Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.08.2021, RV/6100634/2012

Nachweis von Betriebsausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***BE*** in der Beschwerdesache ***BF***,***BF-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA ***FA1*** (nunmehr FA Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2010, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am reichte der Beschwerdeführer (Bf) beim Finanzamt eine Einkommensteuererklärung 2010 für beschränkt Steuerpflichtige ein. Darin erklärte er einen Verlust aus selbstständiger Arbeit in der Höhe von € 1.421 aufgrund seiner Tätigkeit als Zahnarzt in Österreich. Dieser Erklärung wurde eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für den Zeitraum 12.01.- beigelegt.

Daraufhin versandte das Finanzamt am ein Ergänzungsersuchen (Frist zur Beantwortung bis ), in dem der Bf dazu aufgefordert wurde folgende Aufwendungen belegmäßig zu dokumentieren:

  • Versicherungen und Beiträge

  • Übernachtungskosten

  • Reisekosten (Fahrtkosten)

  • Verpflegungsmehraufwand

  • Sonstige betriebliche Aufwendungen

  • Fachliteratur

  • Rechts- und Beratungskosten

  • Fahrzeuginstandhaltung

  • Betriebsbedarf

  • Berufskleidung und Wäsche

Nach einer gewährten Fristverlängerung beantwortete der Bf dieses Ergänzungsersuchen mit Schreiben vom , in dem er ausführte, dass es sich bei den Versicherungen um Berufshaftpflichtversicherungen und Beiträge zu zahnärztlichen Verbänden handle. Die Übernachtungskosten seien für ein Hotel in ***1*** in der Höhe von € 55 pro Nacht veranschlagt worden. Die Fahrtkosten würden sich wie folgt zusammensetzen: 327 km von ***2*** nach ***3*** multipliziert mit 0,30 € pro km, wöchentlich, für 12 Wochen. Den Verpflegungsmehraufwand habe er mit € 15 pro Tag für 3 Tage in der Woche und ebenfalls 12 Wochen angenommen. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen seien bereist detailliert aufgeschlüsselt worden. Zu den Rechts- und Beratungskosten hätte er Belege beigefügt. Die Kosten für die Wäsche würden aufgrund der häufigen Reinigung der Kleidung bei seiner chirurgischen Tätigkeit entstehen.

Als Unterlagen fügte der Bf zwei Honorarnoten eines Rechtanwaltes in der Höhe von € 1.173 und € 501,36 im Zusammenhang mit einem "Verwaltungsstrafverfahren nach Zahnärztegesetz" bei. Außerdem wurde ein Schreiben des Rechtsanwalts vom beigelegt, in dem dieser ua. ausführt vom Bf bislang "keinen Cent" erhalten zu haben. Weitere Unterlagen wurden nicht vorgelegt.

Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom wurden die vom Bf geltend gemachten Werbungskosten mit Ausnahme der Fahrtkosten und des Verpflegungsmehraufwandes nicht anerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass trotz Aufforderung die benötigten Unterlagen nicht beigebracht worden seien. Die nicht bezahlten Rechtsanwaltskosten seien noch kein Aufwand und deshalb nicht abzugsfähig.

Dagegen erhob der Bf fristgerecht mit Schreiben vom Berufung (nunmehr Beschwerde) und führte zur Begründung aus, dass sich die Belege für die Berufshaftpflichtversicherung in Deutschland befänden. Er sei jedoch mit einer Schätzung dieser Kosten einverstanden. Die Belege für die Übernachtung müsse er selbst erst anfordern und benötige dazu eine Frist bis . Bezüglich Telefon, Porto und PKW Instandhaltung habe er ebenfalls keine Unterlagen. Das Finanzamt könne diese jedoch jederzeit bei den zuständigen Unternehmen (Werkstatt, usw.) anfordern. Beim PKW sei im Zuge eines Unfalles ein Totalschaden entstanden (Unfalldatum ). Die diesbezüglichen Unterlagen seien bislang vom Finanzamt nicht verlangt worden. Die Ausgaben betreffend Berufskleidung seien regelmäßig anfallende Kosten, für die keine Belege notwendig seien. Hier würden normalerweise von allen Finanzämtern Pauschalen berücksichtigt.

Mit Schreiben vom (Frist zur Beantwortung bis ) versandte das Finanzamt erneut einen Vorhalt, mit dem die Unterlagen angefordert wurden. Ergänzend wurden Nachweise bezüglich der Fahrzeuginstandhaltung und der Abschleppkosten sowie der beruflichen Veranlassung in diesem Zusammenhang angefordert.

Am ersuchte der Bf um Verlängerung der Frist bis , da ihm die Belege trotz Anforderung bei den Firmen, noch nicht vorliegen würden.

Innerhalb der (verlängerten) Frist wurde vom Bf keine Beantwortung eingebracht.

Das Finanzamt versandet daher am abermals einen Vorhalt mit gleichem Inhalt und dem Hinweis, dass es sich um eine letztmalige Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen handle.

In seinem Antwortschreiben vom führte der Bf an, dass er bereits fristgerecht zum die geforderten Unterlagen im Original eingereicht hätte. Er könne die Belege daher nicht (noch einmal) vorlegen. Vielmehr fordere er das Finanzamt dazu auf diese an ihn zurückzusenden.

Mit Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die mehrmals schriftlich angeforderten Unterlagen, entgegen der Behauptung des Bf, nicht vorgelegt worden seien.

In der Folge stellte der Bf einen Vorlageantrag (Datum ). Diesen Antrag begründete er damit, dass das Finanzamt keine Beweise für die fehlenden Unterlagen erbracht hätte. Er habe die Unterlagen fristgerecht zum Termin am vorgelegt und könne sie daher nicht noch einmal einreichen, zumal es sich um Originale gehandelt hätte. Er forderte das Finanzamt abermals dazu auf ihm diese zurückzusenden.

Das Finanzamt legte daraufhin die Beschwerde am dem damaligen Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und beantragte dem Bf ein Betriebskostenpauschale in der Höhe von 12% seiner Einnahmen zu gewähren, da die Betriebskosten nicht nachgewiesen werden konnten.

Gemäß § 323 Abs. 38 1. Satz BAO idF FVwGG 2012, BGBl I Nr. 14/2013, sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Im Akt befinden sich noch folgende entscheidungsrelevante Unterlagen:

  • Ein Schreiben der Landeszahnärztekammer ***4*** in dem ausgeführt wird, dass der Bf im Rahmen seiner Tätigkeit in Österreich nicht in der Zahnärzteliste der Zahnärztekammer eingetragen war. Dies stelle einen Verstoß gegen das Zahnärztegesetz dar.

  • Eine Abrechnung des ***5***, aus dem die Einkünfte des Bf in der Höhe von € 21.500 für den Zeitraum - hervorgehen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf hatte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum seinen Hauptwohnsitz in ***2***, Deutschland. Im Jahr 2010 war er von 01.01. bis 14.03. in Österreich als Zahnarzt in der ***5*** tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit erzielte er Einnahmen in der Höhe von insgesamt € 21.500. Er hatte in Österreich weder Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt.

Für seine Tätigkeit in Österreich im Jahr 2010 machte er folgende Betriebsausgaben geltend:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Versicherungen und Beiträge
889,50 €
Übernachtungskosten
1.872,00 €
Fahrtkosten
1.176,00 €
Verpflegungsmehraufwand
540,00 €
Abschreibung Betriebsvermögen
12.890,00 €
Sonstige betriebliche Aufwendungen
405,85 €
Porto
35,80 €
Telefon
125,60 €
Bürobedarf
45,00 €
Fachliteratur/-zeitschriften
289,30 €
Rechts- und Beratungskosten
2.615,08 €
Kosten des Geldverkehrs
32,64 €
Fahrzeuginstandhaltung
1.235,80 €
Betriebsbedarf
494,97 €
Berufskleidung
128,70 €
Wäsche
145,00 €
Summe Betriebsausgaben
22.921,24 €

Im Erstbescheid wurden nur die Fahrtkosten und der Verpflegungsmehraufwand anerkannt.

Die Rechtsanwaltskosten wurden nicht im Jahr 2010 bezahlt.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vom Finanzamt vorgelegten Akt, den Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes (insbesondere Abfragen aus dem Abgabeninformationssytem des Bundes, AIS) und den vom Bf vorgelegten Unterlagen.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweislastregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen (Ritz, BAO6, § 167, Tz 6). Nach dem im § 167 Abs. 2 BAO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat sich das Bundesfinanzgericht - zwar ohne an formale Regeln gebunden zu sein, aber unter Wahrung aller Verfahrensgrundsätze (ordnungsgemäß und vollständig durchgeführtes Ermittlungsverfahren, Parteiengehör) - Klarheit über den maßgebenden Sachverhalt zu verschaffen (vgl. ).

Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Beschwerdeverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (siehe und ).

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten weniger wahrscheinlich erscheinen lassen oder nahezu ausschließen.

Die Beweiswürdigung muss den Denkgesetzen entsprechen () und darf dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen ().

Im von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakt befinden sich außer den Honorarnoten des Rechtsanwaltes vom und vom , sowie dem Schreiben vom keine weiteren Unterlagen bezüglich der geltend gemachten Werbungskosten. Das Finanzamt hält in mehreren Aktenvermerken fest, dass der Bf weitere Unterlagen nie vorgelegt habe.

In der Berufung vom führte der Bf an, dass er die geforderten Unterlagen erst selbst bei den jeweiligen Unternehmen anfordern müsse bzw. dass eine Vorlage nicht notwendig sei. Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf daraufhin (erneut) dazu aufgefordert die Unterlagen bis zum vorzulegen. Mit Schreiben vom ersuchte der Bf um Fristverlängerung bis zum . Diese Fristverlängerung wurde gewährt. Eine Beantwortung durch den Bf fand jedoch nicht statt.

Am versandte das Finanzamt einen weiteren Vorhalt mit gleichem Inhalt und dem Hinweis "letztmalig". In seinem Antwortschreiben vom und in weiterer Folge im Vorlageantrag führte der Bf aus, dass er die Unterlagen bereits fristgerecht am eingereicht hätte und er diese daher nicht noch einmal vorlegen könne. Dies wurde vom Bf nicht nachgewiesen und erscheint auch nicht glaubhaft. Hätte der Bf, wie behauptet, die Unterlagen fristgerecht zum vorgelegt, wäre ein Antrag auf Fristverlängerung sinnlos gewesen. Ebenso entspricht es nicht der Lebenserfahrung, dass Originalbelege vorgelegt und keine Kopien angefertigt werden. Nach den Ausführungen in der Berufung hätte der Bf außerdem von vorneherein keine Unterlagen mehr gehabt und hätte er diese selbst erst anfordern müssen. Dies steht in Wiederspruch mit der Angabe die Originalbelege dem Finanzamt vorgelegt zu haben.

Es ist daher insgesamt nicht glaubhaft, dass der Bf die Unterlagen bereits vorgelegt hätte und er keine Möglichkeit mehr gehabt hätte diese (nochmals) zu beschaffen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen beschränkt steuerpflichtig, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.

Nach § 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 unterliegen ua. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist der beschränkten Steuerpflicht. Die Arbeit wird im Inland

  • ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig geworden ist

  • verwertet, wenn sie zwar nicht im Inland persönlich ausgeübt wird, aber ihr wirtschaftlicher Erfolg der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt ist.

Artikel 14 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Deutschland) lautet:

"Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit bezieht, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass der Person im anderen Vertragsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht. Steht ihr eine solche feste Einrichtung zur Verfügung, so dürfen die Einkünfte im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können."

Da der Bf in Österreich weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist er grundsätzlich mit seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit in Österreich nach § 98 EStG beschränkt steuerpflichtig.

Der Bf war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum im ***5*** als Zahnarzt tätig. Das ***5*** stellt eine feste Einrichtung im Sinne des Art. 14 DBA Deutschland dar. Die daraus entstandenen Einkünfte dürfen daher in Österreich im Rahmen des § 98 EStG 1988 besteuert werden.

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Durch den Betrieb veranlasst sind Aufwendungen oder Ausgaben dann, wenn die Leistungen, für die die Ausgaben erwachsen, ausschließlich oder doch vorwiegend aus betrieblichen Gründen erbracht werden.

Nach § 4 Abs 5 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich betrieblich veranlassten Reisen ohne Nachweis ihrer Höhe als Betriebsausgaben anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Dabei steht das volle Tagesgeld für 24 Stunden zu. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.

Gemäß § 19 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Nach § 138 BAO haben die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Gemäß § 161 BAO hat die Abgabenbehörde soweit nötig, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, dass die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag). Wenn die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hegt, hat sie die Ermittlungen vorzunehmen, die sie zur Erforschung des Sachverhaltes für nötig hält. Sie kann Abgabepflichtige unter Bekanntgabe der Bedenken zur Aufklärung bestimmter Angaben auffordern (Bedenkenvorhalt). Erforderliche Beweise sind aufzunehmen.

Nach § 119 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Der Offenlegung dienen insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

Gemäß § 115 Abs 1 BAO sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, soweit sie abgabenrechtlich relevant sind, zu ermitteln. Zu erforschen ist die materielle Wahrheit (Untersuchungsgrundsatz).

Die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörden besteht innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes (; ; ).

Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht (; ; ).

Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht - zB bei Nichtbeantwortung eines Vorhaltes - verletzt, doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst (; ). In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hierzu nicht bereit ist bzw. eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (; ; ).

Betriebsausgaben und Werbungskosten sind im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nur insoweit zu berücksichtigen, als sie mit Einkünften iSd § 98 EStG 1988 in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Wirtschaftlicher Zusammenhang liegt bei Betriebsausgaben vor, wenn sie durch den inländischen Betrieb oder durch die inländische Tätigkeit veranlasst.

Zu den geltend gemachten Betriebsausgaben im Einzelnen:

Porto, Bürobedarf, Fachliteratur, Kosten des Geldverkehrs, Betriebsbedarf und sonstige betrieblichen Aufwendungen:

Im gegenständlichen Fall hat der Bf trotz mehrmaliger Aufforderung keine Unterlagen bzw. Nachweise vorgelegt (siehe Beweiswürdigung). Im Sinne der eben angeführten gesetzlichen Bestimmungen und der Judikatur des VwGH, wäre es Sache des Bf gewesen, Belege für seine geltend gemachten Kosten beizubringen, zumal es sich hierbei um belegbare Aufwendungen handelt. Die Kosten können daher nicht anerkannt werden.

Versicherungen und Beiträge:

Dasselbe gilt für die Aufwendungen für Versicherungen und Beiträge. Eine Schätzung ist hier nicht möglich, da nicht geklärt werden konnte, ob der Bf in Österreich überhaupt Versicherungsbeiträge geleistet hat bzw. ob diese Beträge nicht in Deutschland bereits berücksichtigt worden sind. Bei Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Betriebsausgaben und der Tätigkeit im Inland bestehen. Dies wurde vom Bf nicht nachgewiesen. Aus dem Schreiben der Zahnärztekammer geht hervor, dass der Bf nicht in der Zahnärzteliste der Österreichischen Zahnärztekammer eingetragen war. Inwiefern der Bf im Jahr 2010 überhaupt österreichische Versicherungs- und Verbandsbeiträge bezahlt hat, lässt sich ohne Nachweise daher nicht feststellen.

Telefon:

Die Telefonkosten in der Höhe von € 125,60 sind im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Bf glaubhaft und als Betriebsausgaben anzuerkennen.

Fahrtkosten, Übernachtungskosten, Verpflegungsmehraufwand:

Fahrtkosten sind Aufwendungen anlässlich betrieblich bzw. beruflich veranlasster Fahrten. Der Nachweis der betrieblich veranlassten Fahrtkosten mit dem PKW (tatsächliche Aufwendungen/Kilometergelder) hat grundsätzlich mit einem Fahrtenbuch zu erfolgen, doch ist der Nachweis auch auf andere Weise zulässig ().

Wird ein Fahrzeug überwiegend betrieblich genutzt, befindet es sich im Betriebsvermögen. Dies bedeutet, dass die tatsächlichen Aufwendungen - allenfalls gekürzt um einen Privatanteil - als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Der Ansatz von Kilometergeld ist dann unzulässig (Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 4, Rz 330).

Fehlt ein exakter Kostennachweis, sind die Fahrtkosten zu schätzen. Übersteigt die Fahrleistung eines Fahrzeuges 30.000 Kilometer im Jahr nicht, so kann die Schätzung auch mit dem amtlichen Kilometergeld (€ 0,42/km) durchgeführt werden. Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei, wobei im Einzelfall jener Methode der Vorzug zu geben ist, die zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. ; Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 4 Rz 330).

Nachweise hinsichtlich der tatsächlichen Kosten wurden vom Bf nicht erbracht. Es ist grundsätzlich glaubhaft, dass der Bf wöchentlich die Strecke zwischen ***3*** und seinem Heimatort in Deutschland (***2***) zurückgelegt hat. Laut der Einnahmen-Ausgabenrechnung war der Bf im Jahr 2010 von 12.01. bis 24.02. in Österreich tätig, laut der Aufstellung des ***5*** von 01.01. bis 14.03. Nimmt man den Zeitraum bis an, wäre der Bf insgesamt 11 Wochen im Jahr 2010 Österreich tätig gewesen. Die Fahrtkosten werden daher mit dem amtlichen Kilometergeld in der Höhe von 0,42 € für die vom Bf angegebenen 327 Kilometer (Strecke ***2*** ***3*** und retour) für 11 Wochen geschätzt. Dies ergibt einen Gesamtbetrag an Fahrkosten in der Höhe von € 1.510,74 (0,42 x 327 x 11). Die vom Bf geltend gemachten tatsächlichen Kfz-Kosten (Instandhaltung) sind mit dem Kilometergeld abgegolten und können nicht zusätzlich angesetzt werden.

Bei der unter dem Titel "Abschreibungen auf Betriebsvermögen" geltend gemachten Abschreibung des PKW wegen Totalschadens bei einem Unfall (samt Abschleppkosten) ist eine betriebliche Veranlassung nicht feststellbar, da Unterlagen zur Beurteilung des behaupteten Sachverhalts nicht vorgelegt wurden. Die beantragten Betriebsausgaben wurden weder dem Grunde noch der Höhe nach nachgewiesen und können daher nicht anerkannt werden.Sofern der vom Bf angegebene Unfallzeitpunkt zutrifft, scheidet eine Geltendmachung der damit zusammenhängenden Kosten im Jahr 2010 ohnehin aus.

In diesem Sinne werden auch die Nächtigungskosten mit den vom Bf angegeben € 55 pro Nacht für 3 Nächte pro Woche und 11 Wochen geschätzt. Dies ergibt einen Gesamtbetrag in der Höhe von € 1.815 (55 x 3 x 11).

Zum pauschalen Verpflegungsmehraufwand ist nach der ständigen Rsp des VwGH der im § 16 Abs 1 Z 9 EStG (§ 4 Abs 5 EStG) verwendete Begriff "ausschließlich beruflich/betrieblich veranlasste Reisen" nicht gleichzusetzen mit dem im § 26 Z 7 leg cit verwendeten Begriff "Dienstreise". Die Berücksichtigung pauschaler Reisekostensätze als Werbungskosten/Betriebsausgaben kommt vielmehr nur in Betracht, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher/betrieblicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird (vgl. zB. VwGH 14.06.988, 87/14/0125; ). Eine Reise im Sinn der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften beginnt in der Regel beim Tätigkeitsort und nicht beim Wohnort (). Erstreckt sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf mehrere Orte in der Weise, dass jeder Ort - für sich betrachtet - Mittelpunkt der Tätigkeit sein könnte, dann ist jeder dieser Orte als Mittelpunkt der Tätigkeit zu qualifizieren und der Aufenthalt an ihm keine Reise (; Jakom/Lenneis EStG, 2021, § 16 Rz 43).

Im vorliegenden Fall war der Bf im Jahr 2010 rund drei Monate in Österreich tätig. Der Mittelpunkt der Tätigkeit war in diesem Zeitraum in Österreich. Eine betrieblich veranlasste Reise im Sinn des § 4 Abs 5 EStG 1988 liegt daher nicht vor, weswegen der pauschale Verpflegungsmehraufwand nicht als Betriebskosten berücksichtigt werden kann. Dies gilt selbst dann, wenn er in dieser Zeit auch in Deutschland tätig gewesen wäre.

Berufskleidung/Wäsche:

Nach der Rsp. des VwGH stellen Aufwendungen für Arbeitskleidung, soweit es sich nicht um typische Berufskleidung, sondern um sog. bürgerliche Kleidung (zB Zivilanzüge, Straßenanzüge, weiße Hemden) handelt, die privat benützt werden kann, keine Werbungskosten/Betriebsausgaben dar, und zwar selbst dann nicht, wenn die Kleidung ausschließlich bei der Berufsausübung getragen wird (). Um welche Art von Berufskleidung es sich beim Bf handelt, wurde von diesem nicht dargelegt bzw. nachgewiesen. Es ist durchaus üblich, dass Ärzte im Zuge ihrer Berufsausübung mittlerweile auch bürgerliche Kleidung tragen (etwa weiße Hose, Polohemd). Die Kosten für die Berufskleidung können daher nicht berücksichtigt werden. Die geltend gemachten Kosten für deren Reinigung wurden nicht nachgewiesen und können gleichfalls nicht anerkannt werden.

Rechts- und Beratungskosten:

Aus dem Schreiben des Rechtsanwaltes vom geht hervor, dass der Bf sämtliche Honorarnoten bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht beglichen hatte. Da der Bf seinen Gewinn mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt und dabei die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nicht im Zeitpunkt des Entstehens, sondern im Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung bzw. Verausgabung erfasst werden (Zufluss-Abfluss-Prinzip, § 19 EStG), können die Kosten für den Rechtsanwalt nicht im Jahr 2010 in Abzug gebracht werden.

Die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit des Bf im Jahr 2010 stellen sich wie folgt dar:


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Einnahmen
Ausgaben
21.500,00 €
Telefon
125,60 €
Fahrtkosten
1.510,74 €
Übernachtungen
1.815,00 €
Betriebsausgaben gesamt
3.451,34 €
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
18.048,66 €

Die vom Finanzamt beantragte pauschale Berechnung der Betriebsausgaben in der Höhe von 12 % der Einnahmen (€ 2.580), würden ein für den Bf ungünstigeres Ergebnis bedeuten und kommen daher nicht zur Anwendung.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor. In rechtlicher Hinsicht folgt das Bundesfinanzgericht der im Erkenntnis dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Im Übrigen sind Tatfragen, die nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beantworten sind, einer ordentlichen Revision nicht zugänglich.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100634.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at