Ausländische Rentenbezüge iSd § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG sind in voller Höhe in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** als Vorsitzende, die Richterin ***Ri2*** als beisitzende Richterin sowie ***Beis1*** und ***Beis2*** als fachkundige Laienrichter, in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielt als Pensionist im Inland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Weiters bezieht er von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2019 wurden vom Beschwerdeführer (Bf.) unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte iHv 1.684,82 erklärt.
Abweichend davon wurden von der Abgabenbehörde im Zuge der Einkommensteuerveranlagung auf Grund des im Wege der Amtshilfe in der sog. "AEOI" (Automatic Exchange of Information)-Kontrollmitteilung gemeldeten Betrages iHv 3.204,54 € die ausländischen Pensionseinkünfte - nach Abzug des geltend gemachten Krankenversicherungsbeitrages an die österreichische Pensionsversicherungsanstalt wegen Bezuges einer ausländischen Pension iHv 81,72 € - mit 3.122,82 € angesetzt.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde und beantragte die Festsetzung seiner ausländischen Einkünfte mit 1.684,82 €.
In der Begründung brachte der Bf. vor, dass einerseits die vom deutschen Finanzamt Neubrandenburg für die Bemessung der dt. Steuer (hier: 1.766,54 €) festgestellte Bemessungsgrundlage, vor Abzug der österreichischen Werbungskosten iHv. 81,72 €, und andererseits die seitens des österreichischen Finanzamtes für die Bemessung des Progressionsvorbehalts laut "Kontrollmitteilungen" (hier: 3.204,54 €) festgestellte Bemessungsgrundlage, nämlich des Bruttobetrages der dt. Rente, vor Abzug der österr. Werbungskosten iHv 81,72 €, strittig sei.
Streitpunkt sei der von Deutschland aufgrund der Übergangsregelung des dt. Alterseinkünftegesetzes 2005 als (ewiger) "steuerfreier Teil der Rente" bezeichnete Betrag von 1.336 € und der dt. Werbungskostenpauschbetrag von 102 €, zusammen 1.438 €, die vom Finanzamt "ignoriert" würden.
Ihm sei bekannt, dass einige österreichische Finanzämter bis einschließlich 2018 die Bemessungsgrundlage des deutschen Finanzamtes Neubrandenburg dem Progressionsvorbehalt unterzogen hätten, ggf. unter Abzug der österr. Werbungskosten. Ende 2018/Anfang 2019 sei plötzlich alles anders gewesen und es seien überall "Kontrollmitteilungen" herumgegeistert, die nunmehr als Bemessungsgrundlagen für den Progressionsvorbehalt herangezogen würden. Er vermute hinter dieser neuen Vorgangsweise eine Weisung der Oberbehörden zwecks einheitlicher Vorgangsweise der Finanzämter.
Hinsichtlich seines lt. "Kontrollmitteilung" ergangenen Bescheides vermisse er die Rechtsgrundlage und eine rechtlich relevante Begründung.
Wie er inzwischen in Erfahrung bringen habe können, sei die rechtliche Begründung wohl im § 2 Abs. 8 Ziffer 1 EStG 1988 zu suchen, dessen unkritische Anwendung werde aber dem konkreten Sachverhalt nicht gerecht, sei unverhältnismäßig, widersprüchlich und systemwidrig.
Seine deutsche Rente sei ausschließlich in Deutschland steuerpflichtig. Damit sei es auch ausschließlich dem Finanzamt Neubrandenburg vorbehalten, die steuerpflichtige Höhe der Rente festzustellen. Österreich stehe nur der Progressionsvorbehalt zu. Den österreichischen Finanzämtern sei es damit verwehrt, einen anderen als den von dem zuständigen deutschen Finanzamt Neubrandenburg festgestellten steuerpflichtigen Betrag dem Progressionsvorbehalt zu unterziehen. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil es sich um Teile derselben Einkunftsart (Rente) handle. Auch sei der Wortlaut klar: Es sei immer nur vom sowohl dem deutschen als auch dem österreichischen Steuerrecht einheitlich innewohnenden Begriff der "Einkünfte" auszugehen und diesfalls handle es sich um deutsche, und nicht um österreichische Einkünfte. Es sei auch auf den einmaligen Sonderfall des deutschen Alterseinkünftegesetzes von 2005 abzustellen. Dieses sehe zwar grundsätzlich die Steuerpflicht für Renten vor, gewähre aber Übergangsregelungen mit anteiligen steuerfreien Teilen bis diese ab 2040 voll versteuert würden. Es wäre sachgerecht und entspräche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, diese Regelungen auch bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Progressionsvorbehalt zu übernehmen.
Die pauschale Anwendung des § 2 Abs. 8 Ziffer 1 EStG 1988 widerspreche auch der Intention des Doppelbesteuerungsabkommens, das die Besteuerung auf der einen Seite (in Deutschland) und dem Progressionsvorbehalt auf der anderen Seite (in Österreich) wohl mit denselben Bemessungsgrundlagen intendiert habe. Daraus ergebe sich eine Widersprüchlichkeit und Systemwidrigkeit.
Auch seien "Kontrollmitteilungen" per se keine ausreichende und begründete Rechtsgrundlage für die Besteuerung. Es müsse der tatsächliche Sachverhalt ermittelt werden. Eine Kontrollmitteilung ersetze kein rechtsstaatliches Ermittlungsverfahren. Der Bescheid sei insofern auch mit einem Verfahrens- und Begründungsmangel behaftet.
Dies hätten offensichtlich auch die Finanzämter jahrelang so gesehen, indem sie u.a. durch Ergänzungsersuchen (Vorhalte) ermittelt und im Ergebnis die in Deutschland vom Finanzamt Neubrandenburg festgestellten (Renten-)Einkünfte dem Progressionsvorbehalt unterzogen hätten, ggf. unter Abzug der österreichischen Werbungskosten.
In Ermangelung eines rechtmäßig durchgeführten Ermittlungsverfahrens mit Parteiengehör wären schon deshalb alle diesbezüglichen von den Finanzämtern erlassenen Bescheide mit der Begründung "It. Kontrollmitteilung" rechtswidrig und aufzuheben.
Die Behörde habe es unterlassen, in einem rechtsstaatlichen, ordentlichen Verfahren den Sachverhalt zu ermitteln und habe dadurch dem Steuerzahler die Möglichkeit genommen, die Bemessungsgrundlage für den Progressionsvorbehalt in einem ordentlichen Verfahren feststellen zu lassen.
Abschließend beantragte der Bf., die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen sowie die Entscheidung durch den Senat.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Bf. hat seinen Wohnsitz in Österreich. Im Streitjahr 2019 erzielte er als Pensionist im Inland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (bezugsauszahlende Stelle Pensionsversicherungsanstalt). Überdies bezog er in diesem Jahr von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv 3.204,54 €. Nach Abzug des geltend gemachten Krankenversicherungsbeitrages iHv 81,72 € hat die Abgabenbehörde im angefochtenen Einkommensteuerbescheid ausländische Pensionseinkünfte iHv 3.122,82 € im Rahmen des Progressionsvorbehaltes für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen.
In Deutschland wurde von der deutschen Rente laut Bescheid des Finanzamtes Neubrandenburg nach Abzug eines steuerfreien Teiles iHv 1.336 € und des Werbungskosten-Pauschbetrages iHv 102 € ein Betrag iHv 1.766,54 € der Besteuerung unterzogen.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem BFG von der Abgabenbehörde vorgelegten Unterlagen sowie dem Vorbringen des Bf. und ist unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Strittig ist, ob nur der in Deutschland steuerpflichtige Anteil oder die gesamte Rente in Österreich zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen ist.
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß § 2 Abs.1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Einkommen ist nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrages nach den § 105.
Nach § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25).
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 sind Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sind Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Gemäß § 2 Abs 8 Z 1 EStG 1988 sind für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Vorschriften des EStG maßgebend.
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III 182/2002 (DBA-Deutschland) sieht in Artikel 18 für Ruhegehälter, Renten und ähnliche Zahlungen folgende Regelungen vor:
Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden (Abs. 1 leg.cit).
Nach Abs. 2 leg.cit. dürfen Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Personaus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaates erhält, abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.
Nach Abs. 4 leg.cit bedeutet der Begriff " Rente" bestimmte Beträge, die regelmäßig zu festgesetzten Zeitpunkten lebenslänglich oder während eines bestimmten oder bestimmbaren Zeitabschnittes auf Grund einer Verpflichtung zahlbar sind, die diese Zahlungen als Gegenleistung für in Geld oder Geldwert bewirkte angemessene Leistung vorsieht.
Nach Art 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland dürfen Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.
Nach der Befreiungsmethode werden Einkünfte, die bei unbeschränkt Steuerpflichtigen (mit Wohnsitz in Österreich) zwar nach dem Welteinkommensprinzip, nicht aber nach dem DBA in Österreich besteuert werden dürfen, von der inländischen Einkommensteuer freigestellt. Allerdings dürfen die ausländischen Einkünfte zur Berechnung der individuellen Steuerprogression mitberücksichtigt werden (Progressionsvorbehalt). Der Progressionsvorbehalt dient dazu, dass jener Steuersatz zum Tragen kommt, der anzuwenden wäre, wenn alle Einkünfte aus inländischen Quellen stammen würden. Der Progressionsvorbehalt ist durch das zuständige Wohnsitzfinanzamt zwingend vorzunehmen und liegt nicht im Ermessen des Finanzamtes.
Der Bf. hat im Inland einen Wohnsitz und ist damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Der Bf. gilt aufgrund seines inländischen Hauptwohnsitzes unbestritten auch als eine in Österreich ansässige Person im Sinne des Art. 4 DBA-Deutschland.
Die deutschen Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind unstrittig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 (Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht). Unstrittig ist auch, dass nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland Österreich kein Besteuerungsrecht für die deutschen Renteneinkünfte zusteht, diese jedoch dem Progressionsvorbehalt gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschlandnach unterliegen.
Strittig ist lediglich, in welcher Höhe diese Rente zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen ist.
Der Bf. vertritt dazu die Ansicht, dass es dem österreichischen Finanzamt verwehrt sei, einen anderen als den vom zuständigen deutschen Finanzamt Neubrandenburg festgestellten steuerpflichtigen Betrag dem Progressionsvorbehalt zu unterziehen, weil die Rente ausschließlich in Deutschland steuerpflichtig sei. Da Österreich nur der Progressionsvorbehalt zustehe, dürfe der von der Besteuerung ausgenommene steuerfreie Anteil der Rente auch nicht vom österreichischen Finanzamt im Rahmen des Progressionsvorbehaltes für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen werden.
Diese Ansicht vermag der Senat nicht zu teilen.
Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, sind nach § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend. Die zwingende Anwendung des EStG 1988 für die Berechnung des Progressionsvorbehaltes hat zur Folge, dass die ausländischen Einkünfte stets nach österreichischem Recht zu ermitteln sind (; Wiesner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 2 Anm 67 ).
Bei Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird daher das Gesamteinkommen nach den Vorschriften des österreichischen EStG ermittelt, die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert, und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, der von Österreich besteuert werden darf (vgl. ; ; ). Besonderheiten des ausländischen Rechtes, wie zB nur im ausländischen Steuerrecht vorgesehene Steuerbefreiungen, sind dabei nicht zu berücksichtigen (vgl. Doralt, EStG, 20. Lfg., § 2 Tz 193, mwN; Jakom/Laudacher EStG, 13. Auflage 2020, § 2 Rz 190).
Entgegen der Ansicht des Bf. sieht das Gesetz nicht vor, dass derartige Renteneinkünfte in Österreich nur mit einem bestimmten Anteil zu erfassen wären (vgl. auch ). Dem Einwand des Bf., dass es sachgerecht wäre, die Regelungen des deutschen Alterseinkünftegesetzes 2005 auch bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Progressionsvorbehalt zu übernehmen, wird entgegengehalten, dass die teilweise Besteuerung von Rentenbezügen eine Besonderheit des deutschen Abgabenrechts darstellt und das österreichische Einkommensteuerrecht keine vergleichbare Übergangsregelung enthält. Da das österreichische Einkommensteuergesetz nicht vorsieht, dass die ausländischen Einkünfte nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 nur mit einem bestimmten Anteil bei der Berechnung des progressiven Steuersatzes einzubeziehen sind, geht der Hinweis des Bf., dass die Rente in Deutschland zum Teil als steuerfrei behandelt wurde, ins Leere (vgl. ; , RV/3100390/2017; , RV/7101274/2019; , RV/7103028/2019; , RV/5100315/2019). Weder der in Deutschland bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens im Streitjahr 2019 mit 1.438 € steuerfrei belassene Teil der Rente noch ein ausländisches Werbungskostenpauschale iHv 102 € können in Österreich für Zwecke des Progressionsvorbehaltes berücksichtigt werden. Dafür gibt es im österreichischen Steuerrecht keine rechtliche Grundlage.
Vom Bf. wurden im Streitjahr Krankenversicherungsbeiträge an die österreichische Pensionsversicherungsanstalt im Ausmaß von 81,72 € entrichtet, die im Zusammenhang mit den ausländischen Rentenbezügen stehen und gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 Werbungskosten darstellen.
Die Abgabenbehörde hat somit die Auslandseinkünfte des Bf. aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke des Progressionsvorbehaltes zutreffend mit 3.122,82 € (3.204,54 € abzüglich Krankenversicherungsbeiträge von 81,72 €) herangezogen.
Zum Einwand des Bf., dass die pauschale Anwendung des § 2 Abs. 8 Ziffer 1 EStG 1988 der Intention des Doppelbesteuerungsabkommens widerspreche, ist anzumerken, dass es auf Grund der Unterschiedlichkeiten des deutschen und österreichischen Rechtssystems für den Bf. zwar zu einer steuerlichen Mehrbelastung gegenüber einer Besteuerung in Deutschland, aber nicht zu einer Doppelbesteuerung kommt, zumal mit dem Progressionsvorbehalt nicht die gesetzliche deutsche Rente ein zweites Mal besteuert wird, sondern lediglich die Steuerleistung von den übrigen Einkünften dem österreichischen Besteuerungsniveau angepasst wird. Der vom Bf. eingewendete Widerspruch liegt nicht vor.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den , in welchem der Gerichtshof - bei Vorliegen eines gleichgelagerten Sachverhaltes - unter Hinweis auf seine Vorjudikatur festgestellt hat, dass sich der Nachteil nicht aus diskriminierenden Inhalten österreichischer Vorschriften, sondern aus Unterschieden zwischen dem deutschen und dem österreichischen Steuerrecht ergibt und dass die deutschen Renteneinkünfte daher in voller Höhe in den Progressionsvorbehalt eingehen.
Dem Vorwurf, dass die Abgabenbehörde ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens den angefochtenen Bescheid erlassen habe, wird entgegengehalten, dass der Sachverhalt im gegenständlichen Verfahren unstrittig ist und es sich bei der Frage, in welcher Höhe die deutsche Rente zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen ist - wie auch vom Bf. in seiner Beschwerde vorgebracht wird - um eine reine Rechtsfrage handelt.
Zum vom Bf. behaupteten Begründungsmangel ist festzuhalten, dass die Abgabenbehörde die deutschen Renteneinkünfte laut Bescheidbegründung auf Grund der Kontrollmitteilung mit dem dort gemeldeten Betrag (abzüglich der als Werbungskosten anerkannten Krankenversicherungsbeiträge) für den Progressionsvorbehalt berücksichtigt hat. Damit ist auch ohne Anführung der konkreten Gesetzesbestimmung des § 2 Abs. 8 EStG 1988 ausreichend klar, dass das Finanzamt die nach österreichischem Recht ermittelten ausländischen Einkünfte dem Progressionsvorbehalt zugrunde gelegt hat.
Eine mangelhafte Begründung, wie vom Bf. gerügt, liegt somit nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hinsichtlich der Frage, in welcher Höhe die deutschen Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Zwecke des Progressionsvorbehaltes zu erfassen sind, folgt das Bundesfinanzgericht der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Verweise | Doralt, EStG20, § 2 Tz 193 Jakom13, §2 Rz 190 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104066.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at