Werbungskosten - Familienheimfahrten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (in der Folge Bf.) brachte die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (ANV) 2016 am bei der Abgabenbehörde ein.
Er beantragte die Berücksichtigung von Werbungskosten aus dem Titel "Kosten für Familienheimfahrten" iHv Euro 3.672,00 sowie "Kosten für doppelte Haushaltsführung" iHv Euro 5.003,58. Ebenso wurde der Kinderfreibetrag für drei Kinder im Alter von 13 bis 16 Jahren beantragt.
Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte die Behörde für die Ermittlung der doppelten Haushaltsführung u.a. um Vorlage folgender Unterlagen. Heiratsurkunde; Familienstandbescheinigung; Einkommensnachweis der Gattin (Einkommensteuerbescheid); Dienstvertrag des Bf.; Meldezettel aller am Familienwohnsitz gemeldeten Personen; Angabe der Größe der Wohnung am Arbeitsort; Mietvertrag der Wohnung am Familienwohnsitz und Belege zu Mietzahlungen; Mietvertrag der Wohnung am Arbeitsort und Nachweis der Mietzahlungen; genaue Aufstellung der Heimfahrten mit Angaben zu jeder Reise hinsichtlich Datum der Hin- und Rückreise und zum verwendeten Verkehrsmittel und bei Fahrten mit eigenem Kfz Vorlage eines detailliert geführten Fahrtenbuchs, des Zulassungsscheines sowie der Tankbelege.
Die Beantwortung des Vorhalts langte am bei der Behörde ein.
Der Bf. gab u.a. zu den "Kosten der doppelten Haushaltsführung" an - Miete Wohnung Wien Euro 3.944,73 und Strom/Gas 1.058,85 somit gesamt Euro 5.003,58. An Unterlagen wurden in Kopie vorgelegt Arbeitsbestätigung des Bf.; Einkommensteuerbescheid 2016 (ANV) der Gattin des Bf. vom ; Mietvertrag für die Wohnung in 1210 Wien vom ; Monatsvorschreibung Miete 1/2016, 8/2016, 11/2016 und 12/2016; Meldezettel für die Adresse Ort, PL, seit für die Gattin des Bf., die drei Kinder (Klaudia, Nicola und Hubert) sowie den Bf.; Fahrtenbuch (Tabellenform), Zulassungsschein Kfz lautend auf den Vater des Bf., Ermächtigung zur Nutzung eines Fahrzeuges für 2016 ausgestellt vom Vater des Bf.
Der Einkommensteuerbescheid (ANV) 2016 erging am .
Die beantragten Werbungskosten wurden nicht anerkannt. Die Behörde begründete dies damit, dass sich der Familienwohnsitz in Österreich befunden hätte und somit keine Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen gewesen seien.
Gegen den Einkommensteuerbescheid vom wurde am Beschwerde erhoben.
Darin wies der Bf. auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e und § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 im Zusammenhang mit Kosten für Familienheimfahrten hin. Der Bf. führte u.a. an, dass er im Februar 2015 nach Wien gekommen sei um hier zu arbeiten. Im Oktober 2015 sei seine Gattin zugezogen. Die drei Kinder seien in Polen geblieben. Alle zwei Wochen haben seine Gattin und er die Kinder besucht. Die Entfernung betrage ca. 800 km pro Besuch. Der Familienwohnsitz sei in Polen gewesen. Der Sohn sei im August 2016 nach Wien gekommen und wollte seine Ausbildung weiter in Österreich absolvieren. Bis Juni 2016 habe er die Schule in Polen besucht. Die beiden Töchter seien in Polen geblieben. Sie hätten dort die Oberschulen besucht und wollten darauf nicht verzichten. Die Töchter seien minderjährig und daher sei es seine Pflicht gewesen sie zu besuchen. Daher seien die Aufwendungen für die Familienheimfahrten und die doppelte Haushaltsführung im Jahr 2016 beruflich veranlasst gewesen.
Er beantragte Kosten für Familienheimfahrten iHv Euro 3.672,00. Die Kosten für die doppelte Haushaltsführung berechneten sich aus Miete Wien für 2016 plus Strom und Gas, insgesamt Euro 5.003,58.
Der Bf. gab an den Nachweis der Kosten mit der Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom erbracht zu haben.
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.
Die Behörde begründete dies damit, dass keine berufliche Veranlassung für die Kosten einer doppelten Haushaltsführung vorgelegen seien. Die Gattin des Bf. arbeite in Wien und befinde sich der Familienwohnsitz seit diesem Zeitpunkt in Österreich. Die Entscheidung der Kinder, die Ausbildung im Heimatland absolvieren zu wollen sei im privaten Bereich gelegen und bedeute keine Unzumutbarkeit der Zusammenlegung der Wohnsitze. Die steuerliche Anerkennung von Mehrkosten sei daher zu verwehren.
Am wurde ein Vorlageantrag eingebracht.
Der Bf. führte grundsätzlich aus wie im Beschwerdeschriftsatz. Er ergänzte, dass seine Frau und er nicht sicher gewesen seien, wie lange sie in Österreich arbeiten werden und hätten sie auch aus diesem Grund die Kinder nicht nach Österreich mitgenommen.
Mit einem neuerlichen Ersuchen um Ergänzung vom ersuchte die Abgabenbehörde um Vorlage weiterer Unterlagen sowie Klärung einiger Fragen.
Zur Wohnsituation in Polen wurde gefragt, wo die Kinder im Jahr 2016 untergebracht gewesen seien. Für die Behörde stellt es sich so dar, dass Nicola in eine Sportschule mit Internat gegangen und dort untergebracht gewesen sei. Klaudia sei im Jahr 2016 bei den Eltern im Einfamilienhaus untergebracht gewesen und von diesen betreut worden. Der Sohn sei ebenfalls bis Juni 2016 bei den Großeltern untergebracht gewesen. Danach sei er zum Bf. nach Wien gezogen.
Es wurden weitere Fragen zu Details der Unterkunft in Polen gestellt und Fragen zu den Familienheimfahrten sowie zum verwendeten Fahrzeug.
Mit dem Antwortschreiben vom gab der Bf. u.a. das Jahr 2016 betreffend bekannt:
Die Tochter Nicola habe bis Mitte 2017 das Gymnasium besucht und wurde von den Großeltern betreut. Erst ab Herbst 2017 habe sie die Sportschule mit angeschlossenem Internat besucht.
Die Tochter Klaudia habe im Jahr 2016 das Gymnasium und danach ab Herbst 2016 das Lyzeum besucht. Sie habe bei den Großeltern gewohnt und wurde von diesen betreut.
Der Sohn Hubert habe bis Juni 2016 die Grundschule besucht und war bei den Großeltern untergebracht. Ende Juni 2016 sei er zum Bf. und seiner Gattin nach Wien gezogen und besuche hier die Schule.
Während der Aufenthalte in Polen seien die Kinder bei den Großeltern, den Eltern des Bf., untergebracht gewesen. Das Haus gehöre den Eltern und solle dieses der Bf. in Zukunft bekommen. Er bezahle die Erhaltungskosten für das Haus. Das Auto, das nur für die Familienheimfahrten benutzt werde, sei das einzige Auto des Vaters des Bf. Der Bf. trage dafür sämtliche Erhaltungskosten. Reparaturrechnungen für 2016 lägen dem Bf. nicht vor.
Am erfolgte die Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG)
Im Vorlagebericht nahm die Behörde Stellung zum Vorbringen des Bf. und legte auch o.a. Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom sowie die Niederschrift zum Erörterungstermin vom im Einkommensteuerverfahren der Gattin des Bf. für das Jahr 2016 (GZ. RV) vor. Thema dieses Verfahrens war die Beantragung von Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten.
Die Behörde nahm nach Darlegung des Sachverhalts und Nennung der zugrunde gelegten Unterlagen Bezug auf die Definition des VwGH zum Familienwohnsitz sowie auf die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 Pendlerverordnung dazu und zum eigenen Hausstand.
Die Behörde hielt u.a. fest, dass aus der Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom August 2018 hervorginge, dass weder der Bf. noch dessen Gattin eine eigene Wohnung in Polen besessen hätten. Das Ehepaar bewohnte 2016 anlässlich der Besuche der Kinder in Polen das Einfamilienhaus der Eltern des Bf. Die Behauptung des Bf., dass er alle Kosten im Zusammenhang mit dem Einfamilienhaus in Polen getragen habe, sei nicht belegt worden.
Die Ehegattin des Bf. habe in ihrem Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 die Anerkennung der Kosten der Familienheimfahrten im Ausmaß der maximalen Höhe (großes Pendlerpauschale) beantragt. Der Beschwerde gegen den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2016 der Gattin des Bf. vom wurde mit (rechtskräftiger) Entscheidung des (GZ. RV) teilweise stattgegeben und Kosten für Familienheimfahrten für das halbe Jahr 2016 als Werbungskosten berücksichtigt. Infolge des Zuzuges des Sohnes des Bf. nach Wien Ende Juni 2016 wurde ab Juli 2016 der Familienwohnsitz in Polen nicht mehr anerkannt.
Die Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde des Bf. das Jahr 2016 betreffend.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig war hier, ob im Jahr 2016 der Beschwerdeführer (Bf.) die Voraussetzungen für das Vorliegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung erfüllte und daher die beantragten Kosten iHv Euro 5.003,58 (Miete Euro 3.944,73 + 1.058,05 f. Strom) sowie Kosten für Familienheimfahrten iHv Euro 3.672,00 bei Bemessung der Einkommensteuer des Jahres 2016 (ANV) dem Antrag entsprechend als Werbungskosten zu berücksichtigen waren.
Der Bf. stützte seinen Antrag für das Jahr 2016, ebenso wie bereits für das Jahr 2015, auf die Unzumutbarkeit der Familienwohnsitzverlegung aufgrund der in Polen lebenden, in Ausbildung befindlichen drei minderjährigen Kinder.
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften unter anderem nicht abgezogen werden
Z 1 die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge;
Z 2a Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 sind auch Kosten der Fahrten zwischen dem Wohnsitz am Arbeitsort und dem Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 höchsten angeführten Betrag (Pendlerpauschale) übersteigen.
Im Sinne des § 4 Pendlerverordnung liegt ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988) dort, wo
ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger
oder
ein alleinstehender Steuerpflichtiger
seine engsten persönlichen Beziehungen (z.B. Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat.
Doppelte Haushaltsführung
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die Mehraufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist.
Ist die Wahl oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort hingegen auf Gründe zurückzuführen, die der privaten Sphäre zuzuordnenden sind, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht als Werbungskosten abzugsfähig (vergleiche ).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen.
Die berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierenden Qualifizierung als Werbungskosten ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (; , 2013/15/0146).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.
Die Begründung eines eigenen Haushalts am Beschäftigungsort, die doppelte Haushaltsführung, ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen
- von seinem Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder
- die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist, weil der Ehepartner dort mit relevanten Einkünften erwerbstätig ist, oder
- die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort aus verschiedensten privaten Gründen, denen erhebliches Gewicht zukommt, nicht zugemutet werden kann (vgl. dazu auch Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar § 16 Abs. 1 Z 6 Tz 72 ff und die dort zitierte VwGH-Rechtsprechung).
Die Frage, ob bzw. wann dem Steuerpflichtigen die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraumes abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalls zu berücksichtigen, wonach dem Steuerpflichtigen in aller Regel nach einer gewissen Zeit zumutbar ist, den Familienwohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen (). Dieser Zeitraum hängt insbesondere vom Familienstand ab. Bei einem verheirateten, in eheähnlicher Gemeinschaft oder in Gemeinschaft mit einem minderjährigen Kind lebenden Steuerpflichtigen wären zwei Jahre dafür zu erwägen. Spätestens nach Ablauf dieser Zeitspanne hätte der Steuerpflichtige darzulegen, aus welchen Gründen der entfernt liegende Familienwohnsitz beibehalten wird.
Die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen, wobei es Sache des Steuerpflichtigen ist, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht.
Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen von Gründen für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (siehe ).
Familienheimfahrten
Aufwendungen für Familienheimfahrten sind unter denselben Voraussetzungen anzuerkennen oder nicht anzuerkennen wie jene der doppelten Haushaltsführung.
§ 167 BAO lautet:
(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Folgenden Sachverhalt, der den Akten der Behörde, den Schriftsätzen des Bf., den beigebrachten Unterlagen (siehe dazu in den Entscheidungsgründen) sowie der Entscheidung zur Einkommensteuer des Jahres 2016 der Gattin (GZ. RV) zu entnehmen war, legte das BFG der Entscheidung zu Grunde:
Nachweislich war der Bf. vom bis und bis in Österreich tätig und erzielte der im Jahre 1977 in Polen geborene Bf. zumindest in dieser Zeit ausschließlich in Österreich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei einem Bauunternehmen, der GmbH GmbH, Wien.
Laut Eintragung im Zentralen Melderegister hatte der Bf. seit Februar 2015 in Wien seinen Hauptwohnsitz, ab März 2015 an der Adresse 1210.
Die Ehegattin des Bf. hatte ebenfalls bereits seit ihren Hauptwohnsitz in Wien an dieser Adresse.
Der seitens des Bf. angegebene Familienwohnsitz in Polen befand sich nach den beigebrachten Meldezetteln in Ort. Das dort befindliche, mehrstöckige Eigenheim gehörte nach den Angaben des Bf. den Eltern des Bf. Der Bf. gab gegenüber der Behörde an, alle Erhaltungskosten für das Haus zu tragen. Der Bf. nannte jedoch, trotz Aufforderung der Behörde (Ergänzungsersuchen) weder Beträge, noch wurden darüber Nachweise bzw. Belege vorgelegt.
An der genannten Adresse in Polen wohnten im Jahr 2016 die Eltern des Bf. sowie die drei minderjährigen Kinder des Bf.; Klaudia 16 Jahre und Nicola 15 Jahre sowie bis Juni 2016 Hubert 13 Jahre. Die ältere Tochter besuchte in Polen das Gymnasium und wechselte im Herbst 2016 an eine höhere Schule, die zweite Tochter besuchte 2016 das Gymnasium, der Sohn ging bis Juni 2016 in Polen in die Grundschule; danach zog er nach Wien zu den Eltern und besuchte ab Herbst 2016 in Wien die Schule. Die Gattin des Bf. wohnte bereits seit Herbst 2015 in Wien.
Aufgrund des Sachverhalts stellte das Gericht fest, dass der Bf. grundsätzlich auch 2016 in Polen für seine Ehegattin und die Kinder über eine Wohnung bzw. Wohnmöglichkeit im Haus seiner Eltern verfügte.
Da der Bf. an diesem Ort zumindest bis Mitte 2016, aufgrund seiner dort lebenden minderjährigen Kinder, seine engsten persönlichen Beziehungen hatte, war dieser Ort, auch wenn es sich nicht um das eigene Haus handelte, in freier Beweiswürdigung im Sinne eines eigenen Hausstandes und als Mittelpunkts des Lebensinteresses zu verstehen und lag daher ein Familienwohnsitz vor (siehe dazu § 4 Pendlerverordnung).
Die Entfernung zwischen Wien als Beschäftigungsort und dem Familienwohnsitz in Polen betrug lt. einschlägigen "Routenplanern" etwas über 380 Kilometer. Für die glaubhaft dargestellten zweimal pro Monat durchgeführten Fahrten zum Familienwohnsitz benutzte der Bf. den in Polen zugelassenen PKW des Vaters. Der Bf. führte 2016 die Fahrten gemeinsam mit seiner Gattin durch. Zum Nachweis der Fahrten wurde eine Tabelle, mit Angabe des Datums der Fahrten von Wien nach Polen und zurück und jeweils der Abfahrts- und Ankunftszeiten, vorgelegt.
Im Hinblick auf die Anerkennung von Werbungskosten im Jahr 2016 aus dem Titel "doppelte Haushaltsführung bzw. Familienheimfahrten" war der Sachverhalt grundsätzlich dahingehend zu prüfen, ob die dafür maßgebliche "Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes" auch im Jahr 2016 vorlag.
Nach Beurteilung des BFG sprach im gegenständlichen Fall für die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung, dass der Familienwohnsitz des Bf. vom Beschäftigungsort in Wien so weit entfernt war (mehr als 380 Kilometer eine Strecke), dass eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar war.
Der Bf. begründete die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes insbesondere damit, dass die drei minderjährigen Kinder ihrer Schulpflicht im Jahr 2016 in Polen nachkamen. Eine Umschulung der Kinder sei nicht zumutbar gewesen.
Nach Ansicht des BFG kam diesen Einwendungen für das allein zu beurteilende Jahr 2016 grundsätzlich Berechtigung zu.
Doch stellte sich der Sachverhalt bezüglich des Familienwohnsitzes anders als im Jahr 2015 dar (Auf die Entscheidung des BFG GZ. RV15 zur Einkommensteuer des Bf. das Jahr 2015 betreffend wird hingewiesen).
So wohnte die Ehegattin nach ihrem Umzug im Herbst 2015 im gesamten Jahr 2016 nicht mehr am Familienwohnsitz in Polen, sondern in Wien.
Bis zumindest Mitte des Jahres 2016 konnte die Schulpflicht der Kinder als nicht unwesentlicher Grund für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien beurteilt werden. Danach änderte sich jedoch die Situation. Die älteste Tochter des Bf. wechselte im Herbst 2016 auf eine höhere Schule in Polen und entschied, ebenso wie die zweite Tochter, die weitere Ausbildung in Polen absolvieren zu wollen. Der Sohn, der bis Juni 2016 in Polen die Grundschule besuchte, zog danach zu den Eltern nach Wien und ging hier weiter zur Schule.
Ebenso wie die Entscheidung des 13-jährigen Sohnes nach Wien zu ziehen, waren die Entscheidungen der Töchter (15 und 16 Jahre) ihre Ausbildung weiter in Polen zu absolvieren als Entscheidungen im privaten Bereich zu beurteilen. Diesen Entscheidungen stellten keine Umstände dar, die als objektiv gewichtige Ursachen für die Aufrechterhaltung eines Familienwohnsitzes in Polen sprachen. Denn wenn es für den erst die Grundschule besuchenden Sohn des Bf. möglich war, seine schulische Ausbildung in Wien weiterzuführen, wäre dies jedenfalls auch den älteren Töchtern zumutbar gewesen.
Das BFG kam daher zum Schluss, dass jedenfalls ab Ende Juni 2016 keine Unzumutbarkeit, keine berufliche Veranlassung, betreffend die Verlegung des Familienwohnsitzes gegeben war. Der Familienwohnsitz in Polen war somit nur bis Juni 2016 anzuerkennen.
Diesbezüglich war auch auf die rechtskräftige Entscheidung des BFG zum Einkommensteuerbescheid des Jahres 2016 der Gattin des Bf. zu verweisen. Darin hatte das BFG zum gleichen Sachverhalt und zum Thema Werbungskosten aus dem Titel doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten entschieden, dass u.a. infolge des Zuzuges des Sohnes des Bf. Ende Juni 2016 nach Wien ab Juli 2016 kein Familienwohnsitz mehr in Polen anzuerkennen war (siehe GZ. RV).
Im Fall des Bf. kam das BFG daher bei Beurteilung des Sachverhalts zum Schluss, dass für das Jahr 2016 die "Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes" nur bis Mitte 2016 als gegeben zu beurteilen war. Es lagen daher nur bis zu diesem Zeitpunkt dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Werbungskosten vor.
Ob und in welcher Höhe die dem Grunde nach bis Mitte 2016 möglichen Aufwendungen bei Ermittlung der Einkommensteuer des Bf. tatsächlich zu berücksichtigen waren, war entsprechend dem Sachverhalt in einem nächsten Schritt zu prüfen.
Werbungskosten aus dem Titel "doppelte Haushaltsführung":
Als Werbungskosten kommen nur unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die den Steuerpflichtigen dadurch treffen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss.
Voraussetzung für den Abzug von Kosten eines zweiten Haushaltes am Berufsort ist jedoch das Vorliegen eines tatsächlichen Mehraufwandes infolge der Kosten am auswärtigen Ort. Ist die Beibehaltung der Wohnmöglichkeit am auswärtigen Ort nicht mit Kosten verbunden, so kann nicht von Mehrkosten gesprochen werden (vgl. ; ).
Aus dem Sachverhalt war festzustellen, dass der Bf. mit der Vorhaltsbeantwortung vom keine Belege als Nachweise über etwaige Zahlungen für Miete, Erhaltungskosten etc., wie von der Behörde verlangt, für den Wohnsitz in Polen beigebracht hatte. Im weiteren Schreiben vom brachte der Bf. zwar vor, dass er sämtliche Erhaltungskosten für das Haus in Polen trage, gab dazu jedoch weder an um welche Kosten und Beträge es sich handelte, noch legte er jetzt Zahlungsnachweise oder Belege über von ihm getragene Aufwendungen vor.
Es war daher für das BFG nicht überprüfbar, ob und welche Kosten in welcher Höhe dem Bf. durch die Wohnmöglichkeit im Haus seiner Eltern tatsächlich entstanden waren.
Mangels Vorlage von diesbezüglichen Unterlagen durch den Bf. im gesamten Beschwerdeverfahren war nicht nachgewiesen worden, inwieweit dem Bf. nun tatsächlich zusätzliche Aufwendungen, somit Mehraufwendungen, durch den Wohnsitz in Wien, am Beschäftigungsort, entstanden waren.
Mangels nachgewiesener Kosten für den Wohnsitz im Ausland waren die genannten Aufwendungen für die Wohnung in Wien nicht als Mehraufwendungen aus einer doppelten Haushaltsführung zu qualifizieren.
Schon aus diesem Grund wäre eine Anerkennung von Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung zu versagen gewesen.
Gegen eine Anerkennung sprach aber auch, dass lediglich die Höhe der monatlichen Miete in Wien aus den Unterlagen hervorging. Der Bf. hatte keine Nachweise (Überweisungsbelege, Zahlungsbestätigungen etc.) vorgelegt, aus denen die durch ihn erfolgten Zahlungen ersichtlich gewesen wären.
Da somit weder Nachweise über tatsächliche Mehraufwendungen des Bf. durch den Familienwohnsitz in Polen, noch Nachweise über die erfolgte Bezahlung der Miete und Stromkosten in Wien vorlagen, war die Anerkennung und die Berücksichtigung der beantragten Werbungskosten aus dem Titel "doppelte Haushaltsführung" zu versagen.
Die Beschwerde war daher in diesem Punkt abzuweisen.
Kosten für Familienheimfahrten:
Dem Grunde nach lag die Voraussetzung für die Geltendmachung von Werbungskosten für Familienheimfahrten für das erste Halbjahr 2016 vor.
Ob eine Berücksichtigung bei Festsetzung der Einkommensteuer des Bf. zulässig war, war zu prüfen.
Aufgrund der im Verfahren erteilten Auskünfte des Bf. und der nachvollziehbaren Angaben zu den Fahrten zur Adresse in Polen, sah es das Gericht als glaubhaft an, dass der Bf. auch im Jahr 2016 regelmäßig Fahrten an den Familienwohnsitz durchgeführt hatte.
Tatsache war, dass der Bf. diese Fahrten gemeinsam mit der Ehegattin durchführte. Unstrittig war, dass dafür auch nur ein gemeinsamer PKW, das in Polen gemeldete Fahrzeug des Vaters des Bf., zur Verfügung stand.
Tatsache war zudem, dass die Gattin des Bf. für das Jahr 2016 in ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung bereits die Berücksichtigung von Werbungskosten für Familienheimfahrten beantragt hatte.
Diesem Antrag wurde mit der Entscheidung des RV, für das halbe Jahr 2016 Rechnung getragen (Berücksichtigung von Euro 1.836,00).
Demzufolge war aber eine weitere Berücksichtigung von Werbungskosten für Familienheimfahrten bei Bemessung der Einkommensteuer des Bf. für die gleichen, mit der Gattin gemeinsam erfolgten, Fahrten weder möglich noch zulässig.
Die Beschwerde des Bf. war daher auch in diesem Punkt abzuweisen.
Über die Beschwerde war wie im Spruch angegeben zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung lag hier nicht vor. Die Entscheidung beruhte auf den gesetzlichen Bestimmungen sowie der ständigen Rechtsprechung des VwGH.
Eine Revision war somit nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104562.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
UAAAC-28490