Zurückweisung wegen verspäteter Einreichung der Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterName_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, Anschrift_A, vertreten durch die Steuerberaterin_A, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes_A vom betreffend den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
A.) Sachverhalt:
A.1.) Die Beschwerdeführerin ist seit bei der Firma Unternehmen_A nichtselbständig beschäftigt. In ihrer am eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 begehrte die Abgabepflichtige ua. die Kosten für doppelte Haushaltsführung (Wohnung in Staat_A) als Werbungskosten.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (ua. Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin vom ) versagte das Finanzamt_A der Abgabepflichtigen im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 (mit Ausfertigungsdatum ) die steuerliche Anerkennung der geltend gemachten Kosten als Werbungskosten. Die steuerliche Vertretung begehrte mit Eingaben vom und Fristverlängerungen zur Einbringung einer Beschwerde gegen obigen Bescheid, reichte jedoch nie eine Beschwerde ein.
A.2.) Mit Schreiben vom reichte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin beim Finanzamt_A den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 gemäß § 299 BAO ein, da in diesem der Abgabepflichtigen die Kinderfreibeträge, Kinderbetreuungskosten für beide Kinder und die doppelten Haushaltskosten nicht gewährt worden waren.
Das Finanzamt_A wies bescheidmäßig den Antrag vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 vom ab (Abweisungsbescheid mit Ausfertigungsdatum ). Der Bescheid wurde der Abgabepflichtigen elektronisch am zugestellt (Databox).
Die steuerliche Vertreterin beantragte mit Eingabe vom die Fristverlängerung bis zur Einbringung einer Beschwerde gegen "die Beschwerdevorentscheidung des Einkommensteuerbescheides 2017" (offensichtlich gemeint wohl: Abweisungsbescheid betreffend Einkommensteuerbescheid 2017") vom , da noch nicht alle erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Einbringung einer Beschwerde vorliegen würden.
Binnen offener Frist ersuchte die steuerliche Vertreterin mit Eingabe vom erneut um Fristverlängerung bis zum zur Einbringung einer Beschwerde gegen "die Beschwerdevorentscheidung des Einkommensteuerbescheides 2017" (offensichtlich gemeint wohl: Abweisungsbescheid betreffend Einkommensteuerbescheid 2017") vom , da noch nicht alle erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Einbringung einer Beschwerde vorliegen würden.
Das Finanzamt_A gab mit Bescheid vom dem Ansuchen vom "um Verlängerung der Beschwerdefrist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid des Antrages auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017" nicht statt, da grundsätzlich bei der Erstellung des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung 2017 vom sämtliche, für die Beweisführung notwendigen Unterlagen vorliegen müssten. Dem (mehrmaligen) Ansuchen auf Fristverlängerung der Beschwerdefrist gegen den Einkommensteuerbescheid sei bereits am nicht entsprochen worden.
Der Abweisungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführerin am zugestellt (nachweislich mittels Rsb-Rückschein).
Die Beschwerdeführerin erhob mit (elektronischer) Eingabe vom Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid (vom ) betreffend die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2017 (vom ) und beantragte eine Veranlagung für 2017 unter Berücksichtigung der beantragten doppelten Haushaltsführungskosten, Kinderfreibeträge und Kinderbetreuungskosten (laut Schreiben vom im Anhang).
Das Finanzamt_A wies mit Beschwerdevorentscheidung (mit Ausfertigungsdatum ) die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom als unbegründet ab. Die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin beantragte mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
B.) Beweiswürdigung:
Der streitwesentliche Sachverhalt ergibt sich aus der unstrittigen Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen.
C.) Rechtslage:
C.1.) Die Beschwerdefrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat.
Die Beschwerdefrist ist nach Abs. 3 leg.cit. auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.
Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt nach Abs. 4 leg.cit. mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3 leg.cit.) und endet mit dem Tag, an dem die Entscheidung (Abs. 3 leg.cit.) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird. In den Fällen des Abs. 3 leg.cit. kann jedoch die Hemmung nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft.
Der Abgabepflichtige kann weder darauf vertrauen, dass eine bereits gesetzte Frist verlängert wird (), noch muss bei Abweisung eines Antrages auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist eine Nachfrist gesetzt werden (Ritz, BAO6, § 245 Tz 15; ).
Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages iSd § 245 Abs. 2 bzw. 3 BAO. Die Hemmung des Fristenlaufes endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (§ 245 Abs. 2 BAO) oder die Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag dem Antragsteller zugestellt wird. § 108 Abs. 3 BAO (Fristende) gilt auch für das Ende der Hemmung, weil nach dem Normzweck die Partei am letzten Tag von Fristen die Möglichkeit der (eingeschriebenen) Postaufgabe haben soll (; Ritz, BAO6, § 245 Tz 35f).
Bei Hemmung einer Frist läuft nach Wegfall des Hemmungsgrundes die unverbrauchte restliche Frist weiter (Ritz, BAO6, § 108 Tz 7). Die Hemmung der Rechtsmittelfrist bedeutet, dass die Frist mit dem Tag der Einbringung des zur Hemmung führenden Antrages abgestoppt wird, und dass mit dem der Zustellung des die Hemmung beendenden Schriftstückes folgenden Tag ihr Rest weiterläuft. Wird beispielsweise ein Antrag auf Fristverlängerung drei Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht und bescheidmäßig abgewiesen, so hat der Beschwerdeführer noch drei Tage der Rechtsmittelfrist zur Verfügung (sofern nicht § 245 Abs. 4 BAO zweiter Satz Anwendung findet). Wird der Antrag erst am letzten Tag der Beschwerdefrist eingebracht, so steht dem Beschwerdeführer bei Abweisung vor dem von ihm beantragten Fristende nur mehr ein Tag zur Ausarbeitung der Beschwerde zur Verfügung, nämlich jener, der dem Tag der Zustellung des die Hemmungswirkung beseitigenden Bescheides folgt (Stoll, BAO, 2523f; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 245 Anm 29; Ritz, BAO6, § 245 Tz 38f).
Die Hemmung kann bei Einbringung eines Fristverlängerungsantrages nicht dazu führen, dass die Beschwerdefrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft (§ 245 Abs. 4 zweiter Satz BAO). Ergibt sich die Hemmung nur aus § 245 Abs. 2 BAO (bzw. wenn ein Fristverlängerungsantrag und ein Antrag auf Begründung gestellt werden, auch aus § 245 Abs. 2 BAO), so ist für das Ende dieser Hemmungswirkung lediglich § 245 Abs. 4 erster Satz BAO maßgebend (Arnold, AnwBl 1986, 482; Ritz, BAO6, § 245 Tz 40).
C.2.) Bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird nach § 108 Abs. 1 BAO der für den Beginn der Frist maßgebende Tag nicht mitgerechnet. Beginn und Lauf einer Frist werden nach Abs. 3 leg.cit. durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Samstage, Sonntage und Feiertage sind für den Beginn und den Lauf einer Frist bedeutungslos. Diesen Tagen (sowie dem Karfreitag und dem 24. Dezember) kommt hingegen nach § 108 Abs. 3 zweiter Satz BAO Bedeutung zu, wenn das Ende einer Frist auf einen dieser Tage fallen würde. Diesfalls endet die Frist am nächsten Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist (Ritz, BAO6, § 108 Tz 6).
C.3.) Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebrachte Beschwerden sind gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO als verspätet zurückzuweisen. Dies hat durch die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) bzw. durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss (§ 278 BAO) zu erfolgen.
Eine solche Zurückweisung hat etwa auch zu erfolgen, wenn die Abgabenbehörde die Verspätung übersehend einen Mängelbehebungsauftrag () oder eine Beschwerdevorentscheidung () erlassen hat (Ritz, BAO6, § 245 Tz 41).
D.) Erwägungen:
Der streitgegenständliche Abweisungsbescheid betreffend den Antrag gemäß § 299 BAO (vom ) wurde der Beschwerdeführerin am zugestellt. Binnen offener Beschwerdefrist beantragte die steuerliche Vertreterin mit Eingabe vom eine Fristerstreckung zur Einreichung eines Rechtsmittels bis . Das Finanzamt_A sprach über diesen Antrag nicht bescheidmäßig ab, sodass die Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 4 BAO bis zum erstreckt war.
Binnen offener Frist, nämlich einen Tag vor Ablauf der Beschwerdefrist (), beantragte die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin (neuerlich) eine Beschwerdefristerstreckung bis (siehe die elektronisch eingereichte Eingabe vom ). Mit dem Tag der Einbringung des Antrages, sohin am wurde der (Beschwerde)Fristenlauf gehemmt.
Das Finanzamt_A wies den Fristerstreckungsantrag in Folge mit Bescheid vom , zugestellt der Beschwerdeführerin am , ab. Nachdem die Abgabenbehörde bescheidmäßig keine Nachfrist gesetzt hat, endete die Hemmung des (Beschwerde)Fristenlaufes mit dem Tag der Bescheidzustellung, sohin am .
Die unverbrauchte restliche Beschwerdefrist betrug im vorliegenden Fall zwei Tage (Ende der Beschwerdefrist ; Einbringung des hämmenden Fristerstreckungsantrages am ), sodass das Ende der Beschwerdefrist nunmehr auf den (der dem Tag der Bescheidzustellung am folgende zweitnächste Tag) entfiel. Der war ein Sonntag, weshalb nach § 108 Abs. 3 BAO als letzter Tag der (Beschwerde)Frist der darauffolgende Tag, nämlich Montag, der , anzusehen ist.
Die steuerliche Vertreterin reichte bei der Abgabenbehörde die Beschwerde (samt schriftlicher Ausfertigung vom als Anhang) jedoch elektronisch erst am , sohin nach Ablauf der Beschwerdefrist ein. Unabhängig davon, dass das Finanzamt_A eine über die Sache materiell absprechende Beschwerdevorentscheidung vom erlassen hat, ist vom Bundesfinanzgericht eine nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebrachte Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO als verspätet zurückzuweisen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
E.) Revisionen:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an der zitierten einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100746.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at