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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.11.2020, RV/7500443/2020

Wurde die Lenkerauskunftspflicht verletzt?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Verwaltungsstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom , Postaufgabe vom , gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom , zugestellt am , Geschäftszahl MA67/1967011882/2019, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde insoweit als nicht zulässig zurückgewiesen, als sie sich gegen die Begründung des Straferkenntnisses richtet.

II. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde insoweit als unbegründet abgewiesen, als sie sich gegen den Spruch des Straferkenntnisses richtet.

III. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerde führende Partei einen Kostenbeitrag in Höhe von EUR 12,00 binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung zu zahlen. Gemäß § 25 Abs 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG iVm § 25a Abs 4 VwGG ist eine ordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei und der belangten Behörde nicht zulässig.

V. Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a Abs 4 VwGG ist eine außerordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Ad Verwaltungsübertretung - verkürzte Parkometerabgabe:

1.1. Am wurden um 09:26 Uhr ein roter Personenkraftwagen, sein behördliches Kennzeichen und seine Windschutzschutzscheibe ohne einen hinter ihr liegenden Parkschein oder eine hinter ihr liegende Tagespauschalkarte von einem Parkraumüberwachungsorgan fotografiert, als dieses Fahrzeug auf der ***Straße-Tatort*** - und damit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone - stand.

1.2. Mittels des behördlichen Kennzeichens des roten Personenkraftwagens wurde die Beschwerdeführerin (Bf.) als seine Zulassungsbesitzerin identifiziert und ihr wurde in der Anonymverfügung vom vorgeworfen, sie habe die Wiener Parkometerabgabe dadurch fahrlässig verkürzt, dass sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem in der Anonymverfügung näher bezeichneten behördlichen Kennzeichen am um 09:26 Uhr auf der ***Straße-Tatort*** abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben. Die Anonymverfügung enthielt u.a. die Rechtsbelehrung, dass sie nach vier Wochen gegenstandslos wird, falls die Bf. nicht reagiert.

1.3. In der Strafverfügung vom , zugestellt am , wurde der Bf. vorgeworfen, sie habe die Wiener Parkometerabgabe dadurch fahrlässig verkürzt, dass sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem in beiden Verfügungen näher bezeichneten behördlichen Kennzeichen am um 09:26 Uhr auf der ***Straße-Tatort*** abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem richtig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben. Die Strafverfügung war innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung mit Einspruch anfechtbar.

1.4. Am sandte die Bf. eine Ablichtung der Anonymverfügung an den Magistrat der Stadt Wien mit folgenden Anmerkungen: Nach dem in Großbuchstaben geschriebenen Wort "Anonymverfügung" schrieb sie "No!" und machte einen Pfeil zum Wort "Lenkerin". Am Beginn und am Ende des Satzes mit dem ihr vorgeworfenen Delikt machte sie ein Fragezeichen und schrieb "siehe Anhang!". Dieser "Anhang" war eine für den entwertete Tagespauschalkarte, in der das behördliche Kennzeichen der Bf. und das (vom behördlichen Kennzeichen der Bf. sich unterscheidende) behördliche Kennzeichen eines anderen Fahrzeuges (oder Anhängers) handschriftlich eingetragen waren.

1.5. Im Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom gab die Bf. an, sie sei am ortsabwesend gewesen.

1.6. Mit Schreiben vom ersuchte der Magistrat der Stadt Wien die Bf., Name und Anschrift der Person bekannt zu geben, der sie ihr Fahrzeug am überlassen hatte.

1.7. Im Schreiben vom gab die Bf. an, sie habe das Fahrzeug damals ***L***, wohnhaft in ***Adresse-L*** überlassen.

1.8. Mit Beschluss vom wurde das Verwaltungsstrafverfahren, in dem der Bf. das Delikt der fahrlässig verkürzten Wiener Parkometerabgabe vorgeworfen wurde, eingestellt.

2. Ad Verwaltungsübertretung - verletzte Lenkerauskunftspflicht:

2.1. Mit Schreiben vom wurde der von der Bf. als Lenker namhaft gemachte ***L*** ersucht, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens mitzuteilen, ob er das Fahrzeug der Bf. am um 09:26 Uhr auf der ***Straße-Tatort*** abgestellt hatte und adressierte dieses Schreiben an die von der Bf. bekannt gegebene Anschrift. Das Schreiben vom wurde von ***L*** nicht beantwortet, was der Bf. mit Schreiben vom als Ergebnis der Beweisaufnahme mitgeteilt wurde.

2.2. In der Strafverfügung vom warf der Magistrat der Stadt Wien der Bf. vor, sie habe am eine, den roten Personenkraftwagen mit dem in der Strafverfügung näher bezeichneten behördlichen Kennzeichen betreffende, unrichtige Lenkerauskunft über die Person erteilt, die das Fahrzeug /den Anhänger am um 09:26 Uhr auf der ***Straße-Tatort*** abgestellt hatte. Die dadurch verletzte Rechtsvorschrift war § 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl für Wien Nr. 9/2006, idgF. Über die Bf. wurde gemäß § 4 Abs 2 leg.cit. eine Geldstrafe in Höhe von EUR 60,00 und falls die Geldstrafe uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 14 Stunden verhängt. Die Strafverfügung wurde am zugestellt, war innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung mit Einspruch anfechtbar und wurde mit dem Einspruch vom , Postaufgabe , angefochten.

2.3. Im Einspruch vom brachte die Bf. vor: "… bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom , welches zugestellt wurde am vom Amt ..., ist gegen die Strafverfügung Einspruch zu erheben. Als Zulassungsbesitzerin habe ich den Behörden mit Auskunft vollumfänglich und allumfassend Auskunft erteilt, wem das Fahrzeug für einen Umzug überlassen wurde und wer das Fahrzeug in Wien geführt hat. Die Adresse eines Bekannten meines Sohnes aus England wurde Ihnen übermittelt. Ihre Begründung ist falsch und entspricht nicht den vorliegenden Schriftverkehren, welche Ihnen per Einschreiben zugesandt wurden. Weitergehend wurde bereits von Ihnen schriftlich erkannt, dass alle erforderlichen Mithilfe- und Lenkerauskunftspflichten vollständig erteilt wurden, so dass eine Einstellung des Verfahrens bereits von Ihnen zugestellt und durchgeführt wurde. Sollten Sie das Verfahren nun wiederaufnehmen wollen, so starten Sie ein Wiederaufnahmeverfahren, und begründen dieses mit den neuen Erkenntnissen, die mir ein Strafvergehen nachweisen können. Senden Sie mir die Tatbestände, die mir eine persönliche und direkte Beteiligung an der Tat nachweisen und belegen können. Weitergehende Erklärungen wird nun mein Anwalt übernehmen, der jetzt über die Vorgänge informiert wird und weitergehende Schritte einleiten wird".

2.4. Im Straferkenntnis vom warf der Magistrat der Stadt Wien der Bf. vor, sie habe auf das schriftliche Verlangen des Magistrats der Stadt Wien vom , innerhalb von zwei Wochen bekannt zu geben, wem sie ihr Fahrzeug am um 09:26 Uhr überlassen hatte, eine unrichtige Auskunft erteilt. Dieser Tatbestand sei am verwirklicht worden. Die dadurch verletzten Rechtsvorschriften waren § 2 Wiener Parkometergesetz in Verbindung mit § 4 Abs 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung.

Über die Bf. wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 60,00 und falls die Geldstrafe uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurden die Verfahrenskosten mit EUR 10,00 festgesetzt.

Begründend wurden das Verwaltungsgeschehen und die Einwendungen der Bf. wiedergegeben, auf § 2 Abs 1 und Abs 2 Wiener Parkometergesetz 2006 in Verbindung mit § 4 Abs 2 verwiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , 1622/78, ausgesprochen, die verlangte Auskunft müsse in dem Sinn richtig und vollständig sein, dass auf Grund dieser Auskunft der Lenker des Kraftfahrzeuges ohne weitere Umstände festgestellt und allenfalls zur Verantwortung gezogen werden könne. Die Bf. sei verstärkt verpflichtet, mitzuwirken, da sich die von ihr namhaft gemachte Person überwiegend im Ausland aufhalte. Sie habe nicht glaubhaft machen können, dass sie das Fahrzeug einer im Ausland lebenden Person überlassen habe und dass sich diese Person zum Tatzeitpunkt in Österreich aufgehalten habe. Die erteilte Lenkerauskunft sei als unrichtig zu werten. Sie habe nichts vorgebracht, was auf fehlendes Verschulden schließen lasse, weshalb sie zumindest fahrlässig gehandelt habe. Bei der Strafbemessung wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen. Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Sorgepflichten wurden, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt.

Das Straferkenntnis wurde am zugestellt, war innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten.

2.5. In der Beschwerde vom brachte die Bf. vor: "… bezugnehmend auf die Ausführungen Ihres Schreibens mit Titel Straferkenntnis mit möglicherweise vorsätzlichem fehlerhafter Begründungen sehe ich mich gezwungen, gegen diesen Bescheid Beschwerde einzulegen. Ich lege somit Beschwerde ein gegen den Bescheid Straferkenntnis vom , eingegangen am , des Magistrats der Stadt Wien … wegen Unzulässigkeit und unvollständiger und falscher Beweisführung. Gleichfalls beantrage ich Verfahrenshilfe für dieses Verfahren sowie den Ersatz aller bisherig entstandenen Kosten sowie die noch zukünftig auflaufenden Kosten durch weitere Verfahren und Prozesse. Sie unterstellen mir inhaltlich mit Ihrer ,Straferkenntnis' ich hätte ein auf mich damals zugelassenes Fahrzeug ..., das Sie zusätzlich als ,Anhänger' definieren, eine Verwaltungsübertretung begangen. Als Zulassungsbesitzerin hätte ich dem Verlangen der Behörde vom nicht entsprochen, da die Auskunft unrichtig erteilt wurde. Ich hätte dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 2 in Verbindung mit § 4 Abs 2 Parkometergesetz 2006, LG Bl. für Wien Nr. 9/2006. Begründung: Aufgrund Ihrer Ausführungen darf ich auf folgende Fakten hinweisen: Ein Fahrzeug ... war kurze Zeit auf mich zugelassen. Ein Anhänger mit diesem Kennzeichen gibt es nicht in meinem Besitzstand und ist somit auch nicht auf mich zugelassen. Eine Abstellung ist nicht durch mich ausgeführt worden. Somit liegen haftungsrechtlich keine Gründe vor, mich in die Pflicht für nicht ausgeführte Handlungen oder die Handlungen anderer Personen zu nehmen. Dies verstößt gegen das Grundgesetz und das Strafgesetz, für Handlungen anderer Personen in Haftung genommen zu werden. Die Person, der ich das Fahrzeug geliehen habe, ist von mir zeitnah nach Ihrem Verlangen, nachgewiesenermaßen benannt worden. Die Adresse des Herrn ..., einem Bekannten meines Sohnes aus früherer beruflicher Zusammenarbeit aus Großbritannien, habe ich Ihnen nach meiner Kenntnis und Kenntnis meines Sohnes vollumfänglich und zeitnah benannt. Es ist mir nicht möglich, mit Ihnen persönlich nach Großbritannien zu fahren und ... zu besuchen, besonders jetzt in Corona-Zeiten schon aus Gesundheits- und Zeitgründen. Nach Auskünften des ... hat kein Schreiben Ihrer Behörde … erreicht, ist ihm zugestellt worden oder ist er von Ihnen angesprochen worden. ... hat seinerzeit die Firmengründung einer Niederlassung seiner Unternehmung in Wien geplant, seit der Brexit ein Thema wurde und keine Lösung sich abzeichnete. Sie begründen Ihre Annahme auf Ihre eigene Aussage, daß das Schreiben an ... nicht beantwortet wurde und somit keine Veranlassung zur Annahme für Sie besteht, daß ich mein Fahrzeug ... überlassen habe zu dem besagten Zeitpunkt. Sie begründen also auf Basis einer eigenen Annahme, legen aber keine Beweise vor. Dies ist ein Verstoß gegen die notwendige Beweisführung. Darüber hinaus wurden nach Ihren Ausführungen keine Beweismittel zur Glaubhaftmachung der Lenkereigenschaft des ... vorgelegt. Das mag daran liegen, dass Sie bisher meine Aussage ignorieren und die Umkehr der //Beweislast einsetzen möchten. Ich stelle hiermit Antrag zur vollständigen Einsichtnahme und Auswertung in das gesamte aufgezeichnete Material der Überwachungskameras der Stadt Wien, um so die ,Lenkereigenschaft' des ... anhand der Aufzeichnungen nachzuweisen. Als nächsten Schritt Ihrer ,Beweiskette' unterstellen Sie mir eine unrichtig erteilte Lenkerauskunft, ebenfalls ohne Beweis, basierend auf Ihrer Annahme und eines nicht beantworteten Schreibens, das ... möglicherweise nie erreicht hat, aus welchen Gründen auch immer. Anzumerken wäre, daß ... nach meiner Kenntnis sein Unternehmen aus Großbritannien aufgrund des Brexits verlegt hat und es möglicherweise auch eine Änderung des Wohnsitzes gegeben haben könnte, über die mir jedoch keine weiteren Informationen vorliegen. Sie zitieren den Verwaltungsgerichtshof mit der Erkenntnis vom , Zl. 1622/78. Richtig ist, dass mir eine Mitwirkungspflicht oblag, den richtigen Fahrzeuglenker zu benennen und mitzuteilen. Meine Mitwirkungspflicht ist meinen Möglichkeiten und Kenntnissen entsprechend vollumfänglich erfüllt worden. Keinesfalls ist wie geschrieben, die Mitwirkungspflicht grundlos verweigert worden oder Bereitschaft zu zweckdienlichen Ausführungen verweigert worden. Es liegen einfach keine weiteren Erkenntnisse und Informationen mehr vor, die ich Ihnen zutragen könnte und die Ihren Befriedigungsgrad erhöhen könnten. Somit trifft der von Ihnen benannte Paragraph des Zl. 90/18/0091 und Zl. 90/17/0316 nicht zu. Ich habe daher den Verpflichtungen gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 vollumfänglich entsprochen. Ich darf zusätzlich darauf hinweisen, daß ... mir hoch und heilig versichert hat, die Parkgebühren mit Hilfe eines von einem Hotel oder Pension ausgestellten Parkscheines bezahlt zu haben, er jedoch mit dem Auto nicht direkt ins Hotel fahren konnte, sondern es abgestellt hat, sich den Parkschein im Wohnort geholt hat und ihn ins Fahrzeug gelegt hat. Somit trifft der Tatbestand der ,Doppelfakturierung' eines Parkvorganges zu, der gesetzlich nicht zulässig ist. Die Bestrafung eines Lenkers, der Parkgebühren bezahlt, jedoch durch ein ausländisches Kennzeichen oder ausländischer Sprache nicht österreichkonform erscheint, ist ein Vorgang, der EU-weit nicht ungewöhnlich ist, wenn es um die nachteilige Behandlung von Ausländern geht. Im Falle des ..., der mir eidesstattlich versicherte, vom Auto in die Pension gegangen zu sein, den Parkschein geholt und ins Auto gelegt zu haben, seien 2-3 Minuten vergangen, ist eine ,Bestrafung' von 60 Euro unbotmäßig, ungesetzlich und verfassungsrechtlich nicht vertretbar. Sollten also Ausländer vorsätzlich so behandelt werden, verstößt dieses Vorgehen gegen das Gleichheitsprinzip der Anwendung des Gesetzes gegen alle EU-Bürger und deren Besucher. Sie offenbart eine Rechtsbeugung des Amtes zur Gewinnerzielung mit unlauteren Mitteln. Ich kann und will nicht glauben, daß Österreich mit gleichen kriminellen Mitteln gegen Ausländer vorgeht wie etwa Ungarn, Bulgarien oder Slowakei, wo Korruption ein allgegenwärtiges Begleitmittel für EU-Bürger ist."

3. Aus den Tatortfotos: Auf den Fotos sieht man ein rotes Fahrzeug und dieses rote Fahrzeug hat das im Straferkenntnis näher bezeichnete behördliche Kennzeichen. Hinter der Windschutzscheibe des roten Fahrzeuges liegen weder ein Parkschein noch die mit Schreiben vom vorgelegte Tagespauschalkarte.

4. Der Verfahrenshilfeantrag wurde mit dem am im Amts- und Rechtshilfeweg zugestellten Beschluss vom abgewiesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

A. Die Beschwerde vom ist frist- und formgerecht eingebracht worden. Über die Beschwerde ist daher "in der Sache" zu entscheiden.

B. Die Beschwerdeausführungen sinngemäß zusammengefasst, bestreitet die Bf., die im Straferkenntnis vom vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen zu haben und gibt als Beschwerdegründe 1. Unzulässigkeit, unvollständige und falsche Beweisführung an; beantragt 2. die Einsichtnahme und Auswertung des gesamten aufgezeichneten Materials der Überwachungskameras der Stadt Wien zum Beweis dafür, dass die von ihr als Lenker namhaft gemachte Person ihr Fahrzeug am Tattag gelenkt hat; wirft 3. dem Magistrat der Stadt Wien vor, einen Parkvorgang gesetzwidrig doppelt fakturiert zu haben und dass unbotmäßig, ungesetzlich und verfassungsrechtlich nicht vertretbar sei, einen Lenker mit EUR 60,00 zu betrafen, der den Parkschein nicht sofort sondern erst 2 bis 3 Minuten nach dem Abstellen in das Fahrzeug gelegt habe; behauptet 4. der Magistrat der Stadt Wien wende Gesetze vorsätzlich gleichheitswidrig anders an, wenn ein Fahrzeug kein österreichisches Kennzeichen habe und beantragt 5. Ersatz aller bereits entstandener und zukünftig entstehender Kosten.

C. Punkt B.1. betreffend wird festgestellt, dass nur der Spruch eines Straferkenntnisses anfechtbar ist. Die Beschwerde wird daher insoweit als nicht zulässig zurückgewiesen, als sie sich gegen die Begründung des Straferkenntnisses vom richtet.

D. Im Straferkenntnis vom wird der Bf. vorgeworfen, die Lenkerauskunftspflicht verletzt zu haben:

Gemäß § 2 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 idgF hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hatte. Gemäß § 2 Abs 2 Wiener Parkometergesetz 2006 idgF ist die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

E. Von dieser Rechtslage ausgehend ist der Entscheidung folgende, aus den Verwaltungsakten sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen:

E.1. Die Bf. ist am die Zulassungsbesitzerin jenes roten Kraftfahrzeuges gewesen, das um 09:26 Uhr ohne hinter der Windschutzscheibe liegender Tagespauschalkarte in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, was durch die vom Parkraumüberwachungsorgan gemachten Fotos nachweisbar ist.

In § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung idgF steht, dass die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten ist. Das Abstellen eines Fahrzeuges endet, wenn der Fahrer aus dem Fahrzeug aussteigt. Da auf den Fotos keine im Fahrzeug sitzende Person und keine hinter der Windschutzscheibe liegende Tagespauschalkarte zu sehen ist, beweisen die Fotos, dass die Wiener Parkometerabgabe nicht entrichtet worden ist.

Die Wiener Parkometerabgabe kann nicht mehr entrichtet werden, nachdem der Fahrer aus dem Fahrzeug ausgestiegen ist. Deshalb beweisen die Fotos auch, dass die behauptete Doppelfakturierung nicht stattgefunden hat.

E.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird nur das behördliche Kennzeichen des roten Kraftfahrzeuges angeführt. Da Fahrzeuge ausschließlich mittels ihrer behördlichen Kennzeichen einer Zulassungsbesitzerin / einem Zulassungsbesitzer zugeordnet werden, ist irrelevant, wie sie bezeichnet werden.

E.3. Die Bf. hat glaubwürdig dargelegt, dass sie nicht die Person gewesen ist, die ihr Fahrzeug am in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat. Deshalb legt das Bundesfinanzgericht seiner Entscheidung zugrunde, dass der von ihr namhaft gemachte Lenker dieses Fahrzeug damals dort abgestellt hat. Da nicht strittige Sachlagen nicht ermittelt werden müssen, wird der Beweisantrag, das gesamte Material der Überwachungskameras der Stadt Wien vollständig zu sichten und auszuwerten, abgewiesen.

E.4. Der von der Bf. namhaft gemachte Lenker hat das Schreiben des Magistrats der Stadt Wien nicht beantwortet. Der Entscheidung ist daher zugrunde zu legen, dass der Magistrat der Stadt Wien den Lenker nicht kontaktieren kann.

E.5. Der Lenker hat der Bf. "… hoch und heilig versichert [...], die Parkgebühren mit Hilfe eines von einem Hotel oder Pension ausgestellten Parkscheines bezahlt zu haben" (© Bf./Beschwerde). Dieser "Parkschein" ist die von der Bf. am vorlegte Tagespauschalkarte gewesen. Die Bf. hat nicht behauptet, dass sie die Tagespauschalkarte in ihrem Fahrzeug gefunden hat, deshalb muss sie diese Tagespauschalkarte vom Lenker bekommen haben. Von dieser Sach- und Beweislage ausgehend ist als erwiesen anzusehen und der Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Bf. die Tagespauschalkarte vom Lenker bekommen hat und da sie die Tagespauschalkarte am vorgelegt hat, muss sie den Lenker vor dem kontaktiert haben.

In der Beschwerde hat die Bf. angegeben "Nach Auskünften des ... hat kein Schreiben Ihrer Behörde … erreicht, ist ihm zugestellt worden oder ist er von Ihnen angesprochen worden". Da der Magistrat der Stadt Wien der Bf. mit Schreiben vom mitgeteilt hat, dass der Lenker nicht geantwortet hat, kann sie die oben zitierte Auskunft erst nach dem erhalten haben. Kann die Bf. die Auskunft erst nach dem vom Lenker erhalten haben, muss sie den Lenker nach dem kontaktiert haben. Kann die Bf. den Lenker im Gegensatz zum Magistrat der Stadt Wien sowohl vor als auch nach dem kontaktieren, ist dies nur dadurch erklärbar, dass die Bf. nicht die richtige Anschrift des Lenkers bekannt gegeben hat. Deshalb ist als erwiesen anzusehen und der Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Bf. nicht die richtige Anschrift des Lenkers bekannt gegeben hat.

E.6. Gegenstand dieser Entscheidung ist ausschließlich die der Bf. vorgeworfene Verwaltungsübertretung der verletzten Lenkerauskunftspflicht.

F. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehen Sinn und Zweck einer Lenkerauskunft darin, die Person schnell und mit geringem Verwaltungsaufwand ausfindig zu machen und zu bestrafen, die die Parkometerabgabe nicht entrichtet hat. Um diese Person kontaktieren zu können, werden ein Name und eine Anschrift benötigt. Das objektive Tatbild der verletzten Lenkerauskunft wird daher bereits erfüllt, wenn nur der Name oder nur die Anschrift dieser Person unrichtig ist (; , 89/03/0068; , 95/17/0187; , 2005/17/0036; , Ra 2016/02/0165). "Täterin" oder "Täter" beim Delikt der verletzten Lenkerauskunftspflicht ist daher auch, wer die begehrte Auskunft nur teilweise erteilt (, ).

Wie in Pkt. E.5. bereits ausgeführt, ist als erwiesen anzusehen und der Entscheidung zugrunde zu legen, dass die Bf. nicht die richtige Anschrift des Lenkers bekannt gegeben hat, weshalb ihre Lenkerauskunft teilweise unrichtig ist. Sie hat daher das objektive Tatbild der verletzten Lenkerauskunftspflicht erfüllt.

Gemäß § 5 Verwaltungsstrafgesetz - VStG 1991 idgF ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da als erwiesen anzusehen und der Entscheidung zugrunde zu legen ist, dass die Bf. den Lenker auch in Corona - Zeiten kontaktieren kann, kontaktiert hat und dennoch verschweigt, wie der Lenker kontaktiert werden kann, hat sie die Lenkerauskunftspflicht nicht schuldlos verletzt, sondern hat fahrlässig gehandelt, weshalb sie auch das subjektive Tatbild der verletzten Lenkerauskunftspflicht erfüllt hat.

Wer (wie die Bf.) die Lenkerauskunftspflicht verletzt, begeht die im Straferkenntnis vorgeworfene Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen.

Wie im Straferkenntnis bereits ausgeführt - sind die Grundlagen für die Strafbemessung die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19 Abs 1 VStG), wobei nach § 19 Abs 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen) gegeneinander abzuwägen sind und auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen ist. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten der/des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

In dieser Verwaltungsstrafsache schädigt die verletzte Lenkerauskunftspflicht das berechtigte Interesse des Magistrats der Stadt Wien, auch ständig im Ausland lebende Personen rasch zu identifizieren und zu bestrafen, die ein ihnen überlassenes Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellen und die Parkometerabgabe nicht entrichten.

Bei der Strafbemessung hat der Magistrat der Stadt Wien berücksichtigt, dass die Bf. unbescholten ist und ist von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie fehlenden Sorgepflichten ausgegangen, da die Bf. dazu keine Angaben gemacht hat. Die verhängte Geldstrafe ist daher tat- und schuldangemessen, weshalb sie vom Bundesfinanzgericht bestätigt wird.

G. Wer die Parkometerabgabe verkürzt, begeht eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung idgF; wer die Lenkerauskunftspflicht verletzt, begeht eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 idgF: Deshalb darf die Bf. wegen verletzter Lenkerauskunftspflicht bestraft werden, obwohl die Verwaltungsstrafsache verkürzte Parkometerabgabe eingestellt ist.

Ist eine Verwaltungsstrafsache eingestellt, muss sich das Bundesfinanzgericht dazu nicht äußern und darf alle die eingestellte Verwaltungsstrafsache betreffenden Beweisanträge zurückweisen. Alle die eingestellte Verwaltungsstrafsache betreffenden Beweisanträge werden deshalb als nicht entscheidungsrelevant zurückgewiesen.

H. Ad beantragter Kostenersatz: Den Abgabenvorschriften in Verwaltungsstrafverfahren ist nicht zu entnehmen, dass Verfahrensparteien einen Rechtsanspruch auf Kostenerstattung haben. Der Kostenerstattungsantrag wird daher zurückgewiesen.

I. Kostenentscheidung:

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ist in jeder ein Straferkenntnis bestätigenden Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes auszusprechen, dass die/der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Über die Bf. ist eine Geldstrafe in Höhe von EUR 60,00 verhängt worden. 20% von EUR 60,00 ergeben EUR 12,00. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind daher in Höhe von EUR 12,00 festzusetzen.

J. Revision:

Gemäß § 25a Abs 4 VwGG iVm Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG sind Revisionen wegen Verletzung von subjektiven Rechten nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe in Höhe von bis zu EUR 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von bis zu EUR 400,00 verhängt wurde. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt, da die verhängte Geldstrafe EUR 60,00 beträgt. Die ordentliche Revision und die außerordentliche Revision der Beschwerde führenden Partei sind daher unzulässig.

Die Frage, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit das objektive Tatbild der verletzten Lenkerauskunftspflicht erfüllt wird, hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise in ; ; ; und , bereits beantwortet und ist von dieser Rechtsprechung de dato nicht abgewichen. Da das Bundesfinanzgericht seine Entscheidung mit dieser VwGH-Rechtsprechung begründet, hängt seine Entscheidung nicht von der Lösung einer grundsätzlich bedeutenden Rechtsfrage ab. Die ordentliche Revision der belangten Behörde ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 2 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500443.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at