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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.08.2021, RV/7106031/2018

Zuständigkeit für Familienleistungen des Wohnortstaates des Kindes bei Beschäftigung der Elternteile in einem jeweils anderen Mitgliedstaat der EU.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Grilc-Mag.Vouk-Dr.Skof, RÄ, Karfreitstraße 14 Tür 3, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, zur Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr: ***FA***) vom über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) für den Zeitraum Juni 2017 bis November 2017, Vers.nummer: ***1***, zu Recht erkannt:

I)

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II)

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Folgendes Ergänzungsersuchen vom wurde vom Finanzamt (FA) erlassen:

"Bitte nachreichen: Alle Kontoauszüge ab April 2017 mtl.
Alle Arztuntersuchungsnachweise von Ihnen während der Schwangerschaft; Mietvertrag aus Wien; Nachweis der geleisteten Betriebskosten in Wien ab April 2017 mtl.; Handyrechnungen ab April 2017 mtl.
Nachweis über den Wohnsitz des Kindesvaters aktuell sowie des Kindesvaters rückwirkend ab Geburt des Kindes; Slowenische Unterlagen inklusive Übersetzungen."

Mit der diesbezüglichen nachfolgend angeführten Vorhaltsbeantwortung vom wurden folgende Unterlagen vorgelegt: Grundbuchsauszug, dem Sie entnehmen können, dass meine Mandantin Eigentümerin einer Wohnung in Wien - Donaustadt ist;
Arbeitsbestätigung der Firma ***5***;
Fotokopie des Mutter-Kind-Passes mit eingetragenen Untersuchungen;
Nachweis über den Wohnsitz des Kindesvaters samt Übersetzung;
Arbeitgeberbestätigung für den Kindesvater; Jahresrechnung Energie Wien.

Der Rechtsvertreter der Bf führte aus wie folgt: "Was die Kontoauszüge betrifft, führt meine Mandantin ein Konto bei der Bank Austria. Aus Datenschutzgründen ersuche ich aber doch um Mitteilung, mit welcher Berechtigung Kontoauszüge ab April 2017 gefordert werden.
Was den angeforderten Mietvertrag aus Wien betrifft, gibt es keinen Mietvertrag, weil, wie aus dem Grundbuchsauszug ersichtlich, meine Mandantin über eine Eigentumswohnung verfügt.

Sollten die Unterlagen nicht ausreichend sein, ersuche ich um Mitteilung. Im Übrigen bitte ich auch um Mitteilung, auf welcher Grundlage meiner Mandantin, die in Österreich gemeldet ist und in Österreich beschäftigt war, nach wie vor Schwierigkeiten bei der Auszahlung der Familienbeihilfe bereitet werden."

Der im Spruch näher bezeichnete beschwerdegegenständl. Bescheid vom wurde folgendermaßen begründet:

"Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der ab gültigen Fassung regelt, welcher Mitgliedstaat für ein und denselben Zeitraum für ein und denselben Familienangehörigen vorrangig zur Gewährung der im jeweiligen Hoheitsgebiet vorgesehenen Familienleistungen verpflichtet ist.

Vorrangig muss grundsätzlich jener Mitgliedstaat die Familienleistungen gewähren, in dem eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Wird in jenem Mitgliedstaat, der vorrangig zur Gewährung von Familienleistungen verpflichtet ist, kein Antrag gestellt, so kann der andere Mitgliedsstaat dennoch jene Leistungen, die bei Antragstellung gewährt worden wären, bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages berücksichtigen.

Der gesamte Rückforderungsbetrag wird mit der Ihnen zustehenden Differenzzahlung gegenverrechnet."

In der im Spruch näher bezeichnete Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) Folgendes vor:

"Mit Bescheid vom wird von der Beschwerdeführerin die für das Kind ***2*** gewährte Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 1.021,20 zurückgefordert. Zur Begründung wird ausgeführt, es sei im Sinne der Verordnung EG 883/2004 für Familienleistungen jener Mitgliedstaat zuständig, in welchem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

Eben deshalb ist der angefochtene Bescheid unrichtig und rechtswidrig.
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich beschäftigt gewesen, bei der Firma ***5***.
Eine Arbeitsbestätigung wird beigelegt.

Das Kind ist in Österreich geboren, die Beschwerdeführerin hat ihren Hauptwohnsitz in Österreich, sie ist in Österreich Grundeigentümerin. Dies wurde der Behörde auch mit Schreiben vom nachweislich mitgeteilt. Trotzdem wird die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in Österreich arbeitete und in Österreich gemeldet ist, schlicht und einfach ignoriert, nur deswegen, weil sie slowenische Staatsbürgerin ist.

Eine derartige Interpretation der EU-Verordnung ist nicht zulässig. Es ist auch nicht zulässig die Beschwerdeführerin einfach durch Nichtgewährung von Leistungen dazu zu zwingen, in Slowenien um entsprechende Leistungen anzusuchen, da sie sonst überhaupt keine Leistung erhielte.

Aus den dargelegten Gründen wird der Beschwerdeantrag gestellt, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben."

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom begründete das Finanzamt (FA) folgendermaßen:

"Sie sind slowenische Staatsbürgerin und waren in Österreich bis beschäftigt bzw. sozialversichert. Ab ***9*** befinden Sie sich in Karenz und erhalten Kinderbetreuungsgeld. Ihre Hauptmeldung ist in Wien. Das Kind ist in Feldbach-Fürstenfeld geboren.

Die Geburt des Kindes war in der Steiermark.

Die Mutter-Kind-Pass (kurz: MKP) Untersuchungen wurden ebenfalls in der Steiermark getätigt.

Der Kindesvater wohnt und arbeitet in Slowenien. Familienleistungen wurden in Slowenien nicht beantragt.

Die laut Ergänzungsersuchen abverlangten Kontoauszüge wurden bis heute nicht erbracht. Laut einer Nachschau wohnt ***11*** (Anmerkung: Vater der Bf) auf Ihrer Adresse und die Stromrechnung lautet ebenfalls auf ***11***.

Es wurde Ihnen die Familienbeihilfe aberkannt und die Ausgleichszahlung zuerkannt, weil der Kindesvater in Slowenien eine Beschäftigung ausübt und sich das Kind It. Aktenlage nicht in Österreich aufhält.

Ihre Beschwerde begründen Sie damit, dass Sie in Österreich Ihren Hauptwohnsitz haben, hier beschäftigt waren und das Kind in Österreich geboren ist.

Rechtliche Grundlagen:

§ 2 Abs 8 FLAG 1967:

Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 5 Abs. 3 FLAG 1967:

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Artikel 11 der EU-Verordnung (EG1) Nr. 883/2004:

Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

Artikel 68 der EU-VERORDNUNG (EG) Nr. 883/2004:

Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten - es gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten; DE Amtsblatt der Europäischen Union L 166/

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

Würdigung:

Über Ihren Fall wird wie folgt entschieden:

Der Anspruch auf Familienbeihilfe ist im Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) bzw. bei EU-Angelegenheiten in der EU-Verordnung (EG) VO 883/2004 geregelt.

Aufgrund dieser EU-Verordnung haben Sie Anspruch auf Ausgleichszahlung nur bei einem aufrechten Dienstverhältnis und für die Zeit der (bundes- oder landes)gesetzlichen Karenzzeit - das ist in Österreich im Regelfall bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats des Kindes.

Danach ist insbesondere beachtlich, ob eine Beschäftigung wieder aufgenommen wird oder nicht (erster Arbeitstag ist der zweite Geburtstag des Kindes, wobei der Vollständigkeit halber festgehalten wird, dass der Entlassungs- bzw. Kündigungsschutz 4 Wochen nach Ende der Karenz endet). Allfällige weitere Vereinbarungen des Dienstgebers mit dem Dienstnehmer über eine Dienstfreistellung gegen Entfall der Bezüge sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich.

Es wurde bisher kein glaubwürdiger Nachweis erbracht, dass Sie und das Kind sich in Österreich aufhalten. Sie sind zwar Eigentümerin einer Wohnung in Wien, aber It. Aktenlage wird die Wohnung von Ihrem Vater bewohnt. Die mit Ergänzungsersuchen vom abverlangten Unterlagen wurden von Ihnen nur teilweise nachgereicht. Auch im Zuge der Beschwerde wurden keine zusätzlichen Nachweise erbracht, dass sich das Kind ständig in Österreich aufhält. Die Geburt des Kindes und einige Mutter-Kind-Pass Untersuchungen aus Feldbach bzw. Leibnitz sind kein ausreichender Nachweis für einen dauerhaften Aufenthalt in Österreich. Angemerkt wird, dass Feldbach bzw. Leibnitz von Wien 175 km bzw. 226 km und von ***10***, wo der Kindesvater lebt, nur 70 km bzw. 35 km entfernt sind.

Laut Aktenlage ist daher davon auszugehen, dass sich das Kind nicht in Österreich aufhält. Gemäß Artikel 68 der EU-VERORDNUNG (EG) Nr. 883/2004 besteht aufgrund der Beschäftigung des Kindesvaters eine vorrangige Zuständigkeit in Slowenien und in Österreich besteht nur der Anspruch auf Ausgleichszahlung.

Bei Ihrem Akt wurde daher richtigerweise die volle Familienbeihilfe rückgefordert und Ihr Akt auf Ausgleichszahlung umgestellt.

Ihrer Beschwerde konnte daher nicht stattgegeben werden."

Im Vorlageantrag vom führte die Bf aus wie folgt:

"In außen bezeichneter Rechtssache brachte die Beschwerdeführerin am eine Beschwerde gegen den Bescheid vom ein, mit welchem von der Beschwerdeführerin die für das Kind gewährte Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag in der Höhe von insgesamt EUR 1.021,20 zurückgefordert wurden. Am wurde den rechtsfreundlichen Vertretern der Beschwerdeführerin die Beschwerdevorentscheidung zugestellt, mit welcher die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Das Finanzamt Wien 2/20/21/22 führt aus, es sei kein glaubwürdiger Beweis erbracht worden, dass sich die Beschwerdeführerin in Österreich aufhalte. Diese Behauptung ist schlicht und einfach aktenwidrig. Es wird ignoriert, dass die Beschwerdeführerin ihren Hauptwohnsitz in Österreich hat, dass sie in Österreich Grundeigentümerin ist, dass die Beschwerdeführerin in Österreich arbeitete, das Einzige, was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nicht besitzt, ist die österreichische Staatsbürgerschaft. Dies alleine ist aber kein ausreichender Grund dafür, am ständigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich zu zweifeln.
Es wird daher der Antrag wiederholt, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben."

Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht) vom führte das FA aus wie folgt:

"Bezughabende Normen

Art 68 Abs. 1 lit b VO(EG) Nr. 883/2004

Sachverhalt:

Die Bf ist slowenische Staatsbürgerin und bezog Familienbeihilfe für ihren am in Feldbach geborenen Sohn (Kind). Die Bf hat mit ihrem österreichischen Arbeitgeber für die Dauer von bis Elternkarenz vereinbart. Sie ist mit ihrem Sohn in Wien, ***12***. Bezirk in einer ihr gehörenden Eigentumswohnung hauptgemeldet. Der Vater der Bf. besitzt in dieser Wohnung ein Wohnrecht.

Der Kindesvater ist ebenfalls slowenischer Staatsbürger, wohnhaft und beschäftigt in Slowenien. Aufgrund der Tatsache, dass die Mutter-Kindpass-Untersuchungen in Feldbach durchgeführt wurden, die Bf keine Beweismittel, wie Handyrechnungen, Kontoauszüge vorgewiesen hat und Erhebungen an der Wiener Adresse keine Anhaltspunkte über den dortigen ständigen Aufenthalt der Bf mit ihrem Sohn ergeben haben, ist es auch nach den Erfahrungen des täglichen Lebens wahrscheinlich, dass sich der Familienwohnort in Slowenien befindet.

Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Juni bis November 2017 wurden daher mit Bescheid vom rückgefordert. Die Differenz zwischen der slowenischen Beihilfe und der österreichischen Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag (Ausgleichszahlung) wurde am Tag nach Ergehen des Rückforderungsbescheides dem Konto gutgeschrieben.

Stellungnahme:

Art 68 der VO (EG) 883/2004 bestimmt, dass in Falle der Beschäftigung beider Elternteile in verschiedenen Mitgliedsstaaten jener Staat vorrangig zur Zahlung von Familienleistungen verpflichtet ist, der auch Wohnortstaat des Kindes ist. Der andere Beschäftigungsstaat zahlt eine Ausgleichszahlung. Da außer der Hauptwohnsitzmeldung der Bf und ihres Sohnes in Wien keinerlei Beweismittel über den ständigen Inlandsaufenthalt vorliegen, ist anzunehmen, dass Slowenien der Familienwohnstaat ist. Es ist daher Slowenien vorrangig zur Zahlung von Familienleistungen zuständig.

Abweisung der Berufung wird beantragt."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf ist laut vorgelegter Arbeitsbestätigung vom seit bei ***5*** in ***6*** als Senior Customer Service Assistent tätigt gewesen. Laut Auskunft betreffend die Versicherungszeiten der Bf (AJ-WEB Auskunftsverfahren durch das FA vom ) war die Bf vom bis bei ***5*** aktiv als Angestellte tätig. Ab wg. der (bevorstehenden) Geburt des Kindes Bezüge von der Stmk. Gebietskrankenkasse. Der Kindesvater und Partner der Bf hat unstrittig seinen ständigen Wohnsitz und seinen Arbeitsplatz bzw seine Arbeitsstelle in Slowenien (Bestätigung über den ständigen Wohnsitz [Datum der Anmeldung an der derzeitigen aktenkundigen Adresse in Slowenien am ] des Herrn ***7*** vom ).

Das beschwerdegegenständliche Kind wurde am ***8*** geboren. Ab ***9*** hat sich die Bf in Karenz befunden. Strittig ist, ob der im Spruch angeführte Rückforderungsbescheid betreffend Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) zu Recht ergangen ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gem. § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (kurz: idgF) haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder ….

Nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 2 Abs 8 FLAG 1967: Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 5 Abs. 3 FLAG 1967: Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

VERORDNUNG (EG) Nr 883/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Text von Bedeutung für den EWR und die Schweiz)

Art 68 der VO (EG) 883/2004: Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen, beschwerdegegenständlich ggü der EU-Mitgliedstaaten Slowenien und Österreich

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechts-vorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

(Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, VERORDNUNG (EG) Nr 883/2004)

Nach Art 2 Abs 1 VO(EG) 883/2004 (folgend bzw kurz: VO genannt) gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.
Art 3 Abs 1 lit j VO normiert, dass diese Verordnung ua für alle Rechtsvorschriften, die Familienleistungen betreffen, gilt.
Gemäß Art 11 Abs 1 VO unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Abs 3 lit a dieser Bestimmung normiert, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt. Nach Art 13 Abs 3 VO unterliegt eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie eine Beschäftigung ausübt.
Art 1 lit q sublit i VO bestimmt als zuständigen Träger den Träger, bei dem die betreffende Person zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Leistungen versichert ist. Entsprechend lit s ist "zuständiger Mitgliedstaat" der Mitgliedstaat, in dem der zuständige Träger seinen Sitz hat.

Nach Art 67 VO hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Art 68 VO bestimmt Prioritätsregeln für den Fall, dass für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren sind.

§ 2 Abs 1 FLAG 1967 regelt, dass Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unter weiteren Voraussetzungen einen Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Abs 8 dieser Bestimmung normiert als eine weitere Voraussetzung, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der in Rede stehenden Personen im Bundesgebiet befinden muss.

Nach § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein mtl Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden. § 26 FLAG 1967 bestimmt, dass zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe zurückzuzahlen ist.

Erwägungen

Die österreichische Familienbeihilfe stellt zweifelsfrei eine Familienleistung iSd VO dar. Auch der in Österreich zur Familienbeihilfe zusätzlich nach § 33 Abs 3 EStG 1988 gewährte Kinderabsetzbetrag fällt nach der ständigen Rechtsprechung (vgl zB UFS, , RV/0130-L/11) unstrittig unter den Begriff "Familienleistung" nach der VO (vgl auch Aigner in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 4, Rz 11). Der Kinderabsetzbetrag wird gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlt und nicht in die Berechnung der Einkommensteuer einbezogen. Dieser stellt demnach keinen Absetzbetrag in steuerrechtlicher Hinsicht dar, da dieser die Steuerberechnung nicht beeinflusst (vgl auch Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2017, § 33 Tz 71). Beim Kinderabsetzbetrag handelt es sich im wirtschaftlichen Sinne somit um einen Zuschlag zur Familienbeihilfe. Aus diesem Grund errechnet sich ein von Österreich als subsidiär zuständiger Mitgliedstaat zu bezahlender Differenzbetrag indem der ausländischen Familienleistung die österreichische Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag gegenübergestellt wird (vgl zB Adelheid Stöger, "Unionsrechtliche Aspekte des Anspruchs auf Familienbeihilfe", Ziffer 4.4.3.3). Der Umstand, dass der Kinderabsetzbetrag (im Einkommensteuergesetz) und die Familienbeihilfe (im Familienlastenausgleichsgesetz) in Österreich in unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen geregelt sind, vermag an der Eigenschaft des Absetzbetrages als Familienleistung iS der VO nichts zu ändern. Der Grund der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen in Österreich liegt im Wesentlichen darin, dass die Familienbeihilfe zu Lasten des Familienlastenausgleichsfonds, der aus Dienstgeberbeiträgen nach § 39 FLAG 1967 gespeist wird, hingegen der Kinderabsetzbetrag aus dem Einkommensteueraufkommen finanziert wird (vgl auch Doralt, EStG § 33 Tz 36).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des FLAG (§ 2 Abs. 1 FLAG 1967; § 5 Abs. 3 bzw. Abs. 4 FLAG) unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, wie etwa das Verbringen der Ferien und der Aufenthalt an einzelnen Wochenenden an einem anderen Ort bzw in einem anderen Land, unterbrechen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt.

Wie aus dem Vorlagebericht des Finanzamtes, der der Bf bzw ihrem Rechtsvertreter laut Aktenlage unstrittigerweise zugegangen ist (s. ***13*** S. 2), im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht hervorgeht, ist ein Nachweis für den (ständigen) gewöhnlichen Aufenthalt der Bf mit ihrem Kind in Österreich von der Bf trotz mehrmaliger eindeutiger Aufforderungen seitens des Finanzamtes (FA) nicht erbracht worden.

Mangels gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich kann die Beschwerdeführerin auch aus dem rein innerstaatlichen österreichischem Recht keine - über die Verordnungsregelungen hinausgehenden - Ansprüche auf Familienbeihilfe ableiten.

Wie aus dem Vorlagebericht weiters hervorgeht, wurde der Bf im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (im Vorlagebericht) nochmals zur Kenntnis gebracht, dass kein tauglicher Nachweis über den von ihr behaupteten ständigen Inlandsaufenthalt (in Österreich) erbracht wurde, weshalb anzunehmen sei, dass Slowenien der Familienwohnstaat sei, und weiters, dass daher Slowenien vorrangig zur Zahlung von Familienleistungen zuständig sei.

Insgesamt wurden von der Bf trotz mehrmaliger nachweislicher diesbezüglicher Aufforderungen bzw Vorhalte, wie etwa das o.a. Ergänzungsersuchen vom , die o.a. Beschwerdevorentscheidung, die Vorhaltscharakter hat, sowie der Vorlagebericht des Finanzamtes im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, kein Nachweis über den gewöhnlichen Aufenthalt der Bf mit Kind in Österreich erbracht. Es wurden bspw die abverlangten Kontoauszüge und Handyrechnungen nicht vorgelegt. Angemerkt wird, dass die Kontoauszüge laut o.a. Ergänzungsersuchen ab April 2017 vorgelegt hätten werden sollen, zumal die Bf nur bis als Angestellte aktiv tätig war, da der errechnete Geburtstermin des Kindes der war (Geburt des Kindes am ***8***; vgl. Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft Feldbach - Fürstenfeld- MKP; Hüftultraschalluntersuchung am bei Facharzt in ***14***; Auskunft betreffend die Versicherungszeiten der Bf [AJ-WEB Auskunftsverfahren durch das FA vom ]).

Betreffend die von der Bf ins Treffen geführte Wohnung in Wien (an der aktenkundigen Adresse) wurde eine Jahresabrechnung von Wien Energie für Gas und Strom vom für den Abrechnungszeitraum bis lautend auf Herrn ***4*** (laut Aktenlage der Vater der Bf) vorgelegt, die ebenfalls kein tauglicher Nachweis für den ständigen Aufenthalt des Kindes sowie der Bf in Österreich ist. Laut Aktenlage hat der Vater der Bf in besagter Wohnung das Wohnrecht. Die Bf hat die Eigentumswohnung von ihrem Vater durch Übergabsvertrag vom erhalten. Zugunsten des Vaters ist ein Belastungs- und Veräußerungsverbot grundbücherlich festgelegt (s. Grundbuchauszug EZ ***15***).

Angemerkt wird, dass mittels Kontoauszügen und Handyrechnungen Nachweise über Aufenthaltsorte üblicherweise durchaus erbracht werden können. Aus den Kontobewegungen (Eingänge, Ausgänge) können Rückschlüsse über Inlands- bzw. Auslandsaufenthalte gezogen werden. Bspw nachvollziehbar sind allenfalls regelmäßig bzw häufig genutzte Bankfoyers bzw Bankomaten betreffend Bargeldbewegungen auf dem Bankkonto (Barabhebungen, Bareinzahlungen); aus den Überweisungsdaten sind (regelmäßige) Geschäftsbeziehungen ersichtlich wie bspw aufgrund von Kartenzahlungen in Supermärkten, bei Tankstellen etc.; weiters Nachvollziehbarkeit von Überweisungen an Unternehmen im Inland sowie in Slowenien usw. So können nach den Erfahrungen des Lebens unter anderem auch über Einkaufsgewohnheiten und Bankpartner bzw Zahlungsabwicklungen über Bankkonten von Behörden und Gerichten regelmäßig Rückschlüsse auf den jeweiligen Aufenthaltsort gezogen werden.

Aus der Aktenlage geht klar hervor, dass die vom Finanzamt abverlangten Nachweise für die Nachweisführung des Erfüllens der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe im beschwerdegegenständlichen Zeitraum verlangt wurden.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die vom FA von der rechtsfreundlich vertretenen Bf abverlangten Beweismittel wie bspw die Kontoauszüge und Handyrechnungen (wie eindeutig aus der Aktenlage hervorgeht) ausschließlich zum Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen (v.a. zum Beweis des gewöhnlichen Aufenthalts der Bf mit Kind in Österreich) für den Familienbeihilfenbezug iZm dem gegenständlichen Rückforderungsbescheid angefordert wurden. Weder diese genannten geforderten Nachweise noch sonstige taugliche diesbezügliche Beweismittel wurden von der rechtsfreundlich vertretenen Bf angeboten bzw vorgelegt.

Meldungen im Zentralen Melderegister sind ebenso wie Grundbuchauszüge über Wohnungseigentum keine tauglichen Mittel zum Beweis eines von der Bf behaupteten (ständigen) gewöhnlichen Aufenthalts von ihr und ihrem Kind in ihrer aktenkundigen Eigentumswohnung an der Wiener Adresse.

Das Bundesfinanzgericht ist zur Ansicht gelangt, dass Grundeigentum in Österreich kein Beweismittel für den Aufenthalt in Österreich darstellt. Wohnungseigentum bedeutet nicht gleichermaßen, dass die Bf mit ihrem Sohn in der aktenkundigen Eigentumswohnung in Wien ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Vielmehr ist Vermietung von Eigentumswohnungen bzw Nutzung der Wohnungen durch Nichteigentümer (Verwandte usw.) gerade in Wien als Großstadt durchaus häufig bzw gängig. Dies umso mehr, als die Bf die Eigentumswohnung durch Übergabsvertrag von ihrem Vater, der auch vor der Übergabe der Wohnung an seine Tochter die Wohnung bewohnt hat, erhalten hat, und zugunsten des Vaters ein Belastungs- und Veräußerungsverbot der Eigentumswohnung besteht.

Gleichermaßen bedeutet auch eine Meldung beim Zentralen Melderegister (Wohnsitz [Hauptwohnsitz]) nicht, dass die Bf mit Kind an der diesbezüglichen aktenkundigen Adresse ihrer Eigentumswohnung in Wien tatsächlich ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen hat.

In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass laut Behördenanfrage beim Zentralen Melderegister die Bf seit bis dato an der Wiener aktenkundigen Adresse gemeldet ist (Hauptwohnsitz), demgegenüber jedoch alle von ihr nachgewiesenen Untersuchungen (zB Mutter-Kind-Pass) bei der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft-Feldbach-Fürstenfeld sowie bei einem Facharzt in ***14*** durchgeführt wurden.

Darüber hinaus gab ein(e) Wohnungsnachbar(in) an der Wiener Adresse bei einer Befragung im April 2018 durch das FA an nicht zu wissen, ob die Bf und ihr Kind in der Nachbarwohnung wohne, sehr wohl wisse sie aber dass der Vater der Bf (auf dessen Namen bspw auch die o.a. Jahresabrechnung über Strom und Gas adressiert war) in der Wohnung wohne. Auch der Inhaber eines Lokals in der Nähe zur Wohnung gab auf Befragen an, den Vater der Bf zu kennen, der grundsätzlich täglich an seinem Lokal im Zuge des Zeitungholens vorbeigehe, eine Tochter und ein Enkelkind habe er noch nie gesehen (FA-Akt; Nachschau im April 2018). Angemerkt wird, dass die Bf bereits seit bis dato durchgehend an der aktenkundigen Wiener Adresse hauptwohnsitzgemeldet ist, weshalb die Ermittlungen im April 2018 auch für gegenständlichen Beschwerdezeitraum Relevanz haben. Bereits in der o.a. Beschwerdevorentscheidung vom , die Vorhaltscharakter hat, wurde begründend ausgeführt, dass laut Aktenlage der namentlich aktenkundige Vater der Bf in der Wohnung an der aktenkundigen Wiener Adresse wohnt, und weiters, dass die Bf keinen Nachweis erbracht habe für den von ihr behaupteten gewöhnlichen Aufenthalt der Bf selbst mit Kind in Österreich.

Hinzu kommt, dass der aktenkundige oben in der Beschwerdevorentscheidung bereits angeführte Wohnort des Kindesvaters in Slowenien nur 70 km bzw. 35 km von Feldbach bzw Leibnitz entfernt ist, wohingegen Wien 175 km bzw. 226 km von den hier genannten Orten entfernt ist (s. o.a. Beschwerdevorentscheidung).

Diesbezüglich wurde auch im Vorlagebericht des FA im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht angeführt, dass Erhebungen an der Wiener Adresse keine Anhaltspunkte über den dortigen ständigen Aufenthalt der Bf mit ihrem Sohn ergeben haben, weshalb es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts unter Einbeziehung der Erfahrungen des Lebens wahrscheinlich ist, dass die Bf und ihr Kind im Beschwerdezeitraum den gewöhnlichen Aufenthalt am Familienwohnsitz in Slowenien gehabt haben, wie bereits das FA ausgeführt hat (s. o.a. Beschwerdevorentscheidung vom sowie Vorlagebericht des FA vom ).

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen sowie grundsätzlich sämtliche Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Kind der Bf wohl gleichermaßen gleichwertig in Wien im Nahebereich zum von der Bf behaupteten Hauptwohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthaltsort möglich gewesen wären.

Das Bundesfinanzgericht ist aus oben angeführten Gründen insgesamt zur Ansicht gelangt, dass die Bf mit ihrem Kind an der Wiener Adresse trotz dortiger Wohnsitzmeldung beim Zentralen Melderegister keinen gewöhnlichen Aufenthalt an der Adresse ihrer Eigentumswohnung gehabt hat, sondern dass ihr gewöhnlicher Aufenthalt und darüber hinaus vollständigkeitshalber erwähnt auch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Beschwerdezeitraum in Slowenien bei ihrem Partner sowie Kindesvater am gemeinsamen Familienwohnsitz waren.

Weiters wird auch auf die Begründung der o.a. Berufungsvorentscheidung des FA und auf die Stellungnahme des FA im o.a. Vorlagebericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht hingewiesen, welche ausdrücklich auch Begründungsteile dieses Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts sind.

O.a. Art 68 der VO (EG) 883/2004 bestimmt, dass in Falle der Beschäftigung beider Elternteile in verschiedenen Mitgliedsstaaten jener Staat vorrangig zur Zahlung von Familienleistungen verpflichtet ist, der auch Wohnortstaat des Kindes ist. Der von der Bf behauptete gewöhnliche Aufenthalt für die Bf und ihr Kind in Österreich im Beschwerdezeitraum wurde wie oben ausgeführt trotz Ergänzungsersuchens, o.a. Bescheidbegründungen des beschwerdegegenständlichen Rückforderungsbescheides und der Beschwerdevorentscheidung sowie Ausführungen im Vorlagebericht des Finanzamtes im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinangericht bis dato nicht nachgewiesen. Das Bundesfinanzgericht ist wie bereits das Finanzamt zur Ansicht gelangt, dass Slowenien der Familienwohnstaat ist, wo der Kindesvater und Partner der Bf unstrittigerweise seinen Wohnsitz und Arbeitsplatz hat, und daher Slowenien vorrangig zur Zahlung von Familienleistungen zuständig ist.

Der beschwerdegegenständliche Rückforderungsbescheid ist aus angeführten Gründen mangels Erfüllens der unabdingbaren o.a. gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von FB und KG im Beschwerdezeitraum zu Recht ergangen.

Insgesamt ist spruchgemäß zu entscheiden (§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 id im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung; Art 68 der VO (EG) 883/2004; § 26 FLAG 1967 idgF).

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das gegenständliche Erkenntnis der hL und Rechtslage folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7106031.2018

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