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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.07.2021, RV/5101653/2017

Fiktive Anschaffungskosten und Restnutzungsdauer bei einer unentgeltlich erworbenen Liegenschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache Ing. ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom , Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Mit Einkommensteuererklärung 2015 vom erklärte der Beschwerdeführer (Bf.) erstmals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Liegenschaft ***Straße***, ***PLZ Ort*** in der Höhe von EUR -22.602,62:


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Kennzahl
Erklärter Betrag
Fiktive Anschaffungskosten
9412
450.000,00
Aufwendungsbetrag § 28/2
9430
37.033,32
Einnahmen
9460
330,00
Zehntelabsetzungen § 28/2
9470
3.703,33
Absetzung für Abnutzung
9500
3.375,00
Fremdfinanzierungskosten
9510
19,86
Instandhaltungk./-setzungsk.
9520
14.405,31
Übrige Werbungskosten
9530
1.429,12

2. Im Zuge eines Vorhalteverfahrens teilte die steuerliche Vertretung des Bf. der belangten Behörde mit E-Mail vom unter Bezugnahme auf eine telefonische Anfrage vom mit:

"Zur Ermittlung des Gebäudewertes übermitteln wir Ihnen im Anhang das Anlagenverzeichnis . Es handelt sich hier um das Elternhaus von Herrn ***Bf1***, welches im Jahr 2002 unentgeltlich an Herrn ***Bf1*** übertragen wurde. Die AK wurden über den Versicherungswert bzw. über die ortsüblichen Marktpreise hergeleitet.

Im Jahr 2015 wurden diverse Instandhaltungs- sowie Instandsetzungsaufwendungen getätigt. Im Anhang finden Sie dazu eine Aufstellung sowie die wesentlichen Belege dazu! Da die Wesensart des Gebäudes nicht verändert wurde, liegt aus unserer Sicht kein Herstellungsaufwand vor.

Weiters finden Sie in der Anlagen die Mietverträge. Die ersten Mietzahlungen erfolgten im Jahr 2016."

Im Anhang befanden sich folgende Beilagen:

2.1. Anlagenverzeichnis 2015

Gebäudeanteil


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Anschaffungskosten (EUR)
450.000,00
Buchwert (EUR)
0,00
Zugang (EUR)
450.000,00
Nutzungsdauer (%)
1,5
Abschreibungen (EUR)
3.375,00
Buchwert (EUR)
446.625,00

Ermittlung fiktive AK (EUR)


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Versicherungswert
517.000,00
Abzüglich Instandsetzungsaufwendungen
-55.000,00
462.000,00


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115 m² Keller x EUR 1.000,00 =
115.000,00
175 m² Wohnfläche x EUR 2.000,00
350.000,00
Summe
465.000,00
rund
450.000,00

2.2. Mietvertrag Objekt ***Straße***/2 vom : Die Wohnung liege in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten.Dem Vertrag zufolge (Punkt 1.7.) befinde sich das Objekt in sehr gutem Zustand. Das Objekt verfüge unter anderem über folgende Daten: Wohnnutzfläche 70,8 m², Kellerräume 8,9 m², zuzüglich Balkon-/Terrassenanteil, zur gemeinsamen Mitbenützung Gartenfläche von 500 m² sowie Vorraum und diverse Kellerräume. Das Mietverhältnis beginne gemäß § 2 des Vertrages mit und werde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Haus werde dem Mieter gemäß § 3 des Mietvertrages zu Beginn des Mietverhältnisses in vollständig renoviertem Zustand übergeben. Der Hauptmietzins betrage EUR 525,00 netto (wertgesichert) zzgl. Umsatzsteuer und zzgl. Betriebskosten und 35 EUR Garagenmiete. Derzeit habe der Vermieter (Bf.) aufgrund der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gem. § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 keine Umsatzsteuer abzuführen, daher werde dem Mieter derzeit keine USt. berechnet. Nach § 20 des Vertrages werde die Nettomiete für die Monate 12/2015 und 1/2016 "auf Null gestellt", soweit der Nachweis einer Doppelbelastung mit Mietzahlungen erbracht werde.

2.3. Mietvertrag Objekt ***Straße***/1 vom : Die Wohnung liege in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten. Dem Vertrag zufolge (Punkt 1.7.) befinde sich das Objekt in sehr gutem Zustand. Das Objekt verfüge unter anderem über folgende Daten: Wohnnutzfläche 104,15 m², Kellerräume 12,3 m², zuzüglich Balkon-/Terrassenanteil, zur gemeinsamen Mitbenützung Gartenfläche von 500 m² sowie Vorraum und diverse Kellerräume. Ein Beginn des Mietverhältnisses wurde in § 2 des Vertrages nicht explizit festgelegt, es werde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Haus werde dem Mieter gemäß § 3 des Mietvertrages zu Beginn des Mietverhältnisses in vollständig renoviertem Zustand übergeben. Der Hauptmietzins betrage EUR 750,00 netto (wertgesichert) zzgl. Umsatzsteuer und zzgl. Betriebskosten. Derzeit habe der Vermieter (Bf.) aufgrund der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gem. § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 keine Umsatzsteuer abzuführen, daher werde dem Mieter derzeit keine USt. berechnet.

2.4. Aufstellung der Instandsetzungs und -haltungskosten für den Zeitraum Jänner - Dezember 2015 ("Instandsetzung 1": EUR 37.033,32, "Instandsetzung 2": EUR 14.405,31)

2.5. Diverse Rechnungen zu Instandsetzung und -haltung

3. Mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom , dessen separate Begründung vom selben Tag am übernommen wurde, wurde die AfA von den erklärten EUR 3.375,00 auf EUR 1.470,00 gekürzt. In der Folge ergaben sich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von EUR -20.697,62 anstatt wie erklärt von EUR -22.602,62. Die Abweichung von den erklärten Werten wurde damit begründet, dass die fiktiven Anschaffungskosten des vermieteten Objekts auf einen Wert von EUR 196.000,00 geändert würden. Die AfA betrage somit EUR 2.940,00. Nach ständiger Rechtsprechung sei die Ermittlung des Ertragswertes eine geeignete Methode für die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten. Die Berechnung liege diesem Schreiben bei und laute wie folgt:

[...]

Im Zuge dieser obenstehenden Berechnung wurden von einem gerundeten Ertragswert von EUR 314.000,00 "überschlagsmäßig" ein Bodenwert von 20% (EUR 62.800,00) sowie ein "Rückstau Instandsetzungen" von EUR 55.000,00 abgezogen.

4. Mit Antrag auf Fristverlängerung vom ersuchte der Bf., die Frist zur Einbringung einer Beschwerde bezugnehmend auf den Einkommensteuerbescheid 2015 vom (eingegangen laut Bf. am ) bis zum zu verlängern, da derzeit noch nicht alle erforderlichen Unterlagen für die Erstellung der Beschwerde vorlägen. Auf diesen Antrag hin erfolgte keine Antwort der belangten Behörde.

5. Mit Beschwerde vom (eingegangen am ) gegen den Einkommensteuerbescheid vom beantragte der Bf., die fiktiven Anschaffungskosten für das Gebäude in der ***Straße***, ***PLZ Ort*** gemäß dem beigefügten Gutachten in der Höhe von EUR 282.012,27 anzusetzen:

"Es wurde ein Bewertungsgutachten für oben genannte Liegenschaft in Auftrag gegeben (siehe Beilage). Darin wurde der Verkehrswert der Liegenschaft (ohne Grund und Boden) mit einem Wert von EUR 282.012,27 festgesetzt. Weiters wurde eine Restnutzungsdauer von 45 Jahren ermittelt. Wir ersuchen daher um Festsetzung der fiktiven Anschaffungskosten für das Gebäude mit einem Wert von EUR 282.012,27 sowie um Berücksichtigung der Restnutzungsdauer von 45 Jahren."

5.1. Gegenstand des der Beschwerde beigefügten Bewertungsgutachtens vom des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Immobilien und Gebrauchtwaren sowie Immobilientreuhänders ***6***, ***SV-Adr.***, war die Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft "***EZ***, ***Grundbuch******PLZ Ort***, ***Straße***" mit (Tag der Besichtigung) als Wertermittlungsstichtag.

Der Verkehrswert der bebauten Liegenschaft wurde mit EUR 357.000,00 (gerundet), der Wert des Gebäudes und der Außenanlagen zusammen mit EUR 282.012,27 ([286.855,02+10.000] x 0,95) bewertet.

Es handle sich um ein Zweifamilien-Wohnhaus im Bauland-Wohngebiet (ca. 1,5km vom Stadtzentrum von ***PLZ Ort*** entfernt), dessen beide Wohnungen derzeit vermietet seien. Aufgrund der Ausnahmebestimmungen bezüglich "Ein- und Zweifamilienhäuser" unterliege es nicht dem Mietrechtsgesetz. Die Lage sei als durchschnittlich bis gut für ***PLZ Ort*** zu bezeichnen.

Das ursprüngliche Baujahr sei ca. 1965, circa im Jahr 1995 sei ein Umbau erfolgt. Es seien "größere Sanierungen in den letzten Jahren" erfolgt. Das Ziegeldach und die Holzfenster seien ca. 2005 erneuert worden. Ca. 2005 sei die obere Geschoßdecke gedämmt und ca. 2015 sei die straßenseitige Wohnung saniert worden. Die genehmigten Baupläne, wonach das Gebäude im Keller über 153,02 m², im Erdgeschoß über 156,76 m² und über eine vermietete Garage von 31,45 m² verfüge, würden teilweise nicht mit dem Naturstand übereinstimmen.

Der Bau- und Erhaltungszustand des Gebäudes sei "gut". Konkrete Ausführungen zum Bauzustand oder zu Baumängeln, Bauschäden oder aufgestautem Investitionsbedarf finden sich im Gutachten nicht.

Die Bewertung sei nach dem Sachwertverfahren erfolgt, welches für Zweifamilien-Wohnhäuser, wie das gegenständliche, das geeignete und übliche Verfahren sei. Derzeit seien die beiden Wohnungen des Hauses zwar vermietet, die Mietverhältnisse jedoch relativ kurzfristig auflösbar. Der typische Nachfrager bezüglich einer solchen Liegenschaft sei ein Eigennutzer. Daher sei die Immobilie, wie bei einer Eigennutzung üblich, im Sachwertverfahren zu bewerten und erfolge der Ansatz der Neuherstellungskosten rein kalkulatorisch inklusive Mehrwertsteuer. Bei der Berechnung sei der Neubauwert unter Berücksichtigung der Bauweise, Ausführung und Ausstattung nach der Nutzfläche ermittelt worden.

Im Zuge der Vergleichswertberechnung wurden 9 in räumlicher, wenn auch nicht unmittelbarer Nähe befindliche Liegenschaften der KG ***7*** auf Basis der Urkundensammlung des örtlichen Bezirksgerichtes, deren durchschnittlicher Kaufpreis EUR 83,55/m² für Grund und Boden betragen habe herangezogen (Transaktionen zwischen 2012 und 2016). Aufgrund notwendiger, vor allem zeitlicher Anpassungen wurde der Bodenwert mit EUR 90,00 angesetzt.

Die Vergleichswertberechnung betreffend den Grund und Boden lautete konkret wie folgt:

[...]

Im Zuge der Berechnung des Bauwertes wurde ein Abschlag für Wertminderung wegen Baumängeln, Bauschäden und Zustand sowie ein Abschlag für fehlende Arbeiten von jeweils 0,00 % vorgenommen. Die Wertminderung wegen Alters wurde mit einem Abschlag von 43,50 % berücksichtigt, sodass sich ein Bauwert von EUR 286.855,02 ergab. Dabei wurde von einer linearen Altersabwertung, einem Gebäudealter von ca. 50 Jahren, einem fiktiven Gebäudealter (unter Berücksichtigung der Sanierungen) vom 35 Jahren, einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren sowie einer Restnutzungsdauer von 45 Jahren ausgegangen, ohne diese Werte jedoch näher zu begründen:

Die Außenanlagen inklusive Gerätekleinhaus wurden pauschal mit einem Zeitwert von EUR 10.000,00 bewertet.

Der Sachwert und der Verkehrswert wurden wie folgt berechnet:

Dem Gutachten war je ein (nicht maßstabsgetreuer) Plan von Keller- und Erdgeschoß als Anhang beigefügt.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf. von der belangten Behörde ersucht, die beantragte Restnutzungsdauer von 45 Jahren detailliert zu begründen, da dies aus dem Gutachten nicht ersichtlich sei. In der Beschwerde werde abweichend vom gesetzlichen AfA-Satz die Berücksichtigung einer Restnutzungsdauer von 45 Jahren beantragt, was einem AfA-Satz von 2,22 % entspreche.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom wurde das Gutachten zur Schätzung der betriebsgewöhnlichen Restnutzungsdauer der Liegenschaft ***Straße***, ***PLZ Ort*** von ***6*** vom übermittelt.

Mit diesem Gutachten wurde aufgrund des vorliegenden Befundes und unter Berücksichtigung der nichtaustauschbaren Bauteile die betriebsgewöhnliche Restnutzungsdauer gem. § 7, § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 mit 45 Jahren geschätzt.

Betreffend die Festsetzung der Restnutzungsdauer wurde im Gutachten vom ausgeführt:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom als unbegründet abgewiesen.

Die entsprechende, separat versandte Bescheidbegründung vom wurde laut Rückschein am übernommen und lautete wie folgt:

"Vom Gutachter ***6*** wurde am zum Stichtag ein Verkehrswertgutachten erstellt. Die Wertermittlung für das Gebäude erfolgte im Sachwertverfahren. Im Befund wurde das Gebäude beschrieben, aber keinerlei Mängel oder Beeinträchtigungen angeführt. Auch in der Wertermittlung wurden keinerlei Abschläge wegen Baumängel, Bauschäden oder schlechten Zustand vorgenommen.

Im Gutachten zur Schätzung der Restnutzungsdauer vom wurde im Befund auf den Befund des Verkehrswertgutachtens vom verwiesen. Im Gutachten wurden Literatur und Rechtsprechung, Gesamtnutzungsdauer in der Literatur und Nutzungsdauer der Bauteile angeführt. Die Restnutzungsdauer wurde vom Alter und einer durchgeführten Modernisierung abgeleitet und mit 45 Jahren geschätzt ( Alter 51 Jahre, Umbau vor 21 Jahren, ursprüngliche wirtschaftliche GND 80 Jahre)

Vom VwGH wurde beispielweise festgestellt:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO die Vermutung auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus der im § 2 Abs. 3 Z 6 EStG 1988 genannten Einkunftsart dient, 66,6 Jahre und nicht weniger beträgt; die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren Restnutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den (technischen) Bauzustand erbracht werden muss (vgl. etwa die VwGH Erkenntnisse vom , 2002/13/0132, und vom , 2002/13/0112).

Die Restnutzungsdauer eines erworbenen Gebäudes hängt vornehmlich auch vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes - bzw. des Beginnes der Vermietung - ab. Dabei ist auch auf Beeinträchtigungen aus verschiedensten Ursachen und auf die Vernachlässigung der notwendigen Erhaltungsarbeiten Bedacht zu nehmen. Als Umstände, auf Grund derer eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes angenommen werden kann, kommen z.B. ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme in Betracht (vgl. etwa das VwGH Erkenntnis vom , 2000/15/0074).

Lt. Prodinger/Ziller 2. Auflage Seite 161 ist die Restnutzungsdauer aus der Bauweise und dem Bauzustand konkret zu ermitteln. Somit ist aber eine bloße Rückrechnung aus Alter und Gesamtnutzungsdauer nicht zulässig. Insofern hat der VwGH (99/13/0221 vom ) auch entschieden, dass eine Ableitung der Nutzungsdauer aus der Sicht des jeweiligen Baujahres nicht korrekt sei, sondern zum Bewertungsstichtag stattfinden müsse. Eine reine Residualwertmethode ist daher nicht zulässig.

Im Gutachten wurden in keiner Weise Feststellungen darüber getroffen, dass irgendwelche Beeinträchtigungen (Schäden, Baumängel) vorliegen, die die Nutzungsdauer beeinträchtigen. Wie oben beschrieben, wurden auch im Sachwertgutachten keine Abschläge für etwaige Mängel vorgenommen. Die Behörde erachtet daher das angeführte Gutachten als nicht geeignet, um von der gesetzlich vorgesehenen Abschreibung (1,5% der Bemessungsgrundlage - § 16 (1) Z. 8 lit. a EStG) abzuweichen."

Der Bf. beantragte im Zuge des Vorlageantrages vom , bei der belangten Behörde eingegangen am , eine mündliche Verhandlung gemäß § 274 BAO. Der Bf. verwies auf die Beschwerde und ergänzend auf das Gutachten zur Schätzung der betriebsgewöhnlichen Restnutzungsdauer gemäß § 7 und § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 sowie auf die in einer Beilage enthaltene, erläuternde Stellungnahme des Sachverständigen, Herrn ***6***, vom .

Hinsichtlich der technischen Beschreibung des Bauzustandes wird in der erläuternden Stellungnahme des Sachverständigen vom Folgendes bemerkt:

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Finanzamt berechnete die fiktiven Anschaffungskosten anhand des Ertragswertes. Diese Ertragsmethode sei nach ständiger Rechtsprechung eine geeignete Methode für die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten. Als Grundlage für die Berechnung hätten die im Vorhalteverfahren vorgelegten Mietverträge für die beiden im gegenständlichen Haus befindlichen Wohnungen gedient. Dabei sei der guten Lage mit einem Liegenschaftszinssatz in Höhe von 4 % Rechnung getragen worden.

Der Bf. könne die von ihm im Beschwerdeverfahren begehrte, vom gesetzlichen AfA-Satz abweichende Restnutzungsdauer nicht in geeigneter Form nachweisen, da die übermittelten Gutachten nicht geeignet seien, von der gesetzlichen Abschreibung von 1,5 % der Bemessungsgrundlage abzuweichen. Daher sei eine abweisende Beschwerdevorentscheidung erlassen worden.

Die belangte Behörde wies darauf hin, dass für das Folgejahr (2016) eine gleichlautende Beschwerde vorliege, welche nach § 271 BAO ausgesetzt werde.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom (mit Wirksamkeit zum ) wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung ** gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung *** neu zugeteilt.

Mit Vorhalt vom stellte die Richterin eingangs die Rechtslage dar, hielt dem Bf. die gegen die Gutachten bestehenden Bedenken vor und begründete ihre Ansicht, wonach von fiktiven Anschaffungskosten von EUR 251.000,00 und einem AfA-Satz von 1,5 % auszugehen sei.

Mit Eingabe vom verzichtete der Bf. auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Ein inhaltliches Vorbringen zum Vorhalt wurde nicht erstattet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten, dem Parteienvorbringen und der Recherche in den Finanzamtsdatenbanken.

Rechtslage

Streitpunkt AfA-Satz:

Nach § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 in der für das Beschwerdejahr geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 105/2014) können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Wird ein zum nicht steuerverfangenes Grundstück im Sinne des § 30 Abs. 1 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zugrunde zu legen (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988).

Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz im Sinne des § 167 Abs. 2 BAO die Vermutung auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, rund 67 Jahre und nicht weniger beträgt. Die Beweislast für die Widerlegung dieser Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren Restnutzungsdauer trifft die Partei, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den (technischen) Bauzustand zu erbringen ist ().

Nur wenn nachgewiesen werden kann, dass der Bauzustand keine Nutzungsdauer von 67 Jahren erlaubt, kann die (nachvollziehbar begründete und berechnete) kürzere Nutzungsdauer gewählt werden.

Unter technischer Abnutzung ist der materielle Verschleiß eines Wirtschaftsgutes, somit sein Substanzverzehr, unter wirtschaftlicher Abnutzung hingegen die Verminderung oder das Aufhören der Verwendungsmöglichkeit eines Wirtschaftsgutes für die Partei zu verstehen ().

Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem sich aus § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt (im vorliegenden Fall aus § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988) zu ermitteln.

Unter dem Begriff "Nutzungsdauer" in § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 ist demnach die Restnutzungsdauer eines Gebäudes und nicht dessen Gesamtnutzungsdauer zu verstehen, weil sonst für jedes Gebäude entsprechend seinem jeweiligen tatsächlichen Alter ein anderer und nur in Ausnahmefällen - nämlich bei Neubauten - der im Gesetz normierte Prozentsatz zur Anwendung kommen würde. Dies widerspräche dem klaren Wortlaut des Gesetzes, welches einen grundsätzlich einheitlichen, jährlich geltend zu machenden Prozentsatz von 1,5 % normiert ().

Diese gesetzlich unterstellte Nutzungsdauer gilt sowohl bei neu erbauten als auch bei erworbenen Gebäuden, wobei bei erworbenen Gebäuden die Restnutzungsdauer vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes abhängt ().

Ein Sachverständigengutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung. Es muss einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angenommenen Restnutzungsdauer herstellen (). Das schließt ziffernmäßige Berechnungen mit ein, die nicht nur die Ausgangswerte, sondern auch konkrete Überlegungen samt Berechnungsmethoden enthalten (vgl. Kotschnigg, SWK 29/2004, 852 ff).

Entspricht ein Gutachten nicht diesen Erfordernissen, ist es als Nachweis einer geringeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer ungeeignet; weiterer Ermittlungsschritte der Behörde bedarf es diesfalls nicht ().

Der AfA-Satz von 1,5 % ändert sich auch nicht, wenn die voraussichtliche Nutzungsdauer länger als 67 Jahre ist; ebenso wenig ändert sich der AfA-Satz, wenn das Gebäude bereits länger bestanden hat und sich unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer eine längere Gesamtnutzungsdauer als 67 Jahre ergibt (vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 16 Tz 165/10).

Nach der Judikatur (vgl. ) kann aus dem Baujahr allein nicht auf die weitere Nutzungsdauer eines Gebäudes geschlossen werden, weil die Restnutzungsdauer eines erworbenen Wohngebäudes vornehmlich vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes abhängt. Die Ermittlung einer fiktiven Gesamtnutzungsdauer, von der das Alter des Gebäudes abgezogen wird, bildet daher keine taugliche Grundlage zur Schätzung der Restnutzungsdauer.

Sowohl die Gesamt- als auch die Restnutzungsdauer eines Gebäudes hängen von seiner Beschaffenheit ab. Da die Beschaffenheit von Gebäuden sehr unterschiedlich sein kann, kann sich insbesondere bei in Massivbauweise errichteten Bauten eine Nutzungsdauer von mehr als 100 bzw. sogar 200 Jahren und mehr ergeben ().

Aus diesem Grund kann auch die (Rest-)Nutzungsdauer von Gebäuden stark voneinander abweichen.

Maßgeblich für die Nutzungsdauer sind demnach weder das fiktive noch das tatsächliche Alter oder die gewöhnliche Lebensdauer, sondern der konkrete Bauzustand eines Gebäudes im Zeitpunkt des Erwerbs bzw. im Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung. Soll von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer abgegangen werden, ist ein genaues Eingehen des Gutachtens auf den Gesamtzustand des Gebäudes, insbesondere dessen tragende Teile, unumgänglich.

Als Umstände, die den Ansatz einer kürzeren Nutzungsdauer rechtfertigen, kommen nach der Judikatur z.B. ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme in Betracht.

Geht ein Gutachten von einem guten Bauzustand des Gebäudes aus und davon, dass die im Gutachten erwähnten Schäden saniert wurden und Folgeschäden lediglich möglich sind und allenfalls eintreten können, liegt kein Nachweis einer kürzeren als der vom Gesetz vermuteten Nutzungsdauer vor ().

In einer Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0376-S/06, führt dieser zum Themenkomplex Nutzungsdauer und Verkehrswertermittlung wörtlich aus:

"Für ein schlüssiges Gutachten ist es erforderlich, dass die zu begutachtenden Tatsachen genannt werden. Diese erforderlichen Tatsachen und die Befundaufnahme sind bei Verkehrswertschätzungen und Gutachten zum Nachweis der kürzeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer nicht ident. Bei Verkehrswertschätzungen bildet die Restnutzungsdauer im Gegensatz zu Gutachten betreffend die Restnutzungsdauer lediglich einen mitbestimmenden Wertfaktor. Bei Verkehrswertschätzungen werden Restnutzungsdauern von Sachverständigen in der Regel angenommen. Bei einem Gutachten zum Nachweis der kürzeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer sind hingegen ziffernmäßige Berechnungen vorzunehmen. Diese Berechnungen müssen, um als schlüssig und nachvollziehbar zu gelten, die ziffernmäßigen Ausgangswerte nennen sowie die konkreten Überlegungen und Berechnungsmethoden darstellen. Bei einem Gutachten zum Nachweis der kürzeren als der gesetzlichen Nutzungsdauer ist es unzulässig, bloß schematisch von einer geschätzten Gesamtnutzungsdauer auszugehen und davon die bisherige Nutzungsdauer abzuziehen, ohne dabei auf die individuellen Gegebenheiten der Liegenschaften einzugehen."

Streitpunkt fiktive Anschaffungskosten

Für Gebäude, die zum nicht steuerverfangen waren, sind die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung als Bemessungsgrundlage für die AfA heranzuziehen.

Die fiktiven Anschaffungskosten sind im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei für die Ermittlung nähere gesetzliche Vorschriften nicht bestehen.

Die fiktiven Anschaffungskosten (§§ 6 Z 9 und 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988) sind aus der Sicht des Erwerbers nach dem Grundsatz zu ermitteln, was für diesen Erwerb als tatsächlicher Kaufpreis angefallen wäre.

Der Marktpreis von Mietobjekten orientiert sich am Ertragswert, weshalb die Tauglichkeit der Ermittlung fiktiver Anschaffungskosten einer bebauten Liegenschaft nach dem Ertragswert vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt bejaht und auch im Schrifttum bestätigt wurde (; , 98/13/0109; , 87/13/0075; Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 6 Tz 109; Lenneis, ÖStZ 22/1998, 572 ff, und ÖStZ 22/1999, 590 ff).

Nach Lenneis, ÖStZ 22/1998, 572, liegt der Vorrang der Ertragswertmethode insbesondere darin begründet, "dass der Ansatz einer AfA die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindert und es nur konsequent ist, der AfA-Berechnung dann auch den steuerlich zu erfassenden Ertrag zugrunde zu legen. Da auch der Zweck des Liegenschaftserwerbes zu berücksichtigen ist, ist es angebracht, als fiktive Anschaffungskosten nur den Betrag anzusetzen, den ein entgeltlicher Erwerber unter der Voraussetzung, dass er die Liegenschaft zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzen will, bezahlen würde. Dieser Betrag wird dann - wenn keine anderen Motive für den Erwerb vorliegen - mit dem Ertragswert ident sein."

Orientiert sich daher die Preisfindung an Renditeüberlegungen, ist das Ertragswertverfahren einzusetzen.

Der Verwaltungsgerichtshof spricht aber anderen Wertermittlungsmethoden wie z.B. den Bewertungsregeln des Liegenschaftsbewertungsgesetzes (LBG) nicht generell die Aussagekraft ab. Ungeachtet seiner Präferenz für die Ertragswertmethode können auch Verkaufspreise vergleichbarer Liegenschaften Informationen zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten liefern (Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 6 Tz 109, mit Verweis auf ).

Erwägungen

Strittig ist sowohl die Höhe der fiktiven Anschaffungskosten als auch der Umstand, ob die vorgelegten Gutachten geeignet sind, eine kürzere als die gesetzlich vorgesehene Nutzungsdauer anzunehmen.

Der Bf. legte vom selben Gutachter zwei Gutachten vor; eines vom zur Ermittlung des Verkehrswertes und eines vom zur Schätzung der betriebsgewöhnlichen Restnutzungsdauer gemäß §§ 7, 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988.

Die Bewertung erfolgte in Anlehnung an die Bestimmungen des Liegenschaftsbewertungsgesetzes und nach dem Sachwertverfahren, das für Zweifamilienwohnhäuser wie das gegenständliche das geeignete und übliche Verfahren sei.

Der Verkehrswert wurde, wie oben detailliert dargestellt, aus dem Sachwert, bestehend aus Boden- und Bauwert und einem geschätzten Zeitwert der Außenanlagen, ermittelt und dieser um einen Marktanpassungsabschlag von 5 % reduziert.

Das Baujahr wurde mit ca. 1965 beschrieben, ein Umbau habe ca. 1995, größere Sanierungen hätten in den letzten Jahren stattgefunden. Die Bauausführung wurde mit einfach und massiv beschrieben, Dach (Ziegel) und Fenster (Holz) seien ca. 2005 erneuert worden.

Zu den Außenanlagen wurde festgehalten, dass diese ortsüblich seien und eine Gartengerätehütte ca. 1995 errichtet worden sei.

Das Gebäudealter sei ca. 50 Jahre, unter Berücksichtigung der Sanierungen ergebe sich ein fiktives Gebäudealter von 35 Jahren. Unter Zugrundelegung einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren ergebe sich eine Restnutzungsdauer von 45 Jahren.

Bei Ermittlung des Bauwertes wurde keine Wertminderung wegen Baumängel, Bauschäden oder des Zustandes angesetzt.

Unter Berücksichtigung eines Bauwertes von 286.855,02 € und eines Zeitwertes der (ortsüblichen) Außenanlagen von 10.000,00 € ergaben sich unter Berücksichtigung eines Marktanpassungsabschlages von 5 % die in der Beschwerde beantragten fiktiven Anschaffungskosten von 282.012,27 € sowie eine Restnutzungsdauer von 45 Jahren.

In einem weiteren Gutachten vom zur Schätzung der betriebsgewöhnlichen Restnutzungsdauer wurde diese unter Ansatz der Gesamtnutzungsdauer abzüglich des Gebäudealters ermittelt.

Nach allgemeinen Ausführungen zu Umständen wie unterlassene Instandhaltung, durchgeführte Instandsetzungen oder Modernisierungen, welche die übliche Restnutzungsdauer verlängern oder verkürzen könnten, sowie einer Aufzählung verschiedener baulicher Anlagen und deren übliche durchschnittliche Gesamtnutzungsdauer wurde zum konkreten Objekt festgestellt, dass es sich um ein Zweifamilienhaus mit dem ursprünglichen Baujahr 1965 handle, das ca. 51 Jahre alt sei. Ca. 1995, vor ca. 21 Jahren, sei ein Umbau erfolgt.

In den letzten Jahren seien Sanierungen - keine Generalsanierung - durchgeführt worden. Aufgrund der Erfahrungswerte aus der Fachliteratur sei von einer ursprünglichen durchschnittlichen wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer von höchstens 80 Jahren auszugehen. Neuere Literatur wie Kranewitter und Kleiber gingen teilweise auch von erheblich niedrigeren Nutzungsdauern aus. Da das Haus aber bereits 51 Jahre alt sei, könne von 80 Jahren als Basis ausgegangen werden. Eine höhere Gesamtnutzungsdauer sei, wie bereits angeführt, nur mit Modernisierungsmaßnahmen zu erreichen.

Das Haus sei 51 Jahre alt, 1995 sei ein Umbau erfolgt und in den letzten Jahren größere Sanierungen. Diese seien teilweise auch Modernisierungen gewesen, wie das Aufbringen eines Vollwärmeschutzes, Dachdeckung, neue Fenster, Dämmung der obersten Geschoßdecke, die Sanierung einer Wohnung, … Diese seien auch nutzungsdauererhöhend. Aufgrund dieser Maßnahmen wäre es falsch, die Restnutzungsdauer mit 39 Jahren anzugeben. Aufgrund der durchgeführten Modernisierungsarbeiten sei die Restnutzungsdauer auf 45 Jahre angehoben worden.

In einer seitens der steuerlichen Vertretung eingeforderten Stellungnahme zur gesonderten Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom führte der Gutachter im Schreiben vom im Wesentlichen aus, dass das Gebäude auf Seite 17 des Gutachtens technisch beschrieben worden sei. Die wichtigste technische Feststellung seien das Baujahr bzw. das Alter des Gebäudes. Dies sei der wichtigste Faktor, um die Restnutzungsdauer bestimmen zu können. Es sei ein dem Alter gemäß guter Bauzustand beschrieben. Unter Annahme einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren abzüglich des Gebäudealters von 51 Jahren ergebe sich eine Restnutzungsdauer von 39 Jahren. Wie gesetzlich und von der Rechtsprechung gefordert, sei die Restnutzungsdauer dem Gebäudezustand angepasst und daher die Restnutzungsdauer höher mit 45 Jahren festgesetzt worden.

Auch wenn keine Feststellungen über zusätzliche nicht altersgemäße Bauschäden, Baumängel und sonstige Beeinträchtigungen getroffen worden seien, heiße dies nicht, dass es diese nicht gebe. Diese seien jedoch altersgemäß bei einer ordentlichen Instandhaltung vorhanden und ließen eine Nutzung bis zur angenommenen Restnutzungsdauer zu.

Der Bf. vermietet das ihm laut Grundbuchsauszug mit Übergabevertrag vom übergebene Zweifamilienwohnhaus seit Dezember 2015 (laut Gutachten vom datieren die Mietverträge vom bzw. vom ).

Streitpunkt AfA-Satz

In den vorliegenden Gutachten wurde die Nutzungsdauer ohne nachvollziehbare Begründung und ohne den Bauzustand detailliert zu beschreiben, mit 80 Jahren angenommen. Entgegen der vom Gutachter im Schreiben vom vertretenen Ansicht ist der maßgebliche Faktor für die Nutzungsdauer eines Gebäudes nicht dessen Baujahr bzw. Alter, sondern dessen Bauzustand.

Obwohl der Bauzustand und die Lebensdauer eines Gebäudes wesentlich von der Wahl der Baustoffe, der Qualität der Ausführung, der laufenden Erhaltung und auch von äußeren Einflüssen bestimmt sind, enthalten die Gutachten dazu keine detaillierten Ausführungen. Insbesondere Baumängel und daraus resultierende Schäden sowie deren Auswirkungen auf die Restnutzungsdauer wären ausführlich zu dokumentieren gewesen.

Wie o.a., ist es unzulässig, zur Ermittlung der Nutzungsdauer bloß schematisch von einer geschätzten Gesamtnutzungsdauer auszugehen und davon das Gebäudealter abzuziehen, ohne dabei auf die individuellen Gegebenheiten der Liegenschaften einzugehen.

Aus welchem Grund die durchgeführten Sanierungen - wie im Gutachten vom ausgeführt - von einem Gebäudealter von ca. 50 Jahren zu einem reduzierten, fiktiven Gebäudealter von ausgerechnet 35 Jahren und damit zu einer Restnutzungsdauer von 45 Jahren führen sollten, wurde nicht begründet.

Dem gegenüber geht das Gutachten vom von einem Gebäudealter von 51 Jahren und von einer laut Bewertungsliteratur üblichen Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren aus und kommt dadurch zu einer Restnutzungsdauer von 39 Jahren. Die Restnutzungsdauer sei dem Zustand des Gebäudes angepasst und daher höher mit 45 Jahren festgesetzt worden.

Weder wurde der Gebäudezustand beschrieben noch wurde begründet, weshalb dieser angepasste Gebäudezustand eine Verlängerung der Restnutzungsdauer von ausgerechnet sechs Jahren bewirkt hätte. Wie der Gutachter in Bezug auf den tatsächlichen Gebäudezustand zur Restnutzungsdauer von 45 Jahren kam, wurde im Gutachten nicht dargestellt. Den Zahlen liegen keine wie immer gearteten Angaben oder Berechnungen, die sich auf das konkrete Gebäude beziehen, zugrunde.

Diese bloß schematische Berechnung, die nicht auf die individuellen Gegebenheiten der Liegenschaft eingeht, bietet keine ausreichende Grundlage für eine Verkürzung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer.

Da die angenommene Restnutzungsdauer überdies auf einem Rechenfehler beruht (80 - 51 = 29 und nicht 39), tritt die Mangelhaftigkeit des Gutachtens umso deutlicher zutage.

Tatsächliche Baumängel, Bauschäden oder die Vernachlässigung notwendiger Erhaltungsarbeiten und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen, die eine kürzere als die gesetzliche Nutzungsdauer erklären könnten, zeigen die Gutachten nicht auf.

Vielmehr bestätigt der Gutachter im Schreiben vom einen dem Alter entsprechend guten Bauzustand des Gebäudes. Der beschriebene Gebäudezustand ist daher keinesfalls von einer Art, die ein Abgehen von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer plausibel erscheinen ließe.

Darüber hinaus sind die Äußerungen des Gutachters insgesamt zu allgemein gehalten und ist der Schluss auf die angegebene (Rest-)Nutzungsdauer nicht nachvollziehbar.

Unüberprüfbare Behauptungen sind kein taugliches Sachverständigengutachten. Sind aus einem Gutachten weder die zugrunde gelegten Tatsachen erkennbar, noch wie sie beschafft worden sind, ist es mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar.

Das Bundesfinanzgericht teilt die Auffassung des Finanzamtes und sieht den gesetzlich geforderten Nachweis als nicht erbracht an. Da es am Bf. gelegen gewesen wäre, den Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer zu erbringen, war das Bundesfinanzgericht zu keinen weiteren Ermittlungen verpflichtet.

Streitpunkt fiktive Anschaffungskosten

Vor dem o.a. rechtlichen Hintergrund ist die Anwendung des Sachwertverfahrens zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten nicht geeignet, sondern vielmehr dem Ertragswertverfahren, basierend auf der Jahresnettomiete, der Vorzug zu geben, weil diese Methode nach der Judikatur und Literatur im Allgemeinen das tauglichste Instrument zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten ist.

Der Bf. brachte keine Einwendungen vor, welche die Berechnung des Finanzamtes widerlegt oder in Zweifel gezogen hätten.

Allerdings ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der vom Finanzamt angenommene "Rückstau Instandsetzungen 55.000,00 €" außer Ansatz zu lassen, weil die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zu ermitteln sind, im vorliegenden Fall daher zum (ein Mietverhältnis beginnt laut vorgelegtem Mietvertrag am , beim zweiten Mietvertrag fehlt das Datum des Beginns des Mietverhältnisses). Zu diesem Zeitpunkt waren die Instandsetzungsaufwendungen (laut vorgelegter Rechnungsaufstellung 37.033,32 €) bereits durchgeführt und bestand der vom Finanzamt angenommene Rückstau nicht mehr.

Im Ergebnis wird als sachgerecht angesehen, von dem vom Finanzamt berechneten Gebäudeertragswert bzw. von fiktiven Anschaffungskosten von 251.000,00 € und einem AfA-Satz von 1,5 % auszugehen. Die jährliche AfA beträgt daher 3.765,00 € (AfA = 1,5 % von 251.000,00 €).

Für 2015 steht die Halbjahres-AfA in Höhe von 1.882,50 € zu.


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Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung wie bisher
330,00
Werbungskosten wie bisher (ohne AfA)
-19.557,62
Halbjahres-AfA
-1.882,50
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
-21.110,12

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob ein Sachverständigengutachten geeignet ist, den gesetzlich vermuteten AfA-Satz gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 bzw. die fiktiven Anschaffungskosten zu widerlegen, ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen.

Diese hat jeweils im Einzelfall bezogen auf das konkret vorliegende Mietobjekt zu erfolgen; eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Linz, am

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