Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2021, RV/7101874/2021

Zuzugsfreibetrag für Assistenzprofessor auf Grund positiver Beurteilung des öffentlichen Interesses durch die FFG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde des ***Bf1***, vom , ***Bf1***, O. wohnhaft, Steuernummer ***BF1StNr1***, vertreten durch WTS Tax Service Steuerberatungs-GmbH, Am Modenapark 10, 1030 Wien etabliert, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , zugestellt am , betreffend den Antrag auf Zuerkennung eines Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988

zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert.

Ein Zuzugsfreibetrag gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit in dem fünfjährigen Zeitraum vom bis wird antragsgemäß festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erhob durch seinen steuerlichen Vertreter (StV) gegen den o.a. Abweisungsbescheid des Bundesministers für Finanzen betreffend seinen Antrag auf Zuerkennung eines Zuzugsfreibetrages mit Schreiben vom frist- und formgerecht Bescheidbeschwerde.

Aus diesem Grunde wurden von der zuständigen Abgabenbehörde zur strittigen Frage der hohen wissenschaftlichen Qualifikation und des dadurch vorliegenden öffentlichen Interesses am Zuzug des Bf. im Sinne des § 103 EStG weitere Ermittlungen vorgenommen. Vom dem seit für die Zuzugsbegünstigungen zuständigen Finanzamt für Großbetriebe (FAG), wurde gemäß § 8 ZBV ein Sachverständigengutachten der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) zur Klärung des öffentlichen Interesses eingeholt. Die FFG hat auf Grund der übermittelten Unterlagen in ihrer Stellungnahme vom festgestellt, dass der Zuzug des Bf. der Förderung der Wissenschaft in Österreich dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Mit Vorlagebericht vom wurde vom Finanzamt Österreich die Bescheidbeschwerde mitsamt dem bezugshabenden Verwaltungsakt gemäß § 262 Abs. 4 BAO (sogenannte Direktvorlage) dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlagebericht äußerte die Abgabenbehörde die Ansicht, dass im Hinblick auf das eingeholte Gutachten der FFG nunmehr erwiesen sei, dass ein öffentliches Interesse im Sinne des § 103 Abs. 1a EStG bestehe und somit insgesamt der beantragte Zuzugsfreibetrag zu gewähren sei.

Mit Anbringen vom wurde vom StV der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und der Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurückgenommen. Weiters wurde in dem Schreiben das Verzeichnis gemäß § 7 Abs. 1 ZBV bezüglich der Ziffer 3 ergänzt und der Zuzugszeitpunkt mit ausdrücklich bezeichnet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. ist an der TU Wien als Assistenzprofessor auf dem Gebiet der Diskreten Mathematik tätig. Zu seinem Aufgabengebiet gehört unter anderem die Betreuung von Dissertationen. Zudem ist von maßgeblicher Bedeutung, dass er an wichtigen Forschungsprojekten des Instituts wesentlich beteiligt ist. Er verfügt über hohe fachliche Qualifikation und eine gute internationale Vernetzung, sodass nach Ansicht der FFG insgesamt davon auszugehen sein wird, dass sein Wirken in Österreich zu weiteren Forschungserfolgen beitragen wird.

Der Bf. ist für die Anstellung an der TU Wien im August 2020 gemeinsam mit seiner Ehegattin von Deutschland nach Österreich gezogen. Das Dienstverhältnis begann am . Mit Anbringen vom beantragte der Bf. rechtzeitig die Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages nach § 103 Abs. 1a EStG 1988.

Im Vorlagebericht wurde vom FA mit Hinweis auf die eingeholte Stellungnahme der FFG dargelegt, dass dem Antrag im Rechtsmittelverfahren stattzugeben sei.

Beweiswürdigung

Die entscheidungsrelevanten Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und unstrittig. Die Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuzugsfreibetrages sind zweifelsfrei nachgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Die Bestimmung über den Zuzugsfreibetrag gemäß § 103 EStG 1988 lautet:

"(1a) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann das Finanzamt Österreich, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs. 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden.

(2) Abs. 1 ist auf Personen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen aus Österreich wegverlegt haben, nur dann anzuwenden, wenn zwischen diesem Wegzug und dem Zuzug mehr als zehn Jahre verstrichen sind. Für Abs. 1a ist eine Frist von fünf Jahren maßgeblich.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren betreffend die Erteilung der Zuzugsbegünstigung im Sinne des Abs. 1 und des Abs. 1a mit Verordnung zu regeln. Dabei ist auch näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist."

§ 2 Abs. 1 der Zuzugsbegünstigungsverordnung (ZBV 2016) lautet:

"Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung).

2. Die Tätigkeit im Bereich der Wissenschaft und Forschung liegt maßgeblich im öffentlichen Interesse Österreichs.

3. Die Förderung von Wissenschaft und Forschung würde ohne Zuzug nicht in diesem Ausmaß eintreten und erfolgt unmittelbar.

4. Die hohe wissenschaftliche Qualifikation des Antragstellers ist hinreichend dokumentiert."

Es ist erwiesen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuzugsfreibetrages für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs des Bf. nach Österreich erfüllt sind. Der Bf. hat unter Berücksichtigung seiner maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am seinen Lebensmittelpunkt in Österreich begründet. Er hat seine Ansässigkeit dauerhaft von München nach Wien verlegt.

Dem Bf. gebührt auf Grund seines Antrages ein Zuzugsfreibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit, die ihm ab dem zufließen. Der Zuzugsfreibetrag steht ihm für einen Zeitraum von fünf Jahren zu. Das 30%ige Pauschale ist somit ab dem Zuzugszeitpunkt von den ihm bis zum zufließenden zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit zu bemessen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln und demgemäß eine Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101874.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at