Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung bei Vermietung einer Wohnung im Inland durch einen im Ausland wohnhaften Steuerpflichtigen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Steuerberater, gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2015 und 2016 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die in Ungarn wohnhafte Beschwerdeführerin (Bf) bezog in den Streitjahren Einkünfte aus der Vermietung einer in Österreich gelegenen Wohnung. In ihren Umsatzsteuerklärungen nahm sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch.
Die belangte Behörde versagte in den angefochtenen Bescheiden die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung und behandelte die vereinnahmten Mieterlöse als umsatzsteuerpflichtig; die Bf verfüge in Österreich über keinen Wohnsitz oder Sitz, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG seien daher nicht erfüllt.
Die Bf begründet ihre Beschwerden unter Hinweis auf § 27 BAO damit, dass sich der Sitz in Österreich befinde. Die Verwaltung der Immobilie und die Aufbewahrung der Unterlagen erfolgten in Österreich, ebenso die Vermietung und die Abrechnung. Dadurch, dass sowohl die Mietentscheidungen, die Verwaltung, die Verbuchung und die Aufbewahrung der Unterlagen in Österreich seien, sei der Ort der Geschäftsleitung auch in Österreich.
In der Begründung zu den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen führt die belangte Behörde u.a. aus, dass alle für die Vermietungstätigkeit wesentlichen Entscheidungen (wie Beginn, Dauer und Ende der Vermietungstätigkeit, Betrauung einer Immobilienverwaltungsfirma oder von Handwerkern) außerhalb Österreichs, nämlich in Ungarn, getroffen würden. Der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit befinde sich daher in Ungarn.
Die Bf wendet in ihren Vorlageanträgen dagegen ein, dass die wesentlichen Entscheidungen über Mietvertrag, Dauer des Mietvertrages und Höhe der Miete in Österreich durch einen Makler und die Hausverwaltung stattfänden.
In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung verwies der steuerliche Vertreter der Bf darauf, dass die Bf eigentlich nichtselbständig tätig sei und außer der gegenständlichen Vermietung keinerlei unternehmerische Tätigkeit ausübe. Sie müsse irgendwo in Europa in die Kleinunternehmerregelung fallen. Dem weiteren Hinweis, dass die Bf keine Entscheidungen treffen könne, weil sie alles einem Makler und einer Hausverwaltung in Österreich übertragen habe, der Makler habe den Auftrag, die Wohnung ständig zu vermieten, hielt die Vertreterin der belangten Behörde entgegen, dass die Bf weiterhin die Entscheidungsgewalt habe, ob die Wohnung verkauft oder weiterhin vermietet werden solle, diese Entscheidungen könne sie nur vom Ausland aus treffen.
Über die Beschwerden wurde erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in der hier anzuwendenden Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 2016 (AbgÄG 2016), BGBl. I Nr. 117/2016, sind die Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30 000 Euro nicht übersteigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem zu einem gleich gelagerten Sachverhalt - Vermietung zweier Eigentumswohnungen in Österreich durch einen in Deutschland wohnhaften Steuerpflichtigen - ergangenen Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0034, unter Hinweis auf die unionsrechtlichen Grundlagen - nach Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL gilt Abschnitt 2 nicht für die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird - die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 27 dahingehend interpretiert, dass auf die Ansässigkeit des Unternehmers abzustellen ist, womit verhindert wird, dass ein Steuerpflichtiger zeitgleich in mehreren Mitgliedstaaten von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen kann. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis unter Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Stoppelkamp vom , C-421/10, Rn 26 bis 36, ausgesprochen, dass ein Steuerpflichtiger dann ein "im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger" ist, wenn er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland hat.
Für die Frage, ob ein vermietender Unternehmer in Österreich oder im Ausland ansässig ist, ist zunächst festzuhalten, dass ein Unternehmer für sein Gesamtunternehmen nur einen einzigen Ort der Ansässigkeit haben kann. Es ist der (einzige) Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit. Es wird dies der Ort sein, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur Leitung des (Gesamt-) Unternehmens getroffen werden (Zorn, VwGH zum Inlandserfordernis der Kleinunternehmerregelung, RdW 2019, 201).
Entscheidungen, die der (potentielle) Vermieter einer Wohnung im Wesentlichen zu treffen hat, werden sich darauf beziehen, ob überhaupt und gegen welche Konditionen vermietet werden soll bzw. ob sich eine (weitere) Vermietung lohnt oder die Vermietungstätigkeit beendet und das Mietobjekt verkauft werden soll, ob eine Vermietung befristet oder unbefristet erfolgen soll, ob ein befristeter Mietvertrag verlängert oder ein neuer Mieter gesucht werden soll, ob ein Mietvertrag gegebenenfalls aufgekündigt werden soll, ob ein Makler mit der Mietersuche betraut und eine Hausverwaltung beauftragt bzw. der einem Makler erteilte Auftrag widerrufen oder die Hausverwaltung gewechselt werden soll.
An welchem anderen Ort als in ihrem Haus/ihrer Wohnung in Ungarn die Bf diese zur Leitung ihres Vermietungsunternehmens wesentlichen Entscheidungen getroffen haben könnte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Bf keinen Ort in Österreich genannt, an den für die Bestimmung des Sitzes ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit angeknüpft werden könnte. Dass sich die vermietete Wohnung in Österreich befindet, ist nicht von entscheidender Bedeutung, zumal ein Unternehmer, der z.B. drei Mietwohnungen an drei unterschiedlichen Orten vermietet, nicht an drei Orten ansässig sein kann (Zorn, VwGH zum Inlandserfordernis der Kleinunternehmerregelung, RdW 2019, 201). Der Umstand, dass die Bf die Dienstleistungen eines inländischen Maklers und einer inländischen Hausverwaltung (welche auch die Vermietung betreffende Unterlagen aufbewahren) in Anspruch nimmt, ist Ausfluss ihrer - nach dem Gesagten vom Ausland aus, in ihrem Haus/ihrer Wohnung in Ungarn getroffenen - Leitungsentscheidung, einen für die Annahme eines inländischen Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit hinreichenden Inlandsbezug vermittelt dieser Umstand nicht (vgl. Achatz/ Ruppe, UStG Kommentar4, § 6 Tz 449). Ein Anknüpfen an Dienstleistungen, welche an die Bf im Inland im Zusammenhang mit der Vermietung erbracht werden, ist - wie ein Abstellen auf den Ort der vermieteten Wohnung - für die Feststellung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit auch deshalb nicht zielführend, weil, würde die Bf beispielsweise in Deutschland eine weitere Wohnung unter den gleichen Rahmenbedingungen vermieten (also sich auch in Deutschland der Dienstleistungen eines Maklers, einer Hausverwaltung bedienen), in Deutschland ebenfalls Anknüpfungspunkte für den Ort der Ansässigkeit anzunehmen wären, ein Ergebnis, dem aber, wie erwähnt, entgegensteht, dass ein Unternehmer nur einen einzigen Ort der Ansässigkeit haben kann.
Dass die Bf wegen der Beauftragung eines Maklers und einer Hausverwaltung nicht mehr in der Lage gewesen wäre, hinsichtlich des (weiterhin) in ihrem Eigentum stehenden Mietobjekts die wesentlichen unternehmerischen Leitungsentscheidungen zu treffen (insbesondere etwa die Entscheidung, ob und zu welchen Konditionen die Vermietungstätigkeit weiterhin ausgeübt oder die Vermietungstätigkeit beendet und die Wohnung verkauft wird, Verträge mit einem Makler, einer Hausverwaltung gekündigt werden), macht die Beschwerde nicht einsichtig. Es gibt keine Beweisergebnisse, die eine solche Annahme tragen könnten.
Da die gegenständliche Vermietung sohin durch einen im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen durchgeführt worden ist, bestand keine Berechtigung zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zur Frage der Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da mit dem Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0034, zu der Frage, ob bei Vermietung einer in Österreich gelegenen Wohnung durch einen im Ausland wohnhaften Steuerpflichtigen die Kleinunternehmerregelung anwendbar ist, bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, wurde die Revision spruchgemäß nicht zugelassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104363.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at