/***K***, das Ergebnis wird von der belangten Behörde selbst jedoch nicht in Zweifel gezogen (siehe BVE Seite 5). Das Zollamt führte diesbezüglich aus, es sei Entledigungsabsicht anzunehmen und damit der subjektive Abfallbegriff erfüllt. Das Vorliegen des objektiven Abfallbegriffes müsse daher nicht mehr geprüft werden.

Selbst wenn es sich beim betreffenden Bodenaushubmaterial um Abfall handeln würde, kann eine Ausnahme von der Beitragspflicht vorliegt.

Dem Altlastenbeitrag unterliegt gemäß § 3 Abs 1 Z 1 lit b Altlastensanierungsgesetz das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde, wobei als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes auch das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung gilt.

Gemäß § 3 Abs 1a Z 4 Altlastensanierungsgesetz ist Bodenaushubmaterial, sofern dieses zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs 1 Z 1 lit c verwendet wird, von der Beitragspflicht ausgenommen.
Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Laut Aktenlage stammt das Bodenaushubmaterial vom ***Bauvorhaben*** in ***W*** und wurde auf Veranlassung der GmbH auf das Grundstücke ***KG1*** verbracht, welches im Eigentum von ***MK*** steht, um als Schüttmaterial bzw Material zur Bodenverbesserung verwendet zu werden. Die GmbH hat mit Kaufvertrag vom ein 6391 m2 großes Nachbargrundstück gekauft, auf dem ein Bauvorhaben mit 44 Wohnungen errichtet werden sollte (Bauvorhaben ***K***). Die zur Aufschließung des Bauvorhabens notwendige Aufschließungsstraße wurde gemeinsam mit der Gemeinde ***E*** errichtet und zum Teil das zwischengelagerte Material dafür verwendet.
Bei Ankauf des Grundstückes durch die GmbH gab es somit bereits konkret geplante Baumaßnahmen. Es existierten Vermessungen, Parzellierungen und auch der Straßenverlauf war vermessen und geplant (Vermessungsurkunde vom ). Ergänzend dazu wurden der Gemeinde ***E*** die Pläne der geplanten Wohnbebauung (Wohntypenpläne) präsentiert und vorgestellt. Dies hat vor Anlieferung des Materials stattgefunden.
Dass sich das Bauvorhaben aufgrund von Anrainereinsprüchen verzögern sollte und es dadurch bedingt zu einer längerfristigen Lagerung gekommen ist, war zum Zeitpunkt der Anlieferung des Bodenaushubmaterials nicht vorhersehbar. Jedenfalls war von Anfang an nur eine Zwischenlagerung zur Verwertung geplant.
Das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde kommt in seinem Erkenntnis vom selbst zu dem Schluss, "von einer Entledigungsabsicht im Sinne des subjektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs 1 AWG kann hier nicht die Rede sein".
Die Annahme einer solchen Entledigungsabsicht war jedoch kausal für die gegenständliche Abgabenvorschreibung.

Zusammenfassen ist somit festzustellen, dass im gegenständlichen Fall keine Entledigungsabsicht der GmbH bestanden hat, der subjektive Abfallbegriff daher jedenfalls nicht erfüllt ist. Ob es sich bei dem betreffenden Bodenaushubmaterial objektiv um Abfall handelt, wurde nie geprüft und wird dies vom Zollamt auch nicht behauptet. Im Hinblick auf den vorliegenden Prüfbericht ist davon auszugehen, dass die öffentlichen Interessen durch die Lagerung des Materials nicht beeinträchtigt worden sind.

Zum Einwand, das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung gelte als Ablagerung und unterliege dem Altlastenbeitrag, ist überdies festzuhalten, dass das Material ab August bzw September 2012 auf dem Grundstück gelagert wurde und somit bei Festsetzung des Altlastenbeitrages für das dritte Quartal 2012 mit Bescheid vom noch völlig offen war, wie lange das Material - das aus den genannten Gründen ohnehin nicht unter den Abfallbegriff fällt - tatsächlich gelagert wird bzw ob die in § 3 Abs 1 Z 1 lit b AlSAG genannte Frist überschritten werden wird.

Die Lagerung des Bodenaushubmaterial auf dem Grundstück ***KG1*** im dritten Quartal 2012 stellt aus den dargelegten Gründen keine beitragspflichtige Tätigkeit dar. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig.

Im vorliegenden Fall hat eine Liquidation (§ 89 GmbHG) der GmbH stattgefunden und wurde diese im Firmenbuch gelöscht. Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch hat allerdings bloß deklaratorischen Charakter (; ; , 2003/17/0134; , 2006/16/0220).
Nach der Judikatur des VwGH (zB , 95/15/0179; , 2001/13/0030) besteht die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange fort, als noch Abwicklungsbedarf vorhanden ist, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind (; , 2010/15/0026; , 2009/13/0112).
Nach § 80 Abs 3 BAO ist Vertreter (Abs 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation, wer nach § 93 Abs 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.
Die Vertreterstellung des Verwahrers betrifft insbesondere offene Rechtsmittelverfahren ().
Das Erkenntnis wird daher nach Auflösung und Löschung der GmbH dem Verwahrer als Vertreter zugestellt.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
§ 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 3 Abs. 1a Z 4 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 93 Abs. 3 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
§ 3 Abs. 1 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
§ 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
§ 15 Abs. 3 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
§ 2 Abs. 1 AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6200035.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at