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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2021, RV/7101805/2021

KESt-Rückerstattung an eine irische Investmentfondsgesellschaft in der Rechtsform einer Public Limited Company (Plc)

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/13/0162.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom der Bf. Public Limited Company, Investmentfondsgesellschaft, Registrierungsnummer: X1, Irland, Adr.1 situiert, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Zweigniederlassung Wien, Seilergasse 16, gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vom , zugestellt am , betreffend Abweisung der Anträge auf KESt-Rückerstattung gemäß § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG 1988 für die Jahre 2008 bis 2012, EVNr.: E1 bis E5

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide betreffend Rückzahlung von Kapitalertragssteuer gemäß § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG 1988 werden abgeändert:
Dem Begehren auf Rückzahlung von Kapitalertragssteuer gemäß § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG 1988 wird in beantragter Höhe von insgesamt Euro 383.137,37 stattgegeben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Bf. Plc, (in der Folge Bf. genannt) ist eine in Irland ansässige Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Public Limited Company. Ihr ausschließlicher Geschäftszweck ist das Investmentgeschäft zur gemeinsamen Anlage in Wertpapieren gemäß den Vorschriften der OAGW-Richtlinie, 2009/65. Die Bf. wurde von der irischen Zentralbank als Investmentgesellschaft zugelassen (Registrierungsnummer: X1). Ihre Tätigkeit unterliegt der regulatorischen Aufsicht der irischen Zentralbank und sie ist bei der irischen Steuerbehörde erfasst, wobei für irische Investmentgesellschaften eine persönliche Steuerbefreiung hinsichtlich der Kapitalerträge besteht.

Die Bf. verwaltet als sogenannte Umbrella-Investmentgesellschaft unter ihrem Dach rund 30 börsennotierte Indexfonds (Teilfonds, ETF`s). Mit Anbringen vom (Evidenznummern E1 ff bis E5) beantragte die Bf. gemäß § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG 1988 die Rückerstattung der finalen 10%igen Quellensteuer, die von den Dividenden inländischer Aktien aus den Jahren 2008 bis 2012 in Höhe von insgesamt € 383.137,37 einbehalten worden ist.

Mit Bescheid vom wurden vom Finanzamt diese Rückerstattungsanträge abgewiesen, wogegen von der Bf. mit Schreiben vom Bescheidbeschwerde erhoben wurde. Das FA erließ abweisende Beschwerdevorentscheidungen vom und die Bf. brachte dagegen den Vorlageantrag vom ein. Das Rechtsmittel wurde samt bezugshabender Verwaltungsakten vom FA dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.

Vom BFG wurde mit Erkenntnis vom , RV/7102065/2017, die Abweisung der Rückzahlungsanträge bestätigt. Dagegen wurde von der Bf. erfolgreich Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Der VwGH hat diese Entscheidung des BFG mit Erkenntnis vom , Ro 2018/13/0011 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Eine Abweisung der Anträge auf Rückzahlung der finalen österr. KESt gemäß § 21 Abs. 1 Z1a KStG 1988, auf Grund des in § 42 InvFG 1993 (bzw. § 188 InvFG 2011 idF vor AIFMG bis 7/2013) normierten Durchgriffs durch eine ausländische, körperschaftlich organisierte Investmentfondsgesellschaft sei nicht zulässig, weil mit der Anwendung dieser Bestimmung die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit verletzt werde, sofern nicht ein anerkennungsfähiger Rechtfertigungsgrund festgestellt werden könne.

Unter Verweis auf das VwGH-Erkenntnisses, Ro 2018/13/0003, vom , sei im fortgesetzten Verfahren vom BFG zu prüfen, ob die Investmentgesellschaft entsprechend dem Typenvergleich nach § 1 Abs. 3 Z. 1 KStG einer inländischen juristischen Person vergleichbar ist. Werde dies bejaht, sei im nächsten Schritt die Frage der Einkünftezurechnung zu beantworten. Nach den Grundsätzen des österreichischen Steuerrechts ist, mit Hinweis auf VwGH, , 2011/13/0003, , 2012/13/0003, für die Zurechnung der Dividenden aus den Portfoliobeteiligungen an börsennotierten österreichischen Aktiengesellschaften maßgebend, ob die Antragstellerin das wirtschaftliche Eigentum an diesen Kapitalerträgen erlangt hat.

Wenn diese beiden Voraussetzungen (positiver Typenvergleich und Einkünftezurechnung an die Bf. als wirtschaftliche Eigentümerin) gegeben sind, sei eine Ablehnung der Rückzahlungsanträge ausschließlich auf Grund der Durchgriffsanordnung des § 42 InvFG unzulässig, sofern nicht - nach Erörterung mit den Parteien - ein vom EuGH anerkennungsfähiger Rechtfertigungsgrund für diese Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vom Verwaltungsgericht festgestellt werde.

Die Rechtsätze des aufhebenden VwGH-Erkenntnisses lauten:

"Ist die Antragstellerin, eine in Irland ansässige Public Limited Company (Plc), nach österreichischem Steuerrecht als Körperschaft zu werten, ist die Frage nach der Einkünftezurechnung zu beantworten. Soweit es um Passiveinkünfte in Form von Kapitaleinkünften geht, wird die Einkünftezurechnung mit der Frage des wirtschaftlichen Eigentums am Kapitalvermögen zusammenhängen (siehe dazu etwa ; , 2012/13/0033). Führt der Typenvergleich zum Ergebnis, dass die Investmentgesellschaft, hier die iShare Plc, nach österreichischem Steuerrecht mit einer Körperschaft vergleichbar ist und sind die Einkünfte nach den allgemeinen Grundsätzen der Einkünftezurechnung solche der Revisionswerberin, stellt sich die Frage nach der Anwendung des § 42 InvFG 1993. Dabei geht es dann darum, ob (erst) die Vorschriften des InvFG 1993 eine Zurechnung der hier in Rede stehenden Einkünfte an die hinter der Revisionswerberin stehenden natürlichen Personen (Anteilsinhaber der Fonds) bewirken.

Wie der VwGH im Erkenntnis vom , Ro 2018/13/0003, unter Verweis auf das Erkenntnis vom , Ra 2017/13/0027, zu § 42 InvFG 1993 ausgeführt hat, steht diese Regelung im Konflikt mit der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit, soweit eine inländische Körperschaft gegenüber einer gleichartigen ausländischen Einrichtung bevorzugt wird, weil sie ein Körperschaftsteuersubjekt ist, während die gleichartige ausländische Einrichtung als transparent behandelt wird (vgl. auch ).

Wenn einer österreichischen Körperschaft Kapitalerträge zuzurechnen sind, bei einer (gegebenenfalls) mit der Körperschaft vergleichbaren ausländischen Investmentgesellschaft hingegen die Zurechnung an sie im Ergebnis durch § 42 InvFG 1993 untersagt und die Transparenz dieses Gebildes angeordnet wird, so beschränkt diese Schlechterstellung des ausländischen Gebildes die Kapitalverkehrsfreiheit. Wenn kein Rechtfertigungsgrund für diese Beschränkung vorliegt, ist die Bestimmung des § 42 InvFG 1993 als verdrängt anzusehen."

Den Parteien wurde mit E-Mail vom die nach Auffassung des BFG unter Bindung an das Erkenntnis des VwGH voraussichtlich bestehende Rechtslage mitgeteilt und Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt.

Vom Finanzamt wurde im fortgesetzten Verfahren folgende Stellungnahme vom abgegeben:

"Der VwGH war in der Vergangenheit bereits dreimal mit der Frage befasst, ob die Bestimmung des § 42 Abs. 1 InvFG 1993 (§ 188 InvFG 2011 entsprach dieser Bestimmung bis zu dessen Änderung durch BGBl. I Nr. 135/2013) der Kapitalverkehrsfreiheit widerspricht (vgl ; , Ra 2017/13/0027 sowie Ro 2018/13/0003). Hierbei gelangte er zu dem Schluss, dass ein Verstoß dann vorliegt, wenn kein Rechtfertigungsgrund gegeben ist, wobei in diesen Verfahren keine Rechtfertigungsgründe geltend gemacht wurden. Bei den ersten beiden Sachverhalten handelte es sich um reguläre ausländische Körperschaften (eine Crown Corporation, die zur Gänze vom kanadischen Finanzministerium gehalten wurde bzw. liechtensteinische Aktiengesellschaften, die von einer Stiftung gehalten wurden). Beide waren auch nach ausländischem Aufsichtsrecht als gewöhnliche Körperschaften und nicht als Investmentfonds/Investmentgesellschaften zu qualifizieren. Anders verhielt es sich beim dritten VwGH-Judikat, Ro 2018/13/0003 vom . Die Investmentgesellschaft (idF I-Trust genannt)wurde in seinem Herkunftsstaat, den USA, aufsichtsrechtlich als Investmentfonds bzw Investmentgesellschaft eingestuft, d.h. es handelt sich in diesem Fall nicht um eine "reguläre" Körperschaft, sondern um einen Investmentfonds (Aktienfonds) in der Form eines Trusts, dessen Tätigkeit somit innerhalb der EU nach der OGAW-RL genehmigungspflichtig wäre (vgl. hierzu Bodis, VwGH zur ertragsteuerlichen Behandlung ausländischer Investmentfonds, ). Nach Ansicht des Finanzamtes liegt in diesem Fall bereits keine mit einer österreichischen Körperschaft vergleichbare ausländische Körperschaft vor, bzw sollte dies dennoch bejaht werden, jedenfalls ein potentieller Rechtfertigungsgrund für den Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (eine entsprechende Stellungnahme wurde dem BFG im fortgesetzten Verfahren bereits übermittelt).

Ähnlich gelagert wie in der Rechtssache I-Trust ist die gegenständliche Rechtssache betreffend die Bf. Plc. Die Beschwerdeführerin ist eine Investmentgesellschaft (OGAW). Die von ihr nach den Regeln der Richtlinie 2009/65/EG aufgelegten und verwalteten Teilfonds sind von der nationalen irischen Aufsichtsbehörde zugelassen worden und gilt für den gesamten EU-Binnenmarkt. Die besondere Tätigkeit einer OGAW-Investmentfondsgesellschaft unterliegt einer umfassenden Regulierung und strengen Kontrolle durch die nationale Aufsichtsbehörde, in gleicher Weise wie dies bei einem inländischen OGAW der Fall ist.

Bf. Plc wurde in Satzungsform als Investmentgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (Public Limited Company) errichtet. Nach der Richtlinie 2009/65/EG ist nicht die Rechtsform eines Fonds, sondern seine Tätigkeit für die Qualifikation als OGAW und für seine Regulierung maßgeblich. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind ausländische OGAW, auch wenn sie eine körperschaftliche Organisationsform aufweisen, mit inländischen OGAW, die Kraft des InvFG nur in Vertragsform errichtet werden dürfen, objektiv vergleichbar (vgl. auch InvFR 2018 Rz 7 und 93).

In Irland unterliegt die Beschwerdeführerin einer persönlichen Einkommensteuerbefreiung und es werden die Einkünfte direkt den Anlegern zugerechnet - ungeachtet der körperschaftlichen Rechtsform - und bei diesen besteuert.

Der VwGH hat im gegenständlichen Erkenntnis festgehalten, dass vom Bundesfinanzgericht im fortgesetzten Verfahren - nach Erörterung mit den Parteien - gegebenenfalls noch zu prüfen sein wird, ob es sich bei Bf. Plc um eine mit einer inländischen Körperschaft vergleichbaren ausländischen Investmentgesellschaft handelt und ob gegebenenfalls ein Rechtfertigungsgrund für eine Beschränkung vorliegt.

a) Frage des Vorliegens einer regulären ausländischen Körperschaft

Es stellt sich die Frage, ob in diesem konkreten Fall überhaupt ein Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit vorliegen kann; denn das Vergleichspaar, welches der VwGH in den beiden ersten oben angeführten Entscheidungen (Ra 2020/13/0006, Ra 2017/13/0027) herangezogen hatte, war eine reguläre inländische und eine reguläre ausländische Körperschaft.

Genau das liegt im vorliegenden Fall (ebenso wie bei I-Trust) aber nicht vor, weil es sich bei Bf. Plc bereits nach irischem Aufsichtsrecht um einen Investmentfonds in der Form eines OGAW und damit nicht um eine "reguläre" Körperschaft handelt. Damit muss die Situation von Bf. Plc mit der eines inländischen Investmentfonds/OGAWs verglichen werden (vgl. in diesem Sinne auch die Vergleichspaarbildung in , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, Rn. 58 ff; siehe dazu auch die Ausführungen bei Jakom/Marschner, EStG 2021 § 94 Tz 10; Marschner, InvF in Fallbeispielen3 Tz 1035+1161; sowie Blum/Pinetz, SWI 2016, 221 (226 ff), die zutreffend darauf hinweisen, dass es naheliegend ist, dass im Rahmen einer vertikalen Vergleichspaarbildung sämtliche in- und ausländische OGAW heranzuziehen sind). Unter diesem Aspekt ist daher schon gar nicht von einer Ungleichbehandlung auszugehen, weil auch inländische Gebilde, die aufsichtsrechtlich als Investmentfonds/OGAW qualifiziert werden - im streitgegenständlichen Zeitraum 2008-2012 - jedenfalls einer transparenten Fondsbesteuerung gem. § 40 InvFG 1993 bzw. § 186 InvFG 2011 unterlegen sind und damit keine Einkünftezurechnungssubjekte darstellten (vgl. auch KStR 2013 Rz 113 und 561). Auch der VwGH hält es im gegenständlichen Fall für möglich, dass eine objektive Vergleichbarkeit nicht vorliegt ("…, bei einer (gegebenenfalls) mit der Körperschaft vergleichbaren ausländischen Investmentgesellschaft…").

Im Ergebnis besteht somit zwischen Bf. Plc und inländischen Körperschaften keine objektive Vergleichbarkeit, weshalb eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht gegeben ist.

b) Mögliche Rechtfertigungsgründe

Aber selbst wenn die objektive Vergleichbarkeit der Situation von Bf. Plc und einer inländischen Körperschaft grundsätzlich zu bejahen wäre, kann eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nach ständiger Rechtsprechung des EuGH zulässig sein, wenn damit ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, sie geeignet ist, dessen Erreichung zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist (so z.B. , X, Rn. 70; vgl. auch , Rn. 30). Auch der VwGH hat explizit festgehalten, dass § 188 InvFG 2011 [in der bis 2013 geltenden Fassung] nur dann als verdrängt anzusehen ist, wenn kein Rechtfertigungsgrund für diese Beschränkung vorliegt (, Rn. 37; , Rn. 34).

Nach Ansicht des Finanzamtes wäre eine solche Beschränkung in gegenständlichem Fall gerechtfertigt, und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Zunächst ist die Regelung notwendig, um die Kohärenz der Steuersysteme zu gewährleisten. Denn Bf. Plc mag zwar in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich als Steuersubjekt behandelt werden, unterliegt jedoch dort einer umfassenden persönlichen Befreiung (Besteuerung erfolgt ausschließlich beim Anteilsinhaber), wodurch eine durchgängige Zwei-Ebenen-Besteuerung hinsichtlich der Anteilsinhaber nicht sichergestellt ist, wenn eine Rückerstattung der Kapitalertragsteuer an Bf. Plc erfolgt. Ein solcher Steuervorteil muss daher durch einen steuerlichen Nachteil, nämlich die Verweigerung der KESt-Rückerstattung ausgeglichen werden. Andernfalls unterbliebe wirtschaftlich gesehen eine Besteuerung auf Anlegerebene bei Bf. Plc, während auf Gesellschafterebene bei inländischen Körperschaften eine zusätzliche Belastung mit KESt erfolgt (sofern es sich beim Gesellschafter der empfangenden Körperschaft um eine natürliche Person handelt). Die Beschränkung in Form der Verweigerung der KESt-Rückerstattung ist daher geeignet, dieses Ziel zu erreichen; sie ist auch erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen. Denn es gibt neben der Verweigerung der KESt-Rückerstattung kein gelinderes Mittel, um im vorliegenden Fall die Kohärenz der Steuersysteme zu wahren.

  2. Zudem ist die Beschränkung zur Aufteilung der Besteuerungsbefugnis notwendig. Dies kann nach ständiger Rechtsprechung des EuGH insbesondere dann bejaht werden, wenn mit der betreffenden Regelung Verhaltensweisen verhindert werden sollen, die geeignet sind, das Recht eines Mitgliedstaats auf Ausübung seiner Steuerhoheit für die in seinem Hoheitsgebiet durchgeführten Tätigkeiten zu gefährden (z.B. , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, Rn. 98; , Rs. C-338/11 u.a., Santander Asset Management SGIIC SA, Rn. 47). Nach österreichischem Recht werden Dividenden, die von inländischen Kapitalgesellschaften an inländische OGAW ausgeschüttet werden - auch im streitgegenständlichen Zeitraum- nicht von der KESt entlastet und die KESt an diese auch nicht rückerstattet (damit liegt genau eine andere Situation vor, als jene, in der nach Ansicht des EuGH in , Rs. C-190/12, Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, Rn. 99 eine Berufung auf die Notwendigkeit einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis ausscheidet; vgl auch Blum/Pinetz, SWI 2016, 221 (224)). Würde die KESt für derartige Dividendenausschüttungen hingegen an ausländische Investmentfonds/OGAW rückerstattet werden - und zwar rein aufgrund der Tatsache, dass diese im Ausland als Kapitalgesellschaft organisiert sind - würden Veranlagungen von in- und ausländischen Anlegern über derartige Gebilde deutlich bevorzugt werden; dies insbesondere wenn dieses Gebilde im Ausland selbst keiner (nennenswerten) Ertragsteuerbelastung unterliegt. Auch aus Wettbewerbsgründen muss daher der Grundsatz "same business, same rules" Geltung haben. Vor diesem Hintergrund ist die Verweigerung der KESt-Rückerstattung an ausländische Investmentfonds nicht nur geeignet, sondern sogar geboten, die Steuerhoheit der Republik Österreichs zu sichern. Denn um derartige Umgehungsversuche zu vermeiden, besteht kein gelinderes Mittel, als die Verweigerung der KESt-Rückerstattung, zumal diese KESt-Rückerstattung inländischen Investmentfonds eben gerade auch nicht zusteht.

  3. Auch im Hinblick auf die Vermeidung von Missbrauch erscheint eine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit dahingehend gerechtfertigt, dass die KESt-Rückerstattung verweigert wird, wenn es sich auch nach ausländischem Steuerrecht nicht um eine reguläre Körperschaft, sondern einen Investmentfonds/OGAW handelt. Denn würde man ausschließlich auf das Vorliegen einer ausländischen Körperschaft abstellen, hätte die inländische Fondsbesteuerung im streitgegenständlichen Zeitraum (vor BGBl. I Nr. 135/2013) alleine dadurch umgangen werden können, dass die Tätigkeit im Ausland im Rahmen einer Körperschaft ausgeführt wird, unabhängig davon, ob es sich aufsichtsrechtlich um einen Investmentfonds/OGAW gehandelt hat oder nicht. Die Verweigerung der KESt-Rückerstattung ist damit nicht nur geeignet, das Ziel der Vermeidung von Missbrauch durch Umgehung der nationalen Fondsbesteuerung zu erreichen, sondern auch notwendig. Denn es handelt sich um das einzig denkbare - und damit auch um das - gelindeste Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.

  4. Zweifelsfrei handelt es sich bei Bf. Plc um einen OGAW, welcher unionsrechtlich in jeder Rechtsform vorliegen kann, wobei es den Mitgliedstaaten obliegt, die Rechtsform einzuschränken. Dass Österreich die Tätigkeit eines OGAW in Form einer Kapitalgesellschaft nicht zulässt, ändert nichts daran, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen irischen OGAW handelt, der auch in seinem Herkunftsmitgliedstaat als Investmentfonds behandelt wird und auch im Hinblick auf das österreichische Steuerrecht als solcher - und damit als der Fondsbesteuerung unterliegend - zu behandeln ist, weshalb eine Rückerstattungsberechtigung nach § 21 Abs. 1 Z 1 lit a KStG 1988 jedenfalls zu versagen ist.

Nach Ansicht des Finanzamts wäre es also eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, im Falle eines inländischen Investmentfonds/OGAW die transparente Fondsbesteuerung anzuwenden, wohingegen das im Falle eines echten ausländischen Investmentfonds/OGAW nicht der Fall wäre, nur weil dieser zufällig in der Rechtsform einer Körperschaft gebildet wurde; in einem derartigen Fall handelt es ich nämlich im Ergebnis nicht um eine reguläre Körperschaft, sondern um einen ausländischen Investmentfonds/OGAW, der auch im Rahmen der österreichischen Fondsbesteuerung als steuerlich transparent zu behandeln ist. Dass der VwGH im Bereich der Investmentfondsbesteuerung der aufsichtsrechtlichen Einstufung einen großen Stellenwert einräumt, hat er nicht zuletzt in der gegenständlichen Entscheidung und in jener vom (Ro 2018/13/0003) klar zum Ausdruck gebracht.

Nach Ansicht des Finanzamtes ist es im Hinblick auf einen allfälligen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit daher von entscheidender Bedeutung, ob die ausländische Körperschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat aufsichtsrechtlich als Investmentfonds/OGAW (und damit als nicht reguläre Körperschaft) qualifiziert wurde oder nicht. Da im gegenständlichem Fall in Irland eine Einstufung als Investmentfonds/OGAW stattgefunden hat, hat nach Ansicht des Finanzamtes daher ebenso wie bei inländischen Investmentfonds/OGAW die Besteuerung nach den Bestimmungen des Investmentfondsgesetzes mit der Konsequenz zu erfolgen, dass das Transparenzprinzip zur Anwendung gelangt. Dies hat zur Folge, dass die Erträge den Anteilinhabern direkt zuzurechnen sind, weshalb eine KESt-Rückerstattung an Bf. Plc gem. § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 auch für die Jahre 2008-2012 zu versagen ist.

Zusammengefasst vertritt das Finanzamt die Ansicht, dass im Lichte der Rechtsprechung des VwGH und des EuGH einer ausländischen Körperschaft, die selbst nach ausländischem Aufsichtsrecht als Investmentfonds qualifiziert wird, die Rückerstattung zu versagen ist. Dies muss umso mehr für einen OGAW gelten, welcher auf einer unionsrechtlichen Grundlage fußt; dass Österreich die Tätigkeit eines OGAW in Form einer Kapitalgesellschaft nicht zulässt, ändert nichts daran. Mangels Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit entfaltet das Unionsrecht gegenüber dem nationalen Recht - in concreto § 188 InvFG 2011 idF vor BGBl. I Nr. 135/2013 und § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988, der ausschließlich auf Körperschaften eingeschränkt ist - keine Verdrängungswirkung. Mangels Zurechenbarkeit von Einkünften an Bf. Plc steht daher für die streitgegenständlichen Zeiträume 2008-2012 Bf. Plc keine KESt-Rückerstattung zu."

Die Bf. hat mit Schreiben vom den Antrag auf Entscheidung durch den Senat und den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die beschwerdeführende Partei hat bereits im ersten Rechtsgang des Beschwerdeverfahren dargelegt, dass der Rechtsprechung des EuGH entsprechende Rechtfertigungsgründe für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die Bestimmung des § 42 InvFG 1993 und § 188 InvFG 2011 nach ihrer Auffassung nicht vorliegen (vgl. Seite 7 des BFG-Erkenntnisses).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich des Sachverhaltes auf die gesamten Ausführungen des aufgehobenen BFG-Erkenntnisses, RV/7102065/2017, vom , insbesondere auf die Seiten 1 bis 9 verwiesen. Dieses Erkenntnis ist den Parteien bekannt und in der FinDok (https://findok.portal.at/) veröffentlicht.

Erwiesen ist, dass es sich bei der Bf. um eine irische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Public Limited Company (Plc) handelt, die als Investmentdachgesellschaft zahlreiche börsennotierte Teilfonds (sogenannte ETFs) auflegte und managte. Ebenso steht fest, dass die Bf. in den Jahren 2008 bis 2012 Portfoliobeteiligungen an inländischen Aktien erworben und gehalten hat und ihr daraus Kapitalerträge unter Einbehaltung der Kapitalertragssteuer zugeflossen sind. Wie in den Rückzahlungsanträgen unbestritten dargelegt wurde, beträgt die finale 10%ige KESt gemäß Art 8 Abs. 5 des DBA-Irland, deren Rückzahlung nach § 21 Abs. 1a KStG 1988 begehrt wird, € 383.137,37.

Die Rechtsstellung und Geschäftstätigkeit der Gesellschaft sowie die Rechte und Pflichten der Anleger sind in dem aktenkundigen, in deutscher Übersetzung aufliegenden Prospekt vom hinreichend dargelegt. Die Prospekte der Bf. Plc sind auch im Internet, für jedermann abrufbar, veröffentlicht worden. Die Inhalte sind den Parteien bekannt und liegen als unstrittige Tatsachen der Entscheidung zu Grunde.

2. Beweiswürdigung

Das BFG hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt und Würdigung der Parteienvorbringen. Auf Basis des zweifelsfrei feststehenden Sachverhaltes waren vom BFG im fortgesetzten Verfahren die eingangs im aufhebenden Erkenntnis des VwGH explizit angeführten Rechtsfragen zu beurteilen: 1. Prüfung der Vergleichbarkeit der Rechtsform der Bf. mit einer inländischen Körperschaft gemäß dem Typenvergleich nach § 1 Abs. 3 Z. 1 KStG,
2. Prüfung der Zurechnung der maßgeblichen Kapitalerträge an die Bf. oder die Anteilinhaber der Investmentfonds sowie 3. Prüfung eines Rechtfertigungsgrundes für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch eine in § 42 InvFG 1993 und § 188 InvFG 2011 idF vor AIFMG normierte Durchgriffsbesteuerung der Anteilsinhaber der Investmentsfonds.

3. Rechtliche Beurteilung

1. Typenvergleich gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 KStG

Beim Typenvergleich handelt es sich um die Beurteilung von ausländischen Gesellschaftsformen, welche in ihrem rechtlichen Aufbau mit österreichischen Gesellschaftsformen verglichen werden. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Regelungen ist zu prüfen, ob die Bf. Plc in ihrer konkreten rechtlichen Ausgestaltung mit einer inländischen Körperschaft vergleichbar ist. Nach herrschender Rechtsauffassung ist eine irische Public Company limited by shares (Plc) mit einer österreichischen Aktiengesellschaft vergleichbar (vgl. Achatz/Bieber in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 1 Tz. 1 262ff und Steiner, ÖStZ 2007, 205ff). Dieser Gesellschaftsvergleich führt auch unter konkreter Berücksichtigung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen der Bf. zu einer typischen Vergleichbarkeit mit einer inländischen AG.

Die Auffassung des FA, dass die konkrete Geschäftstätigkeit der ausländischen Gesellschaft in den Typenvergleich mit einzubeziehen sei, entspricht nicht der herrschenden Rechtsauffassung und steht mit dem Erkenntnis des VwGH nicht im Einklang. Die Ausführungen zum Vorliegen einer "irregulären ausländischen Körperschaft aufgrund des Betreibens von OGAW-Fonds sind daher verfehlt.

2. Einkünftezurechnung

Da die Bf. Plc nach dem eindeutigen Ergebnis des Typenvergleichs eine dem KStG unterliegende Körperschaft darstellt, ist im Rahmen der Zurechnung der Einkünfte zu untersuchen, ob dieser Körperschaft die gegenständlichen Kapitaleinkünfte zuzurechnen sind oder nicht. "Zurechnen" bedeutet die Herstellung der Verbindung zwischen Einkünften und Steuersubjekt (Bodis/Ludwig, RdW 2013/616). Die steuerliche Abschirmwirkung gegenüber den Anteilsinhabern ist nur bei Bejahung der Intransparenz der Körperschaft gegeben; bei Transparenz kommt es zur Zurechnung der Einkünfte an die hinter der Körperschaft stehenden Personen. KSt-Subjektivität kann nur bestehen, wenn die Zurechnung nicht zu einem anderen Steuerpflichtigen erfolgt. Diese Beurteilung ist anhand der Grundsätze zur persönlichen Einkünftezurechnung zu treffen.

Zurechnungssubjekt von Einkünften ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Maßgeblich ist die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge. Für die Zurechnung von Einkünften kommt es entscheidend darauf an, wer wirtschaftlich über die Einkunftsquelle und so über die Art der Erzielung der Einkünfte und damit über die Einkünfte disponieren kann. Die rechtliche Gestaltung ist nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt. Bei der Einkünftezurechnung kommt es auf die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über die Einkünfte an und nicht auf eine allenfalls nach § 24 BAO zu lösende Zurechnung von Wirtschaftsgütern.

Aus dem - auch in deutscher Sprache - aufliegenden Anlegerprospekt ergibt sich eindeutig, dass die Bf. als "Umbrella-Investmentgesellschaft mit variablem Kapital und getrennter Haftung zwischen den Teilfonds zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin des Kapitalanlagevermögens ist. Von der Bf. wurden börsennotierte Indexfonds (ETFs) aufgelegt und verwaltet. Die Anleger können nur börsennotierte Anteile an den einzelnen Investmentfonds erwerben und verkaufen, nicht aber Anteile an der Investmentgesellschaft.

Die Anleger sind lediglich Eigentümer der gezeichneten Fondsanteile, sie erlangen aber nicht die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers des Anlagevermögens der Teilfonds der Investmentgesellschaft. Die Anleger können auf die Dispositionen der Investmentgesellschaft über des Kapitalanlagevermögens, also auf die Einkunftsquelle, keinen Einfluss nehmen. Es handelt sich zweifelsfrei auch um kein Treuhandverhältnis, wie es in dem Erkenntnis, VwGH, , 2011/13/0003, behandelt wurde (betreffend eine liechtensteinische Familienstiftung).

Zurechnungssubjekt der maßgebenden Kapitalerträge im Zeitraum 2008 bis 2012 war somit nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen der Einkünftezurechnung die Bf.

3. Potentielle Rechtfertigung für eine Durchgriffsbesteuerung auf die Fondsanleger
durch § 42 InvFG 1993, bzw. § 188 InvFG 2011 idF vor AIFMG

Es kommt im gegenständlichen Fall erst durch die Anwendung der zitierten Bestimmung im InvFG zum steuerrechtlichen Durchgriff durch die ausländische Körperschaft auf die dahinterstehenden Anteilsinhaber. Dadurch wird die ausländische Kapitalanlagegesellschaft im Verhältnis zur objektiv vergleichbaren inländischen vermögensverwaltenden Kapitalanlagegesellschaft in ihrer Kapitalverkehrsfreiheit beschränkt und benachteiligt. Welche Vermögensveranlagungen die ausländische Investmentgesellschaft konkrete vornimmt - wie gegenständlich das Management von OGAW-Fonds - spielt für das Bestehen der Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit keine Bedeutung, wie auch der VwGH im Erkenntnis unmissverständlich festgestellt hat.

Zu prüfen ist, ob die Ungleichbehandlung ausländischer vermögensverwaltender Kapitalgesellschaften im Vergleich zu inländischen vermögensverwaltenden Kapitalanlagegesellschaften durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein könnte (VwGH, , 2013/06/0078). Eine Rechtfertigung aus Gründen der Kohärenz des Steuersystems kommt - wie schon in der Entscheidung, UFS, , RV/1703-W/07, angesprochen - nicht in Betracht, da die steuerliche Belastungen für die ausländischen Kapitalanlagegesellschaften in keiner Wechselbeziehung mit einem korrespondierenden steuerlichen Vorteil für sie stehen.

Die Besteuerung der ausländischen Investmentgesellschaft in ihrem Ansässigkeitsstaat sowie die Besteuerung der Anteilsinhaber der aufgelegten Fonds ist je nach Situation unterschiedlich und darf in die Kohärenzbetrachtung nicht mit einbezogen werden. Maßgebendes Faktum ist, dass die ausländische Körperschaft im Zusammenhang mit dem Erwerb der inländischen Aktien mit finaler 10%iger KESt belastet ist, während eine vergleichbare inländische Körperschaft diese Wertpapiere ohne KESt-Abzug erwirbt (§ 10 Abs. 1 Z. 1 KstG). Der Rückzahlungstatbestand des § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG wurde aus diesem Grunde aus gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen geschaffen und die Argumentation der Abgabenbehörde zur Sicherstellung einer "Zwei-Ebenen-Besteuerung" liefe diesem Normzweck entgegen.

In der Literatur wurden mögliche Rechtfertigungsgründe für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 42 InvFG eingehend untersucht, mit dem überzeugenden Ergebnis, dass insbesondere bei Sachverhaltsbezügen zu anderen Mitgliedsstaaten eine Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung nicht anzunehmen ist (Blum/Pinetz, Besteuerung ausländischer Investmentfonds gem. § 42 InvFG 1993 im Lichte der Kapitalverkehrsfreiheit, RdW 2014/334, Heft 5).

Eine Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Beschränkung einer EG-Grundfreiheit ist, dass die beschränkende Regelung nicht diskriminierend ausgestaltet ist. Die Einschränkung muss daher sowohl Inländer als auch Ausländer gleichermaßen treffen. Dies ist bei der Durchgriffsbesteuerung nach § 42 InvFG 1993 und § 188 InvFG 2011 alte Fassung jedoch nicht der Fall, obwohl dies möglich gewesen wäre, wie die Novellierung des § 188 InvFG 2011 idF des AIFMG zeigte.

Da bereits der Gesetzgeber gemeinschaftsrechtliche Bedenken an der Zulässigkeit des § 188 InvFG 2011 (entsprach auch § 42 InvFG 1993) hatte und offenbar nicht von einer gerechtfertigten Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch diese Bestimmung ausging, hat er die Regelung mit BGBl. 135/2013 für Fondgeschäftsjahre ab Juli 2013 EU-konform repariert.

Bereits in mehreren vorangegangenen KESt-Verfahren ausländischer Kapitalanlagegesellschaften wurde vom VwGH die gemeinschaftswidrige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 42 InvFG judiziert und ist kein möglicher potentieller Rechtfertigungsgrund erkannt oder näher umschrieben worden. Zudem hat der VwGH keine diesbezüglich offenbar keine Zweifel und hat aus diesem Grunde auch kein Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH eingeleitet. Überdies wurde auch von den Parteien (insb. der Amtspartei) in diesen Verfahren kein Rechtfertigungsgrund ins Treffen geführt.

Das FA hält in ihrer Argumentation weiterhin an einem Vorrang der objektiven Vergleichbarkeit der Situation (bzgl. Bestehens von vergleichbaren OAGW-Fonds) vor der Rechtsform der Investmentgesellschaften fest. Dieses Argument wurde vom VwGH aber im aufhebenden Erkenntnis für nicht stichhaltig erachtet.

Der FA-Stellungnahme ist zusammenfassend entgegenzuhalten, dass die überschießende Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 42 InvFG 1993 und § 188 InvFG 2011 alte Fassung, weder zur Sicherung der Steuerhoheit der Republik Österreich noch zur Vermeidung von Missbrauch erforderlich ist und der steuerlichen Benachteiligung durch die intransparente Behandlung der ausländischen Kapitalgesellschaft auch kein kohärenter Steuervorteil gegenübersteht.

Das BFG gelangte unter Bindung an das aufhebende Erkenntnis des VwGH daher zu der Rechtsauffassung, dass der Beschwerde stattzugeben und die Kapitalertragssteuer antragsgemäß nach § 21 Abs. 1 Z. 1a KStG 1988 zurückzuzahlen war.

4. Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. DasBFG folgt bei der Lösung der dargestellten Rechtsfragen der einhelligen Rechtsprechung des VwGH, weshalb die Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Haslinger/Rümmele in SWI 2023, 643
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101805.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at