Wiederaufnahme - neue Tatsachen und Beweismittel Progressionsvorbehalt bei deutscher Sozialversicherungsrente
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karin Pitzer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom und über die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO betreffend Einkommensteuer 2013, Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerden gegen die genannten Bescheide werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Am und am langten die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 und 2014 elektronisch beim Finanzamt ein.
Ua wurde folgendes vom Beschwerdeführer (in der Folge Bf.) 2013 erklärt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erhöhter Pensionistenabsetzbetrag | Ja |
Krankheitskosten | 1.223,75 |
Kurkosten | EUR 240,01 |
Grad der Behinderung (Bf.) Magenkrankheit | 70% Ja |
Pauschaler Freibetrag KFZ wg. körperlicher Behinderung (Bf.) | Ja |
Unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel | EUR 436,82 |
Grad der Behinderung (Ehepartner) Magenkrankheit | 60% ja |
Pauschaler Freibetrag KFZ wg. körperlicher Behinderung (Ehepartner des Bf.) | Ja |
Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom erging erklärungsgemäß (ohne ausländische Einkünfte).
Laut Aktenvermerk vom wurden dem Bf. die Formulare "L1i zur ANV 2010 bis 2014"von der Sachbearbeiterin des (zuständigen) Finanzamtes G zurBeantwortung (Fristbis zum )ausgehändigt, weil ausländische Einkünfte (deutsche Rente) durch den Bf, die zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen sind, bekannt geworden seien.
Die Formulare L1i ua für 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014 samt der tabellarische Länderübersicht betreffend die Vermeidung der Doppelbesteuerung mit den Kategorien Land, Zeitraum für 183-Tage-Regel, Vermeidung der Doppelbesteuerung, privatrechtlicher Arbeitgeber und öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber; die deutschen Bescheide 2010 bis 2014 des Finanzamtes Neubrandenburg vom , die Bestätigungen der Pensionsversicherungsanstalt vom und vom langten am beim zuständigen Finanzamt G ein.
Aus den eingebrachten Formularen L1i für 2013 und 2014 ergeben sich die ausländischen Pensionseinkünfte als "unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte aus nicht selbständiger Arbeit" (KZ 453, KZ 791 und KZ 493).
Die Bestätigungen der "UWV" (Institut für Arbeitnehmerversicherung), Niederlande über die Rentenzahlungen beginnend ab Jänner 2013 von EUR 61,99/Monat, ab Juli 2013 von EUR 62,21 sowie ab Jänner 2014 von EUR 62,64 und ab Juli 2014 von Euro 63,08 wurden dem Finanzamt übermittelt.
Mit Vorhalt vom wurde der Bf. aufgefordert, die ab dem Jahr 2013 geltenden Behindertenpässe (Kopie) von ihm und seiner Gattin sowie Kopien der Zulassungsscheine und der Ausweise gem. § 29 b StVO 1960 vorzulegen. Weiters wurde um die Vorlage einer Aufstellung und der dazugehörigen Belege für die in den Jahren 2011 - 2014 geltend gemachten Aufwendungen in Zusammenhang mit den Behinderungen gebeten.
Mit am beim Finanzamt eingelangter Vorhaltsbeantwortung legte der Bf. folgende Unterlagen betreffend außergewöhnliche Belastungen für die Jahre 2013 und 2014 vor:
Tabellarische Aufschlüsselung von Aufwendungen für die Behinderung (Apothekenartikel) und Fahrtkosten des Bf. und seiner Gattin (Fahrten zu Behandlungen) des Jahres 2013 (EUR 1.851,17) sowie des Jahres 2014 (EUR 873,08) mit Datum, Nennung einer (fortlaufenden) Rechnungsnummer, des Rechnungsausstellers sowie des jeweiligen Rechnungsbetrages
Behindertenpass des Bf. vom (Grad der Behinderung: 70%). Dieser enthält keinen Vermerk betreffend eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung.
Behindertenpass der Gattin des Bf. vom (Grad der Behinderung: 50%, am amtlich auf 60% berichtigt). Laut Vermerk vom bestehe eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung.
Behindertenparkausweis der Gattin des Bf.
Zulassungsschein des KFZ der Gattin des Bf., Zulassungsdatum
Weitere Belege (Rechnungen) betreffend außergewöhnliche Belastungen
Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2013 (Bescheid vom ) wieder aufgenommen mit folgender Begründung:
"Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO, weil die in der Begründung des Sachbescheides näher ausgeführten Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung. Das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden."
Gleichzeitig wurde mit dem wiederaufgenommen Einkommensteuerbescheid 2013 vom die Einkommensteuer für 2013 in Höhe von 1.142,00 € festgesetzt (bisher - 138,00 €) unter Berücksichtigung der Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes in Höhe von
-1.223,75 € (Selbstbehalt 1.223,75 EURO), des Pauschalen Freibetrages gem. § 35 Abs. 3 EStG 1988 wegen eigener Behinderung in der Höhe von EUR - 363,00, des Pauschbetrages nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung in der Höhe von EUR 504,00, der Nachgewiesenen Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in der Höhe von EUR -1.120,97, des Freibetrages gem. § 35 Abs. 3 EStG 1988 wegen der Behinderung der Ehegattin des Bf. in der Höhe von EUR - 243,00 und der Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen der Behinderung des (Ehe)Partners in der Höhe von EUR - 504,00.
Ausländische Einkünfte in der Höhe von EUR 2.604,42 wurden im Bescheid berücksichtigt. (Anm. Beiträge an Krankenversicherung für eine ausländische Leistung(en) in Höhe von 139,78 € wurde vom Finanzamt abgezogen).
Aus der Bescheidbegründung geht folgendes hervor:
"Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, konnten nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 1.739,16 € nicht übersteigen.
Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag konnte nicht berücksichtigt werden, da die Einkünfte Ihres (Ehe)-partners höher als der maßgebliche Grenzbetrag von 2.200 € sind.
Die Wiederaufnahme gem. § 303 BAO war durchzuführen, da die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Auslandspensionsbezüge beim Erstbescheid nicht berücksichtigt wurden. Im Zuge der Wiederaufnahme waren die Erklärungsgrundlagen zu prüfen. Dabei wurden folgende Änderungen vorgenommen:
Der Freibetrag für das eigene Kfz wegen Behinderung steht 2013 nicht zu. Die Krankheitskosten wurden in der nachgewiesenen Höhe unter Abzug einer Haushaltserparnis bei Kur- oder Krankenhausaufenthalt und der Ersätze der Gebietskrankenkasse bei Heilbehandlungen sowie ohne den Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegeprodukte berücksichtigt."
Das Finanzamt erließ in der Folge den Einkommensteuerbescheid 2014 vom unter Berücksichtigung Ausländischer Einkünfte in Höhe von EUR 2.632,08 (Anm. Beiträge an Krankenversicherung für eine ausländische Leistung(en) in Höhe von 141,24 € wurde vom Finanzamt abgezogen). Für das Jahr 2014 ergibt die Arbeitnehmerveranlagung eine Nachforderung in Höhe von 1.626 €.
Aus der Bescheidbegründung geht folgendes hervor:
"Die außergewöhnlichen Belastungen wegen Behinderung waren in der nachgewiesenen Höhe zu berücksichtigen. Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflege stellen keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 dar. Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag konnte nicht berücksichtigt werden, da die Einkünfte Ihres (Ehe)partners/eingetragenen Partners höher als der maßgebliche Grenzbetrag von 2.200 € sind."
Aus den am gegen die genannten Bescheide eingebrachten Beschwerden vom geht folgendes hervor:
Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO betreffend Einkommensteuer 2013:
"Ich habe mich zu dem Zeitpunkt, als mir die Auslandsrenten (Deutschland und Niederlande) zugesprochen wurden, beim damaligen Wohnsitzfinanzamt (L-Stadt) erkundigt, was ich nun zu tun hätte. Vom zuständigen Sachbearbeiter wurde mir mitgeteilt, vorerst brauche ich nichts zu unternehmen, da die Besteuerung von Ausländischen lnvaliditätsrenten noch nicht geklärt sei. Aufgrund dieser Aussage bin ich der Ansicht, nichts Unrechtes getan zu haben."
Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013:
"Ich halte diesen Bescheid für mangelhaft,
Bezüglich der Streichung der außergewöhnlichen Belastungen, da diese im Zusammenhang mit der Behinderung meiner Ehefrau, bzw. mit meiner eigenen Behinderung in Zusammenhang stehen.
Bezüglich des Progressionsvorbehaltes, da ich meine Deutschen Rentenzahlungen in Deutschland (FA Neubrandenburg) bereits versteuert habe."
Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014:
"Ich halte diesen Bescheid für mangelhaft,
Bezüglich des Progressionsvorbehaltes, da ich meine Deutschen Rentenzahlungen in Deutschland (FA Neubrandenburg) bereits versteuert habe."
Aus der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom hinsichtlich der Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gem.
§ 303 BAO betreffend Einkommensteuer 2013 geht folgendes hervor:
"In der Bescheidbegründung des Wiederaufnahmebescheides vom wurde angeführt dass das die Verfahrens wiederaufzunehmen war, weil die in der Begründung des Sachbescheides näher ausgeführten Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Weiters wurde ausgeführt, dass die Wiederaufnahme unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt wurde. Im vorliegenden Fall überwog das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung. Das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die Auswirkungen konnten nicht als geringfügig angesehen werden.
In der Begründung des Sachbescheides wurde ausgeführt, dass die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Auslandspensionsbezüge beim Erstbescheid nicht berücksichtigt wurden. Was den in der Beschwerde angeführten Einwand betrifft, dass Ihnen vom damaligen Wohnsitz- Finanzamt mitgeteilt wurde, dass Sie "vorerst nichts zu unternehmen bräuchten, da die Besteuerung Ihrer ausländischen Renten noch nicht geklärt sei" so ist anzuführen, dass sich der Umfang der Offenlegung vor dem damaligen Wohnsitzfinanzamt nicht dokumentieren lässt.
Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass das Ergehen eines Bescheides, der sich später als unrichtig erweist, als solches weder den Schluss auf eine Genehmigung, noch auf eine mangelhafte Bearbeitung durch die zuständige Abgabenbehörde zulässt, weil das System der Abgabenverwaltung die Überprüfung von Abgabenerklärungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. in unterschiedlichen Verfahrenssituationen vorsieht. Zum Teil erfolgt demnach die erstmalige Überprüfung von Erklärungsinhalten erst nach dem Ergehen eines Bescheides.
Aufgrund dieser Gegebenheiten war das Finanzamt berechtigt - weil Tatsachen oder Beweismittel in einem abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind (im konkreten Fall der Zufluss von Pensionseinkünften, die in Österreich zwingend zur Progression heranzuziehen sind) - die Wiederaufnahme zu verfügen."
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom wurde mit Bescheid Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Aus der gesondert zu diesem Bescheid ergangenen Begründung geht Folgendes hervor:
"Die Geltendmachung des Freibetrages für das eigene Kfz wegen Behinderung setzt einen Nachweis der Körperbehinderung (Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) voraus (beispielsweise Ausweis gem. § 29b der Straßenverkehrsordnung oder Behindertenpass mit Feststellung der Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel). Ein solcher Nachweis konnte für das Jahr 2013 nicht erbracht werden.
Nahrungsergänzungsmittel (bzw. Körperpflegeprodukte) sind aufgrund der fehlenden medizinischen Indikation/Verordnung keinesfalls absetzbar. Wie aus der Begründung zum Erstbescheid vom hervorgeht, ist bei Kur- bzw. Krankenhausaufenthalten eine Haushaltsersparnis abzuziehen. Weiters waren von den angefallenen Aufwendungen Kostenersätze, die von der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet wurden, abzuziehen (vgl. LStR 2002, Rz 902f).
Gem. § 41 (1) Z 1 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige in Österreich zu veranlagen, wenn im Einkommen Iohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und der Steuerpflichtige auch andere Einkünfte bezogen hat, die EUR 730,-- überstiegen haben.
Die deutschen Rentenbezüge werden in Österreich von der Steuer befreit (Art. 18 (2) DBA Deutschland). Österreich berücksichtigt jedoch die deutschen Rentenbezüge bei der Berechnung der Steuer für das übrige Einkommen, das in Österreich zu versteuern ist (Art. 23 DBA Deutschland). Durch den Progressionsvorbehalt kommt es daher nicht zu einer Doppelbesteuerung, sondern zu einer Gleichstellung zwischen jenen Abgabepflichtigen, die Pensionseinkünfte über die Grenze beziehen mit jenen, die eine oder mehrere Pensionen von österreichischen Quellen beziehen. Der Progressionsvorbehalt ist in Österreich zwingend vorzunehmen."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom als unbegründet abgewiesen. Dies mit folgender Begründung:
"Gem. § 41 (1) Z. 1 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind und der Steuerpflichtige andere Einkünfte bezogen hat, die EUR 730,-- übersteigen.
Die deutschen Rentenbezüge werden in Österreich von der Steuer befreit (Art. 18 (2) DBA Deutschland). Österreich berücksichtigt jedoch die deutschen Rentenbezüge bei der Berechnung der Steuer für das übrige Einkommen, das in Österreich zu versteuern ist (Art. 23 DBA Deutschland). Durch den Progressionsvorbehalt kommt es daher nicht zu einer Doppelbesteuerung, sondern zu einer Gleichstellung zwischen jenen Abgabepflichtigen, die Pensionseinkünfte über die Grenze beziehen mit jenen, die eine oder mehrere Pensionen von österreichischen Quellen beziehen. Da der Progressionsvorbehalt in Österreich zwingend vorzunehmen ist, war Ihre Beschwerde abzuweisen!"
Der Bf. brachte mit Schriftsatz vom vor:
"… Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden vom
… Am habe ich gegen die Einkommenbescheide 2013 und 2014 beim zuständigen Finanzamt Beschwerde eingelegt.
In erster Linie richten sich meine Beschwerden gegen den sogenannten "Progressionsvorbehalt".
Mit der Zuerkennung meiner Renten aus Deutschland und den Niederlanden habe ich mich beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt (damals L-Stadt) erkundigt, was ich nun Steuerlich zu tun hätte!
Mir wurde gesagt, was die Ausländischen Renten betrifft, solle ich abwarten, bis sich die Ausländischen Finanzämter bei mir melden. Davon, dass diese Ausländischen Bezüge einem "Progressionsvorbehalt" unterliegen, wurde mir nichts gesagt.
Erst, nachdem sich das Finanzamt Neubrandenburg bezüglich einer Steuererklärung gemeldet hat, und ich die erforderlichen Unterlagen beim FA G bestätigen liess, erfuhr ich dort, dass es so etwas wie den Progressionsvorbehalt gibt. Das war am .
Ich verweise hier ausdrücklich auf die Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung vom und zweifle diese an.
Insbesondere halte ich die Rechtsrichtigkeit der "Wiederaufnahme unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmässigkeitsgründen" für nicht gegeben.
Zum Thema "Billigkeit- und Zweckmässigkeit" möchte ich folgendes anmerken:
Am wurde in einer Aussendung der "Grünen", (ein ähnlicher Artikel zum selben Thema erschien auch in der Tageszeitung "Der Standard") veröffentlicht, dass Google "viel zu wenig" Steuern zahlt.
Ich zitiere aus dieser Aussendung:
Geschätzter Umsatz in Österreich in 2014: 140 Millionen Euro
Davon wurden bei den Finanzbehörden 5,6 Millionen angegeben, was letztlich zu einer Steuerleistung von 124.000,00 € geführt hätte.
Und da kommt dann das Finanzamt und will von mir eine Steuernachzahlung in Höhe insgesamt 2.906,00 €, weil ich 5.236,50 € Ausländische Rente in 2 Jahren erhalten und diese obendrein auch schon versteuert habe!
Ich würde mich glücklich schätzen, wenn mir irgendjemand diese ungeheure Ungerechtigkeit plausibel erklären könnte!!
Selbst, wenn die angeführten Summen (Google Umsatz) nicht ganz korrekt sein sollten, ist hier eine Diskrepanz sondergleichen zu erkennen.
Von Steuergerechtigkeit, so wie sie das FA G sieht, kann ich nichts erkennen!
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatte, Einkommen zu verschleiern oder Steuern zu hinterziehen. Es ist mir auch keineswegs zur Last zu legen, dass ich mich nicht informiert hätte, und dabei von der Finanzbehörde unvollständig informiert wurde.
Aus diesen Gründen ersuche ich, die Steuernachzahlungen für die Jahre 2013 und 2014 aus Nachsichtsgründen teilweise zu erlassen und mir eine moderate Zahlweise zu ermöglichen, da ich keinesfalls in der Lage bin, im September 2.906,00 € zu erlegen. Daher ersuche, das der Zahlungstermin aufgehoben wird.
Abschliessend möchte ich noch daraufhinweisen, dass mir vom FA G die Ausstellung eines Freibetragsbescheides aus dem Jahr 2014 verweigert wurde, obwohl sich darauf Freibeträge, welche an sich weder vom Finanzamt noch von mir bestritten werden."
Aus dem Aktenvermerk gemäß § 89 BAO vom über ein Telefonat mit dem Bf. vom selben Tag geht folgendes hervor:
"Im Telefonat vom wurde dem Beschwerdeführer erklärt, dass betreffend der strittigen Beträge (Vorlageantrag 2013 + 2014) eine Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO bewilligt wurde. Falls das BFG seine Beschwerde abweist, kann ein Antrag auf Zahlungserleichterung bei der Abgabenbehörde gestellt werden.
Im Punkt Freibetragsbescheid 2016 beharrte der Beschwerdeführer darauf, dass ihm ein Freibetragsbescheid für das Jahr 2016 zustehe."
Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2013, Einkommensteuerbescheid 2013 und 2014 vom Finanzamt dem BFG zur Entscheidung vorgelegt und die Abweisung der Beschwerden beantragt. Wie die deutschen Rentenbezüge seien auch die niederländischen Rentenbezüge in Österreich unter Progressionsvorbehalt steuerbefreit und somit bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einzubeziehen.
Der Freibetragsbescheid 2016 sei nach Ansicht der Abgabenbehörde zu Recht nicht erlassen worden. Gemäß § 63 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 sei ein Freibetragsbescheid nicht zu erlassen, wenn bei jener Veranlagung, aufgrund derer ein Freibetragsbescheid zu erlassen gewesen wäre, die Einkommensteuer die angerechnete Lohnsteuer übersteige und Vorauszahlungen festgesetzt würden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf.) hat seinen Wohnsitz in Österreich an der Wohnsitzadresse ***Bf1-Adr*** und bezieht neben einer Pension von der Pensionsversicherungsanstalt auch ausländische Renten (Deutschland und Niederlande).
Mit der Wohnsitzverlegung nach E (am , vorher befand sich der Wohnsitz in L), ist das Finanzamt G für die Veranlagung des Bf. zuständig.
Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom erging erklärungsgemäß unter Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen (ohne ausländische Einkünfte).
Dem zuständigen Finanzamt G bzw. derSachbearbeiterin wurde laut Aktenvermerk vom bekannt, dass der Bf ausländische (deutsche und niederländische) Renteneinkünfte bezieht, die zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen sind. Dem Bf. wurden die Formulare "L1i für die ANV 2010 bis 2014" zur Beantwortung (Frist ) ausgehändigt.
Die ausgefüllten Formulare L1i vom ua für 2013 und 2014 sowie die Bescheide des Fionanzamtes Neubrandenburg vom , Schreiben der PVA, sowie die Schreiben der UWV betreffend niederländischer Rente langten beim Finanzamt in der Folge ein und bilden die Grundlage für die in den Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 berücksichtigten ausländischen Einkünfte.
Die Jahresbeträge der deutschen Renten ergeben sich aus den vorgelegten deutschen Bescheiden vom .
Aus den deutschen Bescheidbegründungen 2013 und 2014 des Finanzamtes Neubrandenburg geht hervor, dass "die Veranlagung erfolgte von Amts wegen, anhand der vorliegenden Angaben Ihres Rententrägers. Gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich steht der Bundesrepublik Deutschland das uneingeschränkte Besteuerungsrecht für die Renten aus der deutschen Sozialversicherung zu (Art. 18 Absatz 2 DBA). Es wurde eine Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht durchgeführt".
Die niederländische Rente ist sowohl der Höhe und dem Grunde nach unstrittig und ergibt sich aus den vom Bf. vorgelegten Bestätigungen der "UWV" (Institut für Arbeitnehmerversicherung). Die Rente wird monatlich (12mal) ausgezahlt.
Die Krankenversicherungsbeiträge wurden nachgewiesen und berücksichtigt.
Mit wurden die angeforderten Unterlagen für die außergewöhnlichen Belastungen 2013 und 2014 übermittelt bzw. der Vorhalt vom beantwortet.
In der Folge wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuerbescheid 2013 mit Bescheid am wiederaufgenommen und der Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 erlassen.
Ausländische Einkünfte wurden in Höhe von 2.604,42 Euro im Einkommensteuerbescheid 2013 und in Höhe von 2.632,08 Euro im Einkommensteuerbescheid 2014 zur Berechnung des Durchschnittssteuersatzes berücksichtigt.
Von den beantragten außergewöhnlichen Belastungen hat das Finanzamt laut wiederaufgenommen Einkommensteuerbescheid 2013 vom die Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes in Höhe von -1.223,75 €, den Pauschalen Freibetrag gem. § 35 Abs. 3 EStG 1988 wegen eigener Behinderung in der Höhe von EUR 363,00, den Pauschbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung in der Höhe von EUR - 504,00, die Nachgewiesenen Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in der Höhe von EUR -1.120,97), den Freibetrages gem. § 35 Abs. 3 EStG 1988 wegen der Behinderung der Ehegattin des Bf. in der Höhe von EUR - 243,00 und die Pauschbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen der Behinderung des (Ehe)Partners in der Höhe von EUR -504,00 anerkannt.
Die Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen
Der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden vom richtet sich laut Schriftsatz vom nur gegen den sogenannten "Progressionsvorbehalt" und gegen die Rechtsrichtigkeit der Wiederaufnahme unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen, die der Bf. nicht für gegeben halte.
Bezüglich der Kosten der außergewöhnlichen Belastungen 2013 wurde keine Vorlage beantragt bzw. kein Vorlageantrag gestellt.
Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Der dargestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Parteienvorbringen und den vom Bf. vorgelegten Unterlagen wie den eingebrachten Formularen L1i ua für 2013 und 2014, den deutschen Bescheiden 2013 und 2014 des Finanzamtes Neubrandenburg vom , den Bestätigungen der Pensionsversicherungsanstalt und den Bestätigungen der "UWV" (Institut für Arbeitnehmerversicherung), Niederlande, über die Rentenzahlungen.
Aus der Übersetzung der niederländischen Homepage von "UVW" (Institut für Arbeitnehmerversicherung), das für die Auszahlung der niederländischen Pensionen an den Bf. zuständig war, geht hervor, dass diese "UWV" eine autonome Verwaltungsbehörde ist und vom niederländischen Ministerium für Soziales und Beschäftigung ("SZW") mit der Durchführung von Arbeitnehmerversicherungen und der Erbringung von Arbeitsmarkt- und Datendiensten beauftragt ist (Quelle: https://www.uwv.nl/overuwv/english/about-us-executive-board-organization/detail/about-us/core-task-and-ambitions).
Die Höhe der ausländischen Pensionseinkünfte wurde vom Bf mit den vorgelegten Unterlagen zweifelsfrei nachgewiesen und wurde die Höhe der anzusetzenden Pensionseinkünfte auch vom Finanzamt bereits in den Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 berücksichtigt.
Dass neue Tatsachen und Beweismittel dem zuständigen FA G erst nach Einkommensteuerbescheiderlassung 2013 am bekannt wurden, ergibt sich nicht nur aus dem Schreiben bzw. der Beschwerde wenn es da lautet "Erst, nachdem sich das Finanzamt Neubrandenburg bezüglich einer Steuererklärung gemeldet hat, und ich die erforderlichen Unterlagen beim FA G bestätigen ließ, erfuhr ich dort, dass es so etwas wie den Progressionsvorbehalt gibt. Das war am " sondern auch aus dem Aktenvermerk vom , den am übermittelten L1i vom sowie den deutschen Bescheiden vom und den übermittelten Schreiben der UVW, der niederländischen Arbeitnehmerversicherung.
Das vage Vorbringen des Bfs "Ich habe mich zu dem Zeitpunkt, als mir die Auslandsrenten (Deutschland und Niederlande) zugesprochen wurden, beim damaligen Wohnsitzfinanzamt (L-Stadt) erkundigt, was ich nun zu tun hätte; vom zuständigen Sachbearbeiter wurde mir mitgeteilt, vorerst brauche ich nichts zu unternehmen, da die Besteuerung von Ausländischen lnvaliditätsrenten noch nicht geklärt sei" verhilft der gegenständlichen Beschwerde nicht zum Erfolg.
Inwieweit das Finanzamt L von den ausländischen Renten tatsächlich Kenntnis erlangt hat, konnte aufgrund des Vorbringens des Bf. nicht festgestellt werden. Es fehlen konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich des Sachbearbeiters/in, des Zeitpunktes der Kenntnisnahme durch das Finanzamt L sowie auch des Umfanges der Kenntnis über die ausländischen Renten.
Gegenständlich spielt die Kenntnis des Finanzamtes L keine Rolle, zumal das zuständige Finanzamt G laut Aktenvermerk vom und laut Aussage des Bf. erstmals nach Erlassung des Erstbescheides 2013 am davon vollständig Kenntnis erlangt hatte.
Das wurde vom Bf. auch nicht bestritten.
Sollte der Bf. in Zusammenhang mit dem Ermessen und seinem Vorbringen im Vorlageantrag "Ich möchte ausdrücklich betonen, dass ich zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatte, Einkommen zu verschleiern oder Steuern zu hinterziehen. Es ist mir auch keineswegs zur Last zu legen, dass ich mich nicht informiert hätte, und dabei von der Finanzbehörde unvollständig informiert wurde" die Manuduktionspflicht gem. § 113 bzw. Rechtsbelehrungspflicht ansprechen, die für steuerlich nicht vertretene Beschwerdeführer bzw. Personen gilt, so wird vom Bf. durch sein Vorbringen nicht dargelegt, inwiefern diese verletzt wurde. Vom Bf. wurde nämlich nicht vorgebracht bzw. behauptet, dass er vom zuständigen Finanzamt diesbezüglich eine Auskunft verlangt hätte.
Auch eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ergibt sich aus dem Vorbringen des Bf. nicht. Für die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben bedarf es einer rechtswidrigen Auskunft der zuständigen Behörde. Ob und inwiefern eine solche vorliegt, wurde vom Bf. nicht aufgezeigt.
Gegen die im Einkommensteuerbescheid 2013 berücksichtigten außergewöhnlichen Belastungen bzw. den nachgewiesenen Kosten und den Pauschalbeträgen für den Bf. selbst und seiner Ehegattin brachte der Bf. in der Beschwerde nichts vor. Obwohl der Beschwerdevorentscheidung Vorhaltecharakter zukommt, wurden vom Bf. weder Beweismittel noch konkrete Vorbringen in Zusammenhang mit der Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen im Jahr 2013 eingebracht.
Da die Vorlage der Beschwerde laut Schriftsatz vom sich nunmehr nur gegen den sogenannten "Progressionsvorbehalt" und gegen die Rechtsrichtigkeit der Wiederaufnahme unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen richtet, die der Bf. nicht für gegeben erachte, erfolgt bezüglich der Kosten der außergewöhnlichen Belastungen keine Änderung. Diese werden, wie im Einkommensteuerbescheid 2013 berücksichtigt, nun anerkannt. Laut Bundesfinanzgericht besteht keine Veranlassung diesbezüglich eine Änderung vorzunehmen.
Rechtliche Beurteilung
Bestritten wird nunmehr
A) die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2013 und
B) die Rechtmäßigkeit, der vom Finanzamt vorgenommenen Besteuerung der ausländischen Einkünfte im Wege des Progressionsvorbehaltes.
A) Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2013
a) Rechtslage:
§ 20 BAO idF. BGBl. Nr. 194/1961 lautet:
"Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen."
Gemäß § 113 BAO hat die Abgabenbehörde den Parteien, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.
§ 303 BAO idF. BGBl. I. Nr. 14/2013 lautet:
"(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) …
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) …
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) (…)
Wiederaufnahmsgründe sind (nur) im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nach herrschender Ansicht aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen (zB ; , 2006/13/0019; , 2007/15/0045; , 2007/13/0157; , 2009/15/0016; , 2011/15/0106). Maßgebend ist der Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres (Ritz, BAO6 § 303 Rz 31 mit Verweis auf -0177; ; , 2009/15/0161; , 2008/15/0005, 0006). Daher können zB Kenntnisse des Lohnsteuerprüfers für die Einkommensteuerveranlagung oder für die Erhebung der Kommunalsteuer für die Gemeinde neu hervorkommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung, ob neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel vorliegen, daher auf den Wissensstand auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen im jeweiligen Veranlagungsjahr an (vgl. mit Verweis auf -0177; , 99/15/0120; , 2006/15/0367; , 2009/15/0161; , 2008/15/0005, 0006).
Allfälliges Verschulden der Behörde an der Nichtausforschung von Sachverhaltselementen schließt die amtswegige Wiederaufnahme nicht aus. Ein solches Verschulden ist aber unter Umständen bei der Ermessensübung zu berücksichtigen (Ritz, BAO6 § 303 Rz 33).
Der Bf. weist zu Recht darauf hin, dass die Wiederaufnahme eine Ermessungsentscheidung ist und die Ermessensübung zu begründen ist.
Ermessensbestimmungen wie § 303 BAO räumen - im Unterschied zu gebundenen Entscheidungen - der Behörde bei Verwirklichung gesetzlich vorgesehener Rechtsfolgen einen Entscheidungsspielraum ein. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme grundsätzlich - wie im vorliegenden Fall - vorliegen, ist daher stets noch zu prüfen, ob bei Abwägung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände eine Wiederaufnahme zu verfügen ist. Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist für die Ermessensübung dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit der Vorzug einzuräumen (Ritz, BAO6 § 303 Rz 67 mit Verweis auf ; , 94/13/0032; , 99/14/0067).
Unter "Billigkeit" versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das "öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben". Die "Billigkeit" gebietet etwa die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei. Zur "Zweckmäßigkeit" im Sinne des § 20 BAO gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie (Ritz, BAO6 § 20 Tz 7 mwN).
Das Finanzamt hat in der Begründung ausgeführt, dass die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung. Das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden."
Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben. Dieser Grundsatz ist auch im Abgabenrecht zu beachten (Ritz, BAO6 § 114 Tz 6 mwN). Auskünfte müssten von der für die Abgabenangelegenheit zuständigen Behörde erteilt worden sein. Treu und Glauben könne nur die Behörde binden, die die entsprechenden Auskünfte erteilt hat. Eine allfällige Unterlassung von Handlungen kann keine Grundlage für Treu und Glauben bilden ().
Festzuhalten ist, dass § 113 BAO einerseits ein Verlangen der Partei voraussetzt und andererseits sich die Rechtsbelehrungspflicht des § 113 BAO nur auf Verfahrensangelegenheiten bezieht und nicht auf Fragen des materiellen Rechts (vgl. Ritz,
BAO6, § 113 Tz. 1,5).
Erwägungen:
Die Abgabenbehörde hat im angefochtenen Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2013 auf § 303 Abs. 1 BAO und das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismittel verwiesen. Die Ausführungen in der Begründung lassen somit den Schluss zu, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand gestützt hat.
Wenn nun der Bf. seine Auffassung, es seien keine neuen Tatsachen und Beweismittel für das zuständige Finanzamt G hervorgekommen, auf die Behauptung stützt "Ich habe mich zu dem Zeitpunkt, als mir die Auslandsrenten (Deutschland und Niederlande) zugesprochen wurden, beim damaligen Wohnsitzfinanzamt (L-Stadt) erkundigt, was ich nun zu tun hätte; vom zuständigen Sachbearbeiter wurde mir mitgeteilt, vorerst brauche ich nichts zu unternehmen, da die Besteuerung von Ausländischen lnvaliditätsrenten noch nicht geklärt sei" , so verkennt der Bf., dass die Wiederaufnahme eines mit Bescheid abgeschlossenen Verfahrens nur dann ausgeschlossen ist, wenn der zuständigen Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt, so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können. Davon kann im gegenständlichen Fall für das Jahr 2013 aber keine Rede sein aufgrund des sehr vagen und verkürzt dargestellten Ablaufes, zumal steuerrechtlich relevante Feststellungen (zB Fehlen der zeitlichen Komponente), in diesem Zusammenhang fehlen bzw. aus dem Akteninhalt diesbezüglich nichts zu entnehmen ist.
Außerdem bestand für das Finanzamt L in Entgegnung des Vorwurfes des Bfs "Ich meine, der Sachbearbeiter hätte mir das mitteilen müssen, bzw. ich hätte als Österreichischer Bürger und Steuerzahler das Recht auf eine richtige Beratung seitens der Finanzbehörde".Da eben dieses Recht verletzt wurde, sehe ich mich nun mit mehreren Steuernachzahlungen konfrontiert, welche für mich äußerst belastend sind", überhaupt keine Veranlassung, diesbezüglich Nachforschungen anzustellen. War das Finanzamt L für die Veranlagung seit dem Wohnsitzwechsel nach E (am lt. ZMR) auch gar nicht (mehr) zuständig.
Aufgrund des Sachverhaltes und den vorgelegten Unterlagen ist dem Finanzamt G somit nach Erlassung des Erstbescheides 2013 am (bzw nach Erlassung der Einkommensteuerbescheide 2010, 2011 und 2012) zur Kenntnis gelangt, dass der Bf. ausländische Einkünfte, nämlich deutsche und niederländische Renten bezieht, die zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen sind. Auf die Ausführungen im Punkt 2 und die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung wird verwiesen.
Abgesehen davon stünde selbst ein schuldhaftes Unterbleiben solcher Nachforschungen einer amtswegigen Wiederaufnahme nicht entgegen (Stoll, BAO Handbuch, 726).
Somit spielt es keine Rolle, ob das Finanzamt L von den deutschen und holländischen Renten Kenntnis hatte, weil das zuständige Finanzamt G von den ausländischen Renten bzw den ausländischen Einkünften - wie sachverhaltsmäßig festgestellt - laut Aktenvermerk vom erst nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2013 davon vollständig Kenntnis erlangt hatte, dass der Bf. neben der deutschen Rente auch eine holländische Rente bezieht, die zum Progressionsvorbehalt - wie die deutsche Rente - heranzuziehen ist.
Aus der Sicht des zuständigen Finanzamtes G lagen daher neue Tatsachen und Beweismittel vor. Dem wurde vom Bf. auch nicht entgegengetreten.
Ob dem Bf. ein Verschulden trifft oder ihm die Kenntnis des Doppelbesteuerungsabkommens zugemutet werden kann ist dabei irrelevant.
Aus dem DBA Ö/NL bzw DBA Ö/DT ergibt sich auch keine Pflicht zu permanentem Datenaustausch, von einer "nicht ordnungsgemäßen Meldung" oder gar Verschulden einer Behörde kann daher keine Rede sein.
Wenn der Bf. die Verletzung seiner Parteienrechte - nämlich der nicht richtigen Beratung bzw schlampigen Beratung durch das Finanzamt L aufgreift bzw. anspricht, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Begründung des Wiederaufnahmebescheides betreffend Einkommensteuer 2013 der Abgabenbehörde (FA G) zusammengefasst im Rahmen der Ermessensabwägung den oben für das BFG stichhältigen Grund enthält, der letztlich für die Ermessensabwägung ausschlaggebend war.
Das Vorbringen "… Ich habe mich telefonisch beim FA L-Stadt erkundigt! Wenn dieses Auskunftsbegehren auf dem falschen Kommunikationskanal (weil telefonisch), so hätte mich der Mitarbeiter des FA darauf hinweisen müssen. Wäre das der Fall gewesen, so hätte ich diese Auskunft eben schriftlich eingefordert! ..." verhilft der Beschwerde somit nicht zum Erfolg.
Wie bekannt setzt § 113 BAO ein Verlangen der Partei voraus. Weder behauptet der Bf., dass er jemals ein solches Verlangen gestellt habe, noch ist den Verwaltungsakten ein solches Verlangen zu entnehmen. Schon aus diesem Grund ist das Vorbringen unbegründet.
Mit dem Vorbringen hat der Bf. auch eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht aufgezeigt. Hat er es doch unterlassen, die Auskunftsverletzung durch die Behörde im Detail auszuführen und darzulegen. Dass eine unrichtige Rechtsauskunft von der zuständigen Behörde vorliegt, wurde vom Bf nicht behauptet bzw vorgetragen.
Dem Bf. gelang es somit nicht, die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensfehlers der Abgabenbehörde aufzuzeigen.
Auch wenn die Auskunft der Finanzbehörde, was die gesamten steuerlichen Auswirkungen betrifft, unvollständig gewesen sei, so verhilft diese der Beschwerde aufgrund der obigen Ausführungen nicht zum Erfolg.
Auch das Vorbringen Im Vorlageantrag vom , dass der Bf. die Rechtsrichtigkeit der "Wiederaufnahme unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmässigkeitsgründen" für nicht gegeben erachte und diesbezüglich auf eine Aussendung der "Grünen" bzw einem ähnlichen Artikel zum selben Thema erschienen auch in der Tageszeitung "Der Standard") verwiesen habe , dass Google "viel zu wenig" Steuern zahlt, so ist dem entgegenzuhalten, dass eine rechtskonforme Wiederaufnahme selbst im Hinblick auf das Kriterium der Billigkeit nicht mit dem Argument unterbleiben könne, dass ein anderer Steuerpflichtiger weniger Steuer zahle, als es der Steuerpflichtige für richtig oder gerecht hielte.
Wie bekannt hat sich die Ermessensübung vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Zweck des § 303 ist es, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Somit war es gerechtfertigt beim Ermessen dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit den Vorrang einzuräumen.
Dass die gegenständlichen Auswirkungen der Wiederaufnahme absolut bzw relativ geringfügig gewesen sind, wurde vom Bf. nicht behauptet bzw. nachvollziehbar aufgezeigt.
Eine Verkürzung der Parteienrechte und eine mit Rechtswidrigkeit belastete Ermessensentscheidung vermag das BFG im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
Der angefochtene Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2013 entspricht der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war indem die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2013 abzuweisen war.
B) Einkommensteuer 2013 und 2014:
a) Rechtslage:
Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahresbezogen hat.
Einkommen ist nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 105 und 106a. Nach § 2 Abs 3 Z 4 EStG 1988 unterliegender Einkommensteuer auch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25). Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt gemäߧ 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988, dass für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 maßgebend sind.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 sind Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sind Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sind Werbungskosten auch Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.
Ist bei der Berechnung der Steuer ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens zu berücksichtigen, gilt für die Steuerberechnung gemäß § 33 Abs. 11 EStG 1988 Folgendes: Der Durchschnittssteuersatz ist zunächst ohne Berücksichtigung der Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 zu ermitteln. Von der unter Anwendung dieses Durchschnittssteuersatzes ermittelten Steuer sind die Abzüge nach den Abs. 4 bis 6 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach Abs. 3) abzuziehen.
Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 DBA Deutschland idF. BGBl. III Nr. 32/2012 lauten:
"(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.
(2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden."
Art. 23 Abs. 2 DBA Deutschland idF. BGBl. III Nr. 32/2012 lautet auszugsweise:
"Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:
a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.
(…)
d) Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden."
Art. 19 DBA Niederlande ("Ruhegehälter") idF. BGBl. III Nr. 14/2003 lautet:
"Vorbehaltlich des Artikels 20 Absatz 2, lit. a und Absatz 4 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem der beiden Staaten ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden."
Art. 20 DBA Niederlande ("Öffentlicher Dienst und Sozialversicherung") idF. BGBl. III Nr. 14/2003 lautet:
"(1) a) Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, ausgenommen Ruhegehälter, die von einem der beiden Staaten oder einer seiner Gebietskörperschaften an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft geleisteten Dienste gezahlt werden, dürfen in diesem Staat besteuert werden.
b) Diese Gehälter, Löhne und ähnlichen Vergütungen dürfen jedoch nur im anderen Staat besteuert werden, wenn die Dienste in diesem Staat geleistet werden und die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und
i) ein Staatsangehöriger dieses Staates ist oder
ii) nicht ausschließlich deshalb in diesem Staat ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten.
(2) a) Ruhegehälter, die von einem der beiden Staaten oder einer seiner Gebietskörperschaften oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft geleisteten Dienste gezahlt werden, dürfen in diesem Staat besteuert werden.
b) Diese Ruhegehälter dürfen jedoch nur im anderen Staat besteuert werden, wenn die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und ein Staatsangehöriger dieses Staates ist.
(3) Auf Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen und Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit eines der beiden Staaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, sind die Artikel 16, 17, 18 oder 19 anzuwenden.
(4) Ungeachtet der Absätze 2 und 3 dürfen Ruhegehälter und andere Zahlungen, die an eine in einem der beiden Staaten ansässige Person gemäß den Bestimmungen eines Sozialversicherungssystems des anderen Staates geleistet werden, im anderen Staat besteuert werden."
Art. 24 Abs. 1 und Abs. 3 DBA Niederlande ("Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung") idF. BGBl. III Nr. 66/2009 lauten:
"(1) Die Niederlande sind berechtigt, bei der Erhebung der Steuern von in diesem Staat ansässigen Personen alle Einkommensteile und Vermögensteile, die nach den Bestimmungen dieses Abkommens in Österreich besteuert werden dürfen, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
(3) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in den Niederlanden besteuert werden, so nimmt Österreich, vorbehaltlich des Absatzes 4, diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; Österreich darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären."
b) Erwägungen:
Der Bf. hat im Inland seinen Wohnsitz und ist damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs 2 EStG 1988. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Der Bf. gilt aufgrund seines inländischen Hauptwohnsitzes unbestritten auch als eine in Österreich ansässige Person.
Neben seinen inländischen Pensionseinkünften bezog er im Streitjahr 2013 und 2014 Renten aus der deutschen Sozialversicherung und Renten von der UWV, Institut für Arbeitnehmerversicherung.
Die niederländischen Rentenzahlungen sind unstrittig bzw. laut Beschwerde nicht angefochten.
Die deutschen und die niederländischen Renteneinkünfte sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs 1 Z 3 lit. c EStG 1988 (Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht).
Nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland steht Österreich kein Besteuerungsrecht für diese deutschen Renteneinkünfte zu. (Siehe deutsche Bescheide vom ).
Sie unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland.
Die aus Deutschland bezogene Rente des Bf. ist nach Art. 18 Abs. 2 DBA Deutschland in Deutschland zu versteuern und in Österreich steuerfrei gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA Deutschland. Jedoch dürfen derartige Einkünfte gem. Art 23 Abs. 2 lit. d bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen einbezogen werden (Progressionsvorbehalt).
Die Rechtsgrundlage für den Progressionsvorbehalt findet sich im § 2 EStG 1988, wonach das gesamte in- und ausländische Einkommen der Einkommensteuer unterliegt. Bei der Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird das (Gesamt-)Einkommen nach den Vorschriften des österreichischen Einkommensteuergesetzes ermittelt (vgl. etwa die zum insoweit inhaltsgleichen Art. 15 Abs 3 des (früheren)Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl.Nr. 221/1955, ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0234, und vom , 2005/14/0099; vgl. auch , mwN).
§ 25 Abs 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sieht auch nicht vor, dass derartige Pensionseinkünfte nur mit einem bestimmten Anteil zu erfassen wären ().
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Die Krankenversicherungsbeiträge nach § 73a ASVG stehen mit den ausländischen, im Wege des Progressionsvorbehaltes zu erfassenden Renteneinkünften des Bf im Zusammenhang. Diese Beiträge sind daher als Werbungskosten von den ausländischen Rentenbezügen und nicht von den im Inland erzielten steuerpflichtigen Einnahmen (hier: den von der Pensionsversicherungsanstalt ausbezahlten Pensionseinkünften) abzuziehen (vgl.; , ;; ).
Die Renteneinkünfte wurden daher 2013 und 2014 in Höhe von 2.604,42 € und 2.632,08 € für Zwecke des Progressionsvorbehaltes erfasst.
Zusammenfassend wird nochmals festgehalten, dass die deutsche Rente durch die Anwendung des Progressionsvorbehaltes in Österreich nicht besteuert wird, sie wird aber bei der Ermittlung des Steuersatzes für das übrige inländische Einkommen berücksichtigt. Die steuerpflichtigen inländischen Einkünfte werden mit jenem Steuersatz erfasst, der zum Tragen käme, wenn alle Einkünfte aus inländischen Quellen stammten. Dabei wird das Einkommen (Gesamteinkommen) nach den Vorschriften des österreichischen Einkommensteuergesetzes ermittelt, die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer eruiert, und sodann der Durchschnittssteuersatz errechnet. Dieser wird auf jenen Einkommensteil angewandt, welcher von Österreich besteuert werden darf.
Der Progressionsvorbehalt hat den Zweck, Personen mit in- und ausländischen Einkünften mit Personen gleichzustellen, welche lediglich inländische Einkünfte beziehen.
Durch die Einbeziehung der deutschen Rente in die in Österreich mit Progressionsvorbehalt zu versteuernden Einkünfte kommt es zwar zu einer steuerlichen Mehrbelastung, aber nicht zu einer Doppelbelastung, zumal mit dem Progressionsvorbehalt nicht die gesetzliche deutsche Rente ein zweites Mal besteuert wird, sondern lediglich die Steuerleistung von den übrigen Einkünften dem österreichischen Besteuerungsniveau angepasst wird ( und ).
Zur Vermeidung von weiteren Missverständnissen wird darauf hingewiesen, dass nur das Einkommen in Österreich (13.863,47 € (2013), 14.437,16 Euro (2014) mit einem (dem Gesamteinkommen entsprechenden) höheren Steuersatz (= 12,12 % (2013); 12,98 % (2014)) besteuert wird (siehe angefochtene Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014). Eine Doppelbesteuerung liegt daher nicht vor.
Eine (auch nur teilweise) Anrechnung der dem Bf. vom deutschen Finanzamt vorgeschriebenen Einkommensteuer kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die deutsche Rente auf Grund des DBA Ö/D von der Besteuerung in Österreich ausgenommen ist (siehe obige Ausführungen). Die vom Finanzamt in den angefochtenen Bescheiden festgesetzten Einkommensteuern betrifft nur das übrige steuerpflichtige (inländische) Einkommen.
Festgehalten wird, dass gegen die Berechnung eines Progressionsvorbehalts auch aus unionsrechtlicher Sicht keine Bedenken bestehen (vgl. ).
Da der Progressionsvorbehalt im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2013 und 2014 jeweils zu Recht und korrekt angewandt wurde, war dem dagegen gerichteten Beschwerdebegehren des Bf. nicht zu folgen.
Angemerkt wird, dass die Frage, ob ein Freibetragsbescheid für 2016 auszustellen war oder nicht, nicht verfahrensgegenständlich war und daher nicht darauf einzugehen war.
Die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 war daher als unbegründet abzuweisen
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 24 Abs. 1 und 3 DBA NL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Niederlande (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 191/1971 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 20 DBA NL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Niederlande (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 191/1971 § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 Art. 19 DBA NL (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Niederlande (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 191/1971 Art. 23 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 113 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 18 Abs. 1 und 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101493.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at