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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.08.2021, RV/7101263/2019

Kein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag für ein volljähriges Kind, wenn dieses gemäß § 6 Abs 5 FLAG selbst Bezieher der Familienbeihilfe ist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde der C**** T****, [Adresse], StNr **_***/****, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2016 und 2017 sowie vom betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin hat einen volljährigen Sohn (idF nur kurz Sohn), der in den Streitjahren 2015 bis 2017 an der Universität studierte. Die Beschwerdeführerin und ihr Sohn lebten seit dem Jahr 2012 nicht im selben Haushalt.

Der Sohn bezog die Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs 5 FLAG selbst. Er hatte dem Finanzamt diesbezüglich in einem E-Mail vom mitgeteilt, er beziehe seit der Beendigung seines Zivildienstes mit Mindestsicherung. Ab Oktober 2013 beginne das Studium und ab Ende September 2013 könne er um Studienbeihilfe ansuchen.
Seine Mutter (die Beschwerdeführerin) könne der Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Sie beziehe, seitdem der Pensionsvorschuss abgelehnt worden sei, Notstandshilfe und komme selbst nur knapp über die Runden. Seine Mutter lebe allein.

Die Beschwerdeführerin machte in ihren Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2016 und 2017 sowie in einem Wiederaufnahmeantrag für das Jahr 2015 den Alleinerzieherabsetzbetrag und den Kinderfreibetrag geltend.

Das Finanzamt wies den Wiederaufnahmeantrag ab und berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2016 und 2017 weder den Alleinerzieherabsetzbetrag noch den Kinderfreibetrag. Zur Begründung führte das Finanzamt jeweils aus, der Alleinerzieherabsetzbetrag stehe nur zu, wenn der Alleinerzieher im Kalenderjahr mehr als sechs Monate für mindestens ein Kind Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag (Auszahlung mit der Familienbeihilfe) habe. Der Kinderfreibetrag könne nicht berücksichtigt werden, weil für den Sohn im Kalenderjahr nicht für mehr als sechs Monate der Kinderabsetzbetrag zustehe.

Gegen diese Bescheide wendet sich die Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin zusammengefasst vorbringt, sie habe tatsächlich bis September 2017 Anspruch auf Familienbeihilfe für ihren Sohn gehabt. Dieser habe studiert und kein Einkommen gehabt und sei daher von ihr wirtschaftlich abhängig gewesen.

Das Finanzamt erließ abweisende Beschwerdevorentscheidungen, in welchen es zur Begründung ausführte, gemäß § 33 EStG stehe einem Steuerpflichtigen der Alleinerzieherabsetzbetrag (plus Kinderfreibetrag) dann zu, wenn dieser für mehr als 6 Monate im Kalenderjahr die Familienbeihilfe beziehe und nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit einem (Ehe-)Partner lebe. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass die Beschwerdeführerin bis September 2017 Anspruch auf Familienbeihilfe für ihren Sohn gehabt habe. Sie habe vielmehr nur bis Juni 2012 Anspruch gehabt. Ab dem Jahr 2013 sei die Familienbeihilfe vom Sohn selbst bezogen worden. Da für die Streitjahre somit kein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag bestehe, sei die Beschwerde abzuweisen.

In ihrem Vorlageantrag wendet die Beschwerdeführerin ein, da der Sohn keine eigenen Einkünfte gehabt habe, sei sie rechtlich verpflichtet gewesen, für ihn Unterhalt zu leisten. Ob er selbst oder sie die Familienbeihilfe bezogen habe, sei rechtlich irrelevant.

Das Finanzamt richtete an die Beschwerdeführerin einen Vorhalt, in welchem es zusammengefasst ausführte, der Sohn beziehe seit Juli 2013 gemäß § 6 Abs 5 FLAG die Familienbeihilfe selbst, was voraussetze, dass die Eltern nicht überwiegend Unterhalt leisteten.
Der Alleinerzieherabsetzbetrag setze die tatsächliche Gewährung der Familienbeihilfe an den Steuerpflichtigen oder dessen (Ehe-)Partner voraus. Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, die Transferleistung der Familienbeihilfe, des Kinderabsetzbetrages und des Alleinerzieherabsetzbetrages auf andere Personen als den Steuerpflichtigen und dessen (Ehe-)Partner aufzuteilen, bestehe nicht ().
Die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages setze daher voraus, dass die Beschwerdeführerin im jeweiligen Zeitraum tatsächlich konkreten Anspruch auf Familienbeihilfe iSd § 2 Abs 2 FLAG gehabt habe und diese auch erhalten habe. Dies hätte zur Konsequenz, dass der Sohn die Familienbeihilfe für den Zeitraum, in dem die Beschwerdeführerin die überwiegende Kostentragung geleistet habe, zurückzahlen müsste.
Falls dies gewünscht sein sollte werde die Beschwerdeführerin ersucht, für den Zeitraum 2015 bis 2017 die folgenden Unterlagen einzureichen:
1) Eine Aufstellung, aus der sich ihre eigenen Kosten für ihren Lebensunterhalt ergäben (zB Miete, Betriebskosten, Versicherungen, Strom, Heizung, Lebensmittel uä). Die Beschwerdeführerin möge ihre korrespondierenden Einnahmen gegenüberstellen und die jeweiligen Posten (Einnahmen und Ausgaben) in jenem Ausweis nachweisen, in dem dies zumutbar sei.
2) Die Beschwerdeführerin möge analog eine Aufstellung für ihren Sohn einreichen. Sie könne die Angaben, falls nicht anders möglich, auch mit Schätzungen ergänzen. Sofern die Angaben zu unkonkret sein sollten, könne sich das Finanzamt auch direkt an den Sohn wenden.
3) Die Beschwerdeführerin möge auch den Geldfluss von ihr an den Sohn nachweisen (zB Banküberweisung), der in ihrem Überschuss aus Einnahmen und Ausgaben iSv 1) Deckung finde.

In Beantwortung dieses Vorhaltes brachte die Beschwerdeführerin nochmals vor, dass sie für den Unterhalt ihres Sohnes aufkomme, erstattete jedoch im Übrigen kein weiteres Vorbringen und legte keine Unterlagen vor.

Mit Berichtigungsbescheid vom berichtigte das Finanzamt die Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2015 insoweit, als der Gegenstand der Entscheidung von "Einkommensteuerbescheid 2015 Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO" auf "Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO betreffend Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs 1 BAO" berichtigt wurde.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, ihr Sohn habe im Anschluss an die Absolvierung der Schulzeit den Zivildienst abgeleistet. Er habe für den Zeitraum Juli bis September 2013 befristet Mindestsicherung bezogen und im September 2013 mit dem Studium begonnen. Ab diesem Zeitpunkt habe sie die Unterhaltskosten für ihn getragen. Es handle sich sowohl um Geldleistungen wie auch um Sachleistungen (Einkauf von Lebensmitteln usw).
Ihr Sohn habe kein Einkommen (mit Ausnahme fallweiser geringfügiger Beschäftigungen) und sei nicht in der Lage, seine Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Sie habe während der Studiendauer zum weit überwiegenden Teil seine Unterhaltskosten getragen.
Dies begründe den Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs 2 FLAG. Die Überweisung der Familienbeihilfe auf sein Konto stehe dem nicht entgegen. Dies begründe wiederum den Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag für die Streitjahre.
Angeschlossen ist diesem Schreiben eine Erklärung des Sohnes der Beschwerdeführerin, in welcher dieser ausführt, er habe nach Ableistung des Zivildienstes ab Juli 2013 bis zum Beginn seines Studiums im September 2013 Mindestsicherung bezogen. Ab September 2013 bis 2017 habe die Beschwerdeführerin die Unterhaltskosten für ihn getragen, da er keine relevanten Einkünfte neben seinem Studium gehabt habe. Die Familienbeihilfe habe er in diesem Zeitraum mit dem Einverständnis der Beschwerdeführerin bezogen bzw sei diese auf sein Konto überwiesen worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin und ihr Sohn lebten seit dem Jahr 2012 nicht in einem gemeinsamen Haushalt.

Der Sohn der Beschwerdeführerin bezog seit dem Jahr 2013 die Familienbeihilfe gemäß § 5 Abs 6 FLAG selbst.

Es ist nicht feststellbar, dass die Beschwerdeführerin für ihren Sohn in den Jahren 2015 bis 2017 Unterhalt geleistet hätte.

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Die Feststellung über die getrennten Wohnsitze gründet sich auf das ZMR.

Die Feststellung, dass der Sohn selbst Bezieher der Familienbeihilfe war gründet sich auf die Aktenlage.

Die Feststellung, dass nicht feststellbar ist, die Beschwerdeführer habe für ihren Sohn in den Jahren 2015 bis 2017 Unterhalt geleistet, gründet sich auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerin diese behauptete Unterhaltsleistung durch keinerlei objektive Belege nachgewiesen hat (der diesbezügliche Vorhalt des Finanzamtes blieb im Wesentlichen unbeantwortet). Die Einkommenssituation der Beschwerdeführerin blieb mit Einkünften von rund 13.700 Euro bis 14.000 Euro in den Jahren 2015 bis 2017 gegenüber dem Jahr 2013 mit Einkünften von rund 13.500 Euro im Wesentlichen unverändert. Für das Jahr 2013 hatte der Sohn jedoch angegeben, die Beschwerdeführerin komme selbst nur knapp über die Runden und könne daher ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 steht alleinerziehenden Steuerpflichtigen ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs 1) 494 Euro.

Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Nach § 106 Abs 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetze Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs 3 zusteht.

Gemäß § 106a Abs 1 EStG 1988 stand in den Streitjahren für ein Kind im Sinne des § 106 Abs 1 ein Kinderfreibetrag zu.

Die Beschwerdeführerin begehrte die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages für die Jahre 2015 bis 2017 und des Kinderfreibetrages.

Im Beschwerdefall steht fest, dass in den Streitjahren die Familienbeihilfe - ebenso wie der Kinderabsetzbetrag - nicht der Beschwerdeführerin, sondern deren Sohn gewährt wurde. Der Sohn lebte auch im (gesamten) Streitjahr nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit der Beschwerdeführerin.

Nach der klaren Regelung des § 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 hat der Alleinerzieherabsetzbetrag ein Kind im Sinne des § 106 Abs 1 EStG 1988 zur Voraussetzung. Ein Kind im Sinne des § 106 Abs 1 EStG 1988 ist aber nur im Falle des tatsächlichen Familienbeihilfenbezuges durch den Steuerpflichtigen während mehr als sechs Monaten im Kalenderjahr gegeben. Die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages ist somit an den tatsächlichen Bezug der Familienbeihilfe (durch den Steuerpflichtigen, der den Alleinerzieherabsetzbetrag geltend macht) geknüpft (vgl ; ; ; ; uva).

Die Beschwerdeführerin selbst hat in den Streitjahren keine Familienbeihilfe für ihren Sohn erhalten, weswegen die vom Gesetz vorgegebenen Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages in den Streitjahren nicht erfüllt sind.

Damit liegen jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Alleinerzieherabsetzbetrages und des Kinderfreibetrages gemäß § 106a Abs 1 EStG 1988 nicht vor, sodass das Finanzamt zu Recht deren Anerkennung verwehrt hat.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet und ist diese daher gemäß § 279 BAO abzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränken sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hängt der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Tatfragen sind kein Thema für eine ordentliche Revision. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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