Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2021, RV/7105496/2018

Frühestmöglicher Beginn des Humanmedizinstudiums, Beurteilung eines Zwischenstudiums

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2***-***3***, ***4***, ***5***, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Wien 4/5/10, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom , mit welchem Familienbeihilfe (€ 1.816,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 525,60) für den im September 1995 geborenen ***6*** ***7*** für den Zeitraum Oktober 2017 bis Juni 2018 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden (Gesamtrückforderungsbetrag € 2.341,80), Sozialversicherungsnummer ***10***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge geben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bescheid

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2***-***3*** Familienbeihilfe (€ 1.816,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 525,60) für den im September 1995 geborenen ***6*** ***7*** für den Zeitraum Oktober 2017 bis Juni 2018 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück (Gesamtrückforderungsbetrag € 2.341,80) und führte begründend dazu aus:

Im § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) wird hinsichtlich eines Studienwechsels auf die Bestimmungen des § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) verwiesen. Gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat.

Gemäß § 17 Abs. 4 StudFG in der geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 76/2000) ist ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 nicht mehr zu beachten, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat.

Nach einem Studienwechsel nach dem jeweils 3. inskribierten Semester (oder zweitem Ausbildungsjahr) besteht Anspruch auf Familienbeihilfe erst dann, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat. Es sind daher alle Semester aus den vorherigen Studien, in denen eine Fortsetzungsmeldung vorgelegen ist und für die Familienbeihilfe bezogen wurde, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen.

Aufgrund des schädlichen Wechsel mit 10/17 musste die Familienbeihilfe 10/17 rückgefordert werden. (3 Semester Wartezeit)

Der Bescheid wurde laut Zustellnachweis am (Beginn der Abholfrist) durch Hinterlegung zugestellt.

Beschwerde

Mit Schreiben vom , beim Finanzamt persönlich überreicht am , erhob die Bf Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid und führte aus:

***6******7***, Versicherungsnummer ***8***, war im WS 2017 in Chemie inskripiert und mit extramatrikuliert. Der Wechsel fand laut Abmeldedatum erst mit dem statt und nicht Anfang Oktober 2018. Denn im WS 2017 lief Chemie, sein Hauptstudium parallel zum Humanmedizinstudium, welches im WS 2017 noch ein Nebenstudium war.

Wir haben sämtliche Unterlagen fristgerecht mit den erbrachten ects und den Wochenstunden abgegeben, jedoch wurden seine Prüfungen in Chemie im Jahre 2017 nicht berücksichtigt. Er hat 13 ECTS mit 10 Wochenstunden absolviert. Das Dokument habe ich mit dem Schreiben angelegt.

Des Weiteren habe ich im Finanzamt telefonisch gefragt, ob er Anspruch auf Familienbeihilfe hat, was mir mit einer positiven Antwort bekräftigt wurde, da angefragten Zeitpunkt das Chemiestudium weiterhin lief.

Bezüge von ***6******7*** sollten somit erst mit Anfang April 2018 bis Juni 2018 erfolgen.

Ich ersuche Sie, um eine weitere Überprüfung der Dokumente.

Ich bitte um Aussetzung der Einhebung von 2.341,80 €.

Mit freundlichen Grüßen

***1******2******3***

Beigefügt waren:

  • Eine Studienzeitbestätigung der Universität Wien vom , wonach ***6*** ***7*** das Bachelorstudium Chemie am begonnen hat. Folgende Semester sind ausgewiesen: 2015W, 2016S, 2016W, 2017S, 2017W.

  • Eine Bestätigung der Universität Wien vom über positiv abgelegte Prüfungen im Chemiestudium:

  • Eine Abgangsbescheinigung der Universität Wien vom . So hat sich ***6*** ***7*** vom Bachelorstudium Chemie am abgemeldet.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt durch Übernahme durch den Sohn am , wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Begründung dazu lautet:

§ 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 lautet:

"Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen."

Die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfen ist sehr weitgehend, zumal sie ausschließlich auf objektiven Sachverhalten beruht und auf subjektive Momente, wie Verschulden und Gutgläubigkeit, keine Rücksicht nimmt.

Lt. der Beantwortung des Ersuchschreibens um Ergänzung vom wurde angegeben, d. die Studienrichtung Humanmedizin seit dem Oktober 2017 als Hauptstudium betrieben wird.

Demnach ist die Rückforderung zu Recht ergangen.

Um Wiederholungen zu vermeiden, darf auf die Ausführungen des Bescheides über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom verwiesen werden.

Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag

Am überreichte die Bf am Finanzamt persönlich folgenden Vorlageantrag:

Beschwerde gegen Rückforderung des Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe von ***7******6***

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe einen Bescheid über Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge der Familienbeihilfe und Kindeabsetzbetrages vom am erhalten. Konkret werde ich aufgefordert für den Zeitraum vom Oktober 2017 bis Juni 2018 die Familienbeihilfe in Höhe von €1.816,20, sowie den Kinderabsetzbetrag in Höhe €525,60 zu zahlen.

Seit dem Zivildienst beim Roten Kreuz im Juni 2015 ist es ***6*** Ziel gewesen, sein Wissen im medizinischen Bereich zu erweitern. Deshalb setzte er seitdem seinen Fokus auf das Aufnahmeverfahren am an der Medizinischen Universität Wien für das Diplomstudium Humanmedizin im WS 2015.

Unerwarteterweise wurde Ihm im August 2015 eine negative Rückmeldung seitens der MedUni Wien gegeben. Daher ist eine temporäre Anmeldung im WS 2015 und SS 2016 an der Universität Wen im fachlich verwandten Studium "Chemie" erfolgt.

Zudem wiederholte ***6*** die Prüfung am . Aufgrund der wiederholten negativen Rückmeldung setzte er sein Studium an der Uni Wien in Chemie fort. Am wurde die Prüfung bestanden und somit wurde das Diplomstudium Humanmedizin parallel zu dem Bachelorstudium Chemie betrieben. Das Humanmedizin ist bekannterweise sehr zeitaufwendig, sodass eine Abmeldung des Bachelorstudiums Chemie am eingereicht und somit nach dem WS 2017 beendet wurde, um ein ordentliches Studium der Humanmedizin möglich ist.

Um das zu bekunden ist meiner Berufung die Anwesenheitsbestätigung vom und des Aufnahmetests an der MedUni beigelegt, sowie die Studienblätter für das Bachelorstudium "Chemie" im WS 2015, SS 2016, WS 2016, SS 2017, WS 2017 und Abgangsbescheinigung des Bachelorstudiums "Chemie", als auch die Studienblätter für das Diplomstudium "Humanmedizin" im WS 2017, SS 2018 und WS 2018, sowie die Bestätigung des Studienerfolgs des ersten Studienjahres für das Diplomstudium "Humanmedizin" mit über 60 ECTS beigelegt.

Ich ersuche Sie, um weitere Überprüfung der Dokumente und bitte um Aussetzung der Eingebung von €2.341,80.

Mit freundlichen Grüßen

***1******2******3***

Die genannten Unterlagen waren dem Vorlageantrag beigefügt.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)

Beschwerde

1 Beschwerde

Bescheide

2 Familienbeihilfe (Zeitraum: 10.2017-06.2018)

Antrag / Anzeige an die Behörde

3 Vorablage

4 Beschwerde

Beschwerdevorentscheidung

5 Beschwerdevorentscheidung

Vorlageantrag

6 Vorlageantrag

Bezughabende Normen

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967§ 17 Abs. 1 Z 2 StudFG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Im Zuge der Überprüfung des Familienbeihilfenanspruches (Datenblatt vom , ha. eingelangt am ) für das Kind ***6***, geb. am ***9*** wurde festgestellt, dass ein Wechsel der Studienrichtung Bachelorstudium Chemie auf die Studienrichtung Humanmedizin vorgenommen wurde.

Lt. Vorhaltsbeantwortung vom wird seit Oktober 2017 die Studienrichtung Humanmedizin als Hauptstudium betrieben.

Daraufhin wurde der Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom erlassen (Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für den Zeitraum von Oktober 2017 bis Juni 2018 im Gesamtbetrag von € 2.341,80; Begründung: Familienbeihilfenschädlicher Studienwechsel im Sinne der Ausführungen d. § 2 (1) b FLAG 1967 in Zusammenhang mit § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG und § 17 Abs. 4 StudFG).

Am wurde das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid erhoben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Am langte eine erneute Beschwerde beim Finanzamt ein.

Beweismittel:

Gescannte Dokumente.

Stellungnahme:

Es wird ersucht, die Beschwerde im Sinne der Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung vom abzuweisen.

Im elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt ist enthalten:

Überprüfungsschreiben

Am übermittelte das Finanzamt der Bf ein Schreiben betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe. Dieses wurde von der Bf am ergänzt persönlich beim Finanzamt retourniert. Betreffend ***6*** ***7*** wurde angegeben, dass dieser Student an der Medizinischen Universität Wien sei, voraussichtliche Studiendauer 5 Jahre. Es wurde eine Studienbestätigung der Medizinischen Universität Wien vom vorgelegt, wonach ***6*** ***7*** im Sommersemester 2018 als ordentlicher Studierender der Studienrichtung 202 Humanmedizin registriert ist. Laut vorgelegtem Studienblatt begann dieses Studium am . Ein Ergänzungsersuchen vom wurde von der Bf am betreffend ***6*** ***7*** beantwortet, dass Medizin seit Oktober 2017 sein Hauptstudium sei, und die Abgangsbescheinigung vom für das Chemiestudium vorgelegt. Die Studienbestätigung und das Studienblatt der Medizinischen Universität Wien wurden wiederum vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der im September 1995 geborene ***6*** ***7*** schloss im Juni 2014 eine Höhere Technische Lehranstalt mit der Reife- und Diplomprüfung erfolgreich ab. Nach der Schulausbildung leistete ***6*** ***7*** seinen ordentlichen Zivildienst beim Roten Kreuz, den er im Juni 2015 beendete. Auf Grund der positiven Erfahrungen während seines Zivildienstes entschloss sich ***6*** ***7***, Humanmedizin zu studieren. ***6*** ***7*** nahm zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Zivildienst im Juli 2015 an einem Auswahlverfahren an der an Medizinischen Universität Wien für das Diplomstudium Humanmedizin im Wintersemester 2015 teil, wurde allerdings nicht zum Medizinstudium im Wintersemester 2015 zugelassen.

***6*** ***7*** wollte weiterhin Medizin studieren, aber die Zeit bis zur frühestmöglichen Aufnahme des Medizinstudiums mit einem fachlich verwandten Studium, dem Bachelorstudium Chemie an der Universität Wien, überbrücken. Dieses begann er im Wintersemester 2015. Im Juli 2016 nahm ***6*** ***7*** am nächstmöglichen Aufnahmetest für das Medizinstudium an der Medizinischen Universität Wien teil, wurde jedoch neuerlich zu diesem Studium nicht zugelassen. ***6*** ***7*** setzte daher zur Überbrückung das Bachelorstudium Chemie an der Universität Wien fort. Im Juli 2017 bestand ***6*** ***7*** den Aufnahmetest für das Medizinstudium an der Medizinischen Universität Wien und meldete sich sofort, im August 2017 für das im Oktober 2017 beginnende Studium der Humanmedizin an.

Von dem zur Überbrückung betriebenen Bachelorstudium Chemie meldete sich ***6*** ***7*** am ab. In diesem Studium wurden Prüfungen zwischen und abgelegt. Seit Oktober 2017 betreibt ***6*** ***7*** sein Wunschstudium Humanmedizin. Dieses wurde zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Zivildienstes begonnen. Die Bf bezog für ihren Sohn ***6*** ***7*** im Zeitraum Oktober 2017 bis Juni 2018 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den aktenkundigen Unterlagen, insbesondere den eigenen Angaben der Bf und sind unstrittig. Das Finanzamt hat den ausführlichen Sachverhaltsangaben der Bf im Vorlageantrag in seinem Vorlagebericht nicht widersprochen.

Es ist glaubwürdig, dass das Medizinstudium das Wunschstudium des Sohnes war. Dieser Umstand wird auch durch die regelmäßige Teilnahme an den diesbezüglichen Aufnahmetest bestätigt. Es ist allgemein bekannt, dass für das Studium der Humanmedizin seit einigen Jahren jährlich einmal ein Aufnahmetest stattfindet und das Medizinstudium ohne positiven Aufnahmetest nicht begonnen werden kann. Jährlich treten dabei wesentlich mehr Kandidaten an, als Studenten aufgenommen werden können. Da erst nach dem dritten aufeinanderfolgenden Aufnahmetest durch den Sohn mit dem Medizinstudium begonnen werden konnte, wurde das Medizinstudium zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Zivildienstes begonnen.

Rechtsgrundlagen

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,

f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach dem Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Einführung des Programms "Jugend in Aktion" im Zeitraum 2007 - 2013.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Wohnsitzfinanzamt der antragstellenden Person zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

§ 17 Studienförderungsgesetz 1992 lautet i.d.F. BGBl. I Nr. 54/2016:

§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,

5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Es ist somit zu prüfen, ob die Bf im Rückforderungszeitraum Oktober 2017 bis Juni 2018 Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihren Sohn ***6*** ***7*** hatte.

Folgen eines Studienwechsels im Rückforderungszeitraum

Mit dem Verweis in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 10. Satz auf § 17 StudFG ist der Begriff "günstiger Studienerfolg" auch für die Beurteilung, ob eine Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 vorliegt, maßgeblich (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 99).

Kein günstiger Studienerfolg und damit ein - für den Anspruch auf FB - "schädlicher" Studienwechsel liegt nach § 17 Abs. 1 Z 1-3 StudFG vor, wenn (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 99)

  • Z 1: das Studium öfter als zweimal gewechselt wird oder

  • Z 2: das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt wird oder

  • Z 3: nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium kein günstiger Studienerfolg nachgewiesen wird, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

Sämtliche einen günstigen Studienerfolg ausschließenden Tatbestandsmerkmale der drei Ziffern des § 17 Abs. 1 StudFG werden durch das Bindewort "oder" verbunden, was bedeutet, dass jeder dieser drei Tatbestände ein selbständiges Ausschlussmerkmal darstellt (vgl. ).

Der Begriff Studienwechsel bedeutet den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn eine Studierende das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor (vgl. ).

Ein Studienwechsel liegt auch vor, wenn die Studierende ein von ihr bisher betriebenes Studium nicht mehr ernsthaft und zielstrebig betreibt, sondern neben diesem Studium oder im Anschluss an dieses Studium ein anderes Studium beginnt, das sie ernsthaft und zielstrebig betreibt (vgl. ).

Der letzte Halbsatz der Bestimmung des § 17 Abs. 1 Z 3 StudFG ("bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium") ist über den Ausschlusstatbestand des § 17 Abs. 1 Z 3 StudFG hinaus nicht auch auf die § 17 Abs. 1 Z 1 und Z 2 StudFG anwendbar (vgl. ).

Ein Studienwechsel nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (§ 17 Abs. 1 Z 2 StudFG) ist gemäß § 17 Abs. 4 StudFG nicht mehr zu beachten, wenn die Studierende in dem neuen Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben, wobei anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium diese Wartezeiten verkürzen.

Wenn feststeht, dass ein Studienwechsel vorliegt, ist § 17 StudFG anzuwenden (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 97).

Sollte ein Studienwechsel vorgelegen sein, wäre das Finanzamt im Recht, dass ab dem Beginn des Studiums der Humanmedizin im Oktober 2017 kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gegeben war, weil vom zuvor betriebenen Chemiestudium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wurde und die Wartezeit zu beachten ist.

Rechtsprechung des VwGH

In seiner Rechtsprechung hat sich der VwGH wiederholt zur Frage des frühestmöglichen Zeitpunkts des Beginns eines Wunschstudiums nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 oder § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 und zum allfälligen Vorliegen eines Studienwechsels geäußert. Zunächst ist auf einige länger zurückliegende Entscheidungen zu verweisen, dann auf die jüngsten Erkenntnisse:

Dem Erkenntnis zu § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 liegt der Sachverhalt zugrunde, dass sich der Sohn M nach dem Grundwehrdienst im März 2007 einen Bachelorstudiengang an einer Fachhochschule beginnen wollte, er aber dafür nach einem Test eine Absage erhalten habe. Er habe dann im Oktober 2007 ein Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien begonnen. Das Studium an der Fachhochschule wurde tatsächlich nie begonnen. Der Verwaltungsgerichtshof führte unter anderem aus:

Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG erfordert nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die tatsächliche Fortsetzung oder den tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung nach Ende des Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienstes.

Die Möglichkeit, eine bestimmte gewünschte Berufsausbildung zu einem bestimmten (frühen) Zeitpunkt zu beginnen, war auch im Jahr 1980 zur Zeit der Schaffung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG bereits fallweise von einer Bewerbung, von einem Auswahlverfahren und von einer Zulassung zur Ausbildung oder von einer Aufnahme in eine Ausbildungseinrichtung abhängig. Beschränkungen des Zugangs zu einer Berufsausbildung - auch bei Erfüllen der von der Ausbildungseinrichtung geforderten Leistung im Zuge eines Aufnahme- oder Bewerbungsverfahrens - durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze mögen zwar im Streitzeitraum des Jahres 2007 weit mehr verbreitet gewesen sein als im Jahr 1980, waren aber auch aus der Sicht des Gesetzgebers des Jahres 1980 bereits vorhersehbar und nicht auszuschließen. Fälle, in denen zwar der gewünschte und angestrebte Beginn der frühestmögliche nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes ist, der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung aber wegen der erwähnten Beschränkung später erfolgt, oder Fälle, in denen die iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG frühestmögliche Berufsausbildung zwar gewünscht und angestrebt wird, aber dieser Wunsch nach einem Aufnahme- oder Bewerbungsverfahren tatsächlich nicht oder nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt umgesetzt werden kann, bilden daher keine planwidrige Lücke, die durch Ausdehnen des Tatbestandes des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG auch auf jene Fälle (durch Analogie) geschlossen werden müsste.

Soweit der Beschwerdeführer die von seinem Sohn angestrebte Ausbildung an der Fachhochschule ins Treffen führt, ist der belangten Behörde im Ergebnis Recht zu geben, dass einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgespräches noch keine Ausbildung darstellen und im Falle des Unterbleibens der Ausbildung (weil der Bewerber nicht aufgenommen wurde - wobei es unerheblich ist, ob mangels hinreichender Qualifikation etwa auf Grund eines negativen Testergebnisses bei der Bewerbung oder "lediglich infolge Platzmangels" -) diese Berufsausbildung eben nicht iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG begonnen wird.

Das Risiko, für einen begehrten Ausbildungsplatz nach einer zeitlich vorgestaffelten Bewerbung nicht aufgenommen zu werden, ist Berufsausbildungen, welche keinen unbeschränkten Zugang haben, immanent. Die von der belangten Behörde angesprochene Möglichkeit, eine andere als die bevorzugte Ausbildung zu beginnen, für welche keine solche Beschränkung besteht, im Beschwerdefall etwa bereits mit dem Sommersemester 2007 an der Wirtschaftsuniversität zu inskribieren, wäre nur eine von mehreren Möglichkeiten gewesen, einem solchen Risiko zu begegnen. Die andere als die bevorzugte Ausbildung erst dann zu beginnen, nachdem sich eine solche Beschränkung als schlagend erwiesen hatte und das Risiko verwirklicht war, stellt lediglich eine weitere Möglichkeit dar, auf solch ein Risiko zu reagieren.

Im Beschwerdefall wurde die tatsächliche Berufsausbildung jedenfalls mit der Inskription an der Wirtschaftsuniversität mit dem Wintersemester 2007/2008 begonnen. Diese Berufsausbildung wäre im Beschwerdefall bereits mit dem Sommersemester 2007 möglich gewesen, weshalb der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, dass sie den Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als nicht erfüllt ansah, weil diese Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde.

Hier ging es um ein Medizinstudium, das der Sohn nach Ende des Ausbildungsdienstes am in der letzten Augustwoche 2011 begonnen und die Zeit bis dahin mit einem Sprachkurs, einem Praktikum und einem begonnenen Biologiestudium überbrückt hat. Unter anderem führte das Höchstgericht aus:

Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte frühestmöglich im Herbstsemester 2010/2011 mit dem Medizinstudium beginnen können, liegt daher die unrichtige Rechtsauffassung zu Grunde, für die Zulassung zum Studium bedarf es nicht des positiven Abschlusses des Auswahlverfahrens. Zudem hat der Beschwerdeführer zutreffend eingeräumt, dass es nicht auf allfällige Möglichkeiten vor Beendigung des Ausbildungsdienstes, sondern auf die ab diesem Zeitpunkt gegebenen Verhältnisse ankommt.

Stützt die belangte Behörde ihre Entscheidung auch auf den Umstand, der Sohn des Beschwerdeführers habe tatsächlich das Biologiestudium begonnen, was er bereits ein Semester früher hätte tun können, stellt sie andererseits im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers fest, die gewünschte Ausbildung des Sohnes des Beschwerdeführers sei das Studium der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität gewesen. Hat der Beschwerdeführer nach dem Ausbildungsdienst die ins Auge gefasste Ausbildung des Studiums der Humanmedizin, dann auch tatsächlich zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, dann ist der (frühere) Beginn des Biologiestudiums nicht maßgeblich. Dem von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang für ihre Rechtsansicht ins Treffen geführte Erkenntnis vom , Zl. 2011/16/0057, liegt ein anderer Sachverhalt zu Grunde, dort wurde nach einer Aufnahmephase - anders als im Beschwerdefall - das gewünschte Studium nicht begonnen. Für die Beantwortung der im Beschwerdefall wesentlichen Rechtsfrage finden sich im zitierten Erkenntnis keine Anhaltspunkte.

Wäre der Beginn der vom Sohn des Beschwerdeführers auch tatsächlich begonnenen Berufsausbildung des Studiums der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität nach der Beendigung des Ausbildungsdienstes am wegen der Zulassungsvoraussetzung eines Aufnahmeverfahrens erst im Sommer 2011 frühestens mit dem Wintersemester 2011/12 möglich gewesen, läge ein Fall des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG vor, weshalb für die Zeit zwischen der Beendigung des Ausbildungsdienstes und dem Beginn der Berufsausbildung, Familienbeihilfe zustünde.

Da der Sachverhalt für eine abschließende rechtliche Beurteilung in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf, nämlich hinsichtlich der Frage der konkreten Zulassungsvoraussetzungen für das Studium der Humanmedizin für das Wintersemester 2011/2012, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Dieses Erkenntnis erging zu § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967. Hier hatte sich der Sohn A sofort nach Abschluss des Zivildienstes im April 2013 um die Aufnahme in den Exekutivdienst beworben. Da das Auswahlverfahren längere Zeit in Anspruch nahm, erfolgte die Aufnahme in den Polizeidienst erst im März 2014. Der Verwaltungsgerichtshof führte unter anderem aus:

23 Die Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals "zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen" hat sich am Bestimmtheitsgebot des rechtsstaatlichen Grundsatzes (Art. 18 B-VG) zu orientieren, wonach eine gesetzliche Vorschrift einen soweit bestimmbaren Inhalt haben muss, dass der Rechtsunterworfene sein Verhalten danach einrichten kann (vgl. etwa die Erkenntnisse des G 82/12 ua, VfSlg 19.749, und vom , B 1868/92, VfSlg 13.460).

24 Das Finanzamt tritt den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes nicht entgegen, dass ein Bewerber um die im Revisionsfall in Rede stehende Berufsausbildung den zeitlichen Ablauf zwischen seinem Bewerbungsgesuch und dem tatsächlichen Beginn der Ausbildung nicht beschleunigen, die Zeit bis zum tatsächlichen Beginn der Ausbildung nicht verkürzen könne, und dass zu den Eignungstests durch die Landespolizeidirektion eingeladen werde.

25 Es besteht kein Hinweis darauf, dass das Aufnahmeverfahren für die in Rede stehende Ausbildung mit einem für einen Bewerber zeitlich bestimmbaren Ablauf in einer allgemein, zumindest für Interessenten zugänglichen Art festgelegt wäre.

26 Damit ist für einen solchen Bewerber im Zeitpunkt der Abgabe seiner Bewerbung noch nicht absehbar, wann der konkrete Beginn der Ausbildung erfolgen werde.

27 Ist von einem Bewerber jedoch der Zeitpunkt des tatsächlichen Ausbildungsbeginns nicht ersichtlich und ist daher nicht berechenbar, wann (wie lange vor Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes) er sich bewerben müsste, um möglichst unmittelbar nach Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, so würde nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eine Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG, vom Bewerber zu fordern, sich gleichsam "auf gut Glück" möglichst lange vor dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes zu bewerben, um "möglichst rasch" nach Ende dieses Dienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, der Bestimmung einen unsachlichen Inhalt beimessen.

28 Vielmehr ist dem Erfordernis des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG dann entsprochen, wenn die Bewerbung um eine solche Ausbildung unmittelbar nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes erfolgt und in weiterer Folge die bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn erforderlichen Schritte (etwa Antreten zu Bewerbungsgesprächen, Aufnahmeprüfungen udgl.) ohne dem Bewerber anzulastende Verzögerung gesetzt werden.

29 Das Bundesfinanzgericht spricht von einer Bewerbung "im April 2013". Dass bei einer früheren Bewerbung, nämlich an den ersten Tagen des April 2013, die Ausbildung tatsächlich früher als - wie im Revisionsfall - am begonnen hätte, wird vom revisionswerbenden Finanzamt nicht behauptet.

30 Dass der Sohn des Mitbeteiligten vor dem Zivildienst eine Berufsausbildung (in Form einer Schulausbildung an einem Bundesoberstufenrealgymnasium) begonnen und nach Ende des Zivildienstes nicht fortgesetzt habe (zur Reifeprüfung nicht mehr angetreten sei), ist im Revisionsfall ohne Belang. Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG, des Beginns einer Berufsausbildung, stellt nicht darauf ab, dass vor dem Zivildienst eine andere Berufsausbildung begonnen und nicht abgebrochen, sondern bereits abgeschlossen worden wäre.

Dem Erkenntnis liegt der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter S ein Harfestudium beginnen wollte. Tatsächlich sei nach Beendigung der Schulausbildung im Oktober 2014 mit dem Hauptstudium "Vergleichende Literaturwissenschaft" und anderen Studien begonnen worden, da zwar die jährlichen Zulassungsprüfungen zum Harfestudium an der MUK Privatuniversität Wien bestanden worden seien, es aber an Studienplätzen gemangelt habe. Tatsächlich wurde dann im Sommersemester 2016 an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz mit dem Harfestudium begonnen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem ausgeführt:

29 Der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG ist grundsätzlich unabhängig davon, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird.

30 So hat es der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0088, betreffend die insoweit vergleichbare Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als unmaßgeblich erachtet, dass der Sohn des damaligen Beschwerdeführers als Überbrückung vor der Aufnahme des gewünschten und tatsächlich begonnenen Studiums der Humanmedizin das Biologiestudium begonnen hat.

31 Wird die ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, gründet sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und der Aufnahme der weiteren Berufsausbildung auf § 2 Abs. 1 lit. d FLAG. Ein zur bloßen Überbrückung der Wartezeit aufgenommenes Studium stellt in diesem Fall keine, einen eigenständigen Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auslösende, Berufsausbildung dar.

32 Erfüllt ein zur Überbrückung der Wartezeit nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG aufgenommenes Studium aber nicht die Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, kann mit der Aufnahme des Wunschstudiums zum frühestmöglichen Zeitpunkt aber auch kein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegen. Damit stellen sich aber Fragen zur Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln für den Anspruch auf Familienbeihilfe von vornherein nicht.

33 Dem Umstand, dass die frühestmögliche Aufnahme des von vornherein ins Auge gefassten Studiums mit der Aufgabe (Abbruch) des zur Überbrückung der Wartezeit begonnenen Studiums für die Frage der Familienbeihilfe keinen Studienwechsel darstellt, für die Frage der Studienbeihilfe jedoch nach den Bestimmungen des § 17 StudFG schon, stellt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keinen Widerspruch dar, verfolgen das FLAG und das StudFG doch unterschiedliche Zielsetzungen. So handelt es sich bei der Familienbeihilfe um einen vom Einkommen des Anspruchsberechtigten grundsätzlich unabhängigen Beitrag zur Unterhaltslast, während die Studienbeihilfe einen vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abhängigen Beitrag zu den Kosten des Studiums darstellt.

34 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die gewünschte Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wurde.

35 Wie sich aus dem (zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG ergangenen) Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, ableiten lässt, ist in einem solchen Fall für die Frage der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG maßgebend, ob die tatsächlich begonnene Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen wurde. Nur in diesem Fall kommt ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung und der tatsächlich aufgenommenen Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG in Betracht. Für die tatsächlich aufgenommene Berufsausbildung steht aber (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) ein eigenständiger Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG zu. Stellt das tatsächlich aufgenommene Studium aber eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, kann die spätere Aufnahme eines von vornherein ins Auge gefassten, jedoch nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnenen Studiums sehr wohl einen "schädlichen" Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG darstellen.

36 Ein solcher liegt vor, wenn das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wird. In diesem Fall steht ein Familienbeihilfenanspruch erst nach Ablauf der in § 17 Abs. 4 StudFG (idF vor BGBl. I Nr. 54/2016) bzw. Abs. 3 StudFG (idF BGBl. I Nr. 54/2016) normierten Wartezeit zu.

37 Nach § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG liegt kein schädlicher Studienwechsel vor, wenn dieser durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurde.

38 Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall, wenn ein Ereignis eintritt, das eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich macht (vgl. 2005/10/0071, VwSlg 16.856/A). Davon wäre im revisionsgegenständlichen Fall aber nicht auszugehen, war S doch nicht daran gehindert, das von ihr betriebene Studium "Vergleichende Literaturwissenschaft" erfolgreich fortzusetzen (vgl. auch 2003/10/0290).

39 Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 2011/16/0076 und 2011/16/0058, ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass ein Studierender einen Studienwechsel für zweckmäßiger oder den persönlichen Vorstellungen für angemessener hält, nicht bereits, dass er zum Studienwechsel gezwungen gewesen wäre

40 Damit liegt aber auch dann kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis vor, wenn ein Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG² § 2 Rz 103).

41 Die vom Bundesfinanzgericht getroffenen Feststellungen, insbesondere zu den konkreten Zulassungsvoraussetzungen und den Fristen und Terminen im konkreten Aufnahmeverfahren, lassen jedoch keine abschließende rechtliche Beurteilung zu, ob S das Studium "Instrumental (Gesangs)pädagogik - Klassik Harfe" zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss ihrer Schulausbildung aufgenommen hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, zum Ausdruck gebracht hat, liegt keine zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnene Berufsausbildung vor, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung wegen des durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu - auch bei Erfüllen der von der Ausbildungseinrichtung geforderten Leistung im Zuge eines Aufnahme- oder Bewerbungsverfahrens - erst später erfolgt.

Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter S im Jänner 2018 die Reifeprüfung abgelegt und das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Monate Februar bis August 2018 zurückgefordert hat, weil sich die Tochter seit der Reifeprüfung nicht mehr in Berufsausbildung befinde, da die Tochter im Sommersemester nicht mit irgendeinem Studium begonnen habe. Das BFG vertrat die Ansicht, dass keine Rückforderung zu erfolgen habe, da der Studiengang an der Fachhochschule jeweils im September beginne und die Tochter zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Reifeprüfung im September 2018 mit dem Studiengang begonnen habe.

Der der Verwaltungsgerichtshof hat unter anderem ausgeführt:

10 In dem vom revisionswerbenden Finanzamt zitierten Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, beabsichtigte der Sohn des damaligen Beschwerdeführers nach Beendigung des Grundwehrdienstes im Februar 2007 ab September 2007 einen Bachelor-Studiengang an der Fachhochschule zu beginnen. Nachdem der Sohn des Beschwerdeführers das Aufnahmeverfahren absolviert hatte, wurde ihm im Juli 2007 mitgeteilt, dass er keinen der 68 möglichen Studienplätze an der Fachhochschule erhalte. Daraufhin inskribierte der Sohn des Beschwerdeführers als ordentlicher Studierender im Wintersemester 2007/08 an der Wirtschaftsuniversität Wien.

11 Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Ansicht des Bundesfinanzgerichts, wonach der Sohn des damaligen Beschwerdeführers nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Grundwehrdienstes die (tatsächliche) Berufsausbildung begonnen hat. Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG erfordert die tatsächliche Fortsetzung oder den tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung nach Ende des Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienstes. Einer Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgesprächs stellen noch keine Ausbildung dar, sodass bei Unterbleiben einer Ausbildung diese Berufsausbildung nicht iSd § 2 Abs. 1 lit. e FLAG begonnen wird. Da der Sohn des damaligen Beschwerdeführers die tatsächliche Berufsausbildung an der Wirtschaftsuniversität erst mit dem Wintersemester 2007/08 begann, diese aber bereits mit dem Sommersemester 2007 hätte beginnen können, sah der Verwaltungsgerichtshof den Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als nicht erfüllt an.

12 Entgegen der Ansicht des revisionswerbenden Finanzamts lässt sich aus diesem Erkenntnis jedoch nicht ableiten, dass nach Abschluss der Schulausbildung mit dem zeitlich nächstmöglichen Studium begonnen werden muss, um zum "frühestmöglichen Zeitpunkt" iSd § 2 Abs. 1 lit. d FLAG mit der Berufsausbildung zu beginnen.

13 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0088, zum Ausdruck gebracht hat, kommt es vielmehr darauf an, ob die "ins Auge gefasste Ausbildung" tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird. Wird die gewünschte Berufsausbildung nicht aufgenommen, kommt ein Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. d oder lit. e FLAG nur dann in Betracht, wenn mit der tatsächlich aufgenommenen Ausbildung zu dem für diese Ausbildung frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird (vgl. nochmals 2011/16/0057, VwSlg 8643/F).

14 Dass das Bundesfinanzgericht im revisionsgegenständlichen Fall nicht davon hätte ausgehen dürfen, dass die Tochter der Revisionswerberin mit der tatsächlichen Berufsausbildung an der Fachhochschule zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen hat, macht die Amtsrevision, die der Feststellung des Bundesfinanzgerichts, wonach ein Beginn des Bachelor-Studiengangs an der Fachhochschule im März 2018 nicht möglich war, nicht entgegen tritt, nicht einsichtig.

Dem Erkenntnis lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter J im Februar 2019 die Reifeprüfung abgelegt und das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Monate März und April 2019 zurückgefordert hat, weil sich die Tochter seit der Reifeprüfung nicht mehr in Berufsausbildung befinde. Das BFG vertrat die Ansicht, dass keine Rückforderung zu erfolgen habe, da die Tochter die nur einmal jährlich stattfindende Zulassungsprüfung im Mai 2019 für ein Kunststudium erfolgreich abgelegt und daraufhin zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Oktober 2019 zu studieren begonnen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Abweisung der Amtsrevision unter anderem ausgeführt:

15 Gemäß § 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) werden zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie die nach dem FLAG vorgesehenen Leistungen gewährt.

16 Zu diesen Leistungen zählt die im Abschnitt I (§§ 2 bis 29) FLAG geregelte Familienbeihilfe.

17 Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden; der Anspruch erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

18 Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat derjenige, welcher Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

19 Gemäß § 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG) steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in näher angeführter Höhe zu. Werden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden.

20 Dem FLAG liegt die verfahrensrechtliche Ausgestaltung zugrunde, dass die monatlich gewährte Familienbeihilfe (grundsätzlich auf Grund eines Antrags - § 10 Abs. 1 FLAG) so lange geleistet wird, als ein Anspruch besteht (§ 10 Abs. 2 FLAG).

21 Daraus folgt, dass Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich ex ante zu prüfen sind (vgl. für viele insb. 2010/16/0084, VwSlg 8.752/F).

22 Der Gesetzgeber hat dem etwa bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung des Studienerfolgs (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG) Rechnung getragen, wenn für die ersten beiden Semester die Aufnahme als ordentlicher Hörer ausreicht, ab dem zweiten Studienjahr aber der Studienerfolg des vergangenen Jahres für das jeweils folgende Jahr ausschlaggebend ist (vgl. Ro 2015/16/0033, VwSlg 9.099/F).

23 Nur ausnahmsweise ist eine ex post Betrachtung vorzunehmen, wenn etwa die Höhe eines beihilfenschädlichen Einkommens des Kindes zu prüfen ist (§ 5 Abs. 1 FLAG; vgl. 2011/16/0086) oder wenn zur Anspruchsvoraussetzung zu prüfen ist, ob nach dem Anspruchszeitraum eine Berufsausbildung zum "frühest möglichen" Zeitpunkt begonnen wird (§ 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG). Solche ex post Betrachtungen können dann ebenso zur Rückforderung nach § 26 Abs. 1 FLAG führen wie Rückforderungen, weil die Anspruchsvoraussetzungen von vorneherein nicht oder nicht mehr vorgelegen sind.

24 Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG besteht Anspruch auf Familienbeihilfe "für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird;"

25 Die Bestimmung wurde durch Art. 135 Z 4 des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 eingeführt. Die Materialien (ErlRV 981 BlgNR 24. GP, 224) führen dazu aus:

"Die Familienbeihilfe wird grundsätzlich bis zum Abschluss der Berufsausbildung gewährt. Bisher wurde auch drei Monate nach Abschluss der Berufsausbildung die Familienbeihilfe weitergewährt. Aus Gründen der Budgetkonsolidierung soll diese Leistungsgewährung entfallen.

Demzufolge sind auch redaktionelle Anpassungen erforderlich.

Damit während der Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich keine Lücke entsteht, ist eine ergänzende Regelung im FLAG 1967 aufzunehmen. Durch diese Regelung soll insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig sind."

26 Die vergleichbare Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG betreffend die Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd leg. cit. und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes begonnen wird, war - damals noch die Zeit nach Beendigung des Präsenz- oder Zivildienstes regelnd - durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 269/1980 geschaffen worden. Der Vorschlag zu dieser Bestimmung war in der Regierungsvorlage (312 BlgNR 15. GP) noch nicht enthalten und findet sich ohne nähere Begründung in einem Abänderungsantrag (36. Sitzung NR XV. GP - Stenographisches Protokoll vom , S. 3559).

27 Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG erfordert dieser Tatbestand, dass die weitere Berufsausbildung tatsächlich begonnen wird. Dies kann zwar lediglich in einer ex post-Prüfung abschließend beurteilt werden, doch wird bei voraussichtlicher Erfüllung des Tatbestandes die Familienbeihilfe laufend gewährt und bei einer ex post-Prüfung allenfalls zurückgefordert.

28 Die weitere Berufsausbildung wird nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung etwa wegen der durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu erst später erfolgt oder wenn ein zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Aufnahmetest oder eine Aufnahmeprüfung nicht bestanden wird. Damit ist der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht erfüllt (vgl. auch 2011/16/0057, VwSlg 8.643/F, und Ro 2018/16/0048).

29 Dem Risiko, solche Zulassungsvoraussetzungen nicht zu erfüllen, kann u.a. dadurch begegnet werden, dass vorerst eine Tätigkeit aufgenommen wird (zB ein anderes Studium begonnen wird), welche bei späterer tatsächlicher Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen für die (primär) angestrebte Berufsausbildung wieder aufgegeben wird und aus der Sicht der Familienbeihilfe bei Beginn der (primär) angestrebten Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt als Berufsausbildung außer Betracht zu bleiben hat (vgl. 2012/16/0088) und im Falle eines Studiums nicht zu einem Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG führt (vgl. Ra 2018/16/0148).

30 Wenn die primär angestrebte Berufsausbildung nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen wird und somit ex post betrachtet den Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht verleiht, kann diese vorher ausgeübte Tätigkeit gegebenenfalls als Berufsausbildung gesehen werden, welche einen Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG und, wenn sie selbst zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen wurde, für die Zeit bis zu ihrem Beginn gegebenenfalls nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG verleiht.

31 Somit muss nach Abschluss der Schulausbildung nicht irgendeine möglichst früh antretbare Berufsausbildung (irgendein Studium) gewählt werden, um die Voraussetzung des Beginns der Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt zu erfüllen (vgl. auch Ra 2019/16/0131).

32 Andererseits ist eine Berufsausbildung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - unbeschadet der in Rz 28 angeführten Fälle - auch dann nicht zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, wenn bereits bei Abschluss der Schulausbildung absehbar ist, dass die angestrebte Berufsausbildung objektiv nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes begonnen werden kann, wobei ein Zeitraum von über einem Jahr oder über einem Studienjahr im allgemeinen nicht mehr als angemessen anzusehen sein wird. Diese Dauer entspricht etwa dem in der Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht eingeräumten Zeitraum von einem Jahr als Überlegungs- und Korrekturfrist zur endgültigen Wahl eines den Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Studiums oder einer sonstigen Berufsausbildung (vgl. etwa 8 Ob 92/16m; und 10 Ob 95/18w).

33 Dies könnte etwa dann zutreffen, wenn der Beginn einer solchen Berufsausbildung für diesen Zeitraum gar nicht angeboten wird.

34 Das revisionswerbende Finanzamt trägt u.a. vor, eine Zulassung zum Studium "Bildende Kunst" wäre auch ohne Matura möglich gewesen, einziges Kriterium wäre der Nachweis der künstlerischen Eignung im Rahmen der positiven Zulassungsprüfung gewesen.

35 Damit führt das Finanzamt seine Revision nicht zum Erfolg. Zwar fordert § 2 Abs. 1 lit. d FLAG nicht, dass für die dort genannte Berufsausbildung nach Abschluss der Schulausbildung der positive Abschluss dieser Schulausbildung auch vorausgesetzt wird. So wird der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG beispielsweise auch dann erfüllt, wenn nach einer mit der bestandenen Reifeprüfung abgeschlossenen Schulausbildung ein Lehrverhältnis nach dem Berufsausbildungsgesetz zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen wird.

36 Doch ist es für den Beginn der Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung nicht erforderlich, sich bereits vor Abschluss der - für die weitere Berufsausbildung allenfalls gar nicht vorausgesetzten - Schulausbildung einem Aufnahmeverfahren mit Prüfungen oder Tests zu unterziehen.

37 Im Revisionsfall durfte das Bundesfinanzgericht anhand der von ihm getroffenen Feststellungen davon ausgehen, dass J nach Abschluss der Schulausbildung am die von ihr angestrebte Berufsausbildung durch ein Diplomstudium der bildenden Kunst nach positiver Absolvierung des dafür vorgesehenen Aufnahmeverfahrens mit dem Wintersemester 2019/2020 zum frühest möglichen Zeitraum begonnen hat und dass die Mitbeteiligte die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen für den Streitzeitraum März und April 2019 nicht zu Unrecht bezogen hat.

In diesem Erkenntnis trat der Sohn des Mitbeteiligten nach Abschluss der HTL zum frühestmöglichen Termin im Februar 2017 zu einer Aufnahmeprüfung an der Universität für angewandte Kunst in Wien an, die er erfolgreich abgelegt hat. Im Oktober 2017 begann er das Studium an dieser Universität.

Der Gerichtshof hat die außerordentliche Revision des Finanzamts gegen das stattgebende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts mit Beschluss zurückgewiesen und unter anderem ausgeführt:

13 Das Finanzamt trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das vom Bundesfinanzgericht herangezogene Erkenntnis ( Ro 2016/16/0018) sei zu einem mit dem verfahrensgegenständlichen nicht vergleichbaren Sachverhalt ergangen, weshalb die darin gezogenen Schlüsse im Revisionsfall nicht anwendbar seien. Das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( 2011/16/0057) ab, welche den frühestmöglichen Zeitpunkt des Studienbeginns eher streng beurteilt habe.

14 Mit der Allgemeinheit dieser Formulierungen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargetan (vgl. Ra 2019/16/0181).

15 Darüber hinaus muss die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt sein. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage in der Rechtsprechung nach Einbringen der Revision geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. Ra 2017/16/0121).

16 Nach dem angefochtenen Erkenntnis und nach Erheben der Revision dagegen hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es für den Beginn der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung nicht erforderlich ist, sich bereits vor Abschluss der Schulausbildung einem Aufnahmeverfahren mit Prüfungen oder Tests zu unterziehen ( Ra 2020/16/0033).

17 Das angefochtene Erkenntnis weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab.

Kein Studienwechsel

Wie ausgeführt, hat ***6*** ***7*** zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Beendigung des Zivildiensts im Juni 2015 nach der Zulassung zum Humanmedizinstudium im Juni 2017, für das er sich bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Zivildienst beworben hat, im Oktober 2017 das Studium der Humanmedizin begonnen. Das nur zur Überbrückung zwischen dem Wintersemester 2015 und dem Sommersemester 2017 betriebene Chemiestudium wurde abgebrochen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach entschieden hat, ist der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 oder § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 grundsätzlich unabhängig davon, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird. Diese Überbrückung kann auch mit einem weiteren Studium erfolgen. Wird die ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, gründet sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und der Aufnahme der weiteren Berufsausbildung auf § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 oder § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967. Ein zur bloßen Überbrückung der Wartezeit aufgenommenes Studium stellt in diesem Fall keine, einen eigenständigen Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 auslösende, Berufsausbildung dar (vgl. ; ). In diesem Fall stellt sich auch nicht die Frage eines Studienwechsels unter Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln (vgl. abermals ).

Wird aber die Wunschausbildung nicht zum frühestmöglichen Beginn nach Ende der Schulausbildung begonnen, kann die spätere Aufnahme eines von vornherein ins Auge gefassten, jedoch nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnenen Studiums sehr wohl einen "schädlichen" Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG darstellen. Dieser liegt vor, wenn das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wird. In diesem Fall steht ein Familienbeihilfenanspruch erst nach Ablauf der in § 17 Abs. 4 StudFG (idF vor BGBl. I Nr. 54/2016) bzw. Abs. 3 StudFG (idF BGBl. I Nr. 54/2016) normierten Wartezeit zu (vgl. ).

Frühestmöglicher Zeitpunkt des Studienbeginns

Es kommt daher darauf an, ob das Studium der Humanmedizin zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung der Schulausbildung im Sinne der dargestellten Rechtsprechung begonnen worden ist.

Zunächst ist zu sagen, dass anders als in dem dem Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt, die angestrebte Ausbildung, nämlich das Studium der Humanmedizin, vom Sohn der Bf tatsächlich begonnen wurde. Dieses Studium wurde auch, anders als in dem dem Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt, an jener Universität begonnen, bei der sich der Sohn der Bf von Anfang an beworben hat, nämlich an der Medizinischen Universität Wien.

Entscheidend ist, ob die "ins Auge gefasste Ausbildung" tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wird (vgl. ; ). Der Sohn der Bf ist nach Beendigung seines Zivildienstes im Juni 2015 zu jedem verfügbaren Aufnahmetest für das Medizinstudium angetreten, allerdings absolvierte er diesen Test erst im Juli 2017 positiv und begann das Studium im Oktober 2017.

Der VwGH hat bereits im Erkenntnis ausgesprochen, dass bei einem Humanmedizinstudium der positive Abschluss eines Auswahlverfahrens Studienvoraussetzung ist. Wenn der Studienbeginn wegen eines Auswahlverfahrens erst nach diesem Verfahren möglich sei, stehe für die Zeit zwischen Beendigung des Ausbildungsdienstes und dem Studienbeginn Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 zu.

Dem Sohn der Bf fällt auch keine Verzögerung zur Last (vgl. ), da er zu sämtlichen (einmal jährlich stattfindenden) Aufnahmetests angetreten ist. Das im Oktober 2017 begonnene Humanmedizinstudium wurde daher im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Beendigung des Zivildiensts im Juni 2015 und positiver Absolvierung des erforderlichen Aufnahmeverfahrens begonnen.

Keine Wartezeit

Da nach den vorstehenden Ausführungen das Chemiestudium nur ein Überbrückungsstudium war, liegt kein "schädlicher" Studienwechsel vor. Für den Sohn der Bf steht daher im Rückforderungszeitraum Oktober 2017 bis Juni 2018 Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für das erste Studienjahr des Humanmedizinstudiums zu.

Keine Rückforderung

Da die Bf im Beschwerdezeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hat, sind die bereits ausgezahlten Beträge für diesen Zeitraum nicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückzufordern.

Aufhebung des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich als mit Rechtswidrigkeit behaftet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO aufzuheben.

Keine Zulassung einer Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105496.2018

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