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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.09.2021, RV/7102056/2021

Werbungskosten für Arbeitszimmer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch EURAX Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Nußdorfer Straße 10-12 Tür 4, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bf., der im Streitjahr 2019 an der Adresse Adresse wohnhaft war, bezog im Jahr 2019 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Head of Business Development.

In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 machte der Bf. Kosten in Höhe von € 2.401,33 als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt ersuchte den Bf. Belege bezüglich der Werbungkosten vorzulegen, seinen beruflichen Aufgabenbereich darzulegen und anzugeben, ob der Arbeitgeber Ersätze gewährt habe.

Der Bf. übermittelte eine Aufstellung der Kosten der Wohnung für 2019. Die Gesamtmietkosten wurden mit € 12.196,63 angegeben, von diesen wurde ein Anteil von 18,80% an Werbungskosten für ein Arbeitszimmer geltend gemacht. Zusätzlich wurden € 108,36 an Kosten A1 Internet für 2019 geltend gemacht. Die Gesamtsumme betrage € 2.401,33.

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für 2019 und berücksichtigte an Werbungkosten den Pauschbetrag von € 132,-. Die Einkommensteuer wurde mit € -45,00 festgesetzt.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass Werbungskosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer nur dann vorlägen, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Antragstellers bilde und (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt werde. Da die Voraussetzungen im gegenständlichen Fall des Bf. nicht gegeben seien, seien die Werbungkosten nicht anerkannt worden.

Der Bf. erhob Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom und legte dar, dass das Arbeitszimmer ausschließlich zu beruflichen Zwecken genutzt werde und eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorliege, wonach der Arbeitsplatz des Bf. sich an seiner Wohnadresse befinde. Da der Bf. sonst keinen Arbeitsplatz zur Verfügung habe, sei das Arbeitszimmer unbedingt notwendig und stelle den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Bf. dar.

Der Bf. legte seinen Anstellungsvertrag vom , sowie eine Bestätigung vom vor. In der Bestätigung wird vom Arbeitgeber ausgeführt, dass der Bf. seinen Arbeitsplatz (place of work) an seiner Wohnadresse habe, so lange nichts Anderes bestimmt werde.

Das Finanzamt ersuchte den Bf. den aktuellen Dienstvertag nachzureichen, sowie eine Bestätigung des Dienstgebers, ob der Bf. an der Arbeitsstätte (Adresse des Dienstgebers) über einen fixen Arbeitsplatz verfüge.

Der Bf. übermittelte eine Bestätigung des Arbeitgebers vom , wonach seit sein einziger Arbeitsplatz an seiner Wohnadresse gelegen sei.

Das Finanzamt ersuchte den Bf. ergänzend mitzuteilen, welche Ersätze er von seinem Arbeitgeber erhalten habe.

Der Bf. übermittelte eine Lohnaufstellung für 2019, aus welcher Ersätze gem § 26 Abs. 4 EStG in Höhe von € 2.456. 15 hervorgehen. Diese Ersätze hätten sich aus Inlandsdiäten von € 13,20, Auslandsdiäten von € 1.838,57, sowie km Gelder von € 604,38 zusammengesetzt.

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und begründete die Nichtanerkennung der Werbungkosten damit, dass das typische Berufsbild eines Head of business development kein Arbeitszimmer im Wohnungsverband erfordere.

Der Bf. stellte den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte aus, dass Werbungkosten gem. § 16 EStG Aufwendungen und Ausgaben, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen notwendig seien, darstellen. Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer im Wohnungsverband seien nur unter der Voraussetzung möglich, dass dieses den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit bilde. Der Bf. habe keinen Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten seines Dienstgebers, er arbeite ausschließlich im im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmer, welches den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bilde.

Der Bf. ersuchte um Anerkennung der von ihm beantragten Werbungskosten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall ob im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2019 die Werbungskosten für das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer in Höhe von € 2.401,33 zu berücksichtigen sind.

Das Bundesfinanzgericht geht im vorliegenden Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bf. bezog im Streitjahr 2019 von seinem Arbeitgeber Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Head of business Development.

Der Bf. hatte laut Bestätigung des Arbeitgebers keinen Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers und arbeitete im Streitjahr 2019 ausschließlich in einem Arbeitszimmer an seiner Wohnadresse.

Für dieses Arbeitszimmer machte der Bf. für das Jahr 2019 18% der Mietkosten für seine Wohnung und Internetkosten geltend. Die Höhe der Kosten betrug € 2.401,33.

Von seinem Arbeitgeber erhielt der Bf. Ersätze für Diäten und km Gelder, jedoch keine Ersätze für das Arbeitszimmer.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 können Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten von der Einkunftsart abgezogen werden, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Rechtliche Würdigung:

Nach der vorstehenden Gesetzesstelle sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur in dem genannten Ausnahmefall abzugsfähig. Die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt im Sinne der gesetzlichen Bestimmung darstellt, hat nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, nach dem typischen Berufsbild zu erfolgen. Lässt sich eine Betätigung in mehrere Komponenten zerlegen, erfordert eine Beurteilung nach der Verkehrsauffassung eine wertende Gewichtung der Teilkomponenten. Diese führt dann im Ergebnis zu der Feststellung, wo der Mittelpunkt der Tätigkeit gelegen ist.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Prüfung, ob ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellt, nur aus der Sicht der Einkunftsquelle vorzunehmen, für die das Arbeitszimmer erforderlich ist (vgl. Zl. 98/15/0100).

Die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellt, hat nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, sohin nach dem typischen Berufsbild zu erfolgen. Der Mittelpunkt der Tätigkeit ist dabei nach dem materiellem Schwerpunkt der Tätigkeit zu beurteilen. Lediglich im Zweifel ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benutzt wird (vgl. Zl. 2004/15/0060; , Zl. 2004/13/0025; , Zl. 99/14/0283). Demgemäß wurden bei einer überwiegenden Anwesenheit des Bf. an seinem Arbeitsort Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht zum Abzug zugelassen (vgl. GZ. RV/2521-W/08).

Im vorliegenden Fall wird die Tätigkeit vom Bf. laut eigenen Angaben, welche auch vom Arbeitgeber bestätigt wurden, ausschließlich im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt. Das Arbeitszimmer bildet daher den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit, sodass die geltend gemachten anteiligen Miet- und Betriebskosten als Aufwendungen berücksichtigt werden können.

Mit VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 2004/15/0060, wurde der Abzug von Aufwendungen eines Key Account Managers im Bereich der Informationstechnologie für ein häusliches Arbeitszimmer für rechtens erkannt, da dem Dienstnehmer kein Büro seitens des Dienstgebers zur Verfügung gestellt wurde (vgl. Zl. 2004/15/0060). Der vorliegende Fall wird als ähnlich gelagert angesehen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Berechnung Einkommensteuer 2019:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
70.079,38
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-2.401,33
Gesamtbetrag der Einkünfte
67.678,05
Sonderausgabenpauschbetrag
-60,00
Einkommen
67.618,05
Einkommensteuer gem § 33 Abs. 1
0% für erste 11.000,-
0
25% für weitere 7.000,-
1.750,00
35% für weitere 13.000,-
4550,00
42% für weitere 29.000,-
12.180,00
48% für weitere 7.618,05
3.656,66
Steuer vor Absetzbeträgen
22.136,66
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer nach Absetzbeträgen
21.736,66
Steuer sonstige Bezüge
626,99
Einkommensteuer
22.763,65
Anrechenbare Lohnsteuer
-23.498,23
Festgesetzte Einkommensteuergutschrift 2019 gerundet
-735,00

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist im vorliegenden Fall nicht zulässig, da diese Entscheidung hinsichtlich der Frage des Mittelpunktes der betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit des Bf. der in dieser Entscheidung dargestellten Judikatur des VwGH folgt (vgl. Zl. 2004/15/0060; , Zl. 98/13/0132).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102056.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at