Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.08.2021, RV/7400070/2021

Doppelte Vorschreibung der Kanaleinmündungsgebühr?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7400070/2021-RS1
Die Errichtung einer Baulichkeit (eines Bauwerks) ist gemäß § 2 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz Voraussetzung für den Anfall einer Kanaleinmündungsgebühr. Kommt es nicht zu einer derartigen Errichtung und erlischt daher die Wirksamkeit einer Baubewilligung gemäß § 70 BO für Wien bzw. einer Bauanzeige gemäß § 62 BO für Wien oder einer Einreichung gemäß § 70a BO für Wien oder § 70b BO für Wien, liegt darin eine Änderung des für einen diesbezüglich erlassenen Kanaleinmündungsgebührenbescheid 2007 maßgebenden Sachverhalts, sodass auch dieser seine Wirksamkeit verliert und aus dem Rechtsbestand ausscheidet. Die entrichtete Kanaleinmündungsgebühr ist nach § 15 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz erstattungsfähig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke über die Beschwerde des Mag. ***1*** ***2***, ***3***, ***4*** ***5***, vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei- Gebietsgruppe Ost, Großvolumige Bauvorhaben, 1200 Wien, Dresdner Straße 82, vom , mit welchem anlässlich der Errichtung eines Einfamilienhauses auf der Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** gemäß § 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz, LGBl. für Wien Nr. 22/1955 i. d. g. F. i. V. m. der Verordnung des Wiener Stadtsenates über den Einheitssatz der Kanaleinmündungsgebühr, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 48/2001, eine Kanaleinmündungsgebühr i. H. v. 265,02 Euro vorgeschrieben wurde, MA 37/***9***-2019-1, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang 2

Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom 2

Mitteilung betreffend Erlöschen bzw. Unwirksamkeit der Baubewilligung 3

Nichtuntersagung gemäß § 70b Bauordnung für Wien 3

Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom 3

Beschwerde 4

Beschwerdevorentscheidung 5

Vorlageantrag 6

Vorlage 10

Beschluss vom 10

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen: 11

Sachverhalt 11

Beweiswürdigung 12

Rechtsgrundlagen 12

Entschiedene Sache 27

Erstmaliger Anschluss an einen Straßenkanal 28

Keine Doppelvorschreibung 29

Keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids 30

Revisonszulassung 30

Verfahrensgang

Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom

Mit Bescheid vom , MA 37/22-***10***/***11***/-1/06, schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - Außenstelle für den 22. Bezirk, dem Beschwerdeführer (Bf) Mag. ***1*** ***2*** als Bauwerber "anlässlich der Errichtung eines Hauskanalanschlusses" auf der Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** gemäß § 7 Abs. 1 des Gesetzes vom über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren, LGBl. für Wien Nr. 22 i. d. g. F. (§ 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz) i. V. m. der Verordnung des Wiener Stadtsenates über den Einheitssatz der Kanaleinmündungsgebühr, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 48/2001, eine Kanaleinmündungsgebühr i. H. v. 264,90 Euro vor.

Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt:

Anlässlich der im Spruch angeführten Bauführung tritt im Sinne des § 7 Abs. 1 des Gesetzes vom über Kanalanlagen- und Einmündungsgebühren, LGBI. für Wien Nr. 22, die Verpflichtung zur Entrichtung einer Kanaleinmündungsgebühr - KEG ein. Die Berechnung dieser Gebühr ergibt sich aus folgenden Bemessungsgrundlagen:

Einheitssatz: EUR 52,69

Frontlängen: 22,35 m, davon anrechenbar 16,11 m

Bebauungsfaktor 0,05 (Gartensiedlungsgebiet)

Bebaute Fläche: 80,0 qm

Abminderungsfaktor gemäß § 9 Abs. 3 0,5 (Teilkanalisation)

(16,11 + 4,0) x 52,69 x 0,5 = 264,90

KEG EUR 264,90

-10% USt EUR 24,08

Entgelt EUR 240,82

Mitteilung betreffend Erlöschen bzw. Unwirksamkeit der Baubewilligung

Mit Schreiben vom , MA 37/***12***-2014-9 teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - Gebietsgruppe Ost Bauinspektion dem Bf als Bauwerber und Grundeigentümer in Bezug auf die Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** mit:

Es wird mitgeteilt, dass die Baubewilligung zu der oben angeführten Adresse zur ZI. MA 37/22-***7*** ***8***/***11***-1/06 durch Zeitablauf erloschen bzw. rechtsunwirksam geworden ist.

Sofern die Absicht besteht, das Bauvorhaben zu realisieren, ist neuerlich um baubehördliche Genehmigung (Baubewilligung) mit allen erforderlichen Unterlagen bei der MA 37 anzusuchen.

Diese Mitteilung ist kein Bescheid gemäß § 56 AVG.

Hinweis

Die Gültigkeitsdauer einer Baubewilligung bzw. Bauanzeige richtet sich nach den Bestimmungen des § 74 der BO für Wien.

Nichtuntersagung gemäß § 70b Bauordnung für Wien

Der Bf reichte im Jahr 2019 bei der Baupolizei erneut Unterlagen betreffend Errichtung eines Wohngebäudes in ***6***, ***7*** ***8*** ein.

Nach der Aktenlage waren die Voraussetzungen für das Baubewilligungsverfahren für Bauwerke kleinen Umfangs gemäß § 70 Abs. 1 Bauordnung für Wien erfüllt; ein Untersagungsgrund lag nicht vor.

Ein Antrag auf Erstattung gemäß § 15 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz wurde nach der Aktenlage nicht gestellt.

Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom

Mit Bescheid vom , MA 37/***9***-2019-1, schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - Gebietsgruppe Ost Großvolumige Bauvorhaben dem Bf als Einbringer/Bauwerber "anlässlich der Errichtung eines Einfamilienhauses" auf der Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** gemäß § 7 Abs. 1 des Gesetzes vom über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren, LGBl. für Wien Nr. 22 i. d. g. F. (§ 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz) i. V. m. der Verordnung des Wiener Stadtsenates über den Einheitssatz der Kanaleinmündungsgebühr, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 48/2001, eine Kanaleinmündungsgebühr i. H. v. 265,02 Euro vor.

Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt:

Anlässlich der im Spruch angeführten Bauführung tritt im Sinne des § 7 Abs. 1 des Gesetzes vom über Kanalanlagen- und Einmündungsgebühren, LGBI. für Wien Nr. 22, die Verpflichtung zur Entrichtung einer Kanaleinmündungsgebühr - KEG ein.

Die Berechnung dieser Gebühr ergibt sich aus folgenden Bemessungsgrundlagen:

Einheitssatz: EUR 52,69

Frontlängen: 32,23 m, davon gem. § 9 Abs. 4 anzurechnen 16,12 m

bebaute Fläche: 79,98 qm

Bebauungsfaktor gem. § 8 Abs 6: 0,05

bebaute Fläche x Bebauungsfaktor: 79,98 x 0,05 = 3,9990

Ermäßigung gem § 9 Abs. 3: 50%

Berechnung der Gebühr:

0,5 x (16,12 +3,9990) x 52,69 x 0,5 = 265,02

KEG EUR 265,02

10% USt EUR 24,09

Entgelt EUR 240,93

Mitteilung

Wird die Gebühr nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages von 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Betrages ein. Rückstände, die nicht am Fälligkeitstage bezahlt wurden, können zwangsweise eingetrieben werden.

Ferner werden Sie darauf hingewiesen, dass binnen 14 Tagen nach Herstellung des Hauskanalanschlusses der Magistrat (MA 31 - Fachgruppe Gebühren, 1060 Wien, Grabnergasse 4- 6) durch eine schriftliche Anzeige zu verständigen ist.

Sie erhalten in den nächsten Tagen einen Zahlschein. Sie können aber auch unter Vorlage des Zahlscheines bei einer Kassa der Stadt Wien bar oder mittels Bankornat einzahlen. Weiters haben Sie die Möglichkeit die Bezahlung mittels Internet, über das "Bezahlservice" der Stadt Wien (www.wien.aUbezahlen) vorzunehmen.

Beschwerde

Gegen den Abgabenbescheid vom erhob der Bf mit Schreiben vom , zur Post gegeben am , Beschwerde und führte darin unter anderem aus:

Für die betreffende Liegenschaft wurde mit Bescheid vom (siehe Beilage) die Kanaleinleitungsgebühr in Höhe von € 264,90 erstmalig festgesetzt und ·entrichtet.

Am hat der Magistrat der Stadt Wie n für diese Liegenschaft erneut mit Bescheid die Kanaleinleitungsgebühr in Höhe von € 265,02 festgesetzt.

Bescheide im Sinne des § 92 BAO entfalten die Rechtswirkung der Rechtskraft Unterschieden wird dabei zwischen formeller und materieller Rechtskraft.

Formell rechtskräftig ist ein Bescheid, wenn er durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar ist.

Unter materieller Rechtskraft werden die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides verstanden. Ergeht in derselben Sache (hier: Festsetzung der Kanaleinleitungsgebühr), die unanfechtbar und unwiderrufbar entschieden ist eine neue Entscheidung, so ist diese inhaltlich rechtswidrig (vgl. ).

Das Absprechen über eine bestimmte Sache ist für die Behörden verbindlich, unwiederholbar, unwiderrufbar und unabänderbar (Stoll BAO 943).

In den Bestand von rechtskräftigen Bescheiden kann nur insoweit eingegriffen werden, als entsprechende auf die Durchbrechung der Rechtskraft gerichtete gesetzliche Tatbestände vorgesehen sind.

Eine neuerliche Entscheidung, Wiederholung oder Abänderung ist unzulässig, wenn die Behörde in die Rechtskraft ohne ausdrückliche Ermächtigung eingreift.

Der beschwerdegegenständliche Bescheid verstößt gegen das Wiederholungsverbot (vgl. ; , 98/17/0281, Stoll BAO, 944, 960, sowie -F/03).

Ich stelle daher den Antrag den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben und die Einhebung der Abgabe bis zur Erledigung meiner Beschwerde auszusetzen.

Beigefügt war eine Ablichtung des Abgabenbescheids vom .

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , MA 37 - ***9***-2019-25 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegenüber dem Bf "als Bescheidadressat, Zahlungspflichtigen und Beschwerdeführer" als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

Begründend wurde unter anderem ausgeführt:

Gemäß § 7 Abs. 1 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren ist eine Kanaleinmündungsgebühr "für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss an einen Straßenkanal ist eine Kanaleinmündungsgebühr zu entrichten".

Am wurde mit Bescheid ZI.: MA 37 /***9***-2019-1 eine Kanaleinmündungsgebühr in der Höhe von EUR 265,02 aufgrund eines eingereichten Bauvorhabens vorgeschrieben.

Am wurde dem Beschwerdeführer aufgrund eines eingereichten Bauvorhabens und erlassener Baubewilligung (ZI.: MA 37-***11***-1-2006) eine Kanaleinmündungsgebühr von EUR 264,90 vorgeschrieben.

Am wurde dem Bauwerber und Beschwerdeführer amtlich mitgeteilt, dass die Baubewilligung, ZI.: MA 37-***11***-1-2006 durch Zeitablauf erloschen bzw. rechtsunwirksam geworden sei und, soferne die Absicht bestehe das Bauvorhaben zu realisieren, neuerlich um behördliche Genehmigung (Baubewilligung) anzusuchen sei.

Die Geltendmachung eines Erstattungsanspruches geht gemäß § 15 Abs. 1 KEG unter, wenn er nicht bis zum Ablauf des Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf das Erlöschen der Baubewilligung folgt. Dies wäre im gegenständlichen Fall der gewesen. Sohin ist die bekämpfte Vorschreibung im Zuge eines neuerlich eingereichten Bauvorhabens zulässig.

Gemäߧ 262 Abs. 1 BAO ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen, wenn in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde

a) weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260 BAO) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1 BAO) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261 BAO) zu erklären ist.

Die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente waren nicht geeignet, eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom , Postaufgabe am selben Tag, stellte der Bf Vorlageantrag und führte unter anderem aus:

Die in der Beschwerde belangte Behörde rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde im Wesentlichen damit, dass aufgrund § 15 des Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz der Erstattungsanspruch bereits untergegangen ist und daher gemäß § 7 leg. cit. die erneute bescheidmäßige Vorschreibung zu Recht erfolgt sei.

Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage. In der Beschwerde wurde gerügt, dass die Einmündungsgebühr trotz entschiedener Sache neuerlich vorgeschrieben hat.

Die Anschlusspflicht von Baulichkeiten ist in § 2 des Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz geregelt

Verpflichtung zur Einleitung

§ 2.

(1) Sofern der Bebauungsplan nicht anderes festlegt, müssen von Baulichkeiten auf Bauplätzen oder Baulosen Schmustzwässer unterhalb der Verkehrsflächen in den Kanal geleitet werden, wenn der Bauplatz oder das Baulos von einem bei der Bauführung bereits bestehenden Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist; bei Baulosen gelten Flächen, die im Gartensiedlungsgebiet liegen, nicht als andere Liegenschaft und werden in das Maß von 30 m nicht eingerechnet. Dieselbe Verpflichtung zur Einmündung tritt ein, wenn der Straßenkanal nach Errichtung der Baulichkeit hergestellt wird. Sobald die Verpflichtung zur Einmündung erfüllt ist, sind die bisherigen Anlagen zur Ableitung der Schmutzwässer zu beseitigen.

(2) Von Baulichkeiten auf einer sonstigen bebauten Fläche, die von einem Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist, kann die Behörde die Einleitung der Regen- und Schmutzwässer in den Straßenkanal und die Beseitigung der bestehenden Anlagen zur Ableitung solcher Abwässer verlangen, soweit öffentliche, insbesondere gesundheitliche Rücksichten, solche Maßnahmen erfordern.

(3) Die Behörde hat auf Antrag eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Ableitung von Schmutzwässern nach Abs. 1 zu bewilligen, wenn die Ausnahme im Interesse eines ordnungsgemäßen Kanalbetriebes zweckmäßig erscheint oder die Verwendung der Schmutzwässer für Düngezwecke erfolgen soll und überwiegend öffentliche Interessen, insbesondere solche der Gesundheit oder körperlichen Sicherheit von Personen, nicht entgegenstehen. Die Ausnahme ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihren Ausspruch fortgefallen sind. Die Ableitung aller Schmutz- und Regenwässer von den anliegenden Grundstücken auf Verkehrsflächen ist verboten.

(4} Einmündungen, die nicht auf Grund einer Verpflichtung nach Absatz 1 oder 2 oder nicht dauerhaft erfolgen, bedürfen der Zustimmung der Stadt Wien, die berechtigt ist, für nicht dauerhafte Einmündungen ein Entgelt zu fordern sowie zwecks Feststellung der Einleitungsmenge die Anbringung einer Messeinrichtung zu verlangen.

Herstellung und Instandhaltung der Kanäle

§ 5.

(1) Die Herstellung und Instandhaltung der Straßenkanäle obliegt der Stadt Wien.

(2) Der Hauskanal bildet bis zu seiner Einmündung in den Straßenkanal einen Bestandteil der Baulichkeit. Seine Herstellung und Erhaltung obliegt nach den Bestimmungen des § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien, LGBI. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, dem Hauseigentümer bzw. der Hauseigentümerin; unter diese Instandhaltungspflicht fällt auch die Verpflichtung zur Instandhaltung des Mauerwerks rings um die Einmündungsstelle.

(3) Dient ein Hauskanal den Eigentümern und Eigentümerinnen verschiedener Liegenschaften, so sind diese zur ungeteilten Hand - unbeschadet des Rückgriffsrechtes untereinander - verpflichtet, den Kanal zu erhalten.

Der Anschluss der betreffenden Liegenschaft erfolgte mittelbar an den Straßenkanal. Der Anschluss der Parzelle durch Errichtung des Putzschachtes erfolgte vor Übergabe der Liegenschaft. Die Übergabe der Liegenschaft erfolgte im September 2006. Der Putzschacht des Hauskanals zählt gemäß § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien zu den Baulichkeiten, für deren Erhaltung der Eigentümer verantwortlich ist.

Die Festsetzung einer Kanaleinmündungsgebühr ist in § 7 des Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz geregelt.

II. ABSCHNITT

Gebührenrechtliche Vorschriften

Gebührenpflicht; Arten der Gebühr

§ 7. (1) Für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss an einen Straßenkanal ist eine Kanaleinmündungsgebühr zu entrichten.

(2) Bei nachträglicher Änderung der Verhältnisse ist in den im § 10 aufgezählten Fällen eine Ergänzungsgebühr zu entrichten.

(3) Die Gebührenberechnung geht vom Bauplatz beziehungsweise Baulos aus. Einem Bauplatz beziehungsweise Baulos sind hinsichtlich der Gebührenberechnung auch sonstige bebaute Grundflächen gleichzuhalten.

Die in § 7 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz normierten Voraussetzungen zur Festsetzung der Kanaleinmündungsgebühr waren somit bereits im Jahre 2006 erfüllt. Für die betreffende Liegenschaft wurde daher richtigerweise mit Bescheid vom die Kanaleinleitungsgebühr in Höhe von € 264,90 erstmalig festgesetzt und auch ordnungsgemäß entrichtet.

Am hat der Magistrat der Stadt Wien erneut mit Bescheid die Kanaleinleitungsgebühr in Höhe von € 265,02 festgesetzt.

Diese Vorschreibung ist rechtswidrig. Die Gebührenpflicht gemäß § 7 entsteht Für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss an einen Straßenkanal. Eine nochmalige Vorschreibung der Kanaleinmündungsgebühr bei Erlöschen der Baubewilligung ist in § 7 des Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz nicht vorgesehen. Die Gebührenpflicht gemäß § 7 leg. cit. knüpft nicht an das Vorliegen einer Baubewilligung an, im Gegenteil vielmehr ist die Erfüllung der Anschlusspflicht eine Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung. Damit geht das Argument der belangten Behörde, dass eine erneute Gebührenpflicht gemäß § 7 leg. cit dadurch entsteht, wenn der Erstattungsanspruch wegen Erlöschens der Baubewilligung bereits untergangen ist, ins Leere. Im vorliegenden Fall geht es auch nicht um die Rückerstattung der Kanaleinmündungsgebühr.

Bescheide im Sinne des § 92 BAO entfalten die Rechtswirkung der Rechtskraft Unterschieden wird dabei zwischen formeller und materieller Rechtskraft.

Formell rechtskräftig ist ein Bescheid, wenn er durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar ist.

Unter der materiellen Rechtskraft werden die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides verstanden. Ergeht in derselben Sache (hier: Festsetzung der Kanaleinleitungsgebühr), die unanfechtbar und unwiderrufbar entschieden ist, eine neue Entscheidung, so ist diese inhaltlich rechtswidrig (vgl. ).

Der Abspruch über eine bestimmte Sache ist für die Behörden verbindlich, unwiederholbar, unwiderrufbar und unabänderbar (Stoll BAO 943)

In den Bestand von rechtskräftigen Bescheiden kann nur insoweit eingegriffen werden, als entsprechende auf die Durchbrechung der Rechtskraft gerichtete gesetzliche Tatbestände vorgesehen sind.

Eine neuerliche Entscheidung, Wiederholung oder Abänderung ist unzulässig, wenn die Behörde in die Rechtskraft ohne ausdrückliche Ermächtigung eingreift.

Das Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz kennt folgende Tatbestände für die neuerliche Festsetzung bzw. Abänderung von Einmündungsgebühren:

§ 7.

(1) Für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an einen Straßenkanal ist eine Kanaleinmündungsgebühr zu·entrichten.

(2) Bei nachträglicher Änderung der Verhältnisse ist in den Im § 10 aufgezählten Fällen eine Ergänzungsgebühr zu entrichten.

(3) Die Gebührenberechnung geht vom Bauplatz beziehungsweise Baulos aus. Einem Bauplatz beziehungsweise Baulos sind hinsichtlich der Gebührenberechnung auch sonstige bebaute Grundflächen gleichzuhalten.

Abänderung der Gebührenbemessung

§ 14.

Wird nach Zustellung des Bemessungsbescheides eine Abänderung des Bauvorhabens bewilligt, die von Einfluß auf die Bemessungsgrundlage der Kanaleinmündungsgebühr ist, so hat die Behörde den Bemessungsbescheid von Amts wegen entsprechend abzuändern.

Diese gesetzlichen Voraussetzungen zur Abänderung bzw. Neufestsetzung liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

Der beschwerdegegenständliche Bescheid verstößt gegen das Wiederholungsverbot (vgl. , 98/17/0281, Stoll BAO, 944, 960, sowie RV0014-F/03).

Ich stelle daher den Antrag den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben und die Einhebung der Abgabe bis zur Erledigung meines Vorlageantrages auszusetzen.

Vorlage

Mit Bericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht unter Anschluss der oben zitierten Aktenteile zur Entscheidung vor.

Dem Bf teilte die belangte Behörde unter einem mit:

Am hat das Magistrat der Stadt Wien für die Liegenschaft 22., ***7*** ***8***, Gst.Nr. ***13***, KG: ***14*** im Zuge eines Neubauvorhabens gem. § 70b mit Bescheid MA37/***9***-2019-1 die Kanaleinleitungsgebühr in Höhe von EUR 265,02 festgesetzt.

Weiters wurde für die betreffende Liegenschaft mit Bescheid ***11***/2006 (***12***-2014) die Kanaleinleitungsgebühr in Höhe von EUR 264,90 erstmalig festgesetzt.

Die Erlöschung bzw. Unwirksamkeit der Baubewilligung erfolgte an den Beschwerdeführer per Mitteilung am , MA37/***12***-2014-9.

Ein rechtzeitig eingebrachter Erstattungsanspruch gemäß § 15 Gesetz über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren ist in den zu prüfenden Unterlagen für die Bemessung der neuen Vorschreibung nicht ersichtlich geworden.

Eine gesonderte Äußerung zum Vorlageantrag erfolgte nicht, da dieser nach Ansicht der belangten Behörde in der Argumentation der Bescheidbeschwerde entsprochen habe.

Beschluss vom

Mit Beschluss vom , nachweislich zugestellt am , ersuchte das Bundesfinanzgericht den Magistrat der Stadt Wien unter Hinweis auf § 266 Abs. 1 BAO und die Rechtsfolge des § 266 Abs. 4 BAO um vollständige Vorlage der Bemessungs- und der Bauakten innerhalb eines Monats nach Beschlusszustellung.

Die belangte Behörde kam diesem Ersuchen nicht nach.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Parzelle ***6***, ***7*** ***8*** wurde dem Bf Mag. ***1*** ***2*** laut dessen Angaben vom bisherigen Eigentümer im September 2006 übergeben. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auf der Parzelle eine Rohrverbindung zum Straßenkanal mit einem auf der Parzelle errichtetem Putzschacht.

Zu einem an Hand der vorgelegten Aktenteile nicht feststellbaren Zeitpunkt ersuchte der Bf um eine Baubewilligung zur Errichtung eines Bauwerks auf der Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8***. Offensichtlich sollte ein Einfamilienhaus mit rund 80 qm Grundfläche errichtet werden.

Mit Bescheid vom , MA 37/22-***10***/***11***/-1/06, schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - Außenstelle für den 22. Bezirk, dem Bf als Bauwerber anlässlich der Errichtung eines Hauskanalanschlusses auf der Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** gemäß § 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz) i. V. m. der Verordnung des Wiener Stadtsenates über den Einheitssatz der Kanaleinmündungsgebühr, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 48/2001, eine Kanaleinmündungsgebühr i. H. v. 264,90 Euro vor. Diese wurde ausgehend von einer bebauten Fläche vom 80,0 qm und dem Bebauungsfaktor 0,05 sowie einem Abminderungsfaktor von 0,5 wegen Teilkanalisation ermittelt.

Zu einem an Hand der vorgelegten Aktenteile nicht feststellbaren Zeitpunkt wurde dem Bf eine Baubewilligung zur Errichtung eines Bauwerks auf der Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** erteilt.

Offensichtlich wurde das geplante Gebäude vorerst nicht errichtet und kam es vorerst zu keinem Anschluss eines Gebäudes an den Straßenkanal.

Mit Schreiben vom , MA 37/***12***-2014-9 teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - Gebietsgruppe Ost Bauinspektion dem Bf als Bauwerber und Grundeigentümer in Bezug auf die Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** unter Hinweis auf § 74 der BO für Wien mit, dass die Baubewilligung zu der angeführten Adresse zu Zahl 108/***11***-1/06 "durch Zeitablauf erloschen bzw. rechtsunwirksam geworden" sei.

Der Bf reichte im Jahr 2019 bei der Baupolizei erneut Unterlagen betreffend Errichtung eines Wohngebäudes in ***6***, ***7*** ***8*** ein. Offensichtlich sollte wiederum ein Einfamilienhaus mit rund 80 qm Grundfläche errichtet werden.

Nach der Aktenlage waren die Voraussetzungen für das Baubewilligungsverfahren für Bauwerke kleinen Umfangs gemäß § 70 Abs. 1 Bauordnung für Wien erfüllt; ein Untersagungsgrund lag nicht vor.

Ein Antrag auf Erstattung gemäß § 15 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz in Bezug auf die im Jahr 2007 entrichtete Kanaleinmündungsgebühr wurde nach der Aktenlage nicht gestellt.

Mit Bescheid vom , MA 37/***9***-2019-1, schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei - Gebietsgruppe Ost Großvolumige Bauvorhaben dem Bf als Einbringer/Bauwerber anlässlich der Errichtung eines Einfamilienhauses auf der Liegenschaft ***6***, ***7*** ***8*** gemäß § 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz i. V. m. der Verordnung des Wiener Stadtsenates über den Einheitssatz der Kanaleinmündungsgebühr, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 48/2001, eine Kanaleinmündungsgebühr i. H. v. 265,02 Euro vor. Diese wurde ausgehend von einer bebauten Fläche vom 79,98 qm und dem Bebauungsfaktor 0,05 sowie einem Abminderungsfaktor von 0,5 ermittelt. Innerhalb von 14 Tagen nach Herstellung des Hauskanalanschlusses sei vom Bf die MA 31 schriftlich zu verständigen.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich, soweit möglich, aus den von der belangten Behörde vorgelegten Aktenteilen.

Da die belangte Behörde der Aufforderung vom , die bezughabenden Verwaltungsakten vollständig vorzulegen, trotz angemessener Fristsetzung nicht nachgekommen ist, trat die Rechtsfolge des § 266 Abs. 4 BAO ein und waren im Übrigen die Feststellungen auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers, soweit solche erhoben wurden, zu treffen.

Rechtsgrundlagen

Aus dem Wiener Stadtentwicklungs-, Stadtplanungs- und Baugesetzbuch (Bauordnung für Wien - BO für Wien), Wiener LGBl. Nr. 11/1930 i. d. g. F.:

Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a, 70a oder 70b zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a) Neu-, Zu- und Umbauten. Unter Neubau ist die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen; ein solcher liegt auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Bauwerke die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Ein einzelnes Gebäude ist ein raumbildendes Bauwerk, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. Der Bezeichnung als ein einzelnes Gebäude steht nicht entgegen, dass in ihm Brandmauern enthalten sind oder es auf Grundflächen von verschiedener Widmung, verschiedener Bauklasse oder verschiedener Bauweise errichtet ist. Ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist; ein Aufenthaltsraum muss allseits umschlossen sein. Flugdächer mit einer bebauten Fläche von mehr als 25 m2 oder einer lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von mehr als 2,50 m gelten als Gebäude. Zubauten sind alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von zulässigen Aufbauten (§ 81 Abs. 6). Unter Umbau sind jene Änderungen des Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, dass nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoß betreffen. Der Einbau von Wohnungen oder Teilen davon in das Dachgeschoß gilt nicht als Umbau.

b) Die Errichtung aller sonstigen Bauwerke über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Öffentliche Rücksichten werden, unbeschadet des § 62a Abs. 1 Z 21 zweiter Halbsatz, jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden.

c) Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks; im Falle einer Änderung der Verwendung von Aufenthaltsräumen in Wohnzonen die rechtmäßig bestehende Benützung der Aufenthaltsräume als Wohnungen oder Betriebseinheiten im gesamten Gebäude, sofern diese unter Berücksichtigung der beantragten Änderung nicht ausdrücklich als Wohnungen oder Betriebseinheiten bereits gewidmet sind.

d) Der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem errichtet wurden, wenn der Anzeige des Abbruchs gemäß § 62a Abs. 5a keine gültige Bestätigung des Magistrats angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude, die vor dem errichtet wurden, darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht oder sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann.

e) Änderungen an Gebäuden in Schutzzonen, die die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussen.

f) Veränderungen oder Beseitigungen von das örtliche Stadtbild oder die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussenden baulichen Ziergegenständen in Schutzzonen.

g) Die Veränderung der Höhenlage einer Grundfläche, soweit sie von Einfluss auf bestehende Bauwerke auf eigenen oder benachbarten Grundflächen oder deren widmungsgemäße Verwendung ist.

h) Das Anlegen von Steinbrücken, Schotter-, Sand-, Lehm- und Tongruben sowie anderer Anlagen zur Ausbeutung des Untergrundes, ferner das Anlegen von Schlacken-, Schutt- und Müllhalden.

i) Die Aufstellung von Motoren und Maschinen mit motorischem Antrieb, wenn dadurch die Festigkeit des Bauwerkes beeinflusst wird.

j) Die Anbringung von Photovoltaikanlagen an Gebäuden mit einem Fluchtniveau von mehr als 11 m.

(2) Für die Beurteilung als Bauwerk ist es ohne Belang, auf welche Dauer sie errichtet wird und ob sie im Grunde verankert oder mit dem Grund nur durch ihr Gewicht verbunden ist. Nicht als Bauwerk sind jedoch Wohnwagen und ähnliche rollende Einrichtungen anzusehen, wenn sie innerhalb gewidmeter Zeltplätze aufgestellt werden oder wenn sie ortsbeweglich ausgestaltet sind und nicht in einer Art und Weise ständig oder regelmäßig auf derselben Liegenschaft benützt werden, die dem Verwendungszweck eines ortsfesten Bauwerkes gleichkommt.

(3) Bestimmungen des Bebauungsplanes stehen der Zulässigkeit von Bauführungen gemäß Abs. 1 lit. c nicht entgegen, wenn dadurch zusätzliche Abweichungen vom Bebauungsplan nicht bewirkt werden.

Bewilligungsfreie Bauvorhaben

§ 62a (1) Bei folgenden Bauführungen ist weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:

...

15. Hauskanäle, Senkgruben und Hauskläranlagen;

...

(4) Bauführungen gemäß Abs. 1, ausgenommen solche betreffend Hauskanäle, sind nicht Anlass zur Erbringung von Leistungen, die sonst im Zusammenhang mit der Baubewilligung oder Bauausführung vorgeschrieben sind.

...

(6) Die Fertigstellung von Hauskanälen, Senkgruben und Hauskläranlagen ist, sofern nicht § 128 zur Anwendung kommt, der Behörde vom Bauwerber, vom Eigentümer (einem Miteigentümer) des Bauwerkes oder vom Grundeigentümer (einem Grundmiteigentümer) schriftlich zu melden. Dieser Meldung ist ein positives Gutachten über den Kanal, die Senkgrube bzw. die Hauskläranlage anzuschließen. § 128 Abs. 4 gilt sinngemäß.

Bauverhandlung und Baubewilligung

§ 70. (1) Besteht die Möglichkeit, dass durch ein Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Nachbarrechte berührt werden (§ 134a), ist, wenn nicht das vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung kommt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zu der auch der Planverfasser und der Bauführer, sofern nicht § 65 Abs. 1 anzuwenden ist, zu laden sind. Wohnungseigentümer benützter Gebäude sind nur durch Anschlag an allgemein zugänglicher Stelle des Hauses (jeder Stiege) zu laden. Dieser Anschlag ist von der Behörde so rechtzeitig anzubringen, dass die Verhandlungsteilnehmer vorbereitet erscheinen können. Mit der Anbringung dieses Anschlages ist die Ladung vollzogen. Die Wohnungseigentümer haben die Anbringung des Anschlages zu dulden und dürfen ihn nicht entfernen. Eine etwaige Entfernung vor dem Verhandlungstermin bewirkt nicht die Ungültigkeit der Ladung. Sämtliche an die Wohnungseigentümer gerichteten verfahrensleitenden Schriftstücke der Behörde sind auf die gleiche Art und Weise wie Ladungen zur mündlichen Verhandlung anzuschlagen und gelten mit der Anbringung dieses Anschlags als zugestellt.

(2) Eine mündliche Verhandlung gemäß Abs. 1 entfällt, wenn

1. die Behörde die Eigentümer benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) vom Einlangen eines Ansuchens um Baubewilligung nachweislich verständigt und ihnen unter Bekanntgabe der Zeit und des Ortes der möglichen Akteneinsicht die Gelegenheit einräumt, allfällige Einwendungen im Sinne des § 134 Abs. 3 gegen die geplante Bauführung binnen einer angemessenen Frist, die zumindest drei Wochen beträgt, bei der Behörde einzubringen, und

2. innerhalb der gesetzten Frist keine zulässigen Einwendungen erhoben werden.

(3) Über das Ansuchen um Baubewilligung hat die Behörde durch schriftlichen Bescheid zu entscheiden. Wird die Baubewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.

Vereinfachtes Baubewilligungsverfahren

§ 70a (1) Wird den Einreichunterlagen gemäß § 63 oder gemäß § 63a die im Rahmen seiner Befugnis abgegebene und nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften gefertigte Bestätigung eines Ziviltechnikers, der vom Bauwerber und vom Planverfasser verschieden ist und zu diesen Personen in keinem Dienst- oder Organschaftsverhältnis steht, angeschlossen, dass sie unter Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften verfasst sind, findet das vereinfachte Baubewilligungsverfahren und nicht das Baubewilligungsverfahren gemäß § 70 Anwendung. Hievon sind ausgenommen:

1. Bauvorhaben, für die eine Bewilligung von Abweichungen nach §§ 69, 76 Abs. 13 oder 119 Abs. 6 erforderlich ist;

2. Bauvorhaben, für die eine Bewilligung gemäß § 71 beantragt ist;

3. Bauvorhaben in Schutzgebieten, und zwar auf Grundflächen im Wald- und Wiesengürtel sowie in Parkschutzgebieten;

4. Bauvorhaben in Erholungsgebieten, und zwar auf Grundflächen in Parkanlagen und auf sonstigen für die Volksgesundheit und Erholung der Bevölkerung notwendigen Grundflächen;

5. Bauvorhaben in Gebieten, für die Bausperre besteht;

6. der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen sowie von Gebäuden, die vor dem errichtet wurden;

7. entfällt; LGBl. Nr. 24/2008 vom

8. Bauvorhaben in Gebieten der Bauklasse VI;

9. Bauvorhaben, für die eine Grundabteilungsbewilligung erforderlich ist, aber noch nicht vorliegt, sowie Bauvorhaben auf Bauplätzen oder Baulosen, die mit einem Bauverbot behaftet sind;

10. Bauwerke, deren Höhe 26 m überschreitet;

11. Bauvorhaben für Betriebe, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates fallen;

12. entfällt; LGBl. Nr. 24/2008 vom

13. das Anlegen von Steinbrüchen, Schotter-, Sand-, Lehm- und Tongruben sowie anderer Anlagen zur Ausbeutung des Untergrundes, ferner das Anlegen von Schlacken-, Schutt- und Müllhalden;

14. bestehende, jedoch nicht bewilligte Bauwerke,

15. Bauvorhaben, die sich auf bereits begonnene Bauführungen beziehen und über den Umfang des § 60 Abs. 1 lit. c hinausgehen.

(2) Werden die Voraussetzungen für das vereinfachte Baubewilligungsverfahren gemäß Abs. 1 nicht erfüllt oder ist deren Erfüllung aus den vorgelegten Unterlagen nicht beurteilbar, ist dies dem Einreicher innerhalb von einem Monat ab der Einreichung mitzuteilen. Nach dieser Mitteilung hat die Behörde das Baubewilligungsverfahren gemäß § 70 durchzuführen.

(3) Auf Grund der vollständig vorgelegten Unterlagen hat die Behörde insbesondere zu prüfen:

1. die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und dem Bebauungsplan;

2. die Einhaltung der baulichen Ausnützbarkeit des Bauplatzes beziehungsweise Bauloses;

3. die Einhaltung der Bebauungsbestimmungen;

4. die Einhaltung der Abstände von den Grenzen des Bauplatzes beziehungsweise Bauloses;

5. die Einhaltung der zulässigen Gebäudehöhe, Gebäudeumrisse beziehungsweise Strukturen;

6. die Versorgung mit gesundheitlich einwandfreiem Trinkwasser;

7. die Einhaltung der Bestimmungen über die äußere Gestaltung von Bauwerken (§ 85).

(4) Ergibt die Prüfung nach Abs. 3 und § 67 Abs. 1, dass die Bauführung unzulässig ist, hat die Behörde binnen drei Monaten ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen, in Schutzzonen binnen vier Monaten, die Bauführung mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss der Baupläne zu untersagen. Wird die Bauführung untersagt, ist sie einzustellen. Wenn außerhalb von Schutzzonen das Bauvorhaben von maßgeblichem Einfluss auf das örtliche Stadtbild ist und deswegen der Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung befasst wird, beträgt die Frist für die Untersagung vier Monate; dies ist dem Einreicher innerhalb der Frist von drei Monaten ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen mitzuteilen. In diese Fristen wird die Dauer eines Verfahrens zur Mängelbehebung gemäß § 13 Abs. 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, nicht eingerechnet.

(5) Untersagungsbescheide gemäß Abs. 4 und Mitteilungen gemäß Abs. 2 und 4 gelten auch dann als rechtzeitig zugestellt, wenn sie der Behörde wegen Unzustellbarkeit zurückgestellt werden.

(6) Erfolgt keine Mitteilung gemäß Abs. 2, darf mit der Bauführung begonnen werden.

(7) entfällt; LGBl. Nr. 24/2008 vom

(8) Nachbarn (§ 134 Abs. 3) können ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde Akteneinsicht (§ 17 AVG) nehmen und bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn (§ 124 Abs. 2) Einwendungen im Sinne des § 134a vorbringen und damit beantragen, dass die Baubewilligung versagt wird. Vom Zeitpunkt der Erhebung solcher Einwendungen an sind die Nachbarn Parteien. Eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 4) ist ausgeschlossen.

(9) Die Versagung der Baubewilligung hat mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss der Baupläne zu erfolgen. Wird die Baubewilligung versagt, ist die Bauführung einzustellen.

(10) Erfolgt keine rechtskräftige Versagung der Baubewilligung oder erlangen die Nachbarn keine Parteistellung gemäß Abs. 8, gilt das Bauvorhaben als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 bewilligt. War die Bestätigung gemäß Abs. 1 inhaltlich unrichtig und ergibt sich daraus eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten (§ 134a), ist das Verfahren auf Antrag eines in seinen Nachbarrechten verletzten Nachbarn wieder aufzunehmen, wenn der Nachbar ohne sein Verschulden daran gehindert war, dies gemäß Abs. 8 geltend zu machen; Verschulden liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die Tafel (gemäß § 124 Abs. 2a) nicht zeitgerecht angebracht oder vorzeitig entfernt worden ist und die Bauführung für Nachbarn als solche nicht erkennbar war. Eine Wiederaufnahme ist unzulässig, wenn seit der Fertigstellungsanzeige mehr als drei Jahre verstrichen sind.

(11) Leistungen, deren Erbringung gesetzlich als Voraussetzung zur Erteilung der Baubewilligung gefordert wird oder die anlässlich der Baubewilligung vorzuschreiben sind, hat die Behörde unmittelbar nach angezeigtem Baubeginn vorzuschreiben. Dies gilt auch für die bescheidmäßige Feststellung, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt, sowie die Bekanntgabe oder Stundung gemäß § 54 Abs. 2 und 3 und die Bekanntgabe gemäß § 54 Abs. 9.

Baubewilligungsverfahren für Bauwerke kleinen Umfangs

§ 70b. (1) Bei Bauvorhaben im Gartensiedlungsgebiet sowie bei Bauvorhaben in der Bauklasse I mit einer bebauten Fläche von höchstens 150 m2 sind der Behörde nur vorzulegen:

1. Baupläne (§ 64) in zweifacher Ausfertigung; die Baupläne sind von einem nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften hiezu Berechtigten zu verfassen und von diesem zu unterfertigen;

1a. Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist;

2. der Nachweis der Bewilligung des Bauplatzes oder Bauloses, wenn die erforderliche Abteilungsbewilligung noch nicht verbüchert ist.

3. die Nachweise gemäß § 63 Abs. 1 lit. e, g, h, j, k und l.

(1a) Bei Bauvorhaben im Sinne des Abs. 1 hat der Bauwerber für das elektronische Baubewilligungsverfahren in elektronischer Form über das von der Behörde im Internet bekanntgegebene Portal nur einzureichen:

1. Baupläne (§ 64), die von einem nach den für die Berufsausübung maßgeblichen Vorschriften hiezu Berechtigten verfasst und elektronisch signiert sind (§ 65 Abs. 1);

2. Nachweis der Bewilligung des Bauplatzes oder Bauloses, wenn die erforderliche Abteilungsbewilligung noch nicht verbüchert ist;

3. Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer), wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist;

4. die Nachweise gemäß § 63 Abs. 1 lit. e, g, h, j, k und l;

5. Erklärung, dass der Bauwerber oder sein bevollmächtigter Vertreter an der elektronischen Zustellung im Sinne des § 1b E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004 idF BGBl. I Nr. 104/2018, teilnimmt.

(2) Ausgenommen von Abs. 1 sind:

1. Bauvorhaben, für die eine Bewilligung von Abweichungen nach §§ 69, 76 Abs. 13 oder 119 Abs. 6 erforderlich ist;

2. Bauvorhaben, für die eine Bewilligung gemäß § 71 beantragt ist;

3. Bauvorhaben in Gebieten, für die Bausperre besteht;

4. der Abbruch von Bauwerken in Schutzzonen sowie von Gebäuden, die vor dem errichtet wurden;

5. Bauvorhaben, für die eine Grundabteilungsbewilligung erforderlich ist, aber noch nicht vorliegt, sowie Bauvorhaben auf Bauplätzen oder Baulosen, die mit einem Bauverbot behaftet sind;

6. Bauvorhaben, die sich auf bereits begonnene Bauführungen beziehen und über den Umfang des § 60 Abs. 1 lit. c hinausgehen.

(3) Nach Vorlage der vollständigen Unterlagen darf nach Anzeige des Baubeginns (§ 124 Abs. 2) mit der Bauführung begonnen werden.

(4) Ergibt die Prüfung der Angaben in den Bauplänen gemäß Abs. 1 oder Abs. 1a, dass die Bauführung unzulässig ist, hat die Behörde binnen drei Monaten ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen, in Schutzzonen binnen vier Monaten, die Bauführung mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss der Baupläne zu untersagen. Wird die Bauführung untersagt, ist sie einzustellen.

(5) Untersagungsbescheide gemäß Abs. 4 gelten auch dann als rechtzeitig zugestellt, wenn sie der Behörde wegen Unzustellbarkeit zurückgestellt werden.

(6) Nachbarn (§ 134 Abs. 3) können ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde Akteneinsicht (§ 17 AVG) nehmen und bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn (Abs. 3) Einwendungen im Sinne des § 134a vorbringen und damit beantragen, dass die Baubewilligung versagt wird. Vom Zeitpunkt der Erhebung solcher Einwendungen an sind die Nachbarn Parteien. Eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 4) ist ausgeschlossen. Bei nachträglichen Baubewilligungen hat der Bauwerber die Nachbarn von der Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde nachweislich in Kenntnis zu setzen; dieser Nachweis ist den Einreichunterlagen anzuschließen. Der Lauf der Frist für die Einwendungen beginnt in diesem Fall mit dem Tag, an dem die Nachbarn von der Einreichung des Bauvorhabens nachweislich Kenntnis erhalten haben.

(7) Die Versagung der Baubewilligung hat mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss der Baupläne zu erfolgen. Wird die Baubewilligung versagt, ist die Bauführung einzustellen.

(8) Erfolgt keine rechtskräftige Untersagung der Bauführung oder Versagung der Baubewilligung oder erlangen die Nachbarn keine Parteistellung gemäß Abs. 6, gilt das Bauvorhaben hinsichtlich der Angaben in den Bauplänen gemäß Abs. 1 oder Abs. 1a als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 70 bewilligt; § 70a Abs. 11 gilt sinngemäß. Maßgebend für die Beurteilung des Bauvorhabens ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Unterlagen.

(9) Leistungen, deren Erbringung gesetzlich als Voraussetzung zur Erteilung der Baubewilligung gefordert wird oder die anlässlich der Baubewilligung vorzuschreiben sind, hat die Behörde unmittelbar nach angezeigtem Baubeginn vorzuschreiben. Dies gilt auch für die bescheidmäßige Feststellung, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt, sowie die Bekanntgabe oder Stundung gemäß § 54 Abs. 2 und 3 und die Bekanntgabe gemäß § 54 Abs. 9.

Gültigkeitsdauer

§ 74. (1) Baubewilligungen gemäß § 70 werden unwirksam, wenn nicht binnen vier Jahren, vom Tage ihrer Rechtskraft gerechnet, Bauanzeigen nach § 62 und Einreichungen gemäß § 70a und § 70b, wenn nicht binnen vier Jahren, vom Tage der vollständigen Vorlage der Baupläne und erforderlichen Unterlagen gerechnet, mit der Bauführung begonnen oder der Bau nicht innerhalb von vier Jahren nach Baubeginn vollendet wird. Baubewilligungen gemäß § 71 werden unwirksam, wenn nicht binnen zwei Jahren, vom Tage der Rechtskraft gerechnet, mit der Bauführung begonnen oder der Bau nicht innerhalb von zwei Jahren nach Baubeginn vollendet wird.

(1a) Bestätigungen des Magistrats gemäß § 60 Abs. 1 lit. d und § 62a Abs. 5a verlieren nach Ablauf von vier Jahren ab ihrer Ausstellung ihre Gültigkeit. Abbrüche gemäß § 62a Abs. 1 Z 2 sind innerhalb von vier Jahren ab ihrer Anzeige (§ 62a Abs. 5a) zu vollenden.

(2) In begründeten Ausnahmefällen kann die Bauvollendungsfrist verlängert werden, wenn öffentliche Rücksichten nicht entgegenstehen. Um die Verlängerung der Frist ist vor ihrem Ablauf bei der Behörde schriftlich anzusuchen. Durch die rechtzeitige Einbringung des Ansuchens wird der Ablauf der Frist bis zur Entscheidung gehemmt.

(3) Durch die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes wird der Lauf sowohl der Baubeginnsfrist als auch der Bauvollendungsfrist gehemmt.

(4) Für eine Bewilligung nach § 60 Abs. 1 lit. h finden die Bestimmungen über die Bauvollendungsfrist keine Anwendung.

Fertigstellungsanzeige

§ 128. (1) Nach Fertigstellung bewilligungspflichtiger Bauführungen gemäß § 60 Abs. 1 lit. a bis lit. d und Anlagen (§ 61) sowie anzeigepflichtiger Bauführungen gemäß § 62 Abs. 1 Z 4 ist der Behörde vom Bauwerber, vom Eigentümer (einem Miteigentümer) des Bauwerkes oder vom Grundeigentümer (einem Grundmiteigentümer) eine Fertigstellungsanzeige zu erstatten.

(2) Der Fertigstellungsanzeige sind folgende Unterlagen anzuschließen:

...

5. ein positives Gutachten über den Kanal, die Senkgrube bzw. die Hauskläranlage;

...

Benützung und Erhaltung der Gebäude; vorschriftswidrige Bauwerke

§ 129. (1) Für die bewilligungsgemäße Benützung der Räume ist der Eigentümer (jeder Miteigentümer) des Bauwerkes verantwortlich. Im Falle der Benützung der Räume durch einen anderen geht die Haftung auf diesen über, wenn er vom Eigentümer über die bewilligte Benützungsart in Kenntnis gesetzt worden ist. Im Falle der Benützung von Räumen als Heim oder wie Unterkunftsräume in einem Heim haftet jedenfalls nur der Eigentümer.

(2) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u. dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Für Gebäude in Schutzzonen besteht darüber hinaus die Verpflichtung, das Gebäude, die dazugehörigen Anlagen und die baulichen Ziergegenstände in stilgerechtem Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu erhalten. Instandhaltungsmaßnahmen, durch die öffentliche Interessen berührt werden können, sind vom Eigentümer (jedem Miteigentümer) eines Gebäudes mit mehr als zwei Hauptgeschoßen zu dokumentieren. Diese Dokumentation ist, gegebenenfalls in elektronischer Form, aufzubewahren und muss der Behörde auf Verlangen zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden.

...

(5) Der Eigentümer (jeder Miteigentümer) eines Bauwerkes ist verpflichtet, deren Bauzustand zu überwachen. Lässt dieser das Vorliegen eines Baugebrechens vermuten, hat er den Befund eines Sachverständigen einzuholen. Lassen sich Art und Umfang eines vermuteten Baugebrechens nicht durch bloßen Augenschein feststellen, ist er über Auftrag der Behörde verpflichtet, über das Vorliegen des vermuteten Baugebrechens und gegebenenfalls über dessen Art und Umfang den Befund eines Sachverständigen vorzulegen. Der dem Befund zugrunde gelegte Sachverhalt muß durch die Behörde überprüfbar sein.

...

(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Im Falle der Verwendung von Flächen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen ohne baubehördliche Bewilligung (§ 3 Abs. 1 Z 2 WGarG 2008) durch einen vom Eigentümer (den Miteigentümern) verschiedenen Nutzungsberechtigten sind Aufträge gegebenenfalls an diesen zu richten. In Schutzzonen sind überdies Abweichungen von den Bebauungsbestimmungen im Bebauungsplan, für die eine Baubewilligung weder nachgewiesen noch infolge des erinnerlichen Bestandes des Gebäudes vermutet werden kann, zu beheben und die Bauwerke und Bauwerksteile in stilgerechten und den Bebauungsbestimmungen entsprechenden Zustand zu versetzen. Lassen sich Art und Umfang von vermuteten Abweichungen von den Bauvorschriften nicht durch bloßen Augenschein feststellen, ist der Eigentümer (jeder Miteigentümer) eines Bauwerkes verpflichtet, über das Vorliegen der vermuteten Abweichungen und gegebenenfalls über deren Art und Umfang den Befund eines Sachverständigen vorzulegen. Der dem Befund zugrunde gelegte Sachverhalt muß durch die Behörde überprüfbar sein.

(11) Die Erfüllung von Aufträgen nach Abs. 4 und Abs. 10 ist der Behörde vom Verpflichteten unter Anschluss eines Nachweises über die vorschriftsgemäße Durchführung schriftlich zu melden.

Auflassung von Hauskanälen; Abbruch von Bauwerken

§ 129a. (1) Werden Hauskanäle aufgelassen, sind sie in ihrer ganzen Länge zu räumen; die Ausmündungen in den Straßenkanal sind flüssigkeitsdicht abzumauern und zu verputzen. Schliefbare Hauskanäle sind entweder einzuschlagen und auszufüllen oder in Abständen von höchstens 2 m abzumauern und dazwischen auszufüllen. Rohrkanäle sind an ihren Einmündungen in die Putzkammern abzumauern; die Putzkammern sind auszufüllen. Senkgruben sind nach Räumung, Einschlagen der Decke und Aufbrechen der Sohlen auszufüllen.

...

Aus dem Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz, Wiener LGBl. Nr. 22/1955 i. d. g. F.:

Verpflichtung zur Einleitung

§ 2. (1) Sofern der Bebauungsplan nicht anderes festlegt, müssen von Baulichkeiten auf Bauplätzen oder Baulosen Schmustzwässer [richtig: Schmutzwässer] unterhalb der Verkehrsflächen in den Kanal geleitet werden, wenn der Bauplatz oder das Baulos von einem bei der Bauführung bereits bestehenden Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist; bei Baulosen gelten Flächen, die im Gartensiedlungsgebiet liegen, nicht als andere Liegenschaft und werden in das Maß von 30 m nicht eingerechnet. Dieselbe Verpflichtung zur Einmündung tritt ein, wenn der Straßenkanal nach Errichtung der Baulichkeit hergestellt wird. Sobald die Verpflichtung zur Einmündung erfüllt ist, sind die bisherigen Anlagen zur Ableitung der Schmutzwässer zu beseitigen.

(2) Von Baulichkeiten auf einer sonstigen bebauten Fläche, die von einem Straßenkanal ohne Verbindung über eine andere Liegenschaft nicht mehr als 30 m entfernt ist, kann die Behörde die Einleitung der Regen- und Schmutzwässer in den Straßenkanal und die Beseitigung der bestehenden Anlagen zur Ableitung solcher Abwässer verlangen, soweit öffentliche, insbesondere gesundheitliche Rücksichten, solche Maßnahmen erfordern.

(3) Die Behörde hat auf Antrag eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Ableitung von Schmutzwässern nach Abs. 1 zu bewilligen, wenn die Ausnahme im Interesse eines ordnungsgemäßen Kanalbetriebes zweckmäßig erscheint oder die Verwendung der Schmutzwässer für Düngezwecke erfolgen soll und überwiegend öffentliche Interessen, insbesondere solche der Gesundheit oder körperlichen Sicherheit von Personen, nicht entgegenstehen. Die Ausnahme ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihren Ausspruch fortgefallen sind. Die Ableitung aller Schmutz- und Regenwässer von den anliegenden Grundstücken auf Verkehrsflächen ist verboten.

(4) Einmündungen, die nicht auf Grund einer Verpflichtung nach Absatz 1 oder 2 oder nicht dauerhaft erfolgen, bedürfen der Zustimmung der Stadt Wien, die berechtigt ist, für nicht dauerhafte Einmündungen ein Entgelt zu fordern sowie zwecks Feststellung der Einleitungsmenge die Anbringung einer Messeinrichtung zu verlangen.

Herstellung und Instandhaltung der Kanäle

§ 5. (1) Die Herstellung und Instandhaltung der Straßenkanäle obliegt der Stadt Wien.

(2) Der Hauskanal bildet bis zu seiner Einmündung in den Straßenkanal einen Bestandteil der Baulichkeit. Seine Herstellung und Erhaltung obliegt nach den Bestimmungen des § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, dem Hauseigentümer bzw. der Hauseigentümerin; unter diese Instandhaltungspflicht fällt auch die Verpflichtung zur Instandhaltung des Mauerwerks rings um die Einmündungsstelle.

(3) Dient ein Hauskanal den Eigentümern und Eigentümerinnen verschiedener Liegenschaften, so sind diese zur ungeteilten Hand - unbeschadet des Rückgriffsrechtes untereinander - verpflichtet, den Kanal zu erhalten.

Gebührenpflicht; Arten der Gebühr

§ 7. (1) Für den erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an einen Straßenkanal ist eine Kanaleinmündungsgebühr zu entrichten.

(2) Bei nachträglicher Änderung der Verhältnisse ist in den im § 10 aufgezählten Fällen eine Ergänzungsgebühr zu entrichten.

(3) Die Gebührenberechnung geht vom Bauplatz beziehungsweise Baulos aus. Einem Bauplatz beziehungsweise Baulos sind hinsichtlich der Gebührenberechnung auch sonstige bebaute Grundflächen gleichzuhalten.

Kanaleinmündungsgebühr

§ 8. (1) Die Kanaleinmündungsgebühr setzt sich aus der Frontgebühr und der Flächengebühr zusammen und schließt die Umsatzsteuer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994, in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2009, ein.

(2) Die Frontgebühr ist das halbe Produkt aus der Frontlänge und dem Einheitssatz.

(3) Als Frontlänge gilt die Summe der Baulinien bzw. der Straßenfluchtlinien. Frontlängen, die bereits einmal die Grundlage einer Veranlagung gebildet haben, sind außer in Fällen des § 10 lit. c nicht mehr zu berücksichtigen.

(4) Der Einheitssatz beträgt ein Drittel der durchschnittlichen Herstellungskosten für den laufenden Meter eines Mischwasserkanals, vervielfacht mit 1,10; er wird vom Stadtsenat durch Verordnung festgesetzt.

(5) Die Flächengebühr ist das halbe Produkt aus den bebauten Flächen, dem Bebauungsfaktor und dem Einheitssatz (Abs. 4). Bei der Ermittlung des Ausmaßes der bebauten Flächen sind alle Gebäude auf dem Bauplatz beziehungsweise Baulos zu berücksichtigen, gleichgültig, ob sie an einen Straßenkanal angeschlossen sind oder nicht. In bezug auf die Flächengebühr gilt als bebaute Fläche die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten und der unterirdischen raumbildenden Bauteile auf eine waagrechte Ebene.

(6) Der Bebauungsfaktor beträgt:

a) im Gartensiedlungsgebiet und in Gebieten der Bauklasse I im Falle der Errichtung eines Gebäudes gemäß § 115 Abs. 1 Z 1 lit. a bis c Bauordnung für Wien 0,05,

b) in Gebieten der offenen oder gekuppelten Bauweise der Bauklassen I und II 0,08,

c) in Gebieten der geschlossenen Bauweise der Bauklassen I und II 0,10,

d) in Gebieten der Bauklasse III 0,20,

e) in Gebieten der Bauklasse IV 0,22,

f) in Gebieten der Bauklasse V 0,25,

g) in Gebieten der Bauklasse VI und bei Hochhäusern 0,25, vermehrt um 0,03 je 5 m Überhöhung, wobei Bruchteile bis zu 2,5 m vernachlässigt, solche über 2,5 m jedoch voll angerechnet werden.

(7) In Gebieten, für die Bausperre besteht oder Bauklasse und Bauweise nicht festgesetzt sind, wird der Bebauungsfaktor nach der genehmigten Ausführung der Baulichkeit hinsichtlich Bauklasse und Bauweise bestimmt; er beträgt mindestens 0,05. Bei der Gruppenbauweise ist für die Bestimmung des Bebauungsfaktors maßgebend, ob die einzelnen Bauplätze für sich allein betrachtet offen, gekuppelt oder geschlossen bebaut werden.

(8) Wird das Ausmaß der zulässigen Bebauung auf Grund einer Ausnahmebewilligung überschritten, so ist die Flächengebühr für die Teilfläche der Überschreitung nach dem nächsthöheren Bebauungsfaktor zu berechnen.

(9) Als höchstzulässige Gebäudehöhe hinsichtlich der Gebührenberechnung sind in der offenen und gekuppelten Bauweise in der Bauklasse I 9 m, in der Bauklasse II und im Industriegebiet 12 m anzunehmen.

(10) Die Bestimmungen des Abs. 4 zur Ermittlung des Einheitssatzes sind bei Vorliegen einer bundesgesetzlichen Ermächtigung zur Erhebung der Gebühren nicht anzuwenden.

Sonderbestimmungen

§ 9. (1) Auf kleingärtnerisch genutzten Grundflächen (§ 1 Wiener Kleingartengesetz 1996; LGBl. für Wien Nr. 57/1996, in der jeweils geltenden Fassung) ist bei erstmaligem Anschluß an einen Straßenkanal für jeden Kleingarten nur die Flächengebühr vermehrt um einen Betrag in Höhe des zweifachen Einheitssatzes (§ 8 Abs. 4) vorzuschreiben. Bei nachträglicher Änderung der Verhältnisse auf diesen Flächen ist § 10 mit der Maßgabe anzuwenden, daß anstelle der dort genannten Frontgebühr für jeden Kleingarten ein Betrag in Höhe des zweifachen Einheitssatzes in die Berechnung einzusetzen ist.

(2) Bei Bauherstellungen auf nicht unter Abs. 1 fallende Grundflächen ohne Bau- oder Straßenfluchtlinien ist keine Frontgebühr, jedoch die doppelte Flächengebühr zu berechnen.

(3) Besteht bloß ein Schmutzwasserkanal oder bloß ein Regenwasserkanal (Teilkanalisation), so werden nur 50 v. H. des Einheitssatzes angerechnet. Dies gilt auch, wenn in einen Straßenkanal auf Grund einer Festsetzung im Bebauungsplan gemäß § 5 Abs. 4 lit. m Bauordnung für Wien überhaupt keine Niederschlagswässer eingeleitet werden. Bei landwirtschaftlichen und berufsgärtnerischen Betriebsgebäuden wird zusätzlich jene Fläche, die der Aufzucht von Pflanzen dient und bei der eine natürliche Versickerung vorgesehen ist, bei dem Anteil des Schmutzwasserkanals abgezogen.

(4) In Gebieten der offenen oder gekuppelten Bauweise und in Gartensiedlungsgebieten wird bei Bauplätzen beziehungsweise Baulosen mit zwei oder mehreren zusammenstoßenden Fronten, die miteinander einen Winkel von höchstens 120 Grad einschließen, nur die Hälfte der Frontlängen angerechnet. Diese Ermäßigung erstreckt sich jedoch nur auf Frontlängen bis 25 m, von jeder Ecke nach beiden Seiten gerechnet; die Mehrlängen sind voll zu berechnen.

Ergänzungsgebühr

§ 10. (1) Eine Ergänzungsgebühr ist in folgenden Fällen zu entrichten:

a) im Fall eines Neubaues oder eines Zubaues in waagrechter Richtung, wenn dieser auf einem bereits angeschlossenen Bauplatz beziehungsweise Baulos unter Belassung vorhandener Baulichkeiten oder nach deren Abtragung errichtet wird, in Höhe der Flächengebühr für die durch den Neu- oder Zubau in Anspruch genommene Fläche;

b) bei Vergrößerung des Bauplatzes beziehungsweise Bauloses eine Front- und eine Flächengebühr für jene neu hinzugekommenen Frontlängen und bebauten Flächen, die noch nicht die Grundlage einer Veranlagung gebildet haben;

c) im Falle der Umwandlung einer Teilkanalisation in eine Vollkanalisation eine Front- und Flächengebühr in Höhe von 50 v. H. des Unterschiedsbetrages zwischen der Gebühr für die Teilkanalisation und der Gebühr für die Vollkanalisation unter Zugrundelegung des geltenden vollen Einheitssatzes.

(2) Gelangt § 8 Abs. 6 lit. a, b oder c zur Anwendung, bleiben Bauführungen bis zu einer bebauten Fläche von 20 m², bei Anwendung des § 8 Abs. 6 lit. d, e, f oder g bleiben Bauführungen bis zu einer bebauten Fläche von 10 m² außer Betracht.

Gebührenpflicht und Haftung

§ 11. (1) Gebührenpflichtig ist in den Fällen des § 10 Abs. 1 lit. b der Grundeigentümer bzw. die Grundeigentümerin. In allen anderen Fällen ist Gebührenschuldner bzw. Gebührenschuldnerin der Eigentümer bzw. die Eigentümerin der Baulichkeit, kann dieser bzw. diese nicht herangezogen werden, der Schuldner bzw. die Schuldnerin der Grundsteuer für die Liegenschaft, von der aus die Einmündung erfolgte. Unterliegt dieser Grundbesitz nicht der Grundsteuer, so ist der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin durch sinngemäße Anwendung des § 9 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955, in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009, zu bestimmen.

(2) Ist der bzw. die Gebührenpflichtige zugleich Eigentümer bzw. Eigentümerin (Miteigentümer bzw. Miteigentümerin) der Liegenschaft, dann besteht an ihr hinsichtlich der zu entrichtenden Kanaleinmündungsgebühr ein gesetzliches Pfandrecht mit dem Vorzugsrecht vor allen Privatpfandrechten. Dieses Pfandrecht steht jedoch nur jenen Gebührenrückständen samt Nebengebühren zu, die, vom Zeitpunkt der zwangsweisen Veräußerung zurückgerechnet, nicht länger als drei Jahre aushaften.

Entrichtung der Gebühr

§ 12. (1) Die Gebühr ist innerhalb eines Monates nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten.

(2) Die Bezahlung der Gebühr aus Anlaß eines Neu- oder Zubaues bildet eine Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung; hievon kann die Behörde Abstand nehmen, wenn die Einbringlichkeit außer Zweifel steht. Sie hat Abstand zu nehmen, wenn eine Erleichterung in den Zahlungsbedingungen bewilligt wurde.

§ 13. entfällt; LGBl Nr. 17/2010 vom

Abänderung der Gebührenbemessung

§ 14. Wird nach Zustellung des Bemessungsbescheides eine Abänderung des Bauvorhabens bewilligt, die von Einfluß auf die Bemessungsgrundlage der Kanaleinmündungsgebühr ist, so hat die Behörde den Bemessungsbescheid von Amts wegen entsprechend abzuändern.

Erstattungsanspruch

§ 15. (1) Erlischt eine Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf, so steht ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung der entrichteten Gebühr zu. Der Anspruch auf Erstattung geht unter, wenn er nicht spätestens bis zum Ablauf des Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf das Erlöschen der Baubewilligung folgt.

(2) Anspruchsberechtigt ist, wer die Gebühr errichtet hat. Andere Personen können diesen Anspruch nur geltend machen, wenn sie nachweisen, daß er auf sie übergegangen ist.

Entschiedene Sache

Ein Bescheid ist formell rechtskräftig, wenn er durch ordentliche Rechtsmittel (Beschwerde) nicht oder nicht mehr anfechtbar ist (vgl. , 0275). Unter Rechtskraft im materiellen Sinn ist die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides zu verstehen (vgl. ).

Grundsätzlich darf über eine bereits entschiedene Sache nicht nochmals ein Bescheid ergehen. Ist ein Bescheid in Rechtskraft erwachsen, bedeutet dies grundsätzlich Unwiderrufbarkeit, Unwiederholbarkeit und Verbindlichkeit des Bescheides.

Liegt ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren vor, ist auf Grund des Wiederholungsverbots bzw. des Prozesshindernisses der entschiedenen Sache (res iudicata) eine neuerliche Entscheidung nicht zulässig (vgl. ; ; ; u.v.a.).

Wenn zwei rechtswirksame Bescheide im Widerspruch stehen, dann derogiert der später erlassene Bescheid dem früher erlassenen (). Da jedoch nicht von der endgültigen Derogation ausgegangen werden kann (), lebt im Falle der Aufhebung des rechtswidrig ergangenen späteren Bescheids insoweit der früher erlassene Bescheid wieder auf (vgl. Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren 3. A. § 92 BAO Anm 8 unter Hinweis auf ).

Der Bf wäre mit seiner Ansicht, der angefochtene Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom hätte nicht erlassen werden dürfen, da es sich um dieselbe Sache handle, über die bereits im Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom entschieden worden ist ("ne bis idem"), im Recht, wenn der Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom im Zeitpunkt der Erlassung des Kanaleinmündungsgebührenbescheids vom weiter dem Rechtsbestand angehört hätte.

Dies ist jedoch nicht der Fall.

Erstmaliger Anschluss an einen Straßenkanal

Unstrittig ist, dass gemäß § 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz die Kanaleinmündungsgebühr für den "erstmaligen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss an einen Straßenkanal" zu entrichten ist.

Der Bf vertritt die Auffassung, dieser Anschluss der unbebauten Liegenschaft an den Straßenkanal sei bereits durch die Errichtung eines Hauskanals samt Putzschacht vor Übergabe der Liegenschaft an ihn im Jahr 2006 erfolgt. Daher seien die in § 7 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz normierten Voraussetzungen zur Festsetzung der Kanaleinmündungsgebühr somit bereits im Jahre 2006 erfüllt gewesen.

Nun wurde aber nach den vorgelegten Aktenteilen nicht gegenüber dem Rechtsvorgänger des Bf anlässlich der Errichtung eines Hauskanals samt Putzschacht Kanaleinmündungsgebühr festgesetzt, sondern erstmals gegenüber dem Bf mit Bescheid vom .

Dieser Kanaleinmündungsgebührenbescheid beruhte auf einer Baubewilligung zur Errichtung eines rund 80 qm großen Hauses.

Zur Errichtung dieses Hauses kam es nach den vorgelegten Aktenteilen zunächst nicht.

Die erteilte Baubewilligung erlosch infolge Nichtbauführung gemäß § 74 BO für Wien. Der Bf wurde hierüber mit Schreiben vom in Kenntnis gesetzt.

Im Jahr 2019 wurde eine Bauanzeige für ein rund 80 qm großes Haus auf dieser Liegenschaft erstattet.

Der erstmalige Anschluss an den Straßenkanal soll daher ab dem Jahr 2019 erfolgen. In den Jahren ab 2007 erfolgte kein Kanalanschluss und keine Inanspruchnahme des öffentlichen Kanalnetzes.

Die Kanaleinmündungsgebühr gemäß § 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz fällt für die Herstellung des Anschlusses an (vgl. ).

Die Verpflichtung zur Zahlung der Kanaleinmündungsgebühr entsteht mit der Inanspruchnahme des öffentlichen Kanalnetzes (vgl. ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs () kann bei einem unbebauten Grundstück mit Wasseranschluss und einem in einem Putzschacht im Vorgartenbereich endenden Kanalanschluss (laufende) Kanalgebühr gemäß § 15 Abs. 1 Wiener KKG vorgeschrieben werden.

Dass sich in den Jahren ab 2007 ein in Betrieb genommener Wasseranschluss auf dem Grundstück befand und Abwasser in den Kanal eingeleitet wurde, lässt sich den vorgelegten Akten nicht entnehmen und wurde vom Bf auch nicht behauptet.

Der Anschluss an den Straßenkanal soll erst ab dem Jahr 2019 im Zuge der nunmehrigen Bauführung vorgenommen werden.

Keine Doppelvorschreibung

Hat die Baubewilligung, die dem Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom zugrunde lag, gemäß § 74 Bauordnung für Wien ihre Wirksamkeit verloren, ist auch der Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom unwirksam geworden.

Die Errichtung einer Baulichkeit (eines Bauwerks) ist gemäß § 2 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz Voraussetzung für den Anfall einer Kanaleinmündungsgebühr. Kommt es nicht zu einer derartigen Errichtung und erlischt daher die Wirksamkeit einer Baubewilligung gemäß § 70 BO für Wien bzw. einer Bauanzeige gemäß § 62 BO für Wien oder einer Einreichung gemäß § 70a BO für Wien oder § 70b BO für Wien, liegt darin eine Änderung des für den Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom maßgebenden Sachverhalts, sodass auch dieser seine Wirksamkeit verliert und aus dem Rechtsbestand ausscheidet. Die entrichtete Kanaleinmündungsgebühr ist nach § 15 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz erstattungsfähig.

Dies ergibt sich aus § 15 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz, der vorsieht, dass bei Erlöschen einer Baubewilligung zufolge ausdrücklichem Verzicht oder Zeitablauf Anspruch auf zinsenfreie Erstattung der entrichteten Kanaleinmündungsgebühr besteht.

Der Baubewilligungsbescheid, die dem Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom zugrunde lag, bezog sich offenkundig nicht bloß auf die Errichtung eines Hauskanals mit Putzschacht (bewilligungsfreies Bauvorhaben gemäß § 62a BO für Wien), sondern auf die Errichtung eines rund 80 qm großen Einfamilienhauses. Der Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom stellt ungeachtet seines mehrdeutigen Spruches ("anlässlich der Errichtung eines Hauskanalanschlusses"), wie sich aus der Abgabenberechnung in der Bescheidbegründung ergibt, auf ein rund 80 qm großes Bauwerk (und keinen bloßen Hauskanal) ab.

Da dieses Haus zunächst nicht errichtet wurde, verlor die (nach damaliger Rechtslage erforderliche) Baubewilligung ihre Wirksamkeit, damit auch der Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom seine Grundlage und schied dieser aus dem Rechtsbestand aus.

Die vorgeschriebene (und bezahlte) Kanaleinmündungsgebühr aus 2007 wäre daher gemäß § 15 Wiener Kanalanlagen- und Einmündungsgebührengesetz innerhalb der dort vorgesehenen Frist erstattungsfähig gewesen.

Der aus dem Rechtsbestand ausgeschiedene Kanaleinmündungsgebührenbescheid vom stand daher nicht der Erlassung des Kanaleinmündungsgebührenbescheids vom entgegen.

Keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich folglich nicht als rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG); die gegen ihn gerichtete Beschwerde ist gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Revisonszulassung

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Ausscheiden eines Kanaleinmündungsgebührenbescheids aus dem Rechtsbestand infolge Ablaufs der Baubewilligung und den daraus resultierenden Rechtsfolgen nicht ersichtlich ist, ist die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 74 BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930
§ 70b BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930
§ 70 Abs. 1 BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930
§ 7 Abs. 1 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 22/1955
§ 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 15 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 22/1955
§ 2 Wiener Kanalanlagen und Einmündungsgebührengesetz, LGBl. Nr. 22/1955
§ 129 Abs. 2 BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930
§ 266 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 266 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise








ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400070.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at