Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.07.2021, RV/3100316/2021

Beantragung des Familienbonus Plus durch beide Anspruchsberechtigten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020
zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (BF) wurde mit Bescheid vom und antragsgemäß zur Einkommensteuer 2019 veranlagt.

2. Am erließ das Finanzamt einen Bescheid mit dem der Einkommensteuerbescheid 2019 gemäß § 295a BAO abgeändert wurde.
Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2020, in dem abweichend vom Anbringen der BF der Familienbonus Plus nur iHv. 750 Euro berücksichtigt wurde.
Begründend wurde jeweils angegeben, dass der Familienbonus Plus nur zur Hälfte berücksichtigt werden könne, weil für das betreffende Kind die andere Hälfte des Familienbonus Plus vom Unterhaltszahler beantragt worden sei.

3. Am wurde gegen diese Bescheide über FinanzOnline Beschwerde erhoben und beantragt den entstandenen Rückstand auszubuchen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Kindesvater zwar den Mindestunterhalt bezahle, aber seit vier Jahren keinen Kontakt mehr zum Kind habe und die BF alle Kosten bezüglich medizinischer Versorgung, Urlaub und Bekleidung für das Kind zu tragen habe. Es sei nicht gerechtfertigt, dass der Kindesvater auch noch den halben Familienbonus Plus erhalte.

4. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wies das Finanzamt die beiden Beschwerden als unbegründet ab.

5. Mit am beim Bundesfinanzgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die BF die Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht, welches die Vorlageanträge am selben Tag gemäß § 264 Abs 4 lit b BAO iVm § 249 Abs 1 BAO an das Finanzamt Österreich weiterleitete.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Kindesvater ohne vorherige Absprache ebenfalls den Familienbonus plus beantragt habe. Der Kindesvater zahle außer dem Unterhalt iHv. 400 Euro keine weiteren Kosten und unternehme nichts mit dem Kind, daher stehe ihm kein Familienbonus plus zu.

6. Am legte das Finanzamt die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung. Der Kindesvater sei seiner Unterhaltspflicht nachweislich nachgekommen, daher stehe ihm in den Jahren 2019 und 2020 gemäß § 33 Abs 3a Z 3 lit b EStG 1988 die Hälfte des Familienbonus Plus zu.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die BF bezog in den Jahren 2019 und 2020 Familienbeihilfe für ihr im April 2008 geborenes Kind.

In der Lohnverrechnung wurde der ganze Familienbonus Plus für ein Kind steuermindernd berücksichtigt.

Im Einkommensteuerverfahren wurde der Familienbonus Plus um die Hälfte gekürzt, weil der unterhaltspflichtige Kindesvater ebenso den halben Familienbonus Plus für sich beanspruchte.

Der Kindesvater verpflichtete sich in der bei der Bezirkshauptmannschaft ***1*** am abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarung ab monatlich 415 Euro zu Handen der gesetzlichen Vertretung des Kindes zu bezahlen.
Der Kindesvater leistete in den Jahren 2019 und 2020 unstrittig den gesetzlichen Unterhalt in voller Höhe.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt sowie dem Veranlagungsakt und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

§ 33 Abs 3a EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 103/2019 lautet:

"Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1.Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.
2. …
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) …
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigen oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
…"

§ 33 Abs 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 103/2019 lautet:

"Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn
- das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und
- für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

…"

Rechtliche Beurteilung

Steht für ein Kind der Unterhaltsabsetzbetrag in einem Monat zu, kann der Familienbonus Plus von der Familienbeihilfe-Berechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem der Unterhalts-absetzbetrag zusteht, je zur Hälfte beantragt werden.

Die Inanspruchnahme des Unterhaltsabsetzbetrags setzt voraus, dass der Steuerpflichtige für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet, das nicht seinem Haushalt zugehört und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Der volle Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kalenderjahr steht zu, wenn für dieses Kalenderjahr der volle Unterhalt tatsächlich geleistet wurde.

Für die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ist primär der in einem Gerichtsurteil oder in einem gerichtlichen, behördlichen oder außergerichtlichen Vergleich festgelegte Betrag maßgeblich (auch wenn dieser unter den Regelbedarfsätzen liegt, s ) (Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 14. Aufl., § 33, Rz 78).

Aus dem Vorbringen der BF und den vorliegenden Aktenteilen (Unterhaltsvereinbarung und Kontoauszügen des Kindesvaters) geht unstrittig hervor, dass sie als empfangsberechtigte Person den vollen vereinbarten Unterhalt vom Kindesvater erhalten hat. Diese Unterhaltszahlungen (415 Euro) übersteigen im Übrigen auch den monatlichen Regelbedarfssatz (dieser beträgt im Jahr 2020 für Kinder bis 15 Jahre 399 Euro). Der Kindesvater ist somit hinsichtlich des Familienbonus Plus genauso anspruchsberechtigt wie die BF.

Das Gesetz sieht für keinen der Anspruchsberechtigten eine Priorität vor. Die Familienbehilfen-Berechtigte und eine Person, der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, sind hinsichtlich der Antragstellung gleichberechtigt.

Sind mehrere Personen anspruchsberechtigt, sollten sich diese daher bei der Beantragung des Familienbonus Plus untereinander abstimmen (Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 14. Aufl., § 33, Rz 40).

Die Übergangsregelung gemäß § 124b Z 336 EStG 1988, wonach ein Anspruchsberechtigter unter bestimmten Voraussetzungen 90% des Familienbonus Plus beantragen könnte, ist nicht anwendbar, weil das anspruchsvermittelnde Kind bereits 2018 das 10. Lebensjahr vollendet hatte.

Das Finanzamt hat, wie gesetzlich bestimmt, beiden Anspruchsberechtigten die Hälfte des Familienbonus Plus zuerkannt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es war im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, weil die Aufteilung des Familienbonus Plus klar im Gesetz geregelt ist. Daher wurde die ordentliche Revision nicht zugelassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100316.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at