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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.09.2021, RV/1100015/2020

Vergleichbarkeit einer SUVA-Invalidenrente (Schweiz) mit einer inländischen Versehrtenrente unter dem Gesichtspunkt der Steuerfreiheit gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

betreffend den Bescheid des ***FA*** vom

hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer, ***BF1StNr1***,

zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Im angefochtenen Bescheid wurde die Invalidenrente, welche der Beschwerdeführer von der Schweizer Unfallversicherung (SUVA) bezieht, nicht als steuerfrei gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 behandelt, weil eine Vergleichbarkeit mit der entsprechenden österreichischen Geldleistung nicht gegeben sei.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer Beschwerde ein, ohne diese näher zu begründen. Seitens der Abgabenbehörde wurde er daraufhin ersucht, zur Beurteilung des tatsächlichen Sachverhaltes eine Bestätigung der SUVA darüber vorzulegen, wie die 2018 ausbezahlten Leistungen berechnet worden seien.

Der Beschwerdeführer reichte in der Folge eine Rentenbescheinigung der SUVA ein und traf die Feststellung, dass es sich um keine Erwerbsausfallsentschädigung handle.

Aus der Rentenbescheinigung geht hervor, dass für das Jahr 2018, in der Periode 1.1. bis 31.12. unter der Leistungsart "Invalidenrente" im Versicherungszweig "Nichtberufsunfall" eine Rente von total CHF 70.407,50 geleistet worden sei.

Zusätzlich wurde das Schreiben einer Vertreterin der SUVA folgenden Inhalts an die Abgabenbehörde weitergeleitet:

"Die Höhe einer Unfallversicherungs-Invalidenrente wird einerseits mittels Vergleich zwischen dem zumutbaren Einkommen trotz Unfallfolgen und dem Lohn, den ein Versicherter ohne Unfallfolgen hypothetisch verdienen würde, ermittelt. Das ergibt einen Invaliditätsgrad. Zudem wird der Verdienst, den der Versicherte im Jahr vor dem Unfall verdiente, berechnet. Die Rentenhöhe berechnet sich dann folgendermaßen: Versicherter Verdienst im Jahr vor dem Unfall x 80 % (20 % Selbstbehalt) x Invaliditätsgrad : 12 = monatliche UVG-Invalidenrente. Diese Berechnung stützt sich auf Art. 16 ATSG.

Im Weiteren ist noch Art. 20 Abs. 2 des Unfallversicherungsgesetzes zu berücksichtigen: Hat der Versicherte Anspruch auf eine Rente der IV oder auf eine Rente der Alters-und Hinterlassenenversicherung (AHV), so wird ihm eine Komplementärrente gewährt; dies entspricht in Abweichung von Art. 69 ATSG der Differenz zwischen 90 % des versicherten Verdienstes und der Rente der IV oder der AHV, höchstens aber dem für Voll-oder Teilinvalidität vorgesehenen Betrag. Die Komplementärrente wird beim erstmaligen Zusammentreffen der erwähnten Renten festgesetzt und lediglich späteren Änderungen der für Familienangehörige bestimmten Teile der Rente der IV oder der AHV angepasst".

Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in der ausgeführt wurde: Die Leistungen der Schweizer SUVA seien nicht mit der österreichischen Versehrtenrente vergleichbar. Die Invalidenrente der SUVA decke nämlich insbesondere den Erwerbsausfall ab, während es sich bei der österreichischen Versehrtenrente um eine Schadenersatzleistung für die dem versicherten Arbeitnehmer erwachsenden Kosten handle. Dies werde auch durch das eingereichte Schreiben der SUVA bestätigt, wonach der Erwerbsausfall kompensiert werde. Da eine Vergleichbarkeit der schweizerischen mit der österreichischen Geldleistung dem Grunde nach also nicht vorliege, erübrige sich eine Prüfung ob eine Gleichartigkeit der Höhe nach gegeben sei. Die von der SUVA bezogene Invalidenrente stelle keinen Anwendungsfall des § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 dar und sei daher steuerpflichtig zu erfassen.

Der Beschwerdeführer brachte in der Folge einen Antrag auf Entscheidung über seine Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht ein und formulierte wie nachstehend: "Die Rente aus der Schweiz ist exakt das Gegenstück zur Rente in Österreich, die als steuerfrei behandelt wird. Die von Ihnen angemerkten Positionen sind nur nachrangig von Bedeutung und können von dieser Tatsache nicht ablenken."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage innerstaatlich:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 sind von der Einkommensteuer unter anderem befreit Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht.

Gemäß § 203 Abs. 1 ASVG besteht Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 % vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 %.

Gemäß § 209 Abs. 1 ASVG hat der Träger der Unfallversicherung die Versehrtenrente als vorläufige Rente zu gewähren, wenn die Versehrtenrente während der ersten zwei Jahre nach dem Eintritt des Versicherungsfalles wegen der noch nicht absehbaren Entwicklung der Folgen des Arbeitsunfalles oder der Berufskrankheit ihrer Höhe nach noch nicht als Dauerrente festgestellt werden kann. Spätestens mit Ablauf des zweijährigen Zeitraumes ist die Versehrtenrente als Dauerrente festzustellen.

Rechtslage Schweiz:

Gemäß Art. 7 Abs. 1 des Schweizer Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ist Erwerbsunfähigkeit der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. Gemäß Abs. 2 leg cit. sind für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit ausschließlich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt zudem nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 ATSG ist Invalidität die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.

Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird gemäß Art. 16 ATSG das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmaßnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.

Vgl. weiters Schweizer Unfallversicherungsgesetz, Art. 20 Abs. 2 zur Komplementärrente, wie oben unter I., E-Mail der SUVA vom .

Strittig ist: Ist die Invalidenrente, die der Beschwerdeführer von der SUVA erhalten hat, gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit?

Das Bundesfinanzgericht hat sich in seiner bisherigen Rechtsprechung bereits mehrmals mit der Frage der Besteuerung von SUVA-Invalidenrenten auseinandergesetzt. Auf die Erkenntnisse BFG, , RV/1100448/2012 sowie BFG, , RV/1100476/2018, wird hinsichtlich der detaillierten Gegenüberstellung von inländischen Versehrtenrenten und Invalidenrenten aus der Schweizer Unfallversorgung verwiesen.

Als Ergebnis des Vergleiches ist das Bundesfinanzgericht in den genannten Erkenntnissen zu dem Schluss gelangt, dass die - jeweils strittige - Invalidenrente der SUVA nicht mit der inländischen Versehrtenrente vergleichbar ist und deshalb nicht gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 steuerfrei belassen werden kann:

"Die Versehrtenrente nach dem österreichischen Sozialversicherungsrecht knüpft nicht an einen konkret entstandenen Verdienstentgang an, sondern nach dem Prinzip der abstrakten Schadensberechnung an der Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit; es ist dort bedeutungslos, ob der Versicherungsfall tatsächlich zu einem Einkommensverlust geführt hat; die Versehrtenrente ist auch dann zu gewähren, wenn kein Lohnausfall entstanden ist oder sogar ein höheres Einkommen erzielt wird.

Wer in der Schweiz in erheblichem Maße gesundheitlich beeinträchtigt ist, erfüllt die Voraussetzungen für eine Rente nicht immer, denn eine Invalidität wird erst anerkannt, wenn sich die gesundheitlichen Probleme auf die Erwerbsmöglichkeiten oder die Arbeitsfähigkeit im angestammten Aufgabenbereich auswirken. Die SUVA gewährt eine Invalidenrente nur bei bleibenden wirtschaftlichen Unfallfolgen.

Während es sich bei der österreichischen Versehrtenrente um eine Ausgleichszahlung (Schadenersatzleistung) für die Kosten handelt, die versehrte Arbeitnehmer durch einen Arbeitsunfall haben, will die Schweizer Unfallversorgung den Erwerbsausfall von verunfallten Arbeitnehmenden abdecken. Schweizer Invalidenrenten aus der obligatorischen Unfallversorgung stellen ein Ersatzeinkommen dar. Durch die Invalidenrente wird nicht primär ein individueller Schaden ersetzt, sondern der ausgefallene Verdienst."

Auch in der "Wegleitung zur obligatorischen Unfallversicherung UVG" heißt es unter Punkt 6.3.1: "Die Versicherung erbringt Geldleistungen zum Ausgleich des Erwerbsausfalles. Grundlage für das Taggeld, die Invaliden- und Hinterlassenenrenten ist der versicherte Verdienst…." (www.koordination.ch/fileadmin/files/uvg/wegleitung ).

Der Beschwerdeführer hat im Hinblick auf seine Rechtsmeinung, wonach seine SUVA-Invalidenrente steuerfrei gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 sei, lediglich die Feststellung getroffen, es handle sich nicht um eine Erwerbsausfallsentschädigung sowie, die Begründung laut Beschwerdevorentscheidung sei "nur nachrangig von Bedeutung" und könne von der ihm zustehenden Steuerfreiheit "nicht ablenken". Er hat jedoch keinerlei substantiiertes Vorbringen zur Stützung seiner Rechtsposition dargelegt.

Er übersieht dabei, dass unabhängig von der hier wiedergegebenen, bisherigen BFG-Rechtsprechung mit Vergleich der inländischen Versehrtenrente und der SUVA-Invalidenrente, auch aus der oben zitierten - auf den Beschwerdeführer bezogenen E-Mail der SUVA vom - hervorgeht, dass eine Invalidenrente wie die in Streit stehende einen Erwerbsausfall ausgleichen soll, indem das zumutbare Einkommen nach dem Unfall mit dem Verdienst des Versicherten vor dem Unfall in Beziehung gesetzt und auf dieser Basis die Rente berechnet wird.

Auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung wird verwiesen.

Insgesamt war daher der Beschwerde ein Erfolg zu versagen und war die streitgegenständliche, von der SUVA bezogene Invalidenrente zur Gänze als steuerpflichtig zu behandeln.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Höchstgericht hat sich mit der Rechtsfrage, ob eine von der Schweizer Unfallversicherung ausgerichtete Invalidenrente dem Grunde nach mit der inländischen Versehrtenrente vergleichbar ist, bisher noch nicht auseinandergesetzt. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher zulässig.

Feldkirch, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at