Wiederaufnahme
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RMS in der Beschwerdesache Bf , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom , betreffend Abweisung des Antrages vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 2016 gemäß § 303 Abs. 1 BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Abgabenbehörde nahm mit Einkommensteuerbescheid vom die Arbeitnehmerveranlagung des Beschwerdeführers (kurz Bf.) für das Jahr 2016 vor. Begründend führte sie an, dass im Veranlagungszeitraum zumindest zeitweise gleichzeitige Bezüge von zwei oder mehreren Arbeitgebern erhalten und daher die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfüllt worden seien. Eine Arbeitnehmerveranlagung sei jedoch nicht eingelangt, sodass die Veranlagung aufgrund der übermittelten Lohnzettel und Meldungen durchzuführen gewesen sei. Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen seien mangels Bekanntgabe nicht berücksichtigt worden.
Am brachte der Bf. einen Antrag auf Wiederaufnahme des bescheidmäßig abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 303 BAO betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 ein und führte hierzu aus, die Veranlagung sei durch die Abgabenbehörde erfolgt, weil der damalige steuerliche Vertreter des Bf. keine Erklärungen eingebracht habe. Aus diesem Grund seien keine "Sonderausgaben, Werbungskosten, Pendlerpauschale, u.ä." berücksichtigt worden. Mitgeschickt worden sind dazu
a)ein ausgefülltes Formular (L1) der Einkommensteuerklärung für 2016
b)ein ausgefüllte Formular (L 34) der Berechnungshilfe 2016 zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros
Mit Bescheid vom wies die Behörde den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 1 BAO vom ab. Dies wurde damit begründet, dass die im Wiederaufnahmeantrag beantragten Kosten (Pendlerpauschales, Pendlereuro, sonstige Werbungkosten) dem Bf. bereits bei Erhalt des Einkommensteuerbescheides 2016 vom bekannt gewesen seien und daher keine neuen Tatsachen oder Beweise vorlägen, von denen der Bf. selbst keine Kenntnis gehabt habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. am Beschwerde und brachte vor:
"…dass ich die Möglichkeit zur nachträglichen Geltendmachung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro habe wurde mir erst im August 2018 von einem Mitarbeiter des Finanzamtes erklärt. Ich habe dann sofort per Fax den Antrag eingebracht habe. Da ich dann bis zum keine Erledigung oder Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens erhalten habe, habe ich den Wiederaufnahmeantrag gestellt..."
Dem Schriftsatz wurde die Berechnungshilfe 2016 zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, sowie die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2016 beigefügt.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wiederholte die Behörde, dass dem Bf. die im Wiederaufnahmeantrag beantragten Kosten bereits bei Erhalt des Einkommensteuerbescheides 2016 vom bekannt gewesen seien und fügte hinzu, dass die Unwissenheit über die Möglichkeit einer steuerlichen Berücksichtigung unerheblich sei und keinen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 303 BAO darstelle. Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen.
Im als Vorlageantrag qualifizierten Schriftstück vom ergänzte der Bf. seine bisherigen Ausführungen wie folgt:
"Da meine Beschwerde vom ohne Würdigung meiner vorgebrachten Begründung nicht stattgegeben wurde, bei den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Erklärungen für die Jahre 2013-2015, und 2017, die Berücksichtigung des beantragten Pendlerpauschales sehr wohl stattgefunden hat, stelle ich den Vorlageantrag bei der nächsten Instanz…"
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Im gegenständlichen Fall ist zu beurteilen, ob die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO hinsichtlich der Arbeitnehmerveranlagung 2016 zu Recht erfolgte.
Die zur Beantwortung dieser Rechtsfrage maßgebliche Gesetzeslage - jeweils in der für den Beschwerdefall relevanten Fassung - stellt sich wie folgt dar:
Gemäß § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens hat den Zweck, ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren, dem besondere Mängel anhaften, aus den im Gesetz erschöpfend aufgezählten Gründen aus der Welt zu schaffen und die Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. (vgl. ).
Im Beschwerdefall sieht der Bf. den Neuerungstatbestand des § 303 Abs. 1 lit. b als gegeben an. In concreto begründet der Bf. den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens damit, dass er erst im August 2018 durch die Auskunft eines Mitarbeiters des Finanzamtes über die Möglichkeit der nachträglichen Geltendmachung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros informiert worden sei.
Die vom Bf. zur Untermauerung seines Standpunktes ins Treffen geführten Umstände vermögen aber nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes auf Grund folgender Überlegungen keine Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO zu rechtfertigen:
Tatsachen im Sinne des § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (vgl. ; , 2006/13/0107; , 2010/15/0064).
Keine Tatsachen sind hingegen neue Erkenntnisse bezüglich der rechtlichen Beurteilung von Sachverhaltselementen, unabhängig davon, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden (vgl. ; , 2008/15/0215).
Die Wiederaufnahme ist somit nicht möglich, wenn die Partei wegen mangelnder Information über die Auswirkung einzelner Sachverhaltselemente, wegen unzutreffender rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes oder wegen Fehlbeurteilung der Gesetzeslage im vorangegangenen Verfahren die maßgebenden Tatsachen nicht vorgebracht hat ().
Insbesondere dient die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht dazu, allfällige Versäumnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren zu sanieren, sondern soll die Möglichkeit bieten, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen (vgl. ). Ebenso können aber nicht aufgrund mangelnder Rechtskenntnis verabsäumte Anträge im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens "nachgeholt" werden.
Dass dem Bf. die ihm m Jahr 2016 entstandenen Kosten nicht bekannt waren, wurde vom Bf. nicht behauptet. In seiner Begründung stellt er nicht das Wissen über die Existenz dieser Kosten infrage, sondern führt lediglich ins Treffen, dass er erst im August 2018 von der Möglichkeit der nachträglichen Geltendmachung erfahren habe. Das Begehren des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens basiert demnach ausschließlich auf einer Unkenntnis des Bf. bezüglich einer möglichen nachträglichen Geltendmachung der beantragten Kosten.
Wie bereits angeführt lassen sich die nachteiligen Folgen einer früheren unzutreffenden Würdigung oder Wertung des offengelegt gewesenen Sachverhaltes oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung - gleichgültig durch welche Umstände veranlasst - bei unveränderter Tatsachenlage nicht nachträglich im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen (vgl. VwGH 84/15/0217).
Es liegen daher keine Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vor. Die Behörde hat somit zu Recht den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Arbeitnehmerveranlagung des Jahres 2016 als unbegründet abgewiesen.
Nichtzulässigkeit der ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass die hier zu lösende Rechtsfrage der Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeantrages bereits hinreichend durch die höchstgerichtliche, im Zuge in der Thematisierung der einzelnen Wiederaufnahmegründe auch zitierte Rechtsprechung beantwortet worden ist und die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes nicht davon abweicht.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104153.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at