Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.12.2020, RV/7103490/2019

Haftung eines Geschäftsführers für Lohnsteuernachforderungen - Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Haftungsinanspruchnahme gemäß §§ 9 iVm 80 Bundesabgabenordnung (BAO) (St.Nr. xx-xxx/xxxx HB) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mir Haftungsvorhalt vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (in der Folge Bf) mit, dass beabsichtigt sei, ihn für diverse Abgabenschuldigkeiten (Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag) der X-GmbH (in der Folge Gesellschaft) im Gesamtausmaß von 5.031,78 Euro als Haftungsverpflichteten in Anspruch zu nehmen. Der Rückstand bestehe infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum von bis fällig gewordenen Abgaben, wobei der Bf im Zeitraum von bis zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen sei.

Mit Beschluss des Gerichtes vom sei das am über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkursverfahren mangels Kostendeckung aufgehoben worden. Der Rückstand sei daher bei der Primärschuldnerin als uneinbringlich anzusehen. Im Falle der Uneinbringlichkeit des Rückstandes bei der Gesellschaft werde der Bf als gesetzlicher Vertreter (Geschäftsführer) gemäß den Bestimmungen der §§ 224 iVm 9 und 80 Bundesabgabenordnung (BAO) zur Haftung herangezogen, es sei denn, er kann beweisen, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. In diesem Zusammenhang wurde der Bf aufgefordert, diesbezügliche Nachweise vorzulegen.

Dem Vorhaltsschreiben legte das Finanzamt den Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988 betreffend die Lohnsteuer 2015, den Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages samt Zuschlag 2015 sowie den Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung, alle vom , bei.

In weiterer Folge nahm die belangte Behörde mit dem verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheid gemäß § 224 BAO vom den Bf als Haftungspflichtigen gemäß §§ 9 iVm 80 BAO für folgende aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Gesamtausmaß von 1.783,72 Euro in Anspruch:

  • Lohnsteuer 10/2015: 185,32 Euro

  • Lohnsteuer 07/2015: 266,40 Euro

  • Lohnsteuer 08/2015: 266,40 Euro

  • Lohnsteuer 09/2015: 266,40 Euro

  • Lohnsteuer 10/2015: 266,40 Euro

  • Lohnsteuer 11/2015: 266,40 Euro

  • Lohnsteuer 12/2015: 266,40 Euro

  • Summe: 1.783,72 Euro

Zur Begründung führte das Finanzamt ua aus, bei der Lohnsteuer für den Zeitraum 10/2015 handle es sich um eine selbst gemeldete Selbstbemessungsabgabe. Durch die Selbstbemessung sei die Rechtswirkung der Abgabenfestsetzung geschaffen worden (). Der Bescheid zu den restlichen Abgabenforderungen sei bereits im Haftungsvorverfahren zur Kenntnis gebracht worden.

Ergänzend hielt die belangte Behörde fest, dass im Zuge der Lohnsteuerprüfung im Jahr 2016 folgender Sachverhalt festgestellt worden sei, auf Basis dessen die (anderen) genannten Beträge und Zeiträume ermittelt worden seien:

"Da keine Unterlagen vorgelegt wurden, wird für das seit im Betrieb befindliche KFZ Jaguar XF2, 2 Diesel Luxury, eine pauschale Nachverrechnung in Höhe eines vollen Sachbezugs angesetzt. Anschaffungspreis: € 50.000.

März 2013: € 460, April 2013 bis Februar 2014: € 600, März 2014 bis Dezember 2015: € 720 und ab : € 960"

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Lohnabgaben hielt das Finanzamt zusammengefasst fest, dass der Bf den Haftungsvorhalt vom nicht beantwortet habe. In der Stellungnahme vom eines weiteren potenziellen Haftungsschuldners sei aber die "Gläubigergleichbehandlung" glaubhaft dargelegt worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei aber die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen.

Zur Begründung der Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO verwies die Behörde schließlich auf das Kriterium der Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls.

Gegen den Haftungsbescheid vom erhob der Bf mit Eingabe vom fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin vor, dass die Geltendmachung der Haftung betreffend die Lohnsteuer 07-12/2015 zu Unrecht erfolgt sei.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bf besitze keinen Führerschein und habe mit dem Fahrzeug somit weder berufliche noch private Fahrten durchführen können. Er besitze privat eine Netzkarte der Wiener Verkehrsbetriebe, mit der er die notwendigen Fahrten durchführe. Die betrieblichen Fahrten hätten daher von anderen Dienstnehmern oder anderen Personen durchgeführt werden müssen. Aus diesen Gründen habe auch kein Fahrtenbuch vorgelegt werden können.

Weiters beantragte der Bf der Beschwerde stattzugeben, den Haftungsbescheid aufzuheben und den Haftungsbetrag mit 0 Euro festzusetzen.

Das Finanzamt erledigte die Beschwerde mit abweisender Beschwerdevorentscheidung vom . In der Bescheidbegründung hielt die belangte Behörde zum Vorbringen des Bf fest, mit Bescheid vom habe das Finanzamt gegenüber dem bestellten Masseverwalter, der insofern die Insolvenzschuldnerin repräsentiere, für die von der Gesellschaft als Arbeitgeberin vom Arbeitslohn im Jahr 2015 einzubehaltende und zu entrichtende Lohnsteuer in Höhe von 3.196,80 Euro die Haftung gemäß § 82 EStG 1988 geltend gemacht. Dieser Bescheid sei dem an den Bf gerichteten Vorhalt vom angeschlossen gewesen. Damit sei der zur Haftung Herangezogene darüber aufgeklärt worden, dass die Abgaben schon bescheidmäßig festgesetzt worden seien. Die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung habe von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl ), sodass es der Behörde nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl ) im Verfahren über die Heranziehung des Bf zur Haftung verwehrt sei, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung als Vorfrage zu beurteilen.

Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung seien in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen. Das Beschwerdevorbringen, das offenkundig auf die Bestreitung der inhaltlichen Richtigkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen gerichtet sei, gehe daher ins Leere.

Nach mehreren Ersuchen um Fristerstreckung beantragte der Bf mit fristgerechter Eingabe vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Im Vorlageantrag hielt der Bf fest, dass er sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen die Abgabenbescheide das Rechtsmittel der Beschwerde gemäß § 248 BAO erhoben habe. Diesbezüglich sei zu erwähnen, dass im BAO-Kommentar zu § 248 (Ellinger/Iro ua) festgehalten werde, dass es für die Beschwerde über den Abgabenanspruch keines gesonderten Schriftsatzes bedürfe (). Auch sei anzunehmen, dass im Zweifel die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid auch gegen den Abgabenbescheid als erhoben anzusehen sei ().

In inhaltlicher Hinsicht wiederholte der Bf im Wesentlichen sein Beschwerdevorbringen, wonach die Haftung betreffend die Lohnsteuer 07-12/2015 zu Unrecht erfolgt sei, da er keinen Führerschein besitze und somit weder berufliche noch private Fahrten mit dem Fahrzeug durchführen habe können.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte unter Verweis auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung vom eine abweisende Erledigung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Die X-GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und am unter der Firmenbuchnummer xxxxxxy im Firmenbuch eingetragen. Mit Beschluss des Gerichtes vom wurde über das Vermögen der Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Mit Beschluss des Gerichtes vom wurde der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Am wurde die Gesellschaft gemäß § 40 Firmenbuchgesetz (FBG) im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.

Der Bf war im Zeitraum von bis sowie im Zeitraum von bis alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides bestanden gegenüber der Gesellschaft offene Abgabenansprüche iHv insgesamt 41.885,08 Euro.

Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid vom wurde der Bf für unberichtigt aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft iHv insgesamt 1.783,72 Euro in Anspruch genommen. Betroffen waren Abgabenansprüche hinsichtlich der Lohnsteuer aus dem Zeitraum 2015. Die Fälligkeitstage der betroffenen Abgaben lagen zwischen dem und dem .

Dem streitgegenständlichen Bescheid liegen folgende Abgabenschuldigkeiten zugrunde:

Abgabenart Zeitraum Betrag

Lohnsteuer 10/2015 185,32

Lohnsteuer 07/2015 266,40

Lohnsteuer 08/2015 266,40

Lohnsteuer 09/2015 266,40

Lohnsteuer 10/2015 266,40

Lohnsteuer 11/2015 266,40

Lohnsteuer 12/2015 266,40

Summe 1.783,72

Dem Rückstand an Lohnsteuer für den Zeitraum 10/2015 iHv 185,32 Euro liegt eine Selbstbemessung durch die Primärschuldnerin zugrunde. Dieser Abgabenanspruch wurde im Beschwerdeverfahren weder dem Grunde noch der Höhe nach bekämpft.

Mit Haftungsbescheid vom wurde die Gesellschaft gemäß § 82 EStG 1988 als Arbeitgeberin für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer für das Jahr 2015 iHv 3.196,80 Euro in Anspruch genommen. Der Außenprüfungsbericht verweist diesbezüglich auf die Nachverrechnung eines Sachbezuges iHv 720 Euro monatlich bzw die Hinzurechnung iHv 8.640 Euro für das gesamte Jahr 2015.

Die monatlichen Lohnsteuerbeträge für den Zeitraum 07-12/2015 iHv je 266,40 Euro resultieren aus dem Lohnsteuerhaftungsbescheid. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Haftung für diese Nachforderungsbeträge.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig und gründen sich auf den vorgelegten Akt, den elektronischen Steuerakt sowie die Urkundensammlung des Firmenbuchs.

Rechtsgrundlagen

Im vorliegenden Fall kommen folgende rechtliche Bestimmungen zur Anwendung:

Gemäß § 9 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haften die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO sind die Stellung als Vertreter der Gesellschaft, eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters und dessen Verschulden an dieser Pflichtverletzung sowie die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Unbestritten ist, dass dem Bf als vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen ua im Zeitraum von bis die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Mit Erlassung des Haftungsbescheides am bestanden Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft iHv insgesamt 41.885,08 Euro.

Mit Beschluss des Gerichtes vom wurde der am über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. In weiterer Folge wurde die Gesellschaft am im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Damit steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin fest.

Für die Haftung nach § 9 BAO ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung (zB , 91/13/0038; , 96/14/0076). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden die Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (sogenannter Gleichbehandlungsgrundsatz; ).

Zur streitgegenständlichen Haftung für die Lohnsteuer der Zeiträume 07-12/2015 ist vorab auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer eine Ausnahme vom Gleichheitsgrundsatz gilt und grundsätzlich die gesamten Beträge herangezogen werden können (). Wird die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Es fällt einem Vertreter im Sinne des § 80 BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet (, 0038; , 2002/13/0218; , 2004/13/0146).

Im konkreten Fall besteht die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Bf somit darin, dass die Lohnsteuerbeträge nicht zu den jeweiligen Fälligkeitstagen entrichtet worden sind.

Die Lohnsteuer für den Monat 10/2015 iHv 185,32 Euro wurde am Abgabenkonto der Gesellschaft gemeldet, aber nicht entrichtet. Der Bf hat dazu weder im Haftungsvorverfahren noch im Beschwerdeverfahren ein Vorbringen erstattet oder Beweismittel vorgelegt. Es lag daher kein Anlass für eine Reduzierung dieser gemeldeten Lohnsteuer vor.

Die übrigen haftungsgegenständlichen Lohnsteuerbeträge für den Zeitraum 07-12/2015 iHv monatlich je 226,40 Euro beruhen auf der Feststellung der Außenprüfung zum Pkw-Sachbezug und dem dazu ergangenen Haftungsbescheid vom .

Geht einem Haftungsbescheid an den Geschäftsführer ein Abgabenbescheid an die Gesellschaft voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung hinsichtlich des Grundes und der Höhe der Abgabe grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (). Dies gilt auch für einen Lohnsteuerhaftungsbescheid, der an den Arbeitgeber ergangen ist ().

Nach dieser Rechtsprechung war die belangte Behörde an den zugrundeliegenden Abgabenbescheid (Haftungsbescheid gemäß § 82 BAO) gebunden. Das Finanzamt ist daher bei der Erlassung des angefochtenen Haftungsbescheides zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgegangen.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, hat die Berufungsbehörde nach Lehre und ständiger Rechtsprechung zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (). Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen (; , 2011/16/0085; , 2012/16/0049).

Auf die vom Bf gemachten Ausführungen, die sich inhaltlich gegen den zugrundeliegenden Lohnsteuerhaftungsbescheid richten, braucht im gegenständlichen Haftungsverfahren daher nicht weiter eingegangen zu werden. Der Vollständigkeit halber wird aber festgehalten, dass der Bf lediglich vorgebracht hat, keinen Führerschein zu besitzen. Aus dieser Tatsache allein lässt sich der steuerpflichtige Pkw-Sachbezug jedoch nicht zwingend ausschließen (zB im Fall der Privatnutzung des Firmenwagens durch nahe Angehörige des Bf). Aus dem Vorbringen des Bf, dass er das Firmenfahrzeug weder beruflich noch privat verwendet hätte, lässt sich ebenfalls nichts gewinnen, da entgegen den Bestimmungen der §§ 124 ff BAO kein Fahrtenbuch oder sonstige Aufzeichnungen vorgelegt werden konnten. Im Übrigen hat der Bf mit seinen Ausführungen nicht dargelegt, aus welchen Gründen er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Lohnsteuerbeträge von der Gesellschaft entrichtet wurden.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung der nicht den Abgabenvorschriften entsprechenden Entrichtung der Abgaben der Primärschuldnerin durch den Bf konnte das Finanzamt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass diese Pflichtverletzungen Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf als Haftungspflichtigen für die Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft im Ausmaß von 1.783,72 Euro grundsätzlich zu Recht.

Die Geltendmachung einer Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO wurde von der belangten Behörde innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden Umstände getroffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist im gegenständlichen Fall die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind ().

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da das Erkenntnis der angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103490.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at