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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.08.2021, RV/6100617/2012

Mittelpunkt der Lebensinteressen bei Doppelansässigkeit in Österreich und in der Schweiz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinBE in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2009 bis 2011, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf), ein deutscher Staatsbürger, war im Zeitraum bis in der Schweiz bei der Fa. ***1***nichtselbständig tatig. In diesem Zeitraum verfügte er sowohl in Österreich als auch in der Schweiz über einen Wohnsitz.

Mit den Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 fest. Das Finanzamt führte begründend Folgendes aus:

Herr ***Bf*** ist nach der Aktenlage seit mit Hauptwohnsitz an der Adresse ***Bf1-Adr*** gemeldet. Seit dem Jahr 2004 ist ***Bf*** verheiratet. Mit seiner Gattin lebte und lebt ***Bf*** nach wie vor unter der Adresse ***Bf1-Adr***.

Im Zeitraum bis arbeitete ***Bf*** in der Schweiz bei der Firma "***1***". Er verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung und bewohnte eine 1-Zimmerwohnung in der ***Adr2***. Die Gattin des ***Bf*** war im Zeitraum bis in Österreich unter der o.a. Adresse wohnhaft und war auch während des gesamten Zeitraumes in Österreich nichtselbständig beschäftigt.

***Bf*** wurde am in einer Verfügung über Bestand und Umfang der Steuerpflicht des "Kantonalen Steueramtes" in St. Gallen ein sogenannter "Entscheid" ausgestellt, in dem das Steueramt anerkennt, dass der Lebensmittelpunkt des ***Bf*** in der Schweiz gelegen ist. Als Begründung wurde angeführt, dass ***Bf*** in der Zeit von bis über eine Aufenthaltsbewilligung "B" verfügt und in einer gemieteten 1-Zimmerwohnung an der ***Adr2*** gewohnt habe. Die Ehefrau lebe und arbeite in Österreich. Es komme gemäß den Angaben des ***Bf*** zu ein bis zwei gegenseitigen Besuchen im Monat. Es bestehe lediglich eine räumliche Trennung zur Ehegattin. Die Ehe werde noch gelebt. Laut Angaben des ***Bf*** lebe und arbeite die Ehefrau in Österreich im Gastgewerbe. Mit dem Schweizer Domizil verbinde ***Bf*** neben seiner Arbeitsstelle bei der "***1***" der Freundes- und Bekanntenkreis.

Auf Grund dieser Sachverhaltsangaben des ***Bf*** stellte die Schweizer Behörde fest, dass der Lebensmittelpunkt und damit der Steuerrechtliche Wohnsitz des ***Bf*** in den Jahren 2009 und 2010 (über das Jahr 2011 wurde von der Schweizer Behörde nicht abgesprochen) in der Schweiz gelegen war.

Dazu ist auszuführen:
Nach der Aktenlage steht fest, dass
***Bf*** im Zeitraum bis in der Schweiz bei der Firma "***1***" in einem Dienstverhältnis stand und während seiner Arbeitsleistung eine 1-Zimmerwohnung an der Adresse ***Adr2***, angemietet hatte. ***Bf*** verfügte daher im Zeitraum 2/2009 bis 6/2011 über einen steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz.

Fest steht auch, dass ***Bf*** während seiner Tätigkeit in der Schweiz den österreichischen Familienwohnsitz mit seiner Gattin in ***Bf1-Adr*** aufrechterhalten hat, und dass die Gattin des ***Bf*** in den Jahren 2009, 2010 und 2011 in Österreich ganzjährig nichtselbständig beschäftigt war. ***Bf*** hatte daher in den Jahren 2009, 2010 und 2011 auch einen steuerrechtlichen Wohnsitz in Österreich, wodurch die unbeschränkte Steuerpflicht (neben der Schweiz) auch in Österreich eingetreten ist. Liegt eine Wohnstätte in Österreich vor, ist im Weiteren zu klären, ob die österreichische Wohnstätte die Ansässigkeit im Verhältnis zur Schweiz begründen kann (Artikel 4 DBA-Schweiz) und somit die Besteuerung der in der Schweiz erzielten Einkünfte aus der ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich für die Jahre 2009, 2010 und 2011 zu erfolgen hat.

Da nach der Aktenlage ***Bf*** im Zeitraum 2009, 2010 und 2011 sowohl in Österreich als auch in der Schweiz über einen steuerlichen Wohnsitz verfügt hat, ist für die Frage der Besteuerung dem Mittelpunkt der Lebensinteressen des ***Bf*** in den Jahren 2009, 2010 und 2011 die entscheidende Bedeutung beizumessen (Art. 4 Z 2 lit a DBA-Schweiz).

Auf Grund des zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Schlussprotokoll geschlossenen Abkommens, BGBI 1975/64 idF BGBI III 2007/22 (kurz: DBA-Schweiz) gilt ab bzw. bei höherer Gesamtsteuerbelastung erst ab 1.1 .2007:
Die Grenzgängerregelung des Art. 15 Abs 4 des Abkommens (alte Fassung) wurde gestrichen. Somit liegt das Besteuerungsrecht grundsätzlich beim Ansässigkeitsstaat (also nicht nur in "Grenzgängerfällen"). Sofern die Tätigkeit allerdings im anderen Staat ausgeübt wird, hat auch der Tätigkeitsstaat Besteuerungshoheit. Eine zB in Österreich ansässige Person mit Arbeitsort in der Schweiz unterliegt daher ab in der Schweiz dem jeweiligen kantonalen Quellensteuertarif.

Gemäß Art. 23 Abs 2 des Abkommens (neue Fassung) hat auch Österreich, wenn Österreich als der Ansässigkeitsstaat (Hauptwohnsitzstaat) ermittelt wurde, das Recht, bei der Besteuerung des Welteinkommens (§ 1 EStG) auch das in der Schweiz erzielte Arbeitseinkommen zu besteuern. Die in der Schweiz bezahlte Steuer wird dabei auf die österreichische Einkommensteuer angerechnet.

Gemäß Art. 4 Z 2 lit a DBA-Schweiz gilt eine Person mit ständiger Wohnstätte in beiden Staaten als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, folglich nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man mit seiner Familie lebt (UFS RV/0274-W/06 vom ).

Für die Ansässigkeit des ***Bf*** in Österreich sprechen folgende Umstände:
a)
***Bf*** war in den Jahren 2009, 2010 und 2011, wie auch in den Jahren ab 1997, in Österreich an der Adresse ***Bf1-Adr***, mit Hauptwohnsitz gemeldet,
b) die nichtselbständige Tätigkeit in der Schweiz wurde lediglich beschränkt auf den Zeitraum Februar 2009 bis Juni 2011 (d.s. 2 Jahren und 5 Monate) ausgeübt. Danach erfolgte die Rückkehr nach Österreich.
***Bf*** ist seit Juli 2011 (wieder) bei einem österreichischen Arbeitgeber beschäftigt ("***2***"),
c)
***Bf*** war in den Jahren 2009, 2010 und 2011 (seit 2004) verheiratet und hat mit seiner Gattin in aufrechter Ehe gelebt,
d) die Gattin des
***Bf*** war in den Jahren 2009, 2010 und 2011 ganzjährig in Österreich nichtselbständig beschäftigt,
e) hinsichtlich der Zinseinkünfte aus Deutschland, "
***3***", wurde durch ***Bf*** Österreich als der Ansässigkeitsstaat benannt.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom hat das Finanzamt ***Bf*** um Beantwortung folgender Fragen ersucht:

1. Auf Grund welchen Rechtstitels bewohnen bzw. bewohnten Sie im Zeitraum der Beschäftigung in der Schweiz die Familienwohnung in ***Bf1-Adr***?
2. Laut Steueramt St. Gallen vom haben Sie im Zeitraum bis in der Schweiz über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt und in einer gemieteten Ein-(1)Zimmerwohnung
***Adr2*** gewohnt. Laut Wohnsitzbescheinigung der Stadt ***4*** waren Sie im Zeitraum bis in ***4*** gemeldet
a) in welchem genauen Zeitraum haben Sie in der Schweiz gearbeitet?
b) Bekanntgabe des Firmenstandortes und der Adresse ihres Schweizer Arbeitgebers "
***1***";
c) Vorlage einer Kopie des Mietvertrages für die Wohnung in
***Adr2***;
3. haben Sie die Wohnung in der Schweiz alleine bewohnt?
4. Angabe der Entfernung und Fahrzeit zwischen dem Wohnsitz in
***Bf1-Adr*** und dem Wohnsitz in ***4***;
5. wo haben Sie während Ihrer Tätigkeit in der Schweiz Ihre Freizeit verbracht? Von Vorteil wäre ein entsprechender Nachweis/Dokumentation über die Aufenthalte in
***Bf1-Adr*** bzw. ***4*** von Ihnen und Ihrer Ehegattin;
6. Sind Sie bzw. waren Sie im Zeitraum Ihres Aufenthaltes in der Schweiz Mitglied bei Vereinen oder Körperschaften öffentlichen Rechts (zB Kirchen oder Religionsgesellschaften) in Österreich und der Schweiz? Wenn ja, bei welchen Vereinen und Körperschaften? Bitte um Vorlage von Nachweisen(wenn vorhanden);
7. wo war(en) während Ihrer Beschäftigung in der Schweiz Ihr(e) Kraftfahrzeug(e) zugelassen?
8. in der Eingabe vom teilen Sie mit, dass sich ihr Freundes- und Bekanntenkreis in der Schweiz befunden hat. Haben Sie bzw. hatten Sie während Ihrer
Tätigkeit in der Schweiz auch einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich?
9. im Jahr 2009 haben Sie von
der ***3*** Zinserträge in Höhe von € 8.029 erhalten. Als Ansässigkeitsstaat haben Sie in diesem Zusammenhang der Bank Österreich, ***Bf1-Adr*** genannt? Aus welchem Grund habenSie der Bank gegenüber nicht die Schweiz als Ansässigkeitsstaat benannt?
Zu den Zinserträgen darf im Übrigen noch festgehalten werden:
Hinsichtlich der genannten Zinseinkünfte wäre in jedem Fall mitzuteilen, ob von den genannten Zinserträgen Erträge im Zeitraum bis und
ab oder (je nach Beschäftigung in der Schweiz) angefallen sind. Dies deshalb, da die o.a. Zinserträge während der unstrittigen Ansässigkeit in Österreich in jedem Fall in Österreich zu versteuern sind (§ 37 Abs 8 bzw. § 27a Einkommensteuergesetz);
10. Aus welchem Grund wurde die Bestätigung des Steueramtes St. Gallen erst am , also im Nachhinein, ausgestellt?
11. Sie werden noch einmal eingeladen, Ihre in der Schweiz erzielten Einkünfte für 2009 und 2010 sowie für 2011 (wenn die Tätigkeit in der Schweiz auch noch 2011 ausgeübt wurde) offenzulegen und dem Finanzamt gemeinsam mit der in der Schweiz entrichteten Steuer mitzuteilen. Auf § 184 Bundesabgabenordnung, Schätzungsbefugnis der Behörde im Fall der Nichtvorlage der angeforderten Unterlagen, darf in diesem Zusammenhang noch besonders hingewiesen werden.

Mit Schriftsatz vom hat ***Bf*** das Ersuchen um Ergänzung vom beantwortet.

Zu den Ausführungen des ***Bf*** im Schriftsatz vom wird festgehalten:
1. wie aus dem Mietvertrag vom zu ersehen ist, handelte es sich bei der Mietliegenschaft
***Adr2***, um eine Wohnung für 1 Person. Ausdrücklich festgehalten ist im Vertrag, dass es sich um keine Familienwohnung handelt;
2.
***Bf*** hat mitgeteilt, dass er während seiner Beschäftigung in der Schweiz im Durchschnitt 2/3 der Wochenenden in Österreich und lediglich 1/3 der Wochenenden in der Schweiz verbracht hat, für das Finanzamt stellt diese Gewichtung ein bedeutsames Indiz für den Mittelpunkt der Lebensinteressen des ***Bf*** in Österreich dar (überwiegende Wochenend-Freizeitaufenthalte mit der Gattin in Österreich);
3. der Freundes- und Bekanntenkreis hat sich nach den Angaben des
***Bf*** auf beide Staaten, Schweiz und Österreich (und darüber hinaus auf Deutschland) erstreckt; eine Gewichtung ist hier nicht möglich. Festzuhalten bleibt jedoch, dass nach der Lebenserfahrung der Freundes- und Bekanntenkreis dort als größer anzunehmen ist, wo beide Ehepartner auf Dauer wohnhaft sind. Der Beweis des Gegenteiles obliegt ***Bf***;
4. hinsichtlich der Zinserträge aus Deutschland teilte
***Bf*** mit, dass er eine Ummeldung des Ansässigkeitsstaates für nicht übermäßig wichtig erachtet habe, da es sich um die Zustelladresse für allfällige Kontoauszüge gehandelt habe.
Nach Ansicht des Finanzamtes stellt aber gerade die Beibehaltung einer primären Zustelladresse ein gewichtiges Indiz für den Mittelpunkt der Lebensinteressen dar;
5. zur Verwendung eines Kraftfahrzeuges (KFZ)
in der Schweiz ist festzuhalten, dass ***Bf*** lediglich von einer geplanten Einfuhr eines KFZ in die Schweiz spricht, und auch lediglich ein Gesuch um Erteilung eines "Führerausweises" vom vorgelegt wurde.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass, wie auch
***Bf*** im Schriftsatz vom selbst ausführt, ausländische Arbeitnehmer mit einer entsprechenden Zollbewilligung in der Schweiz "ihr Heimatfahrzeug" während 2 Jahren in der Schweiz benutzen dürfen. Diese Bewilligung von 2 Jahren ist im Übrigen auch verlängerbar (siehe Information der "Eidgenössischen Zollverwaltung im Internet).
Dass in der Schweiz ein ausländischer Führerschein nur für einen Zeitraum von 12 Monaten verwendet werden darf, und danach auch der Erwerb eines "Schweizer Führerausweis" notwendig wird, ist eine bloße Bestimmung des Schweizer Gesetzgebers für Fahrten in der Schweiz, da ja auf der anderen Seite der österreichische Führerschein sein Gültigkeit behält.

Für die Frage des Lebensmittelpunktes ist allein daraus nichts zu gewinnen. Für das Finanzamt ist in diesem Zusammenhang aber sehr wohl entscheidend, dass ***Bf*** nicht schon bei Beginn seiner Tätigkeit in der Schweiz im Februar 2009 die entsprechenden kraftfahrrechtlichen Schritte gesetzt hat. Hätte ***Bf*** tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt während seiner Tätigkeit in der Schweiz in die Schweiz verlegen wollen, hätte er nach Ansicht des Finanzamtes bereits zu Beginn seiner Tätigkeit auch sein Fahrzeug in die Schweiz "übersiedelt" und einen Schweizer Führerausweis erworben.
***Bf*** hatte aber lediglich nach Ablauf der durch den Schweizer Gesetzgeber gesetzten Fristen, entsprechende Veranlassungen in Zusammenhang mit dem Halten und Führen eines KFZ in der Schweiz geplant. Ob die Pläne auch umgesetzt wurden, ist aus dem Schriftsatz vom nicht zu ersehen. Das Vorbringen ist im Übrigen aber auch nicht von entscheidender Bedeutung, da ja weitere KFZ in Österreich vorhanden waren und auch eine entsprechende Lenkerberechtigung für Österreich vorgelegen hatte.

Eine über die dargestellte Nahebeziehung zu Österreich hinausgehende Nahebeziehung zur Schweiz im Sinne einer Ansässigkeit konnte daher an Hand der mit Schriftsatz vom vorgelegte Unterlagen nicht festgestellt werden.

Soweit ***Bf*** sich auf die Entscheidung des Kantonalen Steueramtes St. Gallen beruft, ist auszuführen:
Wie aus dieser Entscheidung zu ersehen ist, hat die Schweizer Behörde lediglich auf Grund der Angaben des
***Bf*** (ohne die erforderlichen eigenen Sachverhaltsermittlungen durchzuführen), dass er in der Schweiz über einen Freundes- und Bekanntenkreis verfüge, den Mittelpunkt der Lebensinteressen des ***Bf*** in den Jahren 2009 und 2010 in der Schweiz bejaht (über das Jahr 2011 wurde durch die Schweizer Behörde hingegen nicht abgesprochen). Obwohl das Steueramt in der Entscheidung dezidiert anführt, dass ***Bf*** in Österreich verheiratet ist, die Ehe aufrecht ist und die Gattin des ***Bf*** in Österreich lebt und arbeitet, wurde - ohne weiter Prüfung - der Lebensmittelpunkt des ***Bf*** in der Schweiz festgestellt. Das Finanzamt ***FA*** stellt in diesem Zusammenhang daher fest, dass auf Grund der unterbliebenen eigenen Ermittlungen und Sachverhaltsfeststellungen des Kantonalen Steueramtes St. Gallen - die Ansässigkeit der ***Bf*** wurde einzig an einen durch ***Bf*** genannten Freundes- und Bekanntenkreises festgestellt-, der Entscheidung der Schweizer Behörde nicht gefolgt werden kann. Dazu ist auch festzuhalten, dass die Entscheidung des Kantonalen Steueramtes erst am , also im Nachhinein, und nur für den Zeitraum 2009 und 2010 ausgestellt wurde.

Das Finanzamt hatte daher in den Veranlagungsverfahren 2009, 2010 und 2011 die vorhandenen Indizien für und gegen den Mittelpunkt der Lebensinteressen des ***Bf*** in Österreich abzuwägen. Das Finanzamt ist bei dieser Abwägung zu dem Schluss gekommen, dass in den Jahren 2009, 2010 und 2011 aus den angeführten Gründen eine stärkere Beziehung des ***Bf*** zu Österreich bestanden hat, sodass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des ***Bf*** im Sinne des Art. 4 Z 2 lit a DBA-Schweiz in Österreich gelegen war, und Österreich daher im Sinne der Ausführungen w.o. das Arbeitseinkommen des ***Bf*** aus der Schweiz, unter Anrechnung der in der Schweiz bezahlten Steuer, in die Besteuerung der Jahre 2009, 2010 und 2011 einzubeziehen hatte.

Zudem wurden die Einkünfte aus dem in Deutschland veranlagten Kapitalvermögen in Höhe der Mitteilung (EUZ-Kontrollmitteilung) 2009 in Ansatz gebracht.

Dagegen erhob der Bf durch seinen damaligen steuerlichen Vertreter mit Schriftsatz vom Berufung. Die Begründung und die entsprechenden Anträge würden nachgereicht, da die zu deren Ausfertigung notwendigen, umfangreichen Unterlagen noch nicht vollständig seien.

In fristgerechter Befolgung des vom Finanzamt erlassenen Mängelbehebungsauftrages vom führte der Bf mit als Ergänzung zu seiner Berufung bezeichnetem Schriftsatz vom aus, dass in den angefochtenen Bescheiden in keinem der Jahre zusätzliche Werbungskosten oder Sonderausgaben berücksichtigt worden seien. Die Kostenaufstellung liege bei. Allerdings werde insgesamt die Steuerpflicht in Österreich bestritten und daher der Antrag gestellt, die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2011 aufzuheben. 2009 seien die Zinsen aus Kapitalerträgen aufgrund der Steuerpflicht bis iHv 669 Euro (1/12 von 8.029 Euro) mit dem Steuersatz von 25 % zu besteuern.

Begründend brachte der Bf Nachstehendes vor:

Steuerliche Situation:
Hier: Verfügung über Bestand und Umfang der Steuerpflicht
(Schreiben vom Kantonalen Steueramt St. Gallen vom , RegNr.
***5***)
Laut Verfügung des Kantonalen Steueramts St. Gallen besteht die alleinige Steuerpflicht in der Schweiz. Die Basis der Verfügung besteht aus einem Befragung, der von mir ordnungs- und wahrheitsgemäß erstellt wurde. In der Verfügung ist sogar explizit vermerkt, dass eine räumliche Trennung zwischen mir und meiner Frau vorliegt. Trotzdem wird die Steuerpflicht auf den "gewöhnlichen Aufenthalt" bezogen. Die Aufenthaltsdauer per Jahr ist deutlich über dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen von 180 Tagen. Es wird sogar auf die unbeschränkte Steuerpflicht der Ehefrau unter Berücksichtigung des DBA erkannt.

Es ist schon als befremdlich zu bezeichnen, dass die österr. Steuerbehörde eine Verfügung der schweizerischen Steuerbehörde in Frage stellt. (Siehe-Schreiben vom )

Das Steueramt St Gallen hat mit Sicherheit gemäß der gelebten Praxis entschieden. Es ist davon auszugehen, dass meine Wohn-, Arbeits- und Steuersituation kein Einzelfall ist, sondern im Rahmen der grenzüberschreitenden Tätigkeiten von Arbeitnehmern aus dem EU-Raum gängige Praxis ist.

Der Einwand, dass die Verfügung erst im Nachhinein beantragt wurde, ist in der Tatsache begründet, dass ich bis zum Eintreffen der Aufforderung zur Abgabe einer Einkommenssteuererklärung durch das Finanzamt ***FA*** der Auffassung war und immer noch bin, dass für Österreich keine Einkommenssteuerpflicht besteht.

Dass diese Verfügung, sofern keine Änderungsgründe eintreten, auch für Folgejahre, also über die Jahre 2009 und 2010 hinaus Gültigkeit hat, ist wohl als selbstverständlich zu betrachten.

Naheverhältnis zum Wohnort:
Im Schreiben des Finanzamts
***FA*** vom ist zum Thema Mittelpunkt der Lebensinteressen folgende Passage zu lesen:

"Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, folglich nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort an dem man mit seiner Familie lebt."

Dazu folgen Anmerkungen: Ich bin weder in Österreich geboren, noch besitze ich die österr. Staatsbürgerschaft.
Auch war und bin ich mit meinem derzeitigen Wohnort mit keiner religiösen oder kulturellen Art verbunden. Die Wahl des Wohnortes war für mich zeitlebens geprägt von Entscheidungen, die durch die Berufsausbildung und Berufsausübung, anfangs die der Eltern, später durch meine eigenen bestimmt waren. So führten mich Schul- und Ausbildungszeiten (
***6***) quer durch Deutschland, Beschäftigungsverhältnisse ergaben sich dann im Raum ***7*** und ***8***, ***9***, ***10***, ***11***, ***12***, ***13*** und ***14***.
Der eigentliche Sinn des Lebens ist für mich an kein Staatsgebilde oder gar einen bestimmten Staat gebunden, sondern bestimmt sich an persönlichen Faktoren, die ausschließlich in meiner Privatsphäre zu suchen sind.
Eine vom Finanzamt
***FA*** angeführte Bindung an Österreich muss ich strikt verneinen. Ich fühle mich weder gesellschaftspolitisch noch persönlich an Österreich gebunden.

Aus oben genannten Gründen ist festzustellen, dass meine Freunde, Verwandte und Bekannten in allen drei Ländern leben.

Wohnsituation
Ich besitze in keinem der drei Staaten Wohneigentum.
Die Anmerkung im Schreiben des Finanzamts
***FA*** vom über die Größe bzw. Beschaffenheit der Wohnung ***Adr2***, ist als irrelevant zu betrachten, da es nicht um die Entscheidung um eine Familienwohnung handelt, sondern um die Begriffsdefinition einer "geeigneten" Wohnstätte. Diesem Begriff der "geeigneten" Wohnstätte wird allein durch die Beschaffenheit definiert. Die Wohnung besteht aus einem Wohn/Schlafbereich, einer Küche sowie einem Bad. Sie wurde von mir mit eigenen Möbeln versehen. Die Wohnung war zu keiner Zeit als "Familienwohnung" deklariert, da die "Familie" in der Schweiz aus mir und meiner Frau bestand. Für diese Konstellation hat sich die Wohnung in der Schweiz als absolut ausreichend erwiesen.

Der "gewöhnliche Aufenthalt", ***Adr2*** kann einerseits durch die tatsächliche Dauer des Aufenthaltes und die dadurch tatsächlich entstandenen Bindungen begründet werden, andererseits kann ein gewöhnlicher Aufenthalt auch durch die voraussichtliche Dauer des Aufenthaltes und die zu erwartende Integration entstehen. Ergibt sich nämlich aus den Umständen, dass ein Aufenthalt auf eine längere Zeitspanne angelegt ist und künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkts sein soll, so wird der neue gewöhnliche Aufenthalt auch ohne Ablauf einer entsprechenden Zeitspanne begründet.

Um den Zustand der geplanten zeitlichen Nachhaltigkeit des Aufenthalts bzw. ständigen Verbleibes in der Schweiz darzustellen, dienen die Kopie des Kfz-Kaufvertrages sowie die Kopie des Antrages auf eine Schweizerische Fahrerlaubnis. Der Antrag auf Ausstellung einer Schweizer Fahrerlaubnis durch mich zeigt im Gegenteil, dass es sehr wohl meine Wille war, längerfristig in der Schweiz zu bleiben.

Ich war in der seinerzeit vorliegenden Situation nicht mehr berechtigt, Fahrten mit den Firmenfahrzeugen der ***1***, sowie berufsbedingte Fahrten mit meinem eigenen Fahrzeug durchzuführen. Eine Umschreibung des Führerscheins bzw. eine Ummeldung der Fahrzeuge zu Beginn der Arbeitsaufnahme schien nicht angezeigt, da zu Anfang beim neuen Arbeitgeber eine Probezeit zu absolvieren war.

Als weiteres Indiz zur längerfristig geplanten Bindung an die Schweiz dient weiter der beigefügte Kaufvertrag über einen PKW. Dieser PKW wurde extra mit der Schweizer Adresse bestellt um ihn dann in der Schweiz zulassen zu können. Andernfalls hätte ich den PKW nicht für berufsbedingte Fahrten verwenden dürfen.

Auch der Umstand, eine eigene Schweizerische Mobil Telefonnummer zu besitzen und dieses mittels einer Schweizerischen Visitenkarte kundzutun, weist deutlich in die Richtung, dass eine langfristige Bindung in die Schweiz geplant war.

Die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhte auf einer persönlichen Entscheidung meinerseits, war allerdings keinesfalls vorher absehbar bzw. von vornherein geplant.

Im Vorfeld der Arbeitsaufnahme in der Schweiz hatte ich Erkundigungen bei der Gebietskrankenkasse über Versicherungsmöglichkeiten eingeholt. Hier wurde mir mitgeteilt, dass ich mit einer Arbeitsaufnahme im Ausland in Österreich nicht mehr versicherbar sein. Ein Verständnis für eine Steuerpflicht als Nichtinländer in Österreich, bleibt mir verwehrt.

Nach meinem Verständnis kann der Mittelpunkt des Lebensinteresses in meinem Fall nicht in Österreich gesehen werden. (Keine Kinder, kaum Bindung etc.)
Die vom Finanzamt
***FA*** gesehenen Anknüpfungspunkte gelten auch für die Schweiz und Deutschland. Daher ist lt. DBA der Ort der Steuerpflicht an den gewöhnlichen Aufenthaltsort geknüpft. Dies ist unzweifelhaft die Schweiz. Hier sind sämtliche Steuerschulden (siehe Steuererklärungen CH) beglichen.

Abschließend beantragte der Bf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Berufungssenat.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und beantragte nach ausführlicher Stellungnahme zur Berufung deren Abweisung unter Berücksichtigung der erstmalig geltend gemachten Werbungskosten bzw. Sonderausgaben im näher dargestellten Umfang.

Gemäß § 323 Abs. 38 1. Satz BAO idF FVwGG 2012, BGBl I Nr. 14/2013, sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Über Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes legte der Bf eine korrigierte Aufstellung seiner Werbungskosten und Sonderausgaben samt belegmäßigem Nachweis vor. Die Amtspartei hat keine Bedenken gegen die von der Richterin dargelegte Anerkennung der Werbungskosten und Sonderausgaben geäußert.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Folgender Sachverhalt ergibt sich aus dem vom Finanzamt vorgelegten Veranlagungsakt und den im Ermittlungsverfahren des Bundesfinanzgerichtes vom Bf vorgelegten Unterlagen:

Der Bf ist deutscher Staatsbürger. Laut Zentralem Melderegister ist er seit 1997 durchgängig an der Adresse ***Bf1-Adr***, mit Hauptwohnsitz gemeldet, wo er mit seiner Ehegattin (Verehelichung 2004) im gemeinsamen Haushalt lebte und lebt. Die Ehewohnung (ca. 100 m2) wird vom Neffen der Gattin prekaristisch zu Verfügung gestellt. Der Bf ist kinderlos.

Der Bf stand von bis in einem Dienstverhältnis mit der Firma ***15***. Im Zeitraum bis war er bei der Fa. ***1*** in der Schweiz beschäftigt und erzielte dort Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er verfügte in der Schweiz über eine Aufenthaltsbewilligung "B". Laut Wohnsitzbescheinigung war er im Zeitraum bis ***Adr2*** der Schweiz gemeldet und wohnhaft. Laut Mietvertrag bewohnte er in der Nähe seines Arbeitsplatzes eine 1-Zimmer-Wohnung für eine Person in ***Adr2*** (Mietbeginn , feste Vertragsdauer 1 Jahr, erstmals kündbar per , 3 Monate auf jedes Monatsende; ausgenommen 31. Dezember). Die Wohnungsgröße betrug nach den Angaben des Bf ca. 32 m². Die Ehegattin des Bf war in diesem Zeitraum weiterhin in Österreich an oben angeführter Adresse (gemeinsam mit ihren erwachsenen Kindern) wohnhaft und während des gesamten Zeitraums in Österreich nichtselbständig beschäftigt.

Ab Juli 2011 stand der Bf wieder in Österreich in einem Dienstverhältnis (Fa. ***2***).

In der Verfügung über Bestand und Umfang der Steuerpflicht vom anerkannte das Kantonale Steueramt St. Gallen, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf in der Schweiz befinde und dadurch im Kanton St. Gallen unbeschränkt steuerpflichtig sei. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstrecke sich auf das gesamte eheliche Einkommen und Vermögen im In- und Ausland (internationale Steuerausscheidung unter Ehegatten) unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens Schweiz-Österreich. Diesen Entscheid begründete das Kantonale Steueramt damit, dass der Bf im Zeitraum bis über eine Aufenthaltsbewilligung "B" verfüge und in einer gemieteten 1-Zimmerwohnung in der ***Adr2*** wohne. Die Ehefrau lebe und arbeite in Österreich. Es komme gemäß den Angaben des Bf zu ein bis zwei gegenseitigen Besuchen im Monat. Es bestehe lediglich eine räumliche Trennung zur Ehegattin. Die Ehe werde noch gelebt. Laut Angaben des Bf lebe und arbeite die Ehefrau in Österreich im Gastgewerbe. Mit dem Schweizer Domizil verbinde den Bf neben seiner Arbeitsstelle bei der "***1***" der Freundes- und Bekanntenkreis. Der Bf habe aufgrund dessen seinen Lebensmittelpunkt und damit seinen steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz.

Nach den Angaben des Bf verbrachte er in diesem Zeitraum im Mittel 2/3 der Wochenenden in Österreich und 1/3 der Wochenenden in der Schweiz. Bei Besuchen der Ehegattin in der Schweiz nächtigte sie in seiner Wohnung.

Laut EKIS-Anfrage des Finanzamtes vom waren im Zeitraum Februar 2009 bis Juni 2011 in Österreich ein PKW ***16***), bis zum ein PKW ***17*** und ab ein PKW ***18*** sowie ab ein Motorrad ***19*** auf den Bf zugelassen. Weiters wurden ein PKW-Anhänger am abgemeldet und ein neuer PKW-Anhänger am gleichen Tag angemeldet.

In der Schweiz war kein Kraftfahrzeug auf den Bf zugelassen.

Die einfache Fahrtstrecke zwischen der Ehewohnung und der Wohnung des Bf in der Schweiz betrug rund 300 km, die Fahrtzeit mit dem PKW betrug zwischen 3,5 und 4 Stunden.

Nach den Angaben des Bf bestand ein weiterer Wohnsitz in Deutschland (kein Wohneigentum). In allen drei Staaten leben Freunde, Verwandte und Bekannte des Bf.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1 Besteuerungsrecht/Mittelpunkt der Lebensinteressen

• Innerstaatliches Recht

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Nach § 26 Abs. 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

• Schweizer Recht

Gemäß Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) vom idgF sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben. Gemäß Abs. 2 dieser Norm hat eine Person einen steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz, wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält oder wenn ihr das Bundesrecht hier einen besonderen gesetzlichen Wohnsitz zuweist.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 erster Halbsatz DBG ist die Steuerpflicht bei persönlicher Zugehörigkeit unbeschränkt.

• Zwischenstaatliches Steuerrecht

Gemäß Art. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) gilt dieses Abkommen für Personen, die in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten ansässig sind.

Gemäß Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz bedeutet im Sinne dieses Abkommens der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt gemäß Art. 4 Abs. 2 DBA-Schweiz Folgendes:

a) Die Person gilt als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

b) Kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragsstaat die Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

c) Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragsstaaten oder in keinem der Vertragsstaaten, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz dürfen - vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 - Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA-Schweiz darf Österreich ungeachtet des Absatzes 1 Einkünfte im Sinne des Artikels 15 Absatz 1 sowie Einkünfte im Sinne des Artikels 19 (ausgenommen Ruhegehälter), die eine in Österreich ansässige Person aus ihrer in der Schweiz ausgeübten Arbeit aus öffentlichen Kassen der Schweiz bezieht, besteuern. Bezieht eine in Österreich ansässige Person unter Artikel 10, 15 und 19 fallende Einkünfte, die nach diesem Abkommen in der Schweiz und in Österreich besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht; der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt.

Da Doppelbesteuerungsabkommen bloß eine Schrankenwirkung insofern entfalten, als sie eine sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebende Steuerpflicht begrenzen, ist zunächst nach innerstaatlichem Recht zu prüfen, ob für die Streitjahre unbeschränkte Steuerpflicht besteht. Die Frage, ob eine Person in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, richtet sich nicht nach Doppelbesteuerungsabkommen, sondern ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften (vgl. mwN).

Wer in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, regelt § 1 Abs. 2 EStG 1988. Demnach sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig.

Ein Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO erfordert, dass der Steuerpflichtige die Wohnung "innehat", sie also jederzeit für die eigenen Wohnbedürfnisse nutzen kann. Dieses "Innehaben" muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Maßgebend sind dabei jeweils die tatsächlichen Verhältnisse, entscheidend ist die tatsächliche Verfügungsmacht (vgl. zB ; ).

Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum (z.B. am Einfamilienhaus), Wohnungseigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht (§ 521 ABGB), aber auch familienrechtliche Ansprüche (z.B. des Ehegatten, vgl. auch § 97 ABGB) in Betracht. Eine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ist nicht nötig (vgl. ).

Das Bestehen eines Wohnsitzes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs steuerrechtlich stets an die objektive Voraussetzung des Besitzes, gleichbedeutend mit dem Innehaben, einer Wohnung geknüpft. Der Wohnsitzbegriff des Steuerrechtes knüpft an die tatsächliche Gestaltung der Dinge an. Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderungen jederzeit zum Wohnen benutzt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (vgl. zB ).

Der Bf ist seit 1997, gemeinsam mit seiner Ehefrau, an der Adresse ***Bf1-Adr***, mit Hauptwohnsitz gemeldet. Es ist unstrittig, dass mit der der Ehegattin von deren Neffen prekaristisch überlassene Familienwohnung, die vom Bf auch im Streitzeitraum regelmäßig genutzt wurde, ein inländischer Wohnsitz des Bf vorlag. Damit war der Bf in den Beschwerdejahren in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

Der Bf verfügte im Zeitraum Februar 2009 bis Juni 2011 mit seiner Mietwohnung auch in der Schweiz über einen steuerrechtlichen Wohnsitz. Er unterlag damit in der Schweiz der unbeschränkten Steuerpflicht.

In einem weiteren Schritt ist daher zu prüfen, ob die sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebende Steuerpflicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird. Da sich der Begriff "Wohnsitz" im Sinne des § 26 BAO und der Begriff "ständige Wohnstätte" im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DBA-Schweiz decken (siehe dazu zB Jakom/Marschner EStG, 2021, § 1 Rz 19), ist somit gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA-Schweiz zu ermitteln, zu welchem Vertragsstaat der Bf die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen gehabt hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen. Unter letzteren sind all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz hat. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements. Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist (vgl. etwa ; ; ). Bei der Prüfung der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen für die Bestimmung des Mittelpunkts der Lebensinteressen sind grundsätzlich allein objektive Kriterien von Bedeutung, subjektive Absichten und Erklärungen einer Person sind demgegenüber unbeachtlich ().

Die stärkste persönliche Beziehung besteht im Regelfall zu dem Ort, an dem jemand regelmäßig mit seiner Familie lebt. Diese Annahme setzt die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen voraus (vgl. zB ; ; ).

Begründet eine Person in einem Staat eine Wohnstätte, ohne ihre im anderen Staat schon bestehende Wohnstätte aufzugeben, so kann die Tatsache, dass sie die erste Wohnstätte beibehält, wo sie bisher gelebt und gearbeitet hat und wo sie ihre Familie und ihren Besitz hat, zusammen mit anderen Gesichtspunkten dafür sprechen, dass sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im ersten Staat beibehalten hat. Eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit lässt den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann im Inland bestehen, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber beibehalten wird (vgl. zB ; ).

Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen (vgl. ; ).

Im gegenständlichen Fall ist unzweifelhaft, dass der Bf im Streitzeitraum auf Grund seiner nichtselbständigen Tätigkeit in der Schweiz die engeren wirtschaftlichen Beziehungen zur Schweiz hatte.

Nach den Angaben des Bf erstreckte sich der Freundes- und Bekanntenkreis auf beide Staaten (und darüber hinaus auf Deutschland). Auch Verwandte lebten in diesen drei Staaten. Bereits das Finanzamt hat im bekämpften Bescheid festgehalten, dass nach der Lebenserfahrung der Freundes- und Bekanntenkreist dort als größer anzunehmen ist, wo beide Ehepartner auf Dauer wohnhaft sind. Dem hat der Bf nicht Substantiiertes entgegnet.

Der Bf behauptet auch nicht, dass in der Schweiz stärkere verwandtschaftliche Beziehungen bestanden hätten als in Österreich.

Für Österreich fällt ins Gewicht, dass hier die in Österreich berufstätige Ehefrau (im Streitzeitraum noch mit den erwachsenen Kindern der Ehefrau) in der gemeinsamen Ehewohnung - seine in Österreich gelegene ständige Wohnstätte - lebte und der Bf nach seinen Angaben hier 2/3 der Wochenenden verbrachte. Die Ehefrau besuchte den Bf auch in der Schweiz, 1/3 der Wochenenden wurden dort verbracht. Der Mittelpunkt der Familie lag damit weiterhin klar in Österreich.

Dazu kommt, dass in Österreich zumindest ein PKW, bis und wiederum ab zwei PKW auf den Bf zugelassen waren, am ein Motorrad auf den Bf zugelassen wurde sowie ein PKW-Anhänger am abgemeldet und ein neuer angemeldet wurde. Dies sind eindeutige Indizien für engere persönliche Beziehungen zu Österreich.

Dagegen verzichtete der Bf auf die Anmeldung eines PKW in der Schweiz. Er machte von der Regelung Gebrauch, wonach ausländische Arbeitnehmer, mit entsprechender Zollbewilligung ihr Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen während 2 Jahren in der Schweiz benützen dürfen, wobei diese Bewilligung verlängerbar ist. Wie der Rechnung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamtes St. Gallen vom zu entnehmen ist, stellte die Schweizer Behörde am eine Bestätigung Wochenaufenthalter, ***16***, gültig bis aus. Die vom Bf behauptete geplante Einfuhr in die Schweiz des im Jänner 2011 in Österreich (unter Angabe seiner Schweizer Adresse) gekauften ***18*** (Liefertermin KW 24) erfolgte jedenfalls nicht (mehr); dieser PKW wurde am in Österreich zugelassen. Indizien für den Mittelpunkt der Lebensinteressen in der Schweiz stellen diese Umstände nicht dar. Gleiches gilt für die aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorzunehmende (beantragte) Umschreibung des Führerscheines.

Es zeugt auch nicht von einer ausgeprägten Bindung zur Schweiz, wenn der Bf sein dortiges Dienstverhältnis nach 2 Jahren und 5 Monaten zugunsten eines neuen (langjährigen) Dienstverhältnisses in Österreich beendete und seinen Schweizer Wohnsitz wieder aufgab.

Dem Umstand, dass der Bf eine schweizerische Mobiltelefonnummer besaß und dies einer schweizerischen Visitenkarte zu entnehmen war, ist keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Im Übrigen ist auf der Visitenkarte auch eine österreichische Mobiltelefonnummer angeführt.

Nach einer Abwägung der Gesamtheit der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen des Bf zu den beiden Vertragsstaaten gelangt das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung gem. § 167 Abs. 2 BAO zu dem Ergebnis, dass im Zeitraum Februar 2009 bis Juni 2011 die persönlichen Beziehungen zu dem Ort stärker waren, wo der Bf durchgehend mit seiner Ehegattin lebte, als zu dem Ort, an dem der Bf nur vorübergehend arbeitete. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf lag daher in Österreich. Folglich war er in Österreich ansässig.

Die vorliegende Verfügung des Kantonalen Steueramtes St. Gallen, in der der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf in der Schweiz anerkannt wird, ist nicht geeignet diese Auffassung zu widerlegen. Obwohl das Steueramt ausführt, dass der Bf in Österreich verheiratet sei, die Ehe gelebt werde, die Gattin in Österreich lebe und arbeite, stellte es ohne weitere Prüfung den Lebensmittelpunkt in der Schweiz fest, weil den Bf mit seinem Schweizer Domizil neben seiner Arbeitsstelle sein Freundes- und Bekanntenkreis verbinde. Das Bundesfinanzgericht vermag nicht zu erkennen, dass dieser auf den Angaben des Bf beruhenden Entscheidung ein genügend erhobener Sachverhalt und eine Gesamtabwägung aller in der Schweiz und in Österreich vorliegenden Umstände zur Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen zugrunde lag. Dieser Entscheidung kann daher nicht gefolgt werden.

Auch aus dem Vorbringen des Bf, der eigentliche Sinn des Lebens sei für ihn an kein Staatsgebilde oder gar an einen bestimmten Staat gebunden, sondern bestimme sich an persönlichen Faktoren, die ausschließlich in seiner Privatsphäre zu suchen seien - eine vom Finanzamt angeführte Bindung an Österreich müsse er strikt verneinen, er fühle sich weder gesellschaftspolitisch noch persönlich an Österreich gebunden - ist nichts für den Bf zu gewinnen. Das DBA-Schweiz überlässt es nämlich nicht der Beurteilung des Steuerpflichtigen, welchen Wohnsitz er als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen bezeichnet, sondern stellt auf die stärksten persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ab, deren Vorliegen nur anhand objektiv feststellbarer Umstände beurteilt werden kann (vgl. ). Subjektive Absichten und Erklärungen einer Person sind nur beachtlich, wenn sie nach außen hin in Erscheinung treten, also für Außenstehende objektiv erkennbar sind.

Da der Mittelpunkt der Lebensinteressen im gegenständlichen Fall eindeutig bestimmbar war, kommt die subsidiäre Regelung des Art. 4 Abs. 2 lit. b DBA Schweiz, wonach bei nicht bestimmbarem Mittelpunkt der Lebensinteressen eine Person in jenem Vertragsstaat als ansässig gilt, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, nicht zur Anwendung.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf lag somit im strittigen Zeitraum in Österreich. Ansässigkeitsstaat gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA-Schweiz war Österreich und damit zur Besteuerung des Welteinkommens (§ 1 EStG Abs. 2 1988) berechtigt.

Gemäß Art. 15 DBA-Schweiz steht grundsätzlich der Schweiz das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu, wenn eine Person in Österreich ansässig ist und in der Schweiz arbeitet. Allerdings darf Österreich gemäß Artikel 23 Abs. 2 DBA Schweiz diese Einkünfte unter Anrechnung der in der Schweiz bezahlten Steuer bei der Besteuerung des Welteinkommens miteinbeziehen.

Die von der unbeschränkten Steuerpflicht mitumfassten Kapitaleinkünfte aus dem in Deutschland veranlagten Kapitalvermögen sind vom Finanzamt zu Recht in Höhe der für das Jahr 2009 vorliegenden EUZ-Kontrollmitteilung in Ansatz gebracht worden. Aufgrund der zum Zeitpunkt der Veranlagung 2011 noch nicht vorliegenden EUZ-Kontrollmitteilung sind im Jahr 2011 Kapitalerträge iHv 60 Euro zu berücksichtigen.

Die Beschwerde war daher in diesem Punkt abzuweisen.

2.2 Werbungskosten

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Gem. § 16 Abs. 1 Z 3 lit. f EStG 1988 sind Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden abzugsfähig.

Nach § 16 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 sind Werbungskosten auch Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung, die einer inländischen Sozialversicherung entspricht.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschalbeträgen nach lit. b und c alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Nach § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 sind Werbungskosten Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung (§§ 7 und 8).

Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 idgF sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemisst sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung. Wird das Wirtschaftsgut im Wirtschaftsjahr mehr als sechs Monate genutzt, dann ist gemäß § 7 Abs. 2 EStG 1988 der gesamte auf ein Jahr entfallende Betrag abzusetzen, sonst die Hälfte dieses Betrages.

Gemäß § 13 erster Satz EStG 1988 idgF können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut 400 Euro nicht übersteigen (geringwertige Wirtschaftsgüter).

§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bestimmt, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.

Weiters dürfen nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

Gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 ist für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen. Dies gilt nicht, wenn diese Einkünfte den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag (§ 33 Abs. 6 und § 57 Abs. 4) begründen. Der Abzug des Pauschbetrages darf nicht zu einem Verlust aus nichtselbständiger Arbeit führen. Ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag sind abzusetzen:

- Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 3 mit Ausnahme der Betriebsratsumlagen

- Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 4 und 5

- der Pauschbetrag gemäß Abs. 1 Z 6

- dem Arbeitnehmer für den Werkverkehr erwachsende Kosten (Abs. 1 Z 6 letzter Satz) und

- Werbungskosten im Sinne des Abs. 2.

Die erstmals im Beschwerdeverfahren beantragten Werbungskosten wurden nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht und sind wie folgt zu berücksichtigen:

Die in der Schweiz geleisteten Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung iHv 2.226,13 Euro (2009), 2.667,00 Euro (2010) und 1.507,17 Euro (2011), die Aufwendungen für den B-Ausweis im Jahr 2009 iHv 45,11 Euro sowie für Berufsverbände von jeweils 96 Euro sind als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Weiters lag im gegenständlichen Fall liegt unstrittig ein steuerlich anzuerkennender Doppelwohnsitz vor. Die am Tätigkeitsort angemietete Wohnung (ca. 32 m2) entsprach hinsichtlich der Größe und der Miethöhe den höchstgerichtlichen Vorgaben einer zweckentsprechenden Wohnung am Beschäftigungsort. Die Aufgabe des Familienwohnsitzes in Österreich konnte vom Bf aufgrund der Berufstätigkeit seiner Frau und der damit verbundenen steuerlich relevanten Erwerbseinkünfte ebensowenig zugemutet werden wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz (einfache Fahrtstrecke rund 300 km).

Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung können unvermeidbare Mehraufwendungen als Werbungskosten abgesetzt werden. Somit sind die Mietkosten iHv 4.523,77 Euro (2009), 5.419,67 Euro (2010) und 3.062,75 Euro (2011), die Stromkosten iHv 470,98 Euro (2009), 564,26 Euro (2010) und 318,87 Euro (2011) sowie die Kosten für Heizung und Wasser iHv 298,50 Euro (2009), 357,61 Euro (2010) und 202,09 Euro (2011) absetzbar.

Weiters können im Jahr 2009 Tisch und Garderobe (298 Euro), der Staubsauber (48,29 Euro) sowie die Schilder (18,57 Euro) als geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 13 EStG) sofort abgesetzt werden.

Die Anschaffungskosten des Teppichs (853,98 Euro) sowie des Schlafsofas (1.187,32 Euro) sind dagegen gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 iVm § 7 EStG 1988 über die Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen. Bei diesen Gegenständen wird in der Praxis von einer Nutzungsdauer von zehn Jahren ausgegangen, sodass 2009 und 2010 für den Teppich eine AfA von 85,40 und für das Schlafsofa von 118,73 anzusetzen ist. Nach Beendigung der Tätigkeit in der Schweiz am lag eine beruflich veranlasste Nutzung dieser Einrichtungsgegenstände nicht mehr vor. Im Jahr 2011 ist daher lediglich eine Halbjahres-AfA iHv 42,70 Euro für den Teppich und iHv 59,37 Euro zu berücksichtigen.

Weiters sind die Kosten für Familienheimfahrten absetzbar. Der Bf hat in seiner Vorhaltsbeantwortung vom Fahrtkosten für 38 Fahrten im Jahr 2009 (9.576 Euro), für 40 Fahrten im Jahr 2010 (10.080 Euro) und für 38 Fahrten im Jahr 2011 (9.576 Euro) geltend gemacht. Aufzeichnungen dazu wurden nicht vorgelegt. Die Anzahl der in den Jahren 2009 und 2010 geltend gemachten Familienheimfahrten ist als glaubwürdig zu beurteilen und steht mit dem Vorbringen des Bf, wonach rund 2/3 der Wochenenden in Österreich verbracht wurden, im Einklang. Dies trifft auf das Jahr 2011 nicht zu. Im Hinblick darauf, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Familienheimfahrten eingeschränkt ist, kann auf die Erörterung der Frage, wieviel Fahrten als glaubwürdig anzusehen sind, jedoch verzichtet werden. Dass dem Bf 2011 jedenfalls Fahrtkosten im höchstens abzugsfähigen Umfang (siehe unten) entstanden sind, wird nämlich nicht angezweifelt.

Die Kosten für Familienheimfahrten sind nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 ausdrücklich der Höhe nach begrenzt. Sie sind nur insoweit abzugsfähig, als sie das höchste Pendlerpauschale nicht übersteigen. Das höchste Pendlerpauschale betrug nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 idgF in den Jahren 2009 und 2010 3.372 Euro und im Jahr 2011 3.672 Euro. Dabei handelt es sich um Jahresbeträge, die entsprechend der Dauer der auswärtigen Berufstätigkeit zu aliquotieren sind.

Die auswärtige Berufstätigkeit des Bf umfasste 2009 11 Monate, 2010 12 Monate und 2011 6 Monate. Dementsprechend sind 2009 3.091,00 Euro (3.372/12*11), 2010 3.372,00 Euro und 2011 1.836,00 Euro (3.672/12*6) als Aufwendungen für Familienheimfahrten anzuerkennen.

Damit sind auch die geltend gemachten Gebühren für die Straßenbenützung Schweiz abgegolten bzw. sind sie hinsichtlich Fahrten zwischen Wohnort in der Schweiz und Arbeitsstätte nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten.

Das Werbungskostenpauschale nach § 16 Abs. 3 EStG iHv 132 Euro kann nicht zusätzlich berücksichtigt werden. Die Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten und den B-Ausweis sind auf das Werbungskostenpauschale anzurechnen. Da diese nachgewiesenen Werbungskosten höher sind als das Pauschale sind diese anzusetzen (vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 16 Tz 217).

Im Ergebnis sind die nachfolgend angeführten Werbungskosten (in Euro) zu berücksichtigen:


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2009
2010
2011
Doppelte Haushaltsführung:
Miete
4.523,77
5.419,67
3.062,75
Strom
470,98
564,26
318,87
Heizung/Wasser
298,50
357,61
202,09
Tisch/Garderobe
298,00
Staubsauger
48,29
Schilder
18,57
AfA Teppich
85,40
85,40
42,70
AfA Schlafsofa
118,73
5.862,24
118,73
6.545,67
59,37
3.685,78
Familienheimfahrten
3.091,00
3.372,00
1.836,00
Gebühr B-Ausweis
45,11
WK, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte lt. Erk.
8.998,35
9.917,67
5.521,78
Sonst. WK ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag lt. Bescheid
6.527,94
7.684,51
5.586,64
Pflichtbeiträge Krankenvers.
2.226,13
2.667,00
1.507,17
Berufsverbände
96,00
96,00
96,00
Sonst. WK ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag lt. Erk.
8.850,07
10.447,51
7.189,81


Der Beschwerde war in diesem Punkt somit teilweise stattzugeben.

2.3 Sonderausgaben

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idgF sind ua. Beiträge und Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Kranken- Unfall- oder PensionsversicherungLebensversicherungen bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Nach § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 idgF wird in Ergänzung des Abs. 1 bestimmt, dass für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen ein einheitlicher Höchstbetrag von 2 920 Euro jährlich besteht.

Sind diese Ausgaben insgesamt niedriger als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel der Ausgaben, mindestens aber der Pauschbetrag nach Abs. 2, als Sonderausgaben abzusetzen, gleich hoch oder höher als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel des Höchstbetrags als Sonderausgaben abzusetzen (Sonderausgabenviertel). Beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 36 400 Euro, so vermindert sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 60 000 Euro ein absetzbarer Betrag in Höhe des Pauschbetrages nach Abs. 2 ergibt.

Die Ausgaben für Unfallversicherung iHv jeweils 529,24 Euro für die Jahre 2009 bis 2011 sind gem. § 18 Abs. 7 2 EStG 1988 als Sonderausgaben anzuerkennen und im nach § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 idgF vorgesehenen Umfang absetzbar.

Der Beschwerde war in diesem Punkt stattzugeben.

2.4 Antrag auf Senat und mündliche Verhandlung

Gemäß § 272 BAO (§ 282 in der zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung maßgeblichen Fassung) obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies ua in der Beschwerde (Berufung), im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung beantragt wird. Gleiches gilt für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 Abs. 1 BAO bzw. § 284 Abs. 1 BAO in der zum Zeitpunkt der Berufungseinbringung maßgeblichen Fassung) Es genügt nicht, dass ein solcher Antrag in einem (die Beschwerde/Berufung) ergänzenden Schriftsatz gestellt wird (vgl. zu § 284 Abs. 1 BAO aF zB ; ).

Im gegenständlichen Fall wurde ein derartiger Antrag in der Berufung (nunmehr Beschwerde) vom nicht gestellt. Ein derartiger Antrag wurde erst im als Ergänzung zur Berufung bezeichneten Schriftsatz vom gestellt. Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einer Entscheidung durch den Senat besteht daher nicht. Es bestand auch kein Anlass ein derartiges Verfahren von Amts wegen durchzuführen. Im Übrigen wurde dem Bf sowohl im Verfahren vor dem Finanzamt als auch in jenem vor dem Bundesfinanzgericht ausreichend Gelegenheit gegeben seinen Standpunkt zu erläutern.

Insgesamt war spruchgemäß zu entscheiden.

2.5 Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor. Das Bundesfinanzgericht folgt der im Erkenntnis dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Im Übrigen sind Tatfragen, die nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beantworten sind, einer (ordentlichen) Revision nicht zugänglich ist.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 4 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 23 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 4 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 15 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100617.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at