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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.06.2021, RV/7101587/2019

Foundation Course Berufsausbildung ?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TGT Tampermeier & Grill Steuerberatungs- und Wirtschaftstreuhand OG, Raiffeisengasse 2, 3462 Absdorf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Tochter ***F.***, geboren am ***Datum1***, für den Zeitraum 07/2017 bis 09/2018 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Es besteht Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für ***F.***, geboren am ***Datum1***, für die Monate 07/2017 bis einschließlich 06/2018.

Für die Monate 07/2018 bis einschließlich 09/2018 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für ***F.***.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensverlauf und entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihre Tochter ***F.*** (F.), geboren am ***Datum1***, Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbeträge.
F. maturierte im Juni 2017 und absolvierte vom bis einen zweisemestrigen Foundation Course als Vorbereitung für ein Designstudium an der New Design University in St. Pölten.
Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe vom wird dem Finanzamt bekannt, dass die Tochter das Aufnahmeverfahren für die New Design University in St. Pölten nicht bestanden und damit keine Zulassung zum Designstudium an der New Design University (Privatuniversität der Kreativwirtschaft GWT Aus- und Weiterbildung GmbH) erhalten hatte. Vielmehr hätte F. mit Oktober 2018 an der Universität Wien das Studium der deutschen Philologie begonnen.

Das Finanzamt forderte daraufhin mit Bescheid vom die für den Zeitraum 07/2017 bis 09/2018 für die Tochter F. bezogenen Beträge mit folgender Begründung zurück:
Der Foundation Course stellt laut Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) für sich alleine keine Berufsausbildung dar, da das Kind in keinem eigenständigen Beruf ausgebildet wird. Nur im Zusammenhang mit einem nachfolgenden Studium kann dies eine Berufsausbildung darstellen. Der Foundation Course New Design Centre steht nicht im Zusammenhang mit dem begonnenen Studium A033 617 Deutsche Philologie.

Die Bf erhob gegen den Rückforderungsbescheid fristgerecht Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Am brachte die Bf den Antrag ein, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag). Begründend führte sie aus, dass die Tochter F. gerne an der New Design University studieren wollte. Dazu wäre vorher eine Aufnahmeprüfung erforderlich. Man müsste dazu eine Mappe an eigenen Werken vorlegen. Da sie aber zu wenig fachspezifische Werke gehabt hätte, wäre ihr intern von der New Design University nahegelegt, den Foundation Course zu besuchen, denn während des Kurses würden die Studentinnen u.a. auf die Aufnahmeprüfung vorbereitet werden bzw. ihre Mappen für die Aufnahmeprüfungen vorbereiten können. Die Abschlussprüfung für diesen Kurs hätte sie geschafft. Die anschließende Aufnahmeprüfung für das Studium an der New Design University hätte sie absolviert, aber nicht geschafft.
Sie hätte sich dann für ein Germanistikstudium entschlossen.

Die Anfrage des BFG beim Wirtschaftsförderungsinstitut NÖ (Wifi) über den genauen Ablauf der Kursabschlussprüfung im Zusammenhang mit der Aufnahme bei der New Design University wurde mittels Schriftsatz der Leiterin des New Design Centre, Wifi NÖ, Frau ***Name1***, vom (E-Mail) wie folgt beantwortet:
"Die Teilnehmenden im Foundation Course melden sich zur abschließenden kommissionellen Prüfung im Mai schriftlich an. Dabei geben Sie auch bekannt, ob sie sich gleichzeitig um Aufnahme für einen Studiengang an der New Design University (NDU) bewerben.
***F.*** hat sich angemeldet und gleichzeitig um Aufnahme an der NDU für den Studiengang Grafik- und Informationsdesign beworben.
Die Kooperationsvereinbarung von WIFI und NDU sieht vor, dass Absolvierende aus dem Foundation Course, die mit sehr gut/gut beurteilt werden, direkt aufgenommen werden.
Für diese "ausgezeichneten" ist somit das Aufnahmeverfahren an der NDU positiv absolviert (Kooperationsvereinbarung). Ein erfolgreicher Abschluss des Foundation Course (Zeugnis/mit Erfolg) attestiert das Erreichen der Lernziele des Foundation Course. Die direkte Aufnahme an der NDU ist jedoch nur mit einem sehr guten/guten Erfolg möglich. Ein mehrmaliges Antreten zu Aufnahmeklausuren ist immer möglich, diese weiteren Antritte - sollen sie erfolgreich sein - bedingen natürlich ein Weiterarbeiten am Portfolio (Arbeitsproben/Mappe).
Die Aufnahmeverfahren an der NDU (1. Aufnahmetermin) finden etwa zur gleichen Zeit wie die Abschlussprüfungen im Foundation statt. Da das Portfolio zu diesem Zeitpunkt so ist, wie es ist, treten de facto Studierende im Foundation Course nicht gleichzeitig zusätzlich bei der NDU-Aufnahmeklausur an. Die entsprechende Eignung wird ja durch die kommissionelle Foundation-Prüfung ohnehin geprüft. Somit ist aus unserer Sicht der Antritt von ***F.*** als erster Antritt um Aufnahme an der NDU zu werten".

II. entscheidungsrelevanter Sachverhalt
F. wird am ***Datum1*** in Österreich geboren.
Sie legte im Juni 2017 die Reifeprüfung an einem Bundesgymnasium erfolgreich ab (Reifeprüfungszeugnis vom ).
In der Zeit vom bis besuchte sie einen Vorbereitungskurs (Course Foundation) am Wirtschaftsförderungsinstitut, Wirtschaftskammer Niederösterreich, da sie das Grafik Studium an der New Design University in St. Pölten anstrebte und den Kurs für die Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung sowie für die Mappenerstellung in Anspruch nahm.
Die Kursvorbereitung umfasste 15 Wochen pro Semester und 3 Prüfungswochen, 20 Wochenstunden Präsenzunterricht und 20 Wochenstunden Selbststudium/Übungsprojekte (siehe dazu Ausbildungsbestätigung Wifi New Design Centre vom ).
Die Präsentationsmappe ist für die Aufnahme an Kunst-und Designuniversitäten Aufnahmevoraussetzung.
Mit der Anmeldung zur Abschlussprüfung am Wifi hat sich F. gleichzeitig um Aufnahme an der New Design University für einen Studiengang Grafik- und Informationsdesign beworben (Telefonat vom mit der Leiterin des New Design Kurses am Wifi NÖ, Frau ***Name1***, und E-Mail vom ).
Die kommissionelle Abschlussprüfung besteht in der Beurteilung der designpraktischen Fähigkeiten anhand der vorgelegten Präsentationsmappe und Ausarbeitung eines Design-Abschlussprojektes und der designtheoretischen Qualifikation durch Ausarbeitung einer Arbeit anhand einer vorgegebenen kunst- bzw. designorientierten Aufgabenstellung (Prüfungsordnung, Beschluss Präsidium WK Österreich vom ).
Die Prüfungskommission setzt sich aus Prüfungsorganen des Wifi NÖ und der New Design University sowie einem externen Mitglied zusammen.
Die Kooperationsvereinbarung zwischen Wifi NÖ und New Design University sieht vor, dass Absolventinnen/Absolventen aus dem Foundation Course, die mit sehr gut/gut beurteilt werden, ein Fixplatz für die gestalterischen Studiengängen an der New Design University zusteht. Für diese "Ausgezeichneten" ist das Aufnahmeverfahren an der New Design University positiv absolviert (siehe dazu Ausbildungsbestätigung Wifi New Design Centre vom ).
Mit der Beurteilungsnote " bestanden" hat der Absolvent/die Absolventin den Vorbereitungslehrgang erfolgreich abgeschlossen, die Beurteilungskriterien bzw. die Voraussetzungen für eine automatische Aufnahme an der New Design University zu diesem Zeitpunkt aber nicht erfüllt.
F. hat die Abschlussprüfung im Juni 2018 am Wifi mit der Note "bestanden" absolviert.
Die Aufnahmeprüfungen für das Studium an der New Design University finden im jeweils im Juni und September statt.
F. trat zum Aufnahmeverfahren für einen Studienplatz an der New Design University im September 2018 nicht mehr an.
Im Wintersemester 2018/2019 nahm F. an der Universität Wien das Bachelorstudium Deutsche Philologie auf (Studienbestätigung Universität Wien vom ).

III. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes bzw. der Bf sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Ermittlungen.

IV. Rechtsausführungen
§ 2 Abs. 2 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF lautet:
Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, haben Anspruch auf Familienbeihilfe, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. ...

§ 2 Abs. 2 lit d Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

§ 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF lautet:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 10 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF lautet:
Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 idgF lautet:
Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

V. Erwägungen
Die Tochter der Bf besuchte unstrittig einen sogenannten Foundation Course am Wifi NÖ, der Grundkenntnisse für ein Designstudium bzw. für Berufe der Kreativwirtschaft wie z.B. Grafik oder Mediendesigner und Produkt- oder Innenraumdesigner vermittelt. Der Foundation Course ist ein Bildungsangebot des WIFI der Wirtschaftskammer Niederösterreich in Zusammenarbeit mit der New Design University in St.Pölten. Der Kurs ermöglicht es den Teilnehmern zu beurteilen, ob sie für eine Beschäftigung in der Kreativwirtschaft ausreichend interessiert sind bzw. die notwendigen persönlichen Voraussetzungen und Vorkenntnisse besitzen. Im Rahmen des Kurses wird ein Portfolio bzw. eine Arbeitsmappe erstellt. Eine derartige Mappe ist Voraussetzung für die Aufnahme an Kunst- und Designuniversitäten. Wird der Foundation Course mit gutem oder sehr gutem Erfolg absolviert, erhält der Teilnehmer einen Fixplatz an der New Design University. In diesem Fall ist keine Aufnahmeklausur erforderlich.

Das Finanzamt vertritt dabei die Auffassung, dass es sich bei diesem Kurs um keine eigentliche Berufsausbildung handle. Die Absolvierung dieses Kurses stelle weder eine Voraussetzung für das angestrebte Studium an der New Design University dar noch werde durch die Absolvierung dieses Kurses eine Qualifikation für einen speziellen Beruf erreicht.

Streitgegenstand ist nun die Frage, ob mit dem Besuch des Course Foundation für Design im Wifi vom Oktober 2017 bis September 2018 eine Berufsausbildung vorlag.

Ein Studium an einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannten Einrichtung liegt unstrittig nicht vor.

Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 enthält keine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung". Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter den Begriff aber jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem bestimmten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. (u.a. ). Ziel einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs.1 lit b FLAG 1967 ist - wie es sich aus der Rechtsprechung ergibt - die Vermittlung einer fachlichen Qualifikation, die es dem Auszubildenden ermöglicht, einen angestrebten Beruf ausüben zu können und so selbsterhaltungsfähig zu werden. Zudem muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein (VwGH 2000/14/0093). Der Besuch von allgemeinen - nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten - Veranstaltungen, die dem Sammeln von Erfahrungen und/oder dem Aneignen eines bestimmten Wissensstandes dienen (z.B. Besuch einer Fahrschule, eines Schikurses od. dgl.), kann nicht als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewertet werden.

Für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs.1 lit b FLAG 1967 ist jedoch nicht allein der Lehrinhalt, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen bestimmend. Andernfalls müsste etwa auch dem Besuch von Schulen mit rein allgemeinbildendem Lehrinhalt die Qualität als Berufsausbildung aberkannt werden. Zur Berufsausbildung gehört aber zweifellos auch die allgemeinbildende Schulausbildung. Eine Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 ist bei allgemeinbildenden Lehrinhalten auch dann gegeben, wenn die Ausbildung die überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nimmt, ein geregeltes Ausbildungsverfahren vorgesehen ist (etwa mit Anwesenheitspflicht) und die Ablegung von Prüfungen erforderlich ist.
Von einer Berufsausbildung ist demnach auch dann auszugehen, wenn es keinen gesetzlich festgesetzten Ausbildungsweg gibt. Es ist darauf abzustellen, ob sich die Ausbildung in qualitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privatem Interesse unterscheidet.

Der besuchte Kurs muss für sich gesehen geeignet sein, die Grundlage für die Ausübung eines Berufes zu schaffen. Mitentscheidend für das Vorliegen einer Berufsausbildung ist daher auch, ob der Besuch von Veranstaltungen erfolgt, die im allgemeinen auf Berufsausbildung ausgerichtet sind, mag eine Ausbildung auch stufenweise aufgebaut sein und mögen einzelne Stufen davon - aus dem Zusammenhang gelöst und für sich allein betrachtet - keine Berufsausbildung darstellen (VwGH 93/14/0100).

Betreffend den Bereich der Aufnahmeprüfungen, wie sie heute in vielen Studien Voraussetzung für die Aufnahme von Studierenden sind, hat Lenneis in Cszaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 45 angemerkt:
"Da jedoch die Ablegung derartiger Prüfungen Vorbedingung für den Beginn des Studiums ist, sind sie dennoch mE Teil der Berufsausbildung (; in diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof offensichtlich die Vorbereitungszeit für den physiotherapeutischen Dienst dem Grunde nach als Berufsausbildung anerkannt, den Bescheid aber deshalb aufgehoben, weil der nötige zeitliche Umfang nicht überprüft worden war). Gleiches gilt wohl auch für den Besuch von (privaten) Kursen, die zur Prüfungsvorbereitung angeboten werden" (vgl. auch UFS, , RV/0688-W/12).

Für den streitgegenständlichen Fall bedeuten die obigen Ausführungen:

Was den zeitlichen Umfang des Kursbesuches betrifft, ist vorerst darauf hinzuweisen, dass nach herrschender Lehre ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kurse und Vorbereitungszeit von mindestens 30 Stunden als ausreichend für die Qualifizierung als Berufsausbildung angesehen wird (vgl. Lenneis aaO, § 2 Rz 40). Zählt man den 20 Wochenstunden, die der von F. absolvierte Kurs umfasste, die persönliche Erarbeitungszeit für die Werkstücke der Präsentationsmappe hinzu, so wird im Streitfall zweifellos eine wöchentliche Beanspruchung von mindestens 30 Stunden erreicht.
Der von F. besuchte Kurs diente der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für das von ihr angestrebte Grafikdesignstudium. Wenn nach den Ausführungen des Finanzamtes der Kurs auch für sich allein betrachtet keine Berufsausbildung darstellt, wird er in Zusammenschau mit dem Studium Teil einer solchen. Die Absolvierung des Lehrganges ist zwar keine gesetzliche Voraussetzung für weitere gestalterische Studiengänge, nach Ansicht des BFG aber wohl eine unabdingbare (sieht man von wenigen Ausnahmetalenten ab), wenn man berücksichtigt, dass Schulabgänger/Maturanten ohne gesonderte Vorkenntnisse wohl geringe Chancen auf einen Studienplatz an einer Kunstuniversität, bei der die Vorlage einer einschlägigen Arbeitsmappe Voraussetzung ist, hätten.
Der enge inhaltliche Zusammenhang zwischen der designspezifischen Fachausbildung am Wifi NÖ einerseits und dem Studium an der New Design University/St.Pölten andererseits zeigt sich aber auch dadurch, dass die Abschlussprüfungen am Wifi durch eine Prüfungskommission abgenommen wird, die auch mit Dozenten der New Design University besetzt ist. Die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Wifi und der University sieht weiters vor, dass Absolvierende aus dem Foundation Kurs, die mit sehr gut oder gut beurteilt werden, gleichzeitig die Aufnahmevoraussetzungen an der New Design University erfüllen und einen Fixplatz an der University bekommen, ohne ein weiteres Aufnahmeverfahren an der University mehr durchlaufen zu müssen.
Ein erfolgreicher Abschluss des Foundation Course (Zeugnis/mit Erfolg/bestanden) attestiert das Erreichen der Lernziele des Kurses. Diese Lehrgangsteilnehmer, wie auch die Tochter der Bf, hingegen, erfüllen mit dem Beurteilungsergebnis "bestanden" zu diesem Zeitpunkt nicht die Aufnahmekriterien für einen entsprechenden Studienplatz an einer Kunstuniversität.
Ein mehrmaliges Antreten zu Aufnahmeklausuren ist möglich, diese weiteren Antritte - sollen sie erfolgreich sein - bedingen natürlich ein Weiterarbeiten am Portfolio bzw. eine Überarbeitung und Weiterentwicklung der Präsentationsmappe. Die Aufnahmeverfahren an der University (1. Aufnahmetermin) finden etwa zur gleichen Zeit wie die Abschlussprüfungen im Foundation statt. Da das Portfolio zu diesem Zeitpunkt (Juni) so ist, wie es ist, war naturgemäß ein weiteres Antreten von F. gleichzeitig bzw. zusätzlich bei der New Design University nicht zielführend. Eine entsprechende Eignung wurde ja durch die kommissionelle Foundation-Prüfung ohnehin geprüft.
(siehe dazu Ermittlungsergebnis BFG, Telefonat mit der Leiterin des Wifi NÖ, E-Mail Verkehr).

Dass F. den Weg in das Grafikdesignstudium schließlich nicht einschlug, liegt nach dem Ermittlungsergebnis des BFG somit daran, dass sie, obwohl sie unter fachlicher Betreuung eine individuelle Bewerbungsmappe erarbeitete und einreichte, nicht in die engere Wahl für das Studium kam. Ihre Nichtzulassung besagt aber nicht, dass sie sich nicht ernstlich und zielstrebig vorbereitet hat, da sie ja - wie ausgeführt - während der Kursdauer eine Mappe mit Werkstücken und Entwürfen gestaltete und zur Aufnahmeprüfung vorlegte. In der fertiggestellten Mappe zeigt sich nach außen ihr Bemühen um einen Ausbildungserfolg. Sie hatte die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der nach Kursbeendigung anstehenden Prüfung, was sich in der Einreichung ihrer Mappe dokumentiert. Unstrittig kommt es aber nicht darauf an, ob die erfolgreiche Ablegung der Prüfung auch tatsächlich gelingt (; , 2009/16/0315; , 2011/16/0077). Gerade im gestalterisch-kreativen Bereich wird mit Unwägbarkeiten zu rechnen sein, denen man mit Zielstrebigkeit, Fleiß und Einsatzbereitschaft nicht begegnen kann (siehe dazu auch ).

Der VwGH hat zur Qualifikation als Berufsausbildung hinsichtlich einer geplanten Ablegung der Externisten Reifeprüfung ausgeführt (VwGH, , 2007/15/0050): "Die von der Judikatur geforderten Voraussetzungen einer Berufsausbildung können auch dann vorliegen, wenn ein Kind die Externisten Reifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den von der Externistenreifeprüfungskommission festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt."

In zusammenfassender Betrachtung wird daher im Streitfall den Erfordernissen sowohl eines ernstlichen Bemühens um einen Ausbildungserfolg als auch einer zeitlichen Inanspruchnahme, die ihrem Umfang nach über den Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privatem Interesse hinausgeht, entsprochen. Der im Streitzeitraum absolvierte, der Prüfungsvorbereitung für eine Aufnahme an der New Design University dienende Kurs stellte somit eine Berufsausbildung dar. Dass F. mangels entsprechender Beurteilungsnote das angestrebte Studium schließlich nicht einschlug, steht dem, auch im Sinne der gebotenen ex-ante-Betrachtung, nicht entgegen (, ).

Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. und die darin angeführte Judikatur) anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat (§ 10 Abs. 2 FLAG 1967). Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Anspruchszeitraum gegeben ist, ist grundsätzlich eine ex-ante-Prüfung vorzunehmen.
F. hat nach dem Abschluss der Schulausbildung im Juni 2017 ihre Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Oktober 2017 begonnen (§ 2 Abs.1 lit d FLAG, Teilnahme am Foundation Course). Damit besteht für F. auch ein Anspruch auf FB für den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung.
Im Anschluss an die Ablegung der Abschlussprüfung im Juni 2018 kam es zum Abbruch der Berufsausbildung, die erst mit der Aufnahme des Bachelorstudiums Deutsche Philologie an der Universität Wien im Oktober 2018 fortgesetzt wurde.
Damit besteht für den Zeitraum Juli 2017 bis Juni 2018 ein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für F. Für die Monate Juli 2018 bis einschließlich September 2018 besteht kein Anspruch für F., weil sie in diesem Zeitraum in keiner Berufsausbildung stand.
Der Beschwerde war daher teilweise stattzugeben.

VI. Zulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Die zu lösende Rechtsfrage findet Deckung in der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Soweit einzelfallsbezogene Sachverhaltsfragen zu klären waren, sind diese einer Revision nicht zugänglich.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
zeitlicher Umfang
Präsentationsmappe
designspezifische Fachausbildung
Prüfungsvorbereitung
Foundation Course
New Design University/St.Pölten
Designstudium
Aufnahmeverfahren
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101587.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at