Rückzahlung von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf., Adresse, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Der vom FA am erlassene, an den Beschwerdeführer (Bf) adressierte, ggstdl. Bescheid lautet wie folgt:
" …
Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014
Die Berechnung der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014 ergibt einen Rückzahlungsbetrag von 1.496,82 €.
…
1. Ermittlung der Abgabe
Bf ….
Einkommen (§ 2 Abs 2 EStG) 23.317,81 €
...
KM
Einkommen (§ 2 Abs 2 EStG) 12.574,82 €
....
Gesamteinkommen iSd § 19 KBGG 35.892,63 €
Abgabe gem. § 19 Abs. 1 KBGG 5% von € 35.892,63 1.794,63 €
Abgabe 1.496,82 €
2. Ermittlung des offenen Rückzahlungsbetrages
Ausbezahlte Zuschüsse bis zum 1.496,82 €
bisher vorgeschriebene Rückzahlungsbeträge 0,00 €
- Rückzahlung lt. Spruch 1.496,82 €
Verbleibender Rückzahlungsbetrag für Folgejahre 0,00 €
Begründung:
Für Ihr Kind AB wurden Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt.
Gem. § 18 Abs 1 Z 2 KBGG sind im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)gatten zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld liegt es im Ermessen der Behörde, wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben wird.
Im Jahr 2014 wurden die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten. Die Behörde hat nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände Sie auf Grund Ihrer Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen.
..."
In der Beschwerde vom brachte der Bf vor, er lege eine Stellungnahme der BVA über rückzahlbare Leistungen für die Jahre 2009 und 2010 in Kopie bei.
Die ehemalige Lebensgefährtin des Bf, KM, hätte den vollständigen Betrag für das Jahr 2009 zurückbezahlt. Für das Jahr 2010 hätte sie nichts bezahlen müssen, da in einem gerichtlichen Beschluss festgehalten worden sei, dass die Leistung gerechtfertigt gewesen wäre.
Beigelegt war eine Nachricht der BVAEB per Mail an KM mit folgendem Wortlaut:
"... Mit Bescheid vom wurde die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum von bis in der Höhe von EUR 1.811.94 widerrufen.
Diese Rückforderung wurde von Ihnen in Ratenzahlungen beglichen.
Weiters wurde mit Bescheid vom die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum von bis in der Höhe von EUR 1.496,82 widerrufen.
Gegen diesen Bescheid haben Sie Klage eingereicht. Die Entscheidung des Gerichtes erfolgte zu Ihren Gunsten.
Die Rückforderung musste nicht beglichen werden.
..."
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Anmerkung: wenn auch bezeichnet als BVE "bezüglich der Beschwerde ... gegen den Zinsenbescheid zur Rückforderung zum KBGG (ZKBG) 2014 vom ", so wird erkennbar über die Beschwerde gegen den Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014 vom abgesprochen).
In der Begründung wurde i.w. ausgeführt, die Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld betreffe den Zeitraum von - .
Bei der Verpflichtung, den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld zurückzubezahlen, sei zwischen einer Rückzahlung gemäß §§ 18 KBGG und einer Rückforderung gemäß § 31 KBGG zu unterscheiden.
Gebührte der Zuschuss nach dem Gesetz im Jahre der Auszahlung nicht, so sei der Bescheid über die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld zu widerrufen und der ausbezahlte Zuschuss durch den zuständigen Krankenversicherungsträger gemäß § 31 KBGG zurückzufordern.
Sei hingegen die Leistung im Zeitpunkt der Leistungserbringung zu Recht gewährt worden, überschreite aber in weiterer Folge das nach § 19 Abs. 2 KBGG ermittelte Einkommen die in § 19 Abs. 1 KBGG angeführten Grenzen, sei eine Rückzahlung im Wege einer Abgabenvorschreibung nach §§ 18 ff. KBGG durch das zuständige FA zu veranlassen.
In dem in der Beschwerde angeführten Urteil sei entschieden worden, dass der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld zum Zeitpunkt der Auszahlung zu Recht bestanden habe und die Rückforderung gemäß § 31 KBGG durch den Krankenversicherungsträger zu Unrecht erfolgt sei.
Ggstdl. Bescheid betreffe hingegen den Fall des §§ 18 KBGG.
Die Abgabe sei festgesetzt worden, da im Jahr 2014 die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten worden seien.
Im Vorlageantrag vom wurde i.w. vorgebracht, am seien die Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld, welche für den Zeitraum von bis gewährt worden waren, von der KM KM rückgefordert worden. Da aber in diesem Zeitraum keine Lebensgemeinschaft des Bf mit der KM mehr bestanden habe und die KM selbst die Einkommensgrenzen nicht überschritten habe, sei ihre Verpflichtung zur Rückzahlung für diesen Zeitraum entfallen.
Da die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG im Jahr 2014 aber vom Bf überschritten worden sei, sei der Abgabenanspruch im Jahr 2014 (und damit innerhalb der in § 21 KBGG normierten Siebenjahresfrist) entstanden. Die fünfjährige Verjährungsfrist betreffend die Abgabe für das Jahr 2014 habe mit Ablauf dieses Jahres, somit am , zu laufen begonnen und habe am geendet. Da jedoch vom FA innerhalb offener Frist eine nach außen in Erscheinung tretende Amtshandlung iSd § 209 Abs 1 BAO gesetzt worden sei, sei eine Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr bewirkt worden.
Diese Bestimmungen seien gemäß § 49 Abs. 23 KBGG mit außer Kraft getreten, seien aber auf Geburten bis zum weiterhin anzuwenden.
Aufgrund des siebenjährigen Beobachtungszeitraums seien diese Regelungen bis zum Veranlagungsjahr 2016 anzuwenden und kämen nun im Jahr 2020 und (abschließend) im Jahr 2021 zur Rückforderung.
Laut 54/ME XXVII. GP - Ministerialentwurf sei die Problematik dabei, "dass die Rückzahlungsbeträge aufgrund des im Veranlagungsjahr 2015 bzw. 2016 erzielten Einkommens berechnet werden, die Rückzahlungsbeträge jedoch aus dem laufenden Einkommen 2020/2021 zu bezahlen sind. Dies würde aufgrund der durch die COVID-19-Krise bedingten Einkommensausfälle für die meisten Familien eine nicht vertretbare Härte und finanzielle Belastung darstellen."
Sozial schwache Eltern, die vor Jahren während der Kleinkindphase den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Anspruch genommen haben und mit Zahlungsverpflichtungen an die Abgabenbehörde konfrontiert sind, sollen entlastet werden.
Im § 49 Abs. 23 BGBl. I Nr. 111/2020 sei daher folgender Satz angefügt worden:
"Abgaben im Sinne des § 18 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009, für die der Abgabenanspruch gemäß § 21 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009 mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 oder 2016 entstanden ist, sind nicht festzusetzen; im Fall der bereits erfolgten Festsetzung ist von Amts wegen der Festsetzungsbescheid aufzuheben und der festgesetzte Betrag zurückzuzahlen."
Nicht bedacht worden sei dabei aber die 1-jährige Verlängerungsmöglichkeit, die es den Behörden ermögliche, im Jahr 2020 Abgabenschulden aus 2014 zu fordern. Es handle sich offensichtlich um eine planwidrige Lücke seitens des Gesetzgebers.
Auch Abgabenschulden aus 2014 sollten daher von einer Rückzahlungspflicht befreit sein, wenn sie im Jahr 2020 gefordert werden. Es stehe nämlich ohne Zweifel fest, dass durch den Zweck des Gesetzes auch eine Befreiung der Abgabenschuld für das Jahr 2014 geboten erscheine.
Außerdem sei der Zuschuss für den Zeitraum 2010 ursprünglich als Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld für nicht alleinstehende Partner gemäß § 13 KBGG vom Bf und seiner Exlebensgefährtin KM in Anspruch genommen worden (da AB 2009 geboren war und 2009 auch schon der Zuschuss in Anspruch genommen wurde). Das sei aber dann mit dem Urteil der BVA, welches beigelegt sei, auf einen Anspruch gemäß § 11 KBGG umgedeutet worden, da der Bf und KM 2010 ja schon getrennt waren. Die Rückforderung gegenüber KM sei damals eingestellt worden, da sie die Einkommensgrenze nicht überschritten hatte.
Das Urteil sage jedoch nur aus, dass das Geld damals zu Recht ausbezahlt worden sei. Die Rückforderung vom FA betreffe jedoch das nachträgliche Überschreiten der Einkommensgrenzen des Bf.
Eine Rückforderung gemäß § 18 Abs 1 Z 2 KBGG scheine hier aber nicht geboten, da dieser nur für Eltern gelte, "wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde".
§ 9. (1) KBGG laute:
"Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben
1. alleinstehende Elternteile (§11),
2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,
3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und
4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§11,12 oder 13."
Wenn der Anspruch seiner Ex-Lebensgefährtin damals als Zuschuss gemäß § 11 KBGG ("als Alleinstehende") bestanden habe, könne er nicht vom Bf zurückgefordert werden, da § 18 Abs 1 Z 2 KBGG eine Rückforderung gemäß § 9 Abs 1 Z 1 KBGG gar nicht vorsehe.
Daher bestehe die Rückforderung gemäß § 18 Abs 1 Z 2 KBGG nicht zu Recht, da der Zuschuss nicht vom Ex-Partner eines alleinstehenden Elternteils zurückgefordert werden könne, und seitens des Gesetzgebers eine Rückforderung aus dem Jahr 2014, wenn auch nicht ausdrücklich festgeschrieben, offensichtlich gar nicht erwünscht sei.
Der Bf ersuche das Bundesfinanzgericht, seiner Beschwerde statt zu geben.
Das FA legte am die Beschwerde dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Da der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wie auch im Vorlageantrag angeführt, von den Elternteilen gemeinsam beantragt worden sei, handle es sich um einen Zuschuss gemäß § 13 KBGG. In diesem Fall werde von beiden Elternteilen eine Erklärung unterfertigt, mit der sie sich zur Rückzahlung des Zuschusses gemäß § 18 KBGG verpflichteten. Lebten die Eltern im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs dauernd getrennt, so sei die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig sei. Aufgrund der Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten der KM sei der Bf zur Rückzahlung des Zuschusses zum KBG herangezogen worden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
Folgender Sachverhalt steht fest:
Die ehemalige Lebensgefährtin des Bf, Fr KM, bezog für den Zeitraum vom bis für ihr Kind AB, geb. am 2009, einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von insgesamt EUR 1.496,82. Der Bf, ehemaliger Lebensgefährte und Kindesvater, hatte den gemeinsamen Haushalt spätestens Ende Dezember 2009 verlassen und war nicht mehr dorthin zurückgekehrt. Seine bestehende polizeiliche Meldung an der letzten gemeinsamen Adresse hielt er entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten über den hinaus aufrecht.
Auch für den Zeitraum von bis hatte die Kindesmutter (KM) einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von der BVAEB iHv EUR 1.811,94 erhalten, welcher wegen Überschreitens der Einkommensgrenze widerrufen und von der KM an die BVAEB rückgezahlt wurde.
Am forderte die BVAEB die Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld, welche für den Zeitraum von bis gewährt worden waren, von der KM KM zurück. Da aber in diesem Zeitraum keine Lebensgemeinschaft des Bf mit der KM mehr bestanden und die KM selbst die Einkommensgrenzen nicht überschritten hatte, stellte das ASG Wien mit Urteil vom 2015, Gz. XYZ, fest, dass keine Verpflichtung zur Rückzahlung für diesen Zeitraum besteht.
Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld wurde von den Elternteilen gemeinsam beantragt.
Im Jahr 2014 erzielten der Bf und seine ehemalige Lebensgefährtin ein Gesamteinkommen iSd § 19 KBGG iHv EUR 35.892,63, wobei EUR 23.317,81 auf den Bf und EUR 12.574,82 auf die KM entfielen.
Im Jahr 2019 setzte das FA eine an den Bf gerichtete, nach außen in Erscheinung tretende Amtshandlung.
Der Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter ZKBG datiert vom und wurde zeitnah (jedenfalls im Jahr 2020) zugestellt.
Beweiswürdigung:
Dass der Bf den gemeinsamen Haushalt trotz aufrechter Meldung spätestens Ende Dezember 2009 tatsächlich verlassen und nicht mehr dorthin zurückgekehrt war, ist den Feststellungen im aktenkundigen Urteil des ASG Wien vom 2015, Gz. XYZ, zu entnehmen.
Dass das das FA im Jahr 2019 eine an den Bf gerichtete, nach außen in Erscheinung tretende Amtshandlung setzte, ist den glaubhaften Ausführungen im Vorlageantrag zu entnehmen. Aus den von der Amtspartei vorgelegten Verwaltungsakten ist eine derartige Handlung nicht ersichtlich.
Die übrigen Feststellungen sind unstrittig.
Rechtliche Beurteilung:
Maßgebliche Rechtsnormen:
§ 9 KBGG lautet:
"(1) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben
1. alleinstehende Elternteile (§ 11),
2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,
3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und
4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§ 11, 12 oder 13.
(2) Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist, dass ein Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes besteht. § 4 Abs. 2 gilt sinngemäß auch für den Zuschuss.
(3) Ausgeschlossen vom Zuschuss sind Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 16.200 € übersteigt.
(4) Auf den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden, wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichtes verkürzt. Die §§ 2 Abs. 5 und 5 Abs. 6 gelten sinngemäß."
§ 10 KBGG lautet:
"Der Zuschuss beträgt 6,06 Euro täglich."
§ 11 KBGG lautet:
"(1) Alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt.
(2) Alleinstehende Elternteile haben nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben.
(3) Alleinstehende Elternteile, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht erfüllen, haben dann Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie sich selbst zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten."
§ 12 KBGG lautet:
"Verheiratete Mütter bzw. Väter erhalten einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12.200 € (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4.000 €."
§ 13 KBGG lautet:
"Einen Zuschuss erhalten nicht alleinstehende Mütter bzw. Väter, das sind Mütter bzw. Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Hinsichtlich des Einkommens gilt § 12 entsprechend."
§ 15 KBGG lautet:
"Im Falle des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses gemäß den §§ 12 und 13 haben beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 verpflichten."
Abschnitt 4 KBGG lautet:
"Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld
Abgabepflichtige
§ 18 KBGG
(1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:
1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.
2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.
3. Der Elternteil des Kindes, der sich gemäß § 11 Abs. 3 zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet hat.
(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.
(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961."
Anmerkung:
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 184-195/10-7, dem Bundeskanzler zugestellt am , zu Recht erkannt:
"I. § 18 Abs. 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, in seiner Stammfassung wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.
III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft." (Vgl. BGBl. I Nr. 11/2011)."
§ 19 KBGG
(1) Die Abgabe beträgt jährlich
1. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 bei einem jährlichen Einkommen von
mehr als 14 000 € … 3%
mehr als 18 000 € … 5%
mehr als 22 000 € … 7%
mehr als 27 000 € … 9%
des Einkommens,
2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von
mehr als 35 000 € … 5%
mehr als 40 000 € … 7%
mehr als 45 000 € … 9%
des Einkommens.
(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a, c und d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. …
§ 20 KBGG
Die Abgabe ist im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben."
§ 21 KBGG lautet:
"Entsprechend der Bestimmung des § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres."
§ 23 KBGG lautet:
"Jeder Abgabepflichtige (§ 18 leg cit.) ist verpflichtet, eine Abgabenerklärung über sein im Kalenderjahr erzieltes Einkommen im Sinne des § 19 Abs 2 KBGG bis zum Ende des Monates März des Folgejahres einzureichen. § 134 Abs 1 zweiter Satz BAO ist anzuwenden."
Gemäß § 49 Abs 23 KBGG tritt der Abschnitt 4 (enthält die § 18 KBGG bis § 23 KBGG) des KBGG mit Ablauf des außer Kraft, ist jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden, soweit kein Anwendungsfall des Abs 22 vorliegt.
In § 49 Abs. 23 KBGG wurde mit BGBl. I Nr. 111/2020 (Inkrafttreten ) folgender Satz angefügt:
"Abgaben im Sinne des § 18 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009, für die der Abgabenanspruch gemäß § 21 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/2009 mit Ablauf des Kalenderjahres 2015 oder 2016 entstanden ist, sind nicht festzusetzen; im Fall der bereits erfolgten Festsetzung ist von Amts wegen der Festsetzungsbescheid aufzuheben und der festgesetzte Betrag zurückzuzahlen."
Nach § 207 Abs 2 BAO beträgt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, grundsätzlich fünf Jahre. Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr (§ 209 Abs 1 BAO).
Erwägungen:
Im ggstdl. Fall wurden nach der Aktenlage von der BVAEB am die Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld, welche für den Zeitraum von bis gewährt worden waren, von der KM KM als unberechtigt empfangen rückgefordert, weil das maßgebliche Einkommen des KV (Bf) im Jahr 2010 die relevante Freigrenze überstiegen hätte. Da nach den Feststellungen des aktenkundigen Urteils des ASG Wien vom 2015, XYZ, aber in diesem Zeitraum keine Lebensgemeinschaft des Bf mit der KM mehr bestand und die KM selbst die Einkommensgrenzen nicht überschritten hatte, entfiel ihre Verpflichtung zur Rückzahlung für diesen Zeitraum.
Da der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von den Elternteilen gemeinsam beantragt wurde, geht das FA davon aus, dass es sich um einen Zuschuss gemäß § 13 KBGG handelt.
Demzufolge wendete die Abgabenbehörde § 18 Abs 1 Z 2 KBGG an, wonach im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet wären. Im Jahr 2014 wären die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen (unter Berücksichtigung des Einkommens beider Elternteile) gemäß § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten worden (Gesamteinkommen mehr als EUR 35.000), und nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit sei der Bf zur Rückzahlung herangezogen worden. Der Abgabenanspruch wäre im Jahr 2014 und damit innerhalb der 7-Jahresfrist des § 21 KBGG entstanden. Durch die Unterbrechungshandlung sei die fünfjährige Verjährungsfrist betreffend die Abgabe für das Jahr 2014 um ein Jahr verlängert worden und habe am geendet. Die anzuwendenden Bestimmungen seien zwar gemäß § 49 Abs. 23 KBGG mit außer Kraft getreten, aber auf Geburten bis zum weiterhin anzuwenden.
Der Bf vertritt hingegen des Standpunkt, eine Rückforderung gemäß 18 Abs 1 Z 2 KBGG scheine hier nicht geboten, da dieser nur für Eltern gelte, "wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde".
Dies betreffe aber Alleinstehende nicht. Da der Bf und die KM im Jahr 2010 bereits getrennt gelebt hätten, habe ein Anspruch der KM auf den Zuschuss gemäß § 11 KBGG ("als Alleinstehende") bestanden. Dieser Zuschuss könne aber vom Bf nicht zurückgefordert werden, da § 18 Abs 1 Z 2 KBGG eine Rückforderung gemäß § 9 Abs 1 Z 1 KBGG gar nicht vorsehe. Daher bestehe die Rückforderung gemäß § 18 Abs 1 Z 2 KBGG nicht zu Recht, da der Zuschuss nicht vom Ex-Partner eines alleinstehenden Elternteils zurückgefordert werden könne.
Der Zuschuss für den Zeitraum 2010 sei ursprünglich als Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld für nicht alleinstehende Partner gemäß § 13 KBGG vom Bf und seiner Exlebensgefährtin KM in Anspruch genommen worden (da AB 2009 geboren war und 2009 auch schon der Zuschuss in Anspruch genommen wurde). Das sei aber dann mit dem genannten Urteil des ASG Wien auf einen Anspruch gemäß § 11 KBGG umgedeutet worden, da der Bf und KM 2010 ja schon getrennt waren. Die Rückforderung gegenüber KM sei damals eingestellt worden, da sie die Einkommensgrenze nicht überschritten hätte.
Mit diesem Vorbringen ist der Bf im Recht. Das ASG Wien hat für das Jahr 2010 im genannten Urteil den Anspruch tatsächlich in einen solchen gemäß § 11 KBGG umgedeutet und hat - nachdem es die Feststellung getroffen hatte, dass die Wohnsitze der Kindeseltern im Jahr 2010 tatsächlich getrennt waren - explizit ausgeführt:
"Rechtlich geht der erkennende Senat für den vorliegenden Fall davon aus, dass § 13 Abs 1 KBGG unter Berücksichtigung der erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum KBGG nicht so zu verstehen ist, dass bei erwiesenermaßen tatsächlich getrennten Wohnsitzen der Kindeseltern die faktenwidrige Anmeldung des Vaters nach den Bestimmungen des Meldegesetzes an der selben Adresse wie die Mutter allein dem Status der Mutter als alleinstehender Elternteil (§ 11 Abs 1 erster Fall KBGG) entgegensteht. Demgemäß ist im Fall der Klägerin bei der Bemessung des Kinderbetreuungsgeldes das Einkommen des Bf nicht zu berücksichtigen und hat die Klägerin den zum Kinderbetreuungsgeld gewährten Zuschuss nicht zu Unrecht bezogen, weshalb eine Verpflichtung zum Ersatz nicht besteht."
Nichts Anderes kann für die hier zu treffende Beurteilung gelten. Die KM hat im Jahr 2010 den Status eines alleinstehenden Elternteils. Es handelt sich (anders als für das Jahr 2009) für das Jahr 2010 um einen Anspruch der KM gemäß § 11 Abs 1 erster Fall KBGG (Alleinstehende). Dieser Zuschuss kann aber vom Bf nicht zurückgefordert werden, da § 18 Abs 1 Z 2 KBGG eine Rückforderung gemäß § 9 Abs 1 Z 1 KBGG gar nicht vorsieht. Daher besteht die Rückforderung gemäß § 18 Abs 1 Z 2 KBGG durch die belangte Behörde nicht zu Recht, da der Zuschuss nicht vom Ex-Partner eines alleinstehenden Elternteils zurückgefordert werden kann.
Diese Rechtsmeinung vertritt offenbar auch die ÖGK, vgl. :
" Über Anregung des Bundesfinanzgerichtes stellte das Finanzamt eine Anfrage an die österreichische Gesundheitskasse bezüglich der Zuschuss-Meldungen in Hinblick auf die Scheidung der Ehe.
Mit E-Mail vom übermittelte die österreichische Gesundheitskasse einen Auszug aus dem Ehebuch, aus dem die Auflösung der Ehe des BF mit der Kindesmutter am hervorgeht und teilte mit, dass nur für die bis zu diesem Tag erfolgten Zuschüsse iHv. 1.975,56 Euro eine Rückzahlungsverpflichtung beider Elternteile bestehe. Die Beträge ab seien hinfällig."
Da der Beschwerde schon aus diesem Grund Folge zu geben war, braucht auf das Vorbringen des Bf, beim vom Gesetzgeber im Hinblick auf die Covid-19 Krise beschlossenen Verzicht auf Rückzahlungen von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld betreffend die Abgaben für 2015 und 2016 seien nur aus dem Grund, dass auf die Möglichkeit der einjährigen Verlängerung der Verjährungsfrist vergessen worden sei, die Abgaben für das Jahr 2014 nicht miteinbezogen worden und daher handle es sich um eine planwidrige Lücke, nicht eingegangen werden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung ggstdl. Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt somit nicht vor; daher war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
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