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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.09.2021, RV/5100162/2019

Beschwerde einer mittlerweile vollbeendigten und im Firmenbuch gelöschten GmbH

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, zuletzt ***Adr1***, zuletzt vertreten durch ***L***, ***Adr1***, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** über die Festsetzung von Aussetzungszinsen im Betrag von 1.689,94 € beschlossen:

I. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG iVm Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Aussetzungszinsen in Höhe von 1.689,94 € fest.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , eingelangt am .

Mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom , ***Gz*** wurde ausgesprochen, dass ein Insolvenzverfahren betreffend die Beschwerdeführerin mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird.

Das Finanzamt wies die Beschwerde vom mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Am wurde im Firmenbuch eingetragen, dass die Gesellschaft infolge rechtskräftiger Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst ist.

Am wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht gestellt.

Das Finanzamt legte diese Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Am wurde die Firma der Beschwerdeführerin im Firmenbuch von Amts wegen gemäß § 40 FBG gelöscht.

Am Abgabenkonto der Beschwerdeführerin besteht ein fälliger Abgabenrückstand in Höhe von 261.437,12 €.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

§ 79 BAO normiert:

Für die Rechts- und Handlungsfähigkeit gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. § 2 Zivilprozeßordnung ist sinngemäß anzuwenden.

§ 39 FBG bestimmt:

(1) Jede in das Firmenbuch einzutragende Gesellschaft ist außer den in anderen Gesetzen genannten Fällen mit der Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst, durch den das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet oder aufgehoben wird.

(2) Die Auflösung ist von Amts wegen in das Firmenbuch einzutragen.

§ 40 FBG lautet idF BGBl I Nr. 60/2017:

Vermögenslosigkeit

§ 40. (1) Eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, kann auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder der Steuerbehörde oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollzählig zum Firmenbuch eingereicht hat und seit dem Zeitpunkt, zu dem der Jahresabschluss für das zweite Geschäftsjahr einzureichen gewesen wäre, mindestens sechs Monate vergangen sind.

(2) Vor der Löschung sind die nach dem Sitz der Gesellschaft zuständige gesetzliche Interessenvertretung und die Steuerbehörde zu hören, sofern diese nicht ohnehin selbst Antragsteller waren. Äußern sich diese Stellen binnen vier Wochen nicht, so gilt ihre Zustimmung als gegeben.

(3) Gerichte und Steuerbehörden haben einander die erbetenen für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

(4) Stellt sich nach der Löschung das Vorhandensein von Vermögen heraus, das der Verteilung unterliegt, so findet die Abwicklung statt. Die Abwickler sind auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht zu ernennen.

Rechtliche Erwägungen

Personengesellschaften des Unternehmensrechts verlieren ihre Parteifähigkeit erst mit ihrer Beendigung. Ihre Auflösung und die Löschung ihrer Firma im Firmenbuch beeinträchtigt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ihre Parteifähigkeit solange nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählen auch die Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (Ritz, BAO6, § 79 Tz 10 mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch wirkt insofern nur deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. Ritz, BAO6, § 79 Rz 11 mwN; ebenso etwa auch , wonach die Vermögenslosigkeit der aus diesem Grund gelöschten GmbH aber "bis zum Beweis des Gegenteils … anzunehmen" sei). Es trifft auch zu, dass der Verwaltungsgerichtshof den Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH bejaht hat, "solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind" (vgl. ; die Aussage bezog sich laut aber nicht auf die Erledigung eines Berufungs- bzw. nunmehr Beschwerdeverfahrens).

Die Frage, ob dies auch gilt, wenn "die Abgabenfestsetzung in keiner denkbaren Konstellation - etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern - zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann", ließ der Verwaltungsgerichtshof im , ausdrücklich offen. Eine Kommunalsteuer betreffende Beschwerde einer nach Liquidation (und vor Erlassung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides) gelöschten GmbH wurde mit diesem Beschluss zurückgewiesen, weil die Zustellung der bekämpften Erledigung an die bisherigen Vertreter der Gesellschaft jedenfalls nicht wirksam gewesen war. Der Verwaltungsgerichtshof hob unter Hinweis auf Literatur hervor, mit der Löschung verliere die Gesellschaft ihre organschaftliche Vertretung. Die Funktion der Liquidatoren sei erloschen und ihre Legitimation lebe von selbst für keine Rechtshandlung auf. In der Kostenentscheidung fand Berücksichtigung, dass die Beschwerde - mit deren Erhebung der Beschwerdevertreter von den ehemaligen Geschäftsführern und Liquidatoren beauftragt worden war - keinem Rechtssubjekt zugerechnet werden konnte.

In dem eine Umsatz- und Körperschaftsteuer betreffende Beschwerde eines (während des Berufungsverfahrens) aufgelösten Vereins zurückweisenden , sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, es sei "zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen des Beschwerdeführers ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit des Vereins insoweit als fortdauernd anzusehen wäre". Da im Beschwerdefall keine Zahlungen auf die strittige Abgabenschuld erfolgt seien, somit keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch bestehe und das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens "und damit Abwicklungsbedarfes" nicht behauptet werde, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtspersönlichkeit des aufgelösten Vereines fortbestehe.

Der Verwaltungsgerichtshof verwies dazu auf den , mit dem das verwaltungsgerichtliche Verfahren über eine Ortstaxe betreffende Beschwerde eines Vereins wegen Gegenstandslosigkeit eingestellt wurde, weil sich der Verein, der auf die strittige Abgabenschuld keine Zahlungen geleistet hatte, nach Einbringung der Beschwerde ohne Liquidation aufgelöst hatte. Der Verwaltungsgerichtshof nahm in diesem Einstellungsbeschluss auf die Gründe Bezug, aus denen dem Kläger im Zivilprozess die Fortsetzung des Verfahrens gegen eine vollbeendete Kapitalgesellschaft ermöglicht werde, und verneinte das Vorliegen vergleichbarer Gründe für eine Fortsetzung des Verfahrens über die Beschwerde des aufgelösten Vereins gegen eine Abgabenvorschreibung. Da das Verfahren nach dem "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der beschwerdeführenden Partei nicht fortgeführt werden könne, sei es in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen.

Auch für den vorliegenden Fall kommt es darauf an, ob angesichts der für die Löschung gemäß § 40 Firmenbuchgesetz erforderlich gewesenen Voraussetzung der Vermögenslosigkeit im Hinblick auf die von der Gesellschaft zuvor erhobene verfahrensgegenständliche Beschwerde noch Abwicklungsbedarf besteht. Das wäre der Fall, wenn das Beschwerdeverfahren direkt oder indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten GmbH betreffen würde ().

Die streitgegenständlichen Aussetzungszinsen in Höhe von 1.689,94 € wurden nicht entrichtet und haften als fälliger Abgabenrückstand am Abgabenkonto aus. Selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde würde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen, sondern nur den aushaftenden Abgabenrückstand von insgesamt 261.437,12 € um 1.689,94 € vermindern. Aus diesem Grund betrifft das gegenständliche Beschwerdeverfahren weder direkt noch indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft.

Weder die gelöschte GmbH noch deren Gläubiger könnten ein Abgabenguthaben lukrieren. Daher liegt im gegenständlichen Fall eine Vollbeendigung der gelöschten GmbH vor. Eine Veranlassung zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 1 BAO liegt in einem solchen Fall nicht vor (siehe neuerlich mit Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, 809).

Das Beschwerdeverfahren war daher durch das Verwaltungsgericht mittels Beschluss einzustellen (vgl. auch dazu und ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 39 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100162.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at