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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.09.2021, RV/1100474/2018

Regelkonformität einer liechtensteinischen Pensionskassenauszahlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Winkler & Partner Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GmbH & Co KG, Bundesstraße 120, 6923 Lauterach,

betreffend den Bescheid des ***FA*** vom hinsichtlich Einkommensteuer 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***,

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen, das einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer wandte sich in seiner Beschwerde gegen die Nichtgewährung der Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988. Er führte aus, bis Ende Juli 2015 bei der Firma ***1*** AG in ***2*** in Liechtenstein beschäftigt gewesen zu sein, anschließend habe er sich in Österreich selbständig gemacht. Die angesparten Pensionsbeiträge aus der 2. Säule seien gesetzeskonform auf ein gesperrtes Freizügigkeitskonto übertragen worden. Am habe er einen Antrag auf Auszahlung wegen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im EWR gestellt. Diesem Antrag sei durch Freigabe seitens der FMA entsprochen worden und es sei im Jänner 2016 zur Auszahlung von CHF. 29.800,30 gekommen.

Der Beschwerdeführer zitierte höchstgerichtliche Judikate und verwies auf die Praxis der Verwaltungsbehörden, wonach die Drittelbegünstigung in vergleichbaren Fällen bis zu einer Änderung der Richtlinien im Dezember 2015 gewährt worden sei.

Er stellte den Antrag, ein Drittel des ausbezahlten Altersguthabens steuerfrei zu belassen.

In einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung wurde seitens der Abgabenbehörde ausgeführt:

Die Auszahlung der liechtensteinischen Freizügigkeitsleistung in der Höhe von CHF 29.800,30 sei aufgrund eines Antrages des Arbeitnehmers erfolgt. Ein solcher Antrag könne gemäß Art. 12 Abs. 4 BPVG gestellt werden, wenn der Arbeitnehmer eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnehme und nicht nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates des EWR für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch in der Rentenversicherung versichert sei.

Eine Sozialversicherungsabfrage habe ergeben, dass eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG zum Zeitpunkt der Antragstellung und eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1-3 GSVG zum Zeitpunkt der Auszahlung bestanden hätten. Aufgrund der obligatorischen Rentenversicherung gemäß GSVG in Österreich sei daher nach liechtensteinischem und EU-Recht keine gesetzliche Barauszahlungsmöglichkeit vorgelegen. Zweck des § 124b Z 53 EStG 1988 sei es, die lebenslange Vorsorge zu fördern, es könne daher bei der gesetzwidrig erwirkten Barauszahlung keine Steuerbegünstigung gewährt werden. Die Abgabenbehörde verwies auf das Erkenntnis des .

In der Folge beantragte der Beschwerdeführer durch seine steuerliche Vertretung die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend zum bisherigen Beschwerdevorbringen aus:

Er habe die selbständige Tätigkeit als Vermögensberater vorerst als Nebenberuf ausgeübt und sich ab August 2015 zur Gänze dieser Tätigkeit gewidmet. Die erzielbaren Gewinne wurden damals als gering prognostiziert, insbesondere für das Jahr 2015, in dem die Auszahlung der Freizügigkeitsleistung beantragt worden sei. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt Gewerbetreibender ohne Gewerbeberechtigung gewesen und deshalb im Zeitpunkt der Antragstellung für die Auszahlung sowie bis zu dem erforderlichen Stichtag, d. h., bis drei Monate nach der Aufgabe der Erwerbstätigkeit in Liechtenstein, auch nicht pflichtversichert gemäß § 2 GSVG gewesen. Er habe daher die entsprechenden Angaben zum Zeitpunkt der Antragstellung korrekt angekreuzt und die Auszahlung der Freizügigkeitsleistung gesetzeskonform erwirkt. Die Pflichtversicherung gemäß § 2 GSVG habe sich rückwirkend ergeben und zwar nach der Durchführung und Übermittlung der Steuererklärung für das Jahr 2015 im August 2016, da die selbstständigen Einkünfte aus dem Veranlagungsjahr 2015 die maßgebliche Versicherungsgrenze überschritten hätten.

Von Seiten der Abgabenbehörde wurde am ein Zusatzantrag folgenden Inhalts an das Bundesfinanzgericht herangetragen: Entsprechend den vorgelegten Unterlagen seien sowohl das obligatorische als auch das überobligatorische Guthaben zur Auszahlung gebracht worden. Der Gesamtbetrag der Austrittsleistung Höhe von CHF 29.800,30 unterteile sich mit CHF 19.802,95 auf den obligatorischen, mit CHF 10.002,65 auf den überobligatorischen Anteil.

Nach zur Zeit geltender Judikatur des VwGH dürfe aufgrund des Auszahlungsverbotes nur das überobligatorische Guthaben ausbezahlt werden, das obligatorische Guthaben könne jedenfalls nicht begünstigt ausbezahlt werden.

Die Abgabenbehörde vertrete dazu die Rechtsmeinung, dass auch das überobligatorische Guthaben nicht begünstigt ausbezahlt werden könne, habe doch der (Knauer) ausgesprochen, dass eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gewährte Rentenleistung zur Gänze entweder einer entsprechenden Leistung gleichartig oder dieser nicht gleichartig im Sinne des Art. 5 lit. a Verordnung Nr. 883/2004 sei. Eine differenzierende Beurteilung einheitlicher Leistungen aus einem Rentensystem (z.B. nach den Kriterien von "vorobligatorischen, obligatorischen, überobligatorischen oder freiwilligen" Beiträgen, mit denen ein konkretes Alterskapital aufgebaut worden ist), sei ausgeschlossen.

Ermittlungen durch die Richterin:

Die Richterin des BFG wandte sich mit nachstehendem schriftlichem Ermittlungsauftrag und Ergänzungsersuchen an die Abgabenbehörde:

"Gemäß Art. 12 Abs. 4 BPVG darf die Freizügigkeitsleistung (Anm.: Gemeint ist der obligatorische Teil der Freizügigkeitsleistung) in bar ausbezahlt werden, falls der Arbeitnehmer den Wirtschaftsraum Liechtenstein endgültig verlässt oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnimmt und nicht nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates des EWR für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch in der Rentenversicherung versichert ist.

Gegenständlich hat die Aufsichtsbehörde - das ist die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA ) - die gemäß Art. 12 Abs. 5 BPVG über die Auszahlung entscheidet, die Auszahlung genehmigt, dies obwohl in Österreich eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG zum Zeitpunkt der Antragstellung () sowie zum Zeitpunkt der Auszahlung () bestand.

Die Abgabenbehörde möge nun durch Kontaktaufnahme mit der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein klären, ob der zur Auszahlung gelangte obligatorische Teil der Freizügigkeitsleistung ungeachtet der nicht regelkonformen Auszahlung einer endgültigen Abfindung von Pensionsansprüchen gleichzuhalten ist, bzw., ob diese Auszahlung zurückgefordert werden kann. Liegt nämlich - bei Verlangen - eine Rückzahlungsverpflichtung vor, so steht dieser Umstand einer Begünstigungsfähigkeit der Pensionskassenauszahlung gemäß § 124b Z. 53 EStG 1998 entgegen, weil es sich in diesem Fall nicht um eine finale, endgültige Abfindung handelt (vergleiche Ra 2019/15/0047).

Sollte sich durch Auskunft der liechtensteinischen FMA erweisen, dass eine Rückzahlungsverpflichtung bzw. ein Rückforderungsrecht besteht, so ergeht die Frage an die Abgabenbehörde, ob sich diese Verpflichtung ihrer Meinung nach auch auf den überobligatorischen Anteil der Auszahlung bezieht (siehe Ausführungen der Abgabenbehörde im Antrag vom zum EuGH Urteil Knauer, C-453/14)."

Die Abgabenbehörde kam dem Ermittlungsauftrag nach und übersandte der Richterin des BFG in der Folge das Antwortschreiben der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein:

"In Liechtenstein ist gesetzlich verankert, dass Vorsorgegelder der betrieblichen Personalvorsorge (Freizügigkeitsleistungen) weiterhin für die Vorsorge des aus der Versicherung ausscheidenden Arbeitnehmers zu verwenden sind. Hierfür sind sie entweder an die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers zu überweisen oder, wenn das nicht möglich ist, auf ein für Vorsorgezwecke gesperrtes Konto bei einer liechtensteinischen Bank einzulegen (Art. 12 BPVG).

Herr ***Bf1*** (Anm.: = Der Beschwerdeführer) hat gemäß unseren Informationen per den Wirtschaftsraum Liechtenstein verlassen und im September 2015 einen Antrag auf Auszahlung seiner Freizügigkeitsleistung gestellt. Eine solche Auszahlung ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller nicht nach den Rechtsvorschriften seines Wohnsitzstaates für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch in der Rentenversicherung versichert ist (Art. 12 Abs. 4 lit. b BPVG). Diese Prüfung haben wir vorgenommen und die Barauszahlung gutgeheißen. Dies führte in der Folge zur Aufhebung der Sperrwirkung des Vorsorgekontos, sodass das Freizügigkeitsguthaben wie ein normales Bankguthaben bezogen werden konnte. Zum Zeitpunkt der Aufhebung der Sperrwirkung des Vorsorgekontos waren gemäß unserer Prüfung die Voraussetzungen für eine Barauszahlung erfüllt. Sollten sich diese bis zum Bezug des Guthabens wiederum geändert haben, entzieht sich dies unserer Kenntnis und ist bezüglich des Entscheidens auch nicht mehr von Belang. Unter diesen Umständen ist eine Rückforderung ausgeschlossen.

Durch den Bezug der Freizügigkeitsleistung hat der Versicherte in der betrieblichen Personalvorsorge keinerlei Ansprüche mehr, bis er wiederum bei dem liechtensteinischen Arbeitgeber tätig wird und erneut eine betriebliche Altersvorsorge aufbauen kann. Allfällige Ansprüche in der obligatorischen Alters- und Hinterlassenenvorsorge (AHV, 1. Säule) bleiben ungeachtet eines Bezuges der betrieblichen Altersvorsorge (2. Säule) weiterhin bestehen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

  • Der am ***3*** geborene Beschwerdeführer war bis bei der Firma ***1*** AG in Liechtenstein beschäftigt.

  • Er löste das Dienstverhältnis auf, um sich in Österreich selbständig zu machen.

  • Mit seinem Austritt aus dem Liechtensteiner Dienstverhältnis wurden die angesparten betrieblichen Pensionsbeiträge (2. Säule) auf ein gesperrtes Freizügigkeitskonto übertragen.

  • Am stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Auszahlung wegen Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im EWR.

  • Die Freigabe erfolgte durch die für die Pensionskassenaufsicht zuständige Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) am .

  • Der Freizügigkeitsausweis der ***1*** Pensionskasse weist nachstehende Positionen aus: "1.) Austrittsleistung gemäß BVG, total Altersguthaben 19.802,95; 2.) Austrittsleistung gemäß Reglement, Altersguthaben total 29.800,30; Austrittsleistung (größerer Betrag von 1. und 2.) 29.800,30".

  • Im Jänner 2016 wurden CHF 29.800,30 ausbezahlt.

Die Feststellungen zum Sachverhalt gründen sich auf unstrittigen Akteninhalt.

  • Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

Gemäß § 124b Z 53 EStG 1988, letzter Satz, sind Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen aufgrund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

Gemäß Art. 11 des liechtensteinischen Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge (BPVG) hat die Vorsorgeeinrichtung, wenn ein Arbeitnehmer aus einem anderen Grund als wegen Alter, Invalidität oder Tod aus der Vorsorgeeinrichtung ausscheidet, eine Freizügigkeitsleistung zu erbringen. Gemäß Abs. 2 leg. cit. entspricht die Freizügigkeitsleistung dem zurückgestellten Deckungskapital.

Nach Art. 12 Abs. 1 BPVG ist die - anlässlich des Ausscheidens des Arbeitnehmers gemäß Art. 11 Abs. 1 leg. cit. zu erbringende - Freizügigkeitsleistung weiterhin für die Vorsorge des aus der Versicherung ausscheidenden Arbeitnehmers zu verwenden. Zu diesem Zweck wird sie an die Vorsorgeeinrichtung seines neuen Arbeitgebers überwiesen.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist, falls sich dies nicht durchführen lässt, die Freizügigkeitsleistung als Einlage für eine prämienfreie Freizügigkeitspolice bei einem in Liechtenstein zugelassenen Versicherungsunternehmen einzuzahlen oder auf ein für Vorsorgezwecke gesperrtes Konto bei einer liechtensteinischen Bank einzulegen.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. wird auf Verlangen des Arbeitnehmers die Freizügigkeitsleistung bar ausbezahlt, falls er: a) den Wirtschaftsraum Liechtenstein - Schweiz endgültig verlässt oder eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt; und b) nicht nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates des europäischen Wirtschaftsraumes für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch in der Rentenversicherung versichert ist.

Gemäß Abs. 5 leg. cit. kann die Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung im Sinne der Abs. 3 und 4 bei der Aufsichtsbehörde beantragt werden. Die Aufsichtsbehörde prüft, ob die Voraussetzungen für eine Barauszahlung erfüllt sind und entscheidet über die Auszahlung.

Strittig ist: Steht dem Beschwerdeführer für die an ihn ausbezahlte Freizügigkeitsleistung die Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 (ganz oder teilweise) zu?

Grundsätzlich ist zur Begünstigungsfähigkeit iSd § 124b Z. 53 EStG 1988 von vor Eintritt des Vorsorgefalles geleisteten Pensionsabfindungen auf die Ergebnisse mehrerer Auskunftsersuchen zu verweisen, welche das Bundesfinanzgericht im Jahr 2020 an verschiedene Schweizer und liechtensteinische offizielle Stellen gerichtet hat (für Liechtenstein: Finanzmarktaufsicht Liechtenstein FMA, Liechtensteinischer Pensionskassenverband LLB, Liechtensteinischer Versicherungsverband LVV).

Zentrale Frage war, ob bei derartigen Fallkonstellationen die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes mit späterem Rentenanspruch - etwa durch Anlage in einer Freizügigkeitspolice - besteht, d. h. also, ob ein Wahlrecht zwischen einem Bezug als Kapital und als Rente offensteht. Nach einer inzwischen etablierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist es nämlich Zweck des § 124b Z 53 EStG 1988, eine tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen dann zu vermeiden, wenn keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung besteht (vgl. für viele ).

Aus den eingegangenen Antwortschreiben konnte entnommen werden, dass eine Aufrechterhaltung des Anspruches auf eine Altersrente nicht möglich ist, d. h. also, dass kein begünstigungsschädliches Wahlrecht besteht. Diese Auskunft wurde bestätigt durch Ermittlungen, die seitens der Abgabenbehörde, ebenfalls im Jahr 2020, bei insgesamt 33 liechtensteinischen und Schweizer Versicherungsunternehmen angestellt worden waren und die ergaben, dass Freizügigkeitspolicen mit Anspruch auf eine spätere Auszahlung in Rentenform weder derzeit angeboten würden noch in der Vergangenheit angeboten worden wären.

Als Conclusio aus den gerichtlichen und abgabenbehördlichen Auskunftsersuchen ergab sich daher, dass der Anwendung des § 124b Z 53 EStG 1988 auf eine vor Eintritt des Vorsorgefalles kapitalisiert ausbezahlte Pensionsabfindung kein begünstigungsschädliches Wahlrecht entgegensteht (vgl. ; ).

Soweit bei der Freizügigkeitsleistung (Austrittsleistung) zwischen einem überobligatorischen Teil und einem obligatorischen Teil unterschieden wird, ist hinsichtlich der Schweizer Rechtslage und -auslegung auszuführen:

"Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG stellt das endgültige Verlassen der Schweiz einen sogenannten Barauszahlungsgrund dar, der die versicherte Person dazu berechtigt, die Austrittsleistung zu verlangen; sich diese also vorzeitig und unabhängig eines Vorsorgefalles auszahlen zu lassen. Die Barauszahlung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist jedoch auf den überobligatorischen Teil der Austrittsleistung beschränkt (siehe Art. 25f FZG). Weiterhin in der Schweiz gebunden bleibt somit das obligatorische Altersguthaben. Dieses wird als weiterhin zum Vorsorgezweck gebundenes Guthaben auf einer Freizügigkeitseinrichtung deponiert.… eine vorzeitige Verrentung des zum Erhalt der Vorsorge gebundenen Altersguthaben ist jedoch ausgeschlossen" (Auszug aus Antwortschreiben des Bundesamtes für Sozialversicherungen BSV, Bern, vom auf das Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom ).

Zur - hier primär interessierenden - liechtensteinischen Rechtslage hat die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) im Rahmen ihres Antwortschreibens vom auf das Auskunftsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom ausgeführt:

"Das System in Liechtenstein unterscheidet sich etwas von demjenigen der Schweiz, vor allem im Hinblick auf die überobligatorischen Leistungen. Während in der Schweiz von überobligatorischen Leistungen gesprochen wird, gibt es in Liechtenstein kein Überobligatorium. Stattdessen gibt es die weitergehenden Leistungen (siehe dazu Art. 2 Abs. 2 BPVG). In der Schweiz wird das Alterskapital im Rahmen einer Schattenrechnung klar in Guthaben aus der obligatorischen und der überobligatorischen Vorsorge unterteilt und dementsprechend unterschiedlich behandelt. In Liechtenstein wird keine solche Unterscheidung bezüglich der Art des angesparten Kapitals getroffen, d. h., ob es aus dem obligatorisch zu versichernden Teil der beruflichen Vorsorge stammt oder es sich um weitergehende Leistungen der Vorsorgeeinrichtung handelt. In Liechtenstein verfügt man daher nur über ein Alterskapital, welches sich aus Teilen der obligatorischen Vorsorge und Teilen der weitergehenden Vorsorge zusammensetzt."

Für die Lösung der Streitfrage ergibt sich daher:

Soweit die Abgabenbehörde vorerst davon ausging, dass gemäß der momentan gültigen Judikatur des VwGH nur das überobligatorische Guthaben begünstigt ausbezahlt werden dürfe, nicht aber das obligatorische Guthaben, ist ihr streitfallbezogen nach Klarstellung der liechtensteinischen Rechtsgrundlagen und der dazu in Liechtenstein gepflogenen Interpretation eine Absage zu erteilen. Wie oben ausgeführt unterscheiden nämlich die liechtensteinischen Rechtsgrundlagen - anders als die der Schweiz - nicht zwischen Obligatorium und Überobligatorium (vgl. dazu auch Textierung des Freizügigkeitsausweises der ***1*** Pensionskasse, wie in Punkt III., 1. Sachverhalt, wiedergegeben).

Die Möglichkeit der Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung auf Verlangen des Arbeitnehmers gemäß Art. 12 Abs. 4 lit.ae a) und b) BPVG bezieht sich demnach nicht auf einen "überobligatorischen" Anteil, sondern auf die Freizügigkeitsleistung als Ganzes, d.h., in ihrer Zusammensetzung aus Teilen der obligatorischen Vorsorge und Teilen der weitergehenden Vorsorge.

Gemäß durch die Richterin des BFG initiierten Ermittlungen hat die Aufsichtsbehörde (FMA Liechtenstein) - wie oben wiedergegeben - im Streitfall die Voraussetzungen für eine Barauszahlung dieses einheitlichen Alterskapitals im Sinne des Art. 12 Abs. 5 BPVG überprüft und als vorliegend erachtet. Soweit sie darüber hinaus mitgeteilt hat, dass eine Rückforderung ausgeschlossen ist, handelt es sich bei der Auszahlung der Austrittsleistung um eine endgültige Abfindung von Pensionsansprüchen iSd § 124b Z 53 EStG 1988.

Für das Bundesfinanzgericht besteht daher kein Anlass, die in Streit stehende Auszahlung als "nicht regelkonform" zu betrachten. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers im Vorlageantrag wird im Übrigen verwiesen.

Ein Eingehen auf das laut Zusatzantrag vom seitens der Abgabenbehörde zitierte C- 453/14 (Knauer), erübrigt sich nach allem oben Ausgeführten (ob überhaupt eine Vergleichbarkeit des diesem Urteil zugrundeliegenden Sachverhaltes mit dem Streitsachverhalt gegeben ist, mag insofern dahingestellt bleiben).

In zusammenfassender Würdigung ergibt sich daher für die regelkonform durchgeführte Auszahlung:

  • Es liegt kein begünstigungsschädliches Wahlrecht zwischen Kapital und Rente vor (vgl. ; ; ),

  • Es handelt sich um eine finale, endgültige Abfindung nach dem Verständnis des § 124b Z 53 EStG 1988 (vgl. ).

  • Die Drittelbegünstigung steht für die gesamte an den Beschwerdeführer ausbezahlte Freizügigkeitsleistung zu.

Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der streitgegenständlichen Rechtsfrage beruht auf der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Soweit lediglich Sachverhaltsfragen zu beurteilen waren, sind diese einer Revision nicht zugänglich.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100474.2018

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