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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.08.2021, RV/5101174/2018

Wird eine Abgabe nicht zum Fälligkeitstag entrichtet, ist der Säumniszuschlag grundsätzlich verwirkt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache Ing. ***1***, ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Mit Bescheid vom wurde gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf) ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 153,36 € festgesetzt, weil er die Einkommensteuer 2014 iHv 7.668,25 € nicht fristgerecht bis entrichtet hatte.

In der gegen diesen Bescheid am erhobenen Beschwerde beantragte der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die Einkommensteuererklärung 2014 sei am eingereicht worden und habe zu einer Zahllast von 24.109,00 € geführt. Die Einkommensteuererklärung 2015 sei am eingereicht worden und habe zu einer Gutschrift von 7.917,00 € geführt. Die Veranlagung 2014 sei am erfolgt, jene des Jahres 2015 erst am . Für den Bf sei nicht erkennbar, weshalb jenes Jahr, welches zu einer Nachzahlung geführt habe, sofort veranlagt worden sei, dagegen jenes, welches eine Gutschrift ausweise, erst Monate später erledigt worden sei. Der Bf habe zudem am eine freiwillige Vorauszahlung in Höhe von 10.000,00 € auf die Einkommensteuer 2014 geleistet und sei davon ausgegangen, dass die Gutschrift 2015 zur Tilgung der Zahllast 2014 verwendet werden könne. Durch die Entscheidung des Finanzamtes, das Jahr 2015 über einen längeren Zeitraum hinweg unerledigt zu lassen, sei dem Bf ein wirtschaftlicher Nachteil entstanden, weshalb er um antragsgemäße Erledigung ersuche.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt diese Beschwerde als unbegründet ab. Eingangs verwies es auf § 217 Abs. 1 BAO. Werde eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, trete mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß § 217 Abs. 4 BAO hinausgeschoben werde.

Zur Abdeckung von Abgabenschulden kämen neben den zugelassenen Entrichtungsarten (§ 211 BAO) auch selbst berechnete Gutschriften von Selbstbemessungsabgaben wie z.B. der Überschuss einer Umsatzsteuervoranmeldung oder Gutschriften aus Bescheiden in Betracht.

Gutschriften aus Bescheiden würden idR mit dem Tag der Bekanntgabe (Zustellung) der betreffenden Bescheide wirksam.

Maßgeblich seien die tatsächlich durchgeführten Gutschriften und Lastschriften und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen (; , 2009/16/0311; , 2009/15/0095).

Im gegenständlichen Fall sei der Rückstand aus der Einkommensteuerveranlagung 2014 bis auf 7.917,00 € zeitgerecht entrichtet worden. Da die Entrichtung des restlichen Betrages mit Fälligkeit erst mit der Gutschrift aus der Einkommensteuerveranlagung 2015 am (nach Überprüfung der Erklärungsdaten) erfolgt sei, sei zwingend ein Säumniszuschlag festzusetzen und die Beschwerde daher abzuweisen gewesen.

Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass durch die Einbringung eines zeitgerechten Ansuchens um Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO (Stundung) der Säumniszuschlag zu verhindern gewesen wäre.

Mit Vorlageantrag vom ersuchte der Bf, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend zur Begründung vom sei anzumerken, dass er die Hoffnung hege, dass die Oberbehörde die verlangsamte Veranlagungspraxis in Gutschriftsfällen evaluiere.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Aktenteilen, dem Vorbringen der steuerlichen Vertretung des Bf, dessen Abgabenkonto sowie Abfragen der Finanzamtsdatenbanken.

Rechtslage:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht getilgten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Entscheidend für die Verwirkung eines Säumniszuschlages ist daher, dass eine Abgabe nicht rechtzeitig, d.h. nicht spätestens am Fälligkeitstag, entrichtet wird, wobei grundsätzlich unbeachtlich ist, wodurch die Säumnis ausgelöst wurde (vgl. aber § 217 Abs. 7 BAO).

§ 211 Abs. 1 BAO regelt den Zeitpunkt der Entrichtung für bestimmte Entrichtungsformen. Eine Abgabenschuld kann aber auch durch nicht in § 211 BAO genannte Entrichtungsarten, wie z.B. durch die Verwendung von Gutschriften aus Bescheiden, entrichtet werden.

Gutschriften aus Bescheiden werden idR mit dem Tag der Bekanntgabe (Zustellung) des betreffenden Bescheides wirksam (Ritz, BAO6, § 211 Tz 13 f).

Der Verwaltungsgerichtshof führte zur Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung eines (auf dem Abgabenkonto tatsächlich nicht mehr bestehenden) Guthabens aus, dass ein rückzahlbares Guthaben eines Abgabepflichtigen für diesen erst dann entstehe, wenn auf seinem Steuerkonto die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften übersteige. Dabei komme es nicht auf die Gutschriften an, welche die Abgabenbehörde nach Auffassung des Abgabepflichtigen hätte durchführen müssen, sondern auf die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Gutschriften ().

Erwägungen:

Der Bf geht erkennbar davon aus, dass wegen der nahezu gleichzeitigen Einreichung der Einkommensteuererklärungen 2014 und 2015 diese auch gleichzeitig hätten erledigt werden müssen, weshalb er berechtigterweise davon ausgehen durfte, zumindest einen Teil der Einkommensteuernachforderung 2014 mit der Einkommensteuergutschrift 2015 abdecken zu können.

Tatsächlich aber erging der (eine Nachforderung ausweisende) Einkommensteuerbescheid 2014 am , der (eine Gutschrift ausweisende) Einkommensteuerbescheid 2015 jedoch erst am und damit geraume Zeit nach Fälligkeit der Einkommensteuernachforderung 2014 am . Mangels ausreichenden Guthabens konnte daher die Einkommensteuer 2014 zum Fälligkeitstag nicht zur Gänze entrichtet werden und wurde für den offen gebliebenen Teilbetrag von 7.668,25 € der nunmehr angefochtene Säumniszuschlag vorgeschrieben.

Dass trotz gleichzeitiger Einreichung zweier Abgabenerklärungen diese nicht auch gleichzeitig bearbeitet werden (können), kann auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen sein. Da es aufgrund eingeschränkter personeller Kapazitäten in den Finanzämtern nicht möglich ist, sämtliche Abgabenerklärungen einer umfassenden und lückenlosen Überprüfung zu unterziehen, werden in der Regel bestimmte, vordefinierte Kriterien erfüllende oder auffällige Abgabenerklärungen ausgewählt und diese eingehender geprüft.

Im vorliegenden Fall ergab eine Einsichtnahme in die Finanzamtsdatenbank, dass im Kalenderjahr 2015 sowohl eine Betriebsaufgabe zum als auch die erstmalige Beantragung eines Pendlerpauschales angemerkt waren. Diese Anmerkungen indizierten offenbar eine Überprüfung der Einkommensteuererklärung 2015.

Auch das Finanzamt verwies in der Beschwerdevorentscheidung vom darauf, dass die Einkommensteuerveranlagung 2015 am nach Überprüfung der Erklärungsdaten erfolgt sei.

Dessen ungeachtet wäre es Sache des Bf bzw. seines steuerlichen Vertreters gewesen, sich durch rechtzeitige Rückfrage bei der zuständigen Abgabenbehörde bzw. Abfrage des Abgabenkontos zu vergewissern, ob auf dem Abgabenkonto zum Fälligkeitstag tatsächlich ein ausreichendes Guthaben zur zeitgerechten Entrichtung der gesamten Einkommensteuernachforderung 2014 vorhanden war.

Neben dem bereits am überwiesenen Betrag von 10.000,00 €, der gezielt zur Verrechnung mit der Einkommensteuer 2014 eingezahlt worden war, wurde am - noch rechtzeitig innerhalb der dreitägigen Respirofrist nach § 211 Abs. 2 BAO - ein weiterer Betrag von 4.299,72 € überwiesen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die erwartete Gutschrift aus der Einkommensteuerveranlagung 2015 noch nicht auf dem Abgabenkonto und stand somit zur rechtzeitigen Entrichtung des verbliebenen Einkommensteuerrückstandes 2014 nicht zur Verfügung. Auf dem Abgabenkonto verblieb ein offener Rückstand von 7.917,00 €, der sich aus Einkommensteuer 2014 iHv 7.668,25 € und Anspruchszinsen iHv 248,75 € zusammensetzte. Beide Abgaben wären am fällig gewesen und wurden erst (rund einen Monat verspätet) mit Verbuchung der Einkommensteuer 2015 am entrichtet.

Wie das Finanzamt bereits zutreffend festhielt, sind die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Buchungen auf dem Abgabenkonto maßgeblich und nicht diejenigen, die nach Auffassung des Bf hätten durchgeführt werden müssen.

Im Übrigen unterblieb für die verspätete Entrichtung der Anspruchszinsen die Vorschreibung eines Säumniszuschlages, weil nach § 217 Abs. 10 BAO Säumniszuschläge, die den Betrag von 50,00 € nicht erreichen, nicht festzusetzen sind.

Da die Einkommensteuer 2014 mit einem Betrag von 7.668,25 € nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurde, erfolgte die Festsetzung des angefochtenen Säumniszuschlages zu Recht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Abschließend war festzuhalten, dass ein Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO nicht gestellt wurde und daher auch nicht Gegenstand der Beschwerdeentscheidung war.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis weicht von der in der Begründung zitierten Judikatur nicht ab und wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101174.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at