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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 09.07.2021, RV/4100011/2017

Erwerb durch Erbanfall im Jahr 2015, GrEStG 1987

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. H.P.P, der Richterin Dr.in E.H. sowie die fachkundigen Laienrichter E.M.E und J.R in der Beschwerdesache Magister G.W, vertreten durch Mag. D.K, Steuerberater, über die Beschwerde vom ***29*** gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom ***26*** betreffend Grunderwerbsteuer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin FOI. C.O zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Erblasser W.F, geboren am ***3***, verstorben am ***4***, erklärte mit Testament vom ***5*** seinen letzten Willen. Er war in.. Staatsbürger, ledig und kinderlos. Laut Testament vom ***5*** bestand das Vermögen aus:
- den Liegenschaften EZ ***7***, ***8***, ***9*** und ***10*** GB ***11*** ***6***,
- den Liegenschaftsanteilen an der Liegenschaft EZ ***12*** GB ***13*** ***1*** (Eigentumswohnung zuzüglich 2 PKW - Abstellplätze in der Tiefgarage u. 1 Freistellplatz),
- Barvermögen, Ersparnissen und Bankguthaben (etwa Euro ***31*** Mio.).

In Punkt 3-tens setzte er seinen Neffen G.W, geboren am ***14***, als Erben ein. Eine Ersatzerbschaft wurde nicht verfügt.

Unter Punkt 4-tens verfügte der Erblasser, dass der Besitz ***6*** innerhalb einer Frist von 2 Jahren durch seinen Neffen als Alleinerben zu verkaufen ist und der Verkaufserlös unter den neun Legataren entsprechend - wie unter Punkt 4-tens in Prozenten verfügt - durch den Neffen aufzuteilen ist. Auf sämtliche Legatare entfielen ***32***% des Verkaufserlöses. Der restliche Teil im Ausmaß von ***10***% sollte dem Alleinerben verbleiben.

Der Erblasser besaß gemeinsam mit Frau Dr. U.L je zur Hälfte eine Eigentumswohnung mit zwei Tiefgaragenplätzen an der Liegenschaft EZ ***12*** GB ***13***. Frau Dr. U.L ist am ***17*** vor dem Erblasser verstorben. Im Sinne des § 14 WEG ist daher deren Hälfteanteil an der gemeinsamen Eigentumswohnung in das Eigentum des Erblassers übergegangen. Dabei handelte es sich um einen Erwerbstatbestand sui generis nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Der Erblasser schuldete der Verlassenschaft den Bargeldbetrag iHv Euro 117.500,00.

Der Erblasser vermachte im Testament ursprünglich seinen Hälfteanteil an der Wohnung der Miteigentümerin Dr. U.L, welche er auch mit einem Legat im Ausmaß von ***34***% des Verkaufserlöses bedacht hatte.
Er verfügte für den Fall, dass in der Zwischenzeit er die Miteigentumsanteile von Frau Dr. U.L an der Wohnung erwerben würde, dass auch diese Wohnung zu verkaufen und der Verkaufserlös zu verteilen ist.
Der Erblasser hat in seinem Testament die vorverstorbene Dr. U.L mit einem Legat im Ausmaß von ***34***% der Verkaufserlöse Bedacht.
Dadurch, dass Frau Dr. U.L vorverstorben war, verblieben anstelle der Legate im Ausmaß von ursprünglich ***32***% nur noch ***33***%, welche unter den Legataren zur Verteilung gelangten.

Der Alleinerbe gab am ***15*** aus dem Berufungsgrunde des Testamentes v. ***5*** die unbedingte Erbserklärung ab.

Das Bezirksgericht ***1*** hat mit rechtskräftigem Einantwortungsbeschluss vom ***16***, GZ. ***23***, den Nachlass zur Gänze dem erblichen Neffen eingeantwortet.

Schätzung:

Im Verlassenschaftsverfahren schätzte der gerichtlich beeidete Sachverständige für Land-Forstwirtschaft und Immobilienwesen DI B.G mit Gutachten vom den Verkehrswert der Liegenschaft EZ ***10*** Grundbuch ***6*** Besitzes iHv Euro ***24*** .

Der Verkehrswert der Eigentumswohnung wurde in Höhe von Euro ***25***,00 berücksichtigt.

Abgabenverfahren:

Das Finanzamt setzte mit dem angefochtenen Bescheid vom ***26*** ausgehend von einem gesamten Verkehrswert der eingeantworteten Grundstücke in Höhe von Euro ***18***,00 die Grunderwerbsteuer iHv Euro ***27***,35 fest.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 wendete das Finanzamt den Steuersatz iHv 3,5% an. Die Bemessungsgrundlage wurde gemäß § 4 Abs. 2 Z.3 lit b GrEStG 1987 in der ab geltenden Fassung BGBI.Nr. 36/2014 vom gemeinen Wert der Liegenschaft ermittelt, weil ein Erwerb durch Erbanfall vorgelegen ist.
Verkehrswert des Besitzes ***6***: Euro ***28***,00
Verkehrswert Eigentumswohnung : Euro ***25***,00.

Beschwerde:

Mit Schriftsatz vom ***29*** wurde Beschwerde erhoben und beantragte der Bf. die Aussetzung der Einhebung. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich um eine land- und forstwirtschaflich genutzte Liegenschaft handle und der Antritt und die Annahme der Erbschaft an die Auszahlung von ***33***% des Grundstückswertes gebunden gewesen ist.

In der ergänzenden Stellungnahme vom brachte der Bf. vor, er sei aus dem Testament verpflichtet gewesen, die gesamte Liegenschaft binnen zwei Jahren zu verkaufen und aus dem Verkaufserlös die Legatare anteilig - in Prozenten festgelegt - auszuzahlen. Das vorgelegte Schätzungsgutachten über den Verkehrswert der Liegenschaft habe dazu gedient, eine Bemessungsgrundlage für die im Testament genannten Legatsforderungen feststellen zu können. Daher wurde ein gerichtlich beeideter Sachverständiger mit der Schätzung beauftragt.

Die Legatsforderungen betrugen insgesamt ***33***%. Würde man diese ***33***%, welche einen Betrag iHv Euro ***35*** entsprachen vom tatsächlichen Verkehrswert der Liegenschaft abziehen, so ergäbe sich als Bemessungsgrundlage ein Betrag iHv Euro Betrag. Die Grunderwerbsteuer betrage demnach Euro St.B..
Auch diese Berechnung entspreche aber nicht der Realität, weil die gesamte Liegenschaft als landwirtschaftliches Gut zu behandeln und die Grunderwerbsteuer vom einfachen Einheitswert zu berechnen gewesen wäre.

Der Erblasser war Pflichtmitglied der Sozialversicherungsanstalt der Bauern. Der überwiegende Teil der Liegenschaft im Ausmaß von ***41*** ha ist Forstbestand und betrage der Einheitswertbescheid des FA vom Euro 1.162,77. Demnach werden laut diesen Bescheid:
-***40*** ha landwirtschaftlich und
-***36*** ha forstwirtschaftlich genutzt.

Das Gerätehaus und das Wohnhaus des Erblassers dienen wie bei jedem anderen Bauern diesem landwirtschaftlichen Betrieb. Das dazugehörige Seegrundstück Parzelle Nummer wurde landwirtschaftlich genutzt, weil der Erblasser dort Bambus angebaut hat und sich als ehemaliger Student der Hochschule für Forstwirtschaft mit der Fachrichtung "Forstwirt" sein ganzes Leben als Landwirt betätigt hat. Für ihn war seine land- und forstwirtschaftliche Betätigung nicht ertragsorientiert, sondern dem Erhalt des Forstbestandes gewidmet.

Rechtlich führte Beschwerdeführer aus, dass die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung des dreifachen Einheitswertes zu berechnen gewesen wäre. Der Schätzwert für die Bemessung der Grunderwerbsteuer, wäre erst ab wie bei Fremden heranzuziehen gewesen. Vorgelegt wurden:
Der Einheitswertbescheid vom ;
die Benachrichtigung des FA vom ;
die Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom
und der Grunderwerbsteuerbescheid vom .

Zur Bemessungsrundlage im Grunderwerbsteuerbescheid iHv Euro ***18***,00 wurde weiters im Zusammenhang mit dem Wohnungserwerb (Erwerb des Miteigentumsanteiles der Dr. U.L, verstorben am ***42***) ausgeführt:
Aus dem Testament ergebe sich, dass lediglich die Hälfte des Wohnungseigentums der Grunderwerbsteuer unterliege, weil der weitere Teil dritten Personen zugefallen sei, und für den Erwerb dieser zweiten Hälfte durch den Bf. ohnehin eine zusätzliche Grunderwerbsteuer vorgeschrieben wurde.
Ziehe man den vom Sachverständigen ermittelten Erwerb der Liegenschaft "***6***" von der Bemessungsgrundlage laut Bescheid ab, ergebe sich eine Differenz iHv Euro 236.240,00. Dieser Betrag entspreche dem Wert der gesamten Wohnung und wäre von diesem Betrag jedenfalls der Wert der zweiten Hälfte in Abzug zu bringen, der von der Tochter der erblasserischen Frau Dr. U.L käuflich um Euro 117.000,00 erworben wurde. Damit ist in diesem Punkt eine inhaltliche Unrichtigkeit des Bescheides gegeben.

Mitteilung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern v. an den Beschwerdeführer:

Führung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes-Meldepflichtverletzung;
demnach besteht für den Erben seit ***16*** eine Betriebsführer Pflichtversicherung.
Die Liegenschaft EZ ***10*** KG ***6*** stelle daher land(forst)wirtschaftliches Vermögen dar.
Eigengrund im Ausmaß von ***41*** ha - EHW beträgt: Euro 1.162,77.
Der Bf. gilt nach dem Sozialversicherungsesetz für die Bauern als Betriebsführer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes und ist pflichtversichert.

Beschwerdevorentscheidung

Nachdem das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat, beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde.

Begründend führte das Finanzamt aus, dass für die Grunderwerbsteuer die Rechtslage zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Einantwortung im Jahr 2015 maßgebend ist:

Dem Alleinerben wurde mit Einantwortungsbeschluss vom ***16*** der Liegenschaftsbesitz ***6*** und die Eigentumswohnung in ***1*** eingeantwortet. Der Bf. zählte im Zeitpunkt des Erbanfalles am ***16*** als Neffe des Erblassers nicht zu dem im § 7 Abs. 1 GrEStG 1987 gesetzlich normierten "Familienverband" als begünstigten Personenkreis. Daher war auch die Ermittlung der Bemessungsgrundlage gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG für die land- und forstwirtschaftliche Grundstücken mit dem Einheitswert, wie vom Bf. urgiert, nicht möglich. Legate sind nicht abzuziehen und vermindern auch nicht den originären Grundstückserwerb. Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrssteuer.
Eine Verminderung beim Wohnungserwerb kommt nicht in Betracht, weil die Bestimmung des § 14 WEG, wonach der verbleibende Lebenspartner originär den Hälfteanteil erwirbt, für den Erblasser galt, jedoch und nicht für den Beschwerdeführer gilt.

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom die Akten dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der Onkel des Bf. ist am ***4*** verstorben. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom ***16*** wurde dem Neffen als Bf. (als Alleinerben) die Verlassenschaft/der Nachlass unbedingt eingeantwortet. Der Beschluss erwuchs am ***16*** formell in Rechtskraft. Der Bf. wurde (anteiliger) Eigentümer an den eingeantworteten Liegenschaften.

Im Informationsblatt vom des Finanzamtes sind zur EZ ***10*** GB ***6*** nachstehende Einheitswerte ausgewiesen:
1. Einheitswertaktenzeichen: ***19***: Einheitswert von Euro ,77 Art des Betriebes: Forstwirtschaftlicher Betrieb
Aufgliederung bei Land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken:
Nutzungsart Fläche in ha Hektarsatz Ertragswert

landwirtschaftlich gen. Fl.: ***37*** ha ***38*** 99,4891
forstwirtschaftlich gen.Fl.: ***36*** ha ***39*** 1.075,0492.

  • Einheitswertaktenzeichen: ***20***: Erhöhter anteiliger Einheitswert Euro 28.633,10 Art des Betriebes: Gemischt genutztes Grundstück
    3. Einheitswertaktenzeichen: ***21***: Erhöhter anteiliger Einheitswert Euro 55.376,70 Art des Betriebes: Sonstiges bebautes Grundstück
    4. Einheitswertaktenzeichen: ***22***: Erhöhter anteiliger Einheitswert Euro 3.600,00 Art des Betriebes: Gemischt genutztes Grundstück.

Eigentumswohnung:
Einheitswertaktenzeichen ***30*** :
Mietwohngrundstück
Der erhöhte anteilige Einheitswert für die Eigentumswohnung wurde iHv Euro 9.414,67, die Tiefgaragenstellplätze iHv je Euro 312,78 und ein weiterer Stellplatz iHv Euro 156,39 ausgewiesen.

Verkehrswert:

Der Verkehrswert der Liegenschaft ***6*** iHv Euro ***28***,00 steht unstrittig fest. Der Verkehrswert der ETW mit beiden TG und Abstellplatz beträgt Euro ***25***,00. Der Bf. gab hiezu in der mündlichen Verhandlung an, er habe die Ansprüche der Legatare binnen zwei Jahren erfüllen müssen. Das Gutachten durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen sei primär zu dem Zwecke errichtet worden, den Verkehrswert als Bemessungsgrundlage für die Bemessung der jeweiligen Legate festzustellen.

Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall ist § 8 Abs. 4 GrEStG 1987 gemäß § 18 Abs. 2m GrEStG 1987 in der ab geltenden Fassung BGBl. I Nr. 36/2014 anzuwenden:

"Bei Erwerben durch Erbanfall entsteht die Steuerschuld mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Einantwortung und bei Erwerben durch Vermächtnis mit Bestätigung des Verlassenschaftsgerichts gemäß § 182 Abs. 3 Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003, in der jeweils geltenden Fassung."

§ 4 GrEStG 1987 in dieser Fassung lautet auszugsweise:
"Art der Berechnung
(1) Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen.
(2) Abweichend von Abs. 1 gilt Folgendes:
1. Bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen:
a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;
b) bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, durch den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;
c) wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen; das gleiche gilt bei den entsprechenden schuldrechtlichen Geschäften.
2. Bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke ist die Steuer vom Einheitswert (§ 6) zu berechnen:
a) bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;
b) bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, durch den in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Personenkreis;
c) wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen; das gleiche gilt bei den entsprechenden schuldrechtlichen Geschäften;
d) bei Erwerb eines Grundstückes auf Grund einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes.
3. Die Steuer ist - abgesehen von Z 1 und 2 - vom gemeinen Wert zu berechnen:
a) wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes;
b) beim Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder in Erfüllung eines Pflichtteilsanspruches, wenn die Leistung an Erfüllungs Statt vor Beendigung des Abhandlungsverfahrens vereinbart wird."

§ 7 GrEStG 1987 in der Fassung BGBl. I Nr. 36/2014 lautet auszugsweise:

"(1) Die Steuer beträgt beim Erwerb von Grundstücken:
1. durch den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Übergebers 2 v.H.,
2. a) durch einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe 2 v.H.,
b) durch einen eingetragenen Partner von dem anderen eingetragenen Partner bei Aufteilung partnerschaftlichen Gebrauchsvermögens und partnerschaftlicher Ersparnisse anlässlich der Auflösung oder Nichtigerklärung der eingetragenen Partnerschaft 2 v.H.
3. durch andere Personen 3,5 vH."

§ 18 GrEStG enthält im Abs. 2m und 2n nicht nur Bestimmungen zum Inkrafttreten der Regelungen dieser Novelle, sondern räumt in bestimmten Fällen die Möglichkeit ein, die Besteuerung nach einer anderen (zumeist nach der vorherigen) Rechtslage zu verlangen.

Die Bestimmungen des § 18 (2m) und (2n) GrEStG 1987 lauten:

"(2m) § 3 Abs. 1 Z 2, 7, 8 und 9, § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 3 und 4, §§ 6 und 7 und § 8 Abs. 4 jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 36/2014 sind auf alle Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden oder für die die Steuerschuld oder ein Erhebungsgrund für die Steuer nach dem entsteht. Wurde der Erwerbsvorgang vor dem verwirklicht oder ist der Erblasser vor dem verstorben, kann der Steuerschuldner gegenüber dem die Steuer selbstberechnenden Parteienvertreter oder gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass die Besteuerung nach § 4 Abs. 2 und §§ 6 und 7, jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2014, erfolgen soll.

(2n) § 4 Abs. 2 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 36/2014 ist auf alle Erwerbsvorgänge betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden oder für die die Steuerschuld oder ein Erhebungsgrund für die Steuer nach dem entsteht. Wurde der Erwerbsvorgang nach dem und vor dem verwirklicht oder ist der Erblasser nach dem und vor dem verstorben, kann der Steuerschuldner gegenüber dem die Steuer selbstberechnenden Parteienvertreter oder gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass die Besteuerung nach § 4 Abs. 2 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 36/2014 erfolgen soll. Wurde der Erwerbsvorgang vor dem verwirklicht oder ist der Erblasser vor dem verstorben, kann der Steuerschuldner gegenüber dem die Steuer selbstberechnenden Parteienvertreter oder gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass die Besteuerung nach § 4 Abs. 2 und §§ 6 und 7 jeweils in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2014 erfolgen soll."

Die Besteuerung von Erwerben von Todes wegen von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken sowie von anderen Grundstücken erfolgt ab Aufhebung der maßgeblichen Bestimmungen im Erbschaftssteuergesetz im Rahmen des Grunderwerbsteuergesetzes.

Infolge des aufhebenden Erkenntnisses des , bezüglich des § 6 GrEStG 1987, kam es zu Neuregelungen durch die GrEStG-Novelle BGBl. I Nr. 36/2014. Die Änderungen stellten nunmehr grundsätzlich darauf ab, ob der Erwerbsvorgang innerhalb des "Familienverbandes" erfolgt oder außerhalb. Innerhalb des "Familienverbandes" war im Zeitraum 1.6. bis als Bemessungsgrundlage bei einem Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen oder eines anderen Grundstückes von Todes wegen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des nachgewiesenen gemeinen Werts in Ansatz zu bringen (§ 4 Abs. 2 Z 1 lit b GrEStG 1987), außerhalb des "Familienverbandes" war die Steuer vom gemeinen Wert zu berechnen (§ 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG 1987). Der "Familienverband" ergab sich aus § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG 1987 und umfasste folgenden Personenkreis: den Ehegatten, den eingetragenen Partner, den Lebensgefährten, einen Elternteil, ein Kind, Enkelkind, Stiefkind, Wahlkind, Schwiegerkind.

Damit wurde der "Familienverband" mit der Novelle BGBl. I Nr. 36/2014 um den Kreis der Lebensgefährten, die einen gemeinsamen Wohnsitz haben oder hatten, erweitert. Eine im Begutachtungsentwurf vorgesehene Gleichstellung mit dem erweiterten Familienkreis des § 26a GGG, der etwa auch Geschwister, Urenkel, Nichten, Neffen und Pflegekinder umfasst, wurde mit der Regierungsvorlage wieder aufgegeben und das Gesetz ohne diese Erweiterung beschlossen (vgl. Lattner, GrEStG-Novelle - Was ändert sich, was bleibt gleich?, in SWK 17/2014, 769ff.).

Mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, erfolgte eine neuerliche Kehrtwendung (Fellner, Bedenken gegen die Ermittlung des neuen Grundststückswerts, SWK 2016, 144). Der Wert der Gegenleistung bleibt zwar die grundsätzliche Bemessungsgrundlage, mindestens ist aber der Grundstückswert anzusetzen. Abgesehen von Erwerbsvorgängen betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke stellt der Grundstückswert die Bemessungsgrundlage dar bei Anteilsübertragungen und Anteilsvereinigungen gemäß § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG, bei Vorgängen nach dem Umgründungssteuergesetz und dem Immobilienfondsgesetz sowie bei Erwerben von Todes wegen und Erwerben unter Lebenden innerhalb des "Familienverbandes". Der "Familienverband" bindet sich dabei in den §§ 4 und 7 GrEStG an § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes an, wonach auch Nichten und Neffen zu diesem Personenkreis zählen. Lediglich bei den Erwerbsvorgängen betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke ist die Steuer in bestimmten Fällen (so auch bei Erwerben im "erweiterten Familienverband" des § 26a Abs. 1 z 1 GGG) noch vom Einheitswert zu berechnen (§ 4 Abs. 2 GrEStG nF).

Diese Novelle ist nach § 18 Abs. 2p GrEStG 1987 allerdings erst mit in Kraft getreten und sind diese Bestimmungen im gegenständlichen Fall weder anwendbar, noch besteht ein Optionsrecht, weil die Steuerschuld bereits mit ***16*** entstanden ist.

Die Ausübung des Optionsrechtes nach § 18 Abs. 2n GrEStG 1987 kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil es an die lex specialis des § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG gebunden ist und der Bf. als Neffe des Erblassers nicht zum Personenkreis des § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG idF BGBl. I Nr. 36/2014 zählt.

Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben sind die materiell-rechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches in Kraft gestanden sind ().

Bei einer Entstehung des Abgabenanspruches am ***16*** (Rechtskraft) wurde die Besteuerung des Erwerbsvorganges daher zu Recht nach den §§ 4 Abs. 2 Z 3 lit b in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 vorgenommen, wobei als Bemessungsgrundlage der gemeine Wert der Grundstücke in Ansatz zu bringen war.

Soweit der Bf. meint, er habe die Wohnung bzw. den Hälfteanteil von der Erbin der vorverstorbenen Dr. U.L noch einmal abkaufen müssen, wird festgehalten, dass die Anteile an der Eigentumswohnung bzw. Liegenschaft durch das Ableben der Miteigentümerin Dr. U.L gemäß § 14 WEG als speziellen Erwerbsvorgang sui generis in das Eigentum des Erblassers übergegangen sind. Durch das Ableben des Erblassers sind sämtliche Anteile in die Verlassenschaft nach dem Erblasser gelangt und ist dieser Nachlass zur Gänze dem Beschwerdeführer eingeantwortet worden. Dieser Erwerb durch Erbanfall unterliegt daher der Grunderwerbsteuer.

Der Bf. meint, für ihn als Neffen wäre der dreifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen gewesen. Der Schätzwert als Bemessungsgrundlage wäre bei Fremden heranzuziehen.
Sollte bei der Grunderwerbsteuer bereits vorher eine Änderung vorgenommen worden sein, so würde diese einfach gesetzliche Regelung nicht der Verfassung entsprechen und wäre diese nicht anzuwenden.
Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken ist auszuführen:

Auf Grund des Art. 18 Abs. 1 B-VG, der als wesentliches Element des rechtsstaatlichen Prinzips die Bindung der gesamten Vollziehung an das Gesetz anordnet (Legalitätsprinzip), sind die Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht zur Anwendung der streitgegenständlichen Gesetzesbestimmungen verpflichtet. Die Prüfung einer Gesetzesbestimmung auf eine eventuelle Verfassungswidrigkeit obliegt dem Verfassungsgerichtshof.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Bf. werden vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt.

Nach der Aufhebung des § 26 Abs. 1 und Abs. 1a Gerichtsgebührengesetzes (GGG) durch den Verfassungsgerichtshof ( G 34, 35/2011) wurde durch BGBl. I Nr. 1/2013 das GGG geändert und es kam zu einer Entkoppelung der Bemessungsgrundlagen mit dem GrEStG (1984 der Beilagen XXIV. GP RV, Erläuterungen).
Seit dieser Novelle kam es zu einem Auseinanderfallen der Bemessungsgrundlagen für Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühren, wodurch auch die vorher bestehende gemeinsame Entrichtung dieser beiden Abgaben nicht mehr möglich war. Durch diese Novelle wurde auch § 26a GGG mit Wirkung vom geändert, wonach ua für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei Übertragung einer Liegenschaft an
-Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft)
- an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten,
-an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie,
-an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragene Partner oder
-an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des Werts des einzutragenden Rechts heranzuziehen ist.

Das Gerichtsgebührengesetz regelt die Bemessung der Eintragungsgebühr, die für eine konkrete Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung, nämlich der Tätigkeit der Gerichte, zu entrichten ist, wobei es nicht erforderlich ist, dass die Gebühr dem verursachten Aufwand entsprechen muss ().

Das Grunderwerbsteuergesetz beinhaltet die Festsetzung einer öffentlichen Abgabe bei einem Grundstückswechsel und damit eine Rechtsverkehrsteuer. Aus dieser unterschiedlichen Zweckbestimmung der beiden Gesetze ergibt sich, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, die Bemessungsgrundlagen differenziert festzulegen, wie dies auch durch die Novelle des GGG BGBl. I Nr. 1/2013 erfolgt ist. Dem Gesetzgeber ist es von Verfassungs wegen - außer im Fall eines Exzesses - durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. VfSlg 7864/1976, 7996/1977).

Der Bf. sieht nach der Gerichtsgebührennovelle, BGBl. I Nr. 1/2013, mit der § 26a Abs. 1 Z 1 GGG ab dahingehend geändert wurde, dass auch bei Geschwistern, Nichten und Neffen des Überträgers der 3-fache Einheitswert, maximal 30% des Wertes des einzutragenen Rechts, als Bemessungsgrundlage in Ansatz zu bringen sind, eine Gleichschaltung des Grunderwerbsteuergesetzes hinsichtlich der Bemessungsgrundlage als verfassungsrechtlich geboten an.

Eine solche Harmonisierung beider Gesetze, die später teilweise durch Novellen zum GrEStG und GGG erfolgt ist liegt im weiten politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und bestehen beim Bundesfinanzgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn in der GrEStG Novelle BGBl. Nr. 36/2014 der "Familienverband" im Vergleich zum GGG enger gefasst ist und sich die Bemessungsgrundlagen daher nicht decken. Auf das Erkenntnis des wird verwiesen.

Zulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit der Bf. die einfachgesetzlichen Regelungen des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 idF BGBI. Nr. 36/2014 als nicht der Verfassung entsprechend ansieht, zeigt er eine Rechtsfrage auf, die nicht vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfen ist. Eine solche Überprüfung bleibt dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Familienverband
Erwerb durch Erbanfall im Jahr 2015
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100011.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at