Grunderwerbsteuer - beendete Lebensgemeinschaft - Begünstigung?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Klaus Stefan Schöffmann, Alter Platz 22 Tür 2, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer, ErfNr. ***1***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Kaufvertrag vom übertrug ***2*** an die Beschwerdeführerin (Bf.), seine Miteigentumshälfte an der Liegenschaft KG ***3***, mit dem darauf befindlichen Einfamilienhaus ***4***. In Punkt 1. des Vertrages wird die Bf. als Lebensgefährtin bezeichnet. Laut Punkt 1.2. des Kaufvertrages handelt es sich bei dem Kaufobjekt um ein Einfamilienhaus, welches den Vertragsparteien als gemeinsamer Lebensmittelpunkt gedient hat. Unter Punkt 1.4. ist ausgeführt, dass die Liegenschaft den Lebensgefährten seit Erwerb als Mittelpunkt der Lebensinteressen dient und dass die Lebensgemeinschaft seit mehr als drei Jahren besteht.
Als Kaufpreis wurde pauschal der Betrag von € 155.000,00 ausbedungen (Punkt 2.1.).
Am wurde der Kaufvertrag mit der beigelegten Grunderwerbsteuer-Berechnung beim Finanzamt (FA) angemeldet. Ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 131.784,90 wurde die Grunderwerbsteuer mit € 658,93 (0,5 %) ermittelt.
Mit Bescheid vom setzte das FA die Grunderwerbsteuer mit 3,5 % der Gegenleistung von € 155.000,00, somit mit € 5.425,00, fest. Zur Begründung wurde auf die Angaben in der Abgabenerklärung verwiesen. (Anm.: Im Bescheid wurde unter "Betrifft" irrtümlich der Kaufvertrag mit datiert).
Dagegen wurde am Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass versehentlich nicht die Begünstigung für Lebensgemeinschaften beantragt worden sei. Frau ***Bf1*** und Herr ***2*** lebten in aufrechter Lebensgemeinschaft und sei für Lebensgefährten der begünstigte Erwerbsvorgang gemäß § 26a Abs. 1 Z 1 GGG zu berücksichtigen.
Die Behördenanfrage beim Zentralen Melderegister vom ergaben, dass die Bf. seit mit ihrem Hauptwohnsitz ***4*** gemeldet ist. Darüber hinaus ist die Bf. seit mit ihrem Nebenwohnsitz in ***5*** gemeldet.
Laut den Daten der ZMR-Abfrage vom ist der (Ex-) Lebensgefährte der Bf., ***2***, bis mit seinem Hauptwohnsitz in ***5*** und ab an dieser Adresse mit seinem Nebenwohnsitz als gemeldet ausgewiesen.
Seit ist ***2*** mit seinem Hauptwohnsitz in ***6*** polizeilich gemeldet.
Das FA erließ mit eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. Diese wurde nach Zitierung des § 26a Gerichtsgebührengesetz (GGG) damit begründet, dass die Abfragen im Zentralen Melderegister ergeben hätten, dass die Vertragsparteien im maßgebenden Zeitraum keinen gemeinsamen Hauptwohnsitz begründet hätten. Es liege somit kein begünstigter Erwerbsvorgang iSd § 26a GGG vor.
Am langte der Vorlageantrag beim FA ein. Begründend wurde ausgeführt, dass die Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Vertragserrichtung in einer aufrechten Lebensgemeinschaft lebten und § 26a GGG bei Berechnung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen sei.
Die Bf. verwies - nach Zitierung des § 26a GGG - auf die erläuternden Bemerkungen zu § 26a GGG, wonach durch geeignete Urkunden - wie Personenstandsurkunden und/oder Bestätigungen über den Hauptwohnsitz - der Hauptwohnsitz zu bestätigen sei. Im Beschwerdefall sei die Abgabenbehörde davon ausgegangen, dass die Bescheinigung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes durch die Antragsteller nicht gelungen sei, weil sie keine entsprechende Meldebestätigung vorlegen konnten bzw. im ZMR nicht an der Adresse der vertragsgegenständlichen Liegenschaft gemeldet waren.
Der Rechtsprechung des BVwG vom , GZ W2082118964-1 sei in Hinblick auf § 26a Abs. 2 GGG zu entnehmen, dass das Melderegister nicht erwähnt sei, sondern dass nur allgemein und demonstrativ ("insbesondere") die Vorlage geeigneter Urkunden zur Bestätigung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes erforderlich sei. Unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung des § 26a GGG, der die Erleichterungen im Falle der Auflösung der Gemeinschaft vorsehe, sei es daher nicht ausgeschlossen, dass diese Bestätigung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes auch durch andere Urkunden erbracht werden könne.
Und auch der VwGH vertrete die Ansicht, dass der polizeilichen Meldung bei der Beurteilung des Vorliegens einer Wohngemeinschaft kein entscheidendes Gewicht zukomme () bzw. komme bei der Beurteilung der Frage, ob eine Person an einem bestimmten Ort einen (ordentlichen) Wohnsitz begründet habe, den Meldedaten wenig Beweiswert zu ().
Schließlich komme nach dem Erkenntnis des der Hauptwohnsitz-Meldung, im Vergleich zu dem Mittelpunkt, zu dem engere persönliche und wirtschaftliche Beziehungen bestehen, keine materiell-rechtliche Bedeutung zu.
Im Beschwerdefall habe die Liegenschaft den Lebensgefährten seit Erwerb als Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und damit als Hauptwohnsitz gedient.
Die Lebensgemeinschaft bestehe seit mehr als drei Jahren. Die Lebensgefährten lebten in einer aufrechten Haushalts-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft.
Nachgewiesen werde die Lebensgemeinschaft der Vertragsparteien durch Rechnungen und Belege, aus denen der tatsächliche gemeinsame Hauptwohnsitz der Lebensgefährten an der vertragsgegenständlichen Liegenschaft hervorgehe.
Dem Vorlageantrag beigelegt wurden nachstehende Unterlagen:
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Anlage 1 | Adresse: |
: ***7*** OG (Rechnung) | ***4*** |
10/2018: ÖBB - Vorteilscard | ***2***, ***4*** |
: Bestellbestätigung Vorteilscard | ***2***, ***4*** |
Anlage 2 | |
: ***8***, Betriebskosen, Heizkosten..) | ***2***, ***4*** |
: Raiba ***9***, Depotauszug | ***2***, ***4*** |
: Dr. ***10*** | ***2***, ***4*** |
: ***11*** Versicherung | ***2***, ***4*** |
. ***11*** Versicherung | ***2***, ***4*** |
Anlage 3 | |
: Raiba ***9*** Kontoauszüge | ***2***, ***4*** |
Anlage 4 | |
22.09.207, 01/2018, : ***12*** | ***2***, ***4*** |
: Marktgemeindeamt ***13***, Fixgebühr (Abfall, Kanal, TW Gebühr, Bereitstellungsgebühr Wasser) | ***4*** |
: ***14*** | ***4***. |
Anlage 5 | |
: ***15*** | ***2***, ***4*** |
: ***16*** | ***2***, ***4*** |
: ***11*** Versicherung | ***2***, ***4*** |
Das FA übermittelte die Beschwerde mittels Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht.
Am fand in Anwesenheit des (damals) zuständigen Richters, der Bf., ihres Vertreters und Notariatssubstitut und Notariatskandidaten, des FA und der Schriftführerin des BFG, ein Erörterungsgespräch statt. Dabei wurden von der Amtsvertreterin die bisher vorgelegten Nachweise als nicht ausreichend angesehen und betont, dass Voraussetzung die Innehabung eines Hauptwohnsitzes iSd Meldegesetzes durch die Lebensgefährten sei. Die Vertretung der Bf. betonte, dass nach § 26 BAO auch ein Nachweis, der auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht auf die melderechtliche Situation abstelle, zulässig sei. Letzterer komme lediglich Indizwirkung zu.
Die Bf. gab an, dass sie seit 2001 eine feste Beziehung zu ***2*** habe. Aus diesem Grunde sei auch ihr seit 2004 melderechtlich eingetragener Nebenwohnsitz im Haus der Eltern von ***2*** erklärbar. Dort habe sich zuerst der Mittelpunkt der Lebensinteressen befunden.
***2*** sei Pilot bei der ***17***, sie arbeite seit 2006 bei der ***18*** am Flughafen ***19***. Sie sei ausgebildete Pilotin und habe so Herrn ***2*** kennengelernt. 2016 - und auch schon zuvor - hätten sie nach einem ständigen Wohnsitz in Kärnten gesucht und glaubten diesen zuerst in ***20*** gefunden zu haben. Dort sei eine Wohnung zum Verkauf gestanden, Herr ***2*** habe sie käuflich erworben. In der Folge habe sich in ***13*** der Kauf des Einfamilienhauses angeboten. Sie hätten dieses um € 310.000,00 gekauft und renoviert. Die Wohnung in ***20*** sei wiederverkauft worden. Das Haus in ***13*** sei ihr und Herrn ***2*** gemeinsamer Mittelpunkt der Lebensinteressen - wenn auch ohne melderechtliche Eintragung - gewesen.
Die langjährige Beziehung zu Herrn ***2*** sei im Dezember 2018 zu Ende gegangen.
Von Geburt an bis 2017 sei sie am ***21***, ihrem Elternaus, hauptwohnsitzgemeldet gewesen.
Am langten beim BFG Erklärungen von Freunden/Bekannten/Verwandten der Bf. und des Ex-Lebensgefährten ein. Im Einzelnen erklärte ***2***, dass er mit der Bf. seit 2001 bis Dezember 2018 in einer festen Beziehung gestanden sei. Bis zum Kauf des gemeinsamen Hauses in ***13***, habe sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in seinem Elternhaus am ***22*** befunden. Er habe dort auch seinen Hauptwohnsitz gehabt.
Ab 2016 sei man in Kärnten auf der Suche nach einem gemeinsamen Wohnsitz gewesen. 2017 (Anm.: richtig 2016) habe er mit seiner damaligen Lebensgefährtin das Einfamilienhaus in ***13*** um € 310.000,00 gekauft. Das Haus sei renoviert worden. Ab der Anschaffung sei das Einfamilienhaus der gemeinsame Lebensmittelpunkt gewesen. Dort habe man den Großteil der gemeinsamen Zeit verbracht.
2018 habe er, beruflich bedingt, eine Wohnung in ***23*** angemietet und aufgrund des Verlangens des Vermieters, dort seinen Hauptwohnsitz angemeldet. Trotzdem habe sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im gemeinsamen Haus bei der damaligen Lebensgefährtin befunden. Die Anmietung der Wohnung in ***23*** sei lediglich berufsbedingt erfolgt, weil oftmals nach anstrengender Arbeit als Pilot auf Langstreckenflügen die Distanz von ***27*** nach Kärnten sehr weit erschien und er eine Fahrgemeinschaft mit Kollegen von ***27*** aus nach ***23*** organisieren habe können. Er habe dann in ***23*** übernachtet und sei am folgenden Tag nach Kärnten zu seiner Lebensgefährtin weitergefahren. Seit dem Erwerb des Einfamilienhauses habe sich der gemeinsame tatsächliche Wohnsitz ***4*** befunden.
***24***, seit 20 Jahren bester Freund von ***2*** und Flugkapitän bei der ***25***, erklärt im Schreiben vom , dass er zu 100 % bestätigen könne, dass ***Bf1*** und ***2*** bis zur Beendigung der Beziehung ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt im Haus in ***4***, gehabt hätten. Er habe seine Freunde in ***13*** im Juli 2017 besucht, davon gebe es auch Fotos. Unabhängig, ob Herr ***2*** an der Adresse mit dem Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei, sei er der Ansicht, dass die Adresse in ***13*** immer der gemeinsame Lebensmittelpunkt der Freunde war (Beilage 1 Foto, Juli 2017).
***26***, Capitain bei der ***17***, erklärt im Schreiben vom , dass er zu ***2*** in einem sehr nahen persönlichen, freundschaftlichen Kontakt stehe, bedingt durch die gemeinsame Arbeit und das Pendeln habe er viel Zeit mit ihm verbringe können und habe sich privat und beruflich ihm ausgetauscht. Er könne bestätigen, dass zwischen ***Bf1*** und ***2*** von 2001 - Ende 2018 durchgehend eine gemeinsame Lebensgemeinschaft bestanden habe. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen seines Freundes habe sich an dem Wohnort befunden, zu dem die engeren persönlichen Beziehungen mit ***Bf1*** bestanden haben. Dies sei ***27***, ***19*** und ***13***, gewesen. Berufsbedingt habe ***2*** pendeln müssen, er habe sich zu jeder sich ergebenden Möglichkeit, mindestens aber mehrere Tage im Monat den jeweiligen Wohnort aufgesucht. Schließlich habe man sich entschieden, den gemeinsamen Haushalt in Kärnten und zwar in ***4***, zu gründen. Er könne aufgrund persönlicher Besuche bestätigen, dass der gemeinsame Haushalt und der gemeinsame Wohnsitz in ***13*** gewesen sei.
***28***, Vater von ***2***, erklärt, dass sein Sohn und ***Bf1*** von 2001 bis Ende 2018 durchgehend in einer gemeinsamen Lebensgemeinschaft gestanden seien. Beide hätten bereits seit Beginn ihrer Ausbildung, einen gemeinsamen Haushalt geführt. Der berufsbedingte Ortswechsel sei sehr herausfordernd gewesen, man hätte dies immer durch "gemeinsames Wohnen" gemeistert. Da es das Ziel gewesen sei, einen gemeinsamen Hauptwohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen zu haben, habe man das Haus in ***4*** erworben. Von da an habe sich der gemeinsame Hauptwohnsitz und Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in ***13*** befunden.
***29***, Schwester von ***2***, erklärte im Schreiben vom , dass ihr Bruder und ***Bf1*** zwischen 2001 und Dezember 2018 in einer fortwährenden Lebensgemeinschaft gestanden seien und dass beide trotz der beruflichen Herausforderungen, immer einen gemeinsamen Haushalt geführt hätten. Die Beziehung sei der Mittelpunkt des Lebens gewesen. Mit dem Kauf des Hause hätten sie ihre Entscheidung des gemeinsamen Lebensmittelpunktes auch örtlich fixieren können. Dieser sei auf ***13*** gefallen, da ***Bf1*** in der Zwischenzeit ihre Tätigkeit dort ausgeübt habe. Das Haus ***4*** sei erworben und renoviert worden. Dort habe sich seither der gemeinsame Hauptwohnsitz und der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befunden. Sie selbst sei mehrmals auf Besuch gewesen (Beilage 1 Foto).
***30***, Pilot und Freund von ***2***, erklärt im Schreiben vom , dass er durch seine Besuche, Laufausflüge, gemeinsamen Frühstücke und nachmittäglichen Kaffees bestätigen könne, dass ***2*** seinen Lebensmittelpunkt bei ***Bf1*** in ***4*** gehabt habe.
***31***, Freundin von ***Bf1***, erklärt im Schreiben vom , dass sie bei ihren Besuchen in ***4***, den damaligen Lebensgefährten ***2*** stets angetroffen habe. Für sie sei daher ersichtlich gewesen, dass der Fokus aller persönlichen, wirtschaftlichen Lebensinteressen von ***2*** ausschließlich der Liegenschaft gegolten habe und ***4***, sein Lebensmittelpunkt gewesen sei (Beilage: 1 Foto).
Die Unterlagen wurden mit E-Mail vom dem FA zur Kenntnis gebracht.
In Beantwortung einer Anfrage der Vertretung der Bf., gab das BFG bekannt, dass seitens der Amtsvertretung einer einvernehmlichen Erledigung der Beschwerde nach § 300 BAO nicht zugestimmt werde.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung abgenommen und der Gerichtsabteilung 5011 zugeteilt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Bf. ist seit 2006 bei der ***18*** am Flughafen ***19*** beschäftigt. ***2*** ist Pilot bei der ***17***.
Die Bf. lebte mit ***2*** seit 2001 in einer Lebensgemeinschaft, die mit Ende 2018 endete.
***2*** erwarb am eine Wohnung (Miteigentumsanteil) am ***32***. Am wurde die Wohnung wieder veräußert (Beschluss BG ***19*** vom , ***33***).
Die Bf. und ***2*** erwarben mit Kaufvertrag vom je zur Hälfte das Einfamilienhaus in ***4***.
Folgende (auszugsweise) Wohnsitzmeldungen sind dem Zentralen Melderegister (ZMR) zu entnehmen:
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Beschwerdeführerin | |
***4*** | ab Hauptwohnsitz |
***21** | - Hauptwohnsitz |
***5*** | - Nebenwohnsitz |
***34*** | - Nebenwohnsitz |
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***2*** | |
***39*** ***23***, ***6*** | ab Hauptwohnsitz |
***5*** | - Hauptwohnsitz |
***5*** | ab Nebenwohnsitz |
Das Einfamilienhaus in ***13*** diente der Bf. und ***2*** dem gemeinsamen Zusammenleben.
Mit Kaufvertrag vom veräußerte ***2*** seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft an die Bf. für einen Kaufpreis von € 155.000,00.
Beweiswürdigung
Der zugrundeliegende Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage, den vorgelegten Unterlagen, dem Erörterungsgespräch und den Erklärungen von Freunden, Bekannten und Verwandten der Bf., sowie den, in den Abfragesystemen (ZMR, Grundbuch, Finanzdatenbanken) gespeicherten Daten.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Nach § 1 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterliegen der Grunderwerbsteuer Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:
1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung begründet,
2…...
Gemäß § 4 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert, zu berechnen.
§ 7 GrEStG idF StRefG 2015/2016 ab lautet auszugsweise:
(1) 1. a) Ein Erwerb gilt als
•unentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 30%,
•teilentgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 30%, aber nicht mehr als 70%,
•entgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 70%
des Grundstückswertes beträgt.
b) Ein Erwerb gilt als unentgeltlich, wenn er durch Erbanfall, durch Vermächtnis, durch Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs, wenn die Leistung an Erfüllung Statt vor Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vereinbart wird, oder gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 WEG erfolgt.
c) Ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis gilt als unentgeltlich.
……………………………………….
2. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken
für die ersten 250 000 Euro………..0,5%,
für die nächsten 150.000 Euro……2 %
darüber hinaus…………………………..3,5 %
des Grundstückwertes.
……….
Fellner, Band II, Grunderwerbsteuer, § 7 Rz 2ff dazu:
Unentgeltliche Erwerbe werden in der Fassung des StRefG 2015/2016, BGBl I 2015/118, dadurch begünstigt, dass für sie ein Stufentarif zur Anwendung kommt. Dadurch war es notwendig, den Begriff der Unentgeltlichkeit bzw. Entgeltlichkeit explizit und allgemein zu definieren.
Ein Erwerb unter Lebenden durch den zum Familienverband iS des § 26a GGG zählenden Personenkreis gilt gemäß § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG als unentgeltlich. Zum Familienverband gehören Ehegatten oder eingetragene Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder iZm der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, Verwandte oder Verschwägerte in gerader Linie, Stief-, Wahl- oder Pflegekinder oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragene Partner und Geschwister, Nichten oder Neffen (vgl § 3 GrEStG Rz 57 ff).
Als im Familienverband des § 26a Abs 1 Z 1 GGG erfolgend sind ua. Grundstückserwerbe durch den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder iZm der Auflösung der Ehe (Partnerschaft).
§ 26a GGG (Begünstigte Erwerbsvorgänge) lautet idg Fassung auszugsweise:
(1) Abweichend von § 26 ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30 % des Wertes des einzutragenden Rechts (§ 26 Abs. 1), heranzuziehen:
bei Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers;
….
(2) Eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage tritt nur ein, wenn sie eingangs der Eingabe unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen wird. Die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage sind durch Vorlage geeigneter Urkunden, bei Lebensgefährten insbesondere durch Bestätigungen über den Hauptwohnsitz zu bescheinigen.
Fellner, Band II, Grunderwerbsteuer, § 3 Rz 59ff dazu:
Die Übertragung einer Liegenschaft an einen Lebensgefährten ist nach § 26a Abs 1 Z 1 GGGbegünstigt, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Wohnsitz haben oder hatten. Eine Lebensgemeinschaft ist ein durch die Merkmale des (gemeinsamen) Zusammenlebens, der gemeinsamen Aufbringung des Unterhalts und der gegenseitigen Unterstützung gekennzeichnetes Verhältnis zwischen Mann und Frau (; , 88/16/0090). Bei einer Lebensgemeinschaft handelt es sich also um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft ().
In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum GGG wird dazu ausgeführt, das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft setze unter anderem eine Wohngemeinschaft voraus. Unter Berücksichtigung des der Verwaltungsvereinfachung (!) dienenden Grundsatzes der Anknüpfung an formale äußere Tatbestände sei daher für die Anwendung der begünstigenden Bestimmung ein aktueller oder früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz der Lebensgefährten Voraussetzung. Ein früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz müsse zumindest im zeitlichen Nahebereich der Liegenschaftsübertragung gegeben sein. Dies werde immer dann zu bejahen sein, wenn zwischen der Aufhebung der Lebensgemeinschaft und der Liegenschaftsübertragung noch ein klar erkennbarer Zusammenhang bestehe, etwa die Liegenschaftsübertragung binnen Jahresfrist nach Aufhebung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes gegeben sei (RV, 1984 BlgNR 24. GP).
Nach herrschender Lehre entfaltet eine Hauptwohnsitzmeldung Tatbestandswirkung für die Frage, welcher Ort als Hauptwohnsitz einer Person gilt, sodass von einem Hauptwohnsitz auch dann auszugehen ist, wenn die Bezeichnung zu Unrecht erfolgt ist ().
Das Vorliegen des Hauptwohnsitzes kann durch eine Meldebestätigung nachgewiesen werden, aus der ersichtlich ist, seit wann und wo eine Person mit Hauptwohnsitz gemeldet ist ( 010206/0101-VI/5/2014).
§ 9 Grundbuchsgebührenverordnung (GGV), BGBl. II Nr. 511/2013) lautet auszugsweise:
(1) Die Voraussetzungen für die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage sind durch geeignete Urkunden im Original oder in Kopie nachzuweisen.
(2) Geeignete Urkunden sind in den Fällen des § 26a Abs. 1 Z 1 GGG insbesondere Personenstandsurkunden, gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidungen oder Bestätigungen und notarielle Urkunden. Im Fall der Lebensgemeinschaft ist das Vorliegen der Voraussetzungen durch Bestätigungen über einen Hauptwohnsitz, den die Lebensgefährten gemeinsam haben oder hatten, nachzuweisen.
§ 26a Abs. 1 Z 1 GGG enthält zwei Tatbestände als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung. Einerseits muss eine Lebensgemeinschaft vorliegen bzw. vorgelegen sein und weiters ein gemeinsamer Hauptwohnsitz. Letzterer ist durch geeignete Urkunden zu bescheinigen.
§ 9 Abs. 1 GVV spricht in Bezug auf diese Urkunden insbesondere von Personenstandsurkunden, gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Entscheidungen, Bestätigungen und notarielle Urkunden sowie im Fall der Lebensgemeinschaft von Bestätigungen über einen gemeinsamen Haushalt.
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass der Bf. die Bescheinigung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes nicht gelungen ist, weil der Ex-Lebensgefährte der Bf. seiner Verpflichtung sich am Wohnsitz der Bf. nach dem Meldegesetz anzumelden, nicht nachgekommen sei und keine entsprechende Meldebestätigung vorgelegt werden konnte bzw. im Zentralen Melderegister (ZMR) niemals an der Adresse der Bf. gemeldet war.
Die belangte Behörde vermeint somit, dass die Begünstigung nur zu gewähren ist, wenn eine behördliche Meldebestätigung über einen gemeinsamen Hauptwohnsitz vorgelegt werden könne.
Der Ansicht der belangten Behörde ist diesbezüglich - wie auch die Bf. ausführt - nicht zu folgen.
Zunächst gilt es festzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht aufgrund der Aussagen von ***2***, der Bekannten, Verwandten und Freunde der Bf., das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft bis Ende 2018 als erwiesen ansieht.
Dass aber der nach § 26a Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 GGG geforderte Tatbestand - nämlich der qualifizierte Nachweis des gemeinsamen Hauptwohnsitzes - nicht erfüllt ist, davon geht das Bundesfinanzgericht aus.
Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine einfache Vollziehung durch die jeweiligen Kostenbeamt*innen iR der Gerichtsgebührenbemessung zu ermöglichen. § 26a Abs. 2 GGG erwähnt aber - wie die Bf. zurecht vorbringt - das Melderegister nicht explizit, sondern fordert nur ganz allgemein und demonstrativ ("insbesondere") die Vorlage geeigneter Urkunden zur Bestätigung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes. Es ist somit gemäß diesem Wortlaut und vor dem Hintergrund des Zweckes der Regelung des § 26a Abs. 1 GGG (Erleichterungen im Falle der Auflösung der Gemeinschaft) daher gerade nicht ausgeschlossen, dass diese Bestätigungen auch durch andere Urkunden erbracht werden können.
Aus der Zusammenschau der §§ 26a Abs. 2 GGG und 9 Abs. 2 GVV ergibt sich für das Bundesfinanzgericht, dass es sich bei den demonstrativ aufgezählten Urkunden um geeignete öffentliche Urkunden, die den Hauptwohnsitz nachzuweisen geeignet sind, handeln muss.
Im Beschwerdefall hat die Bf. eine Vielzahl von Rechnungen, Vorschreibungen, Bestellbestätigungen, Polizzen, Kontoauszüge, Kaufverträge (s. Anlagen 1 - 5) vorgelegt, die an die Bf. und/oder an ***2*** und mit der Anschrift ***4*** gerichtet waren. Diesen Unterlagen fehlt aber das Erfordernis, dass es sich dabei um geeignete, also öffentliche Urkunden handelt. Öffentliche Urkunden sind solche, die von befugten österreichischen Behörden in der vorgeschriebenen Form, oder von einer mit öffentlichen Glauben versehenen Urkundenperson innerhalb ihres Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form errichtet wurden oder die durch gesetzliche Vorschriften als öffentliche Urkunden erklärt wurden. Als Beispiele seien Personenstandsurkunden, Bescheide, KFZ-Nummernschilder, Ladungen etc. zu nennen, die zu erkennen geben, dass jemand an einem bestimmten Ort einen Hauptwohnsitz innehat.
Wie sich aber aus den Abfragen der diversen Datenbanken (Zentrale Melderegister, Grundbesitzdatenbank, Grundbuch) ergab, waren von Behörden an ***2*** gerichtete Schreiben, Bescheide, Beschlüsse udgl. ausschließlich an seinen Hauptwohnsitz in ***5*** gerichtet. Angeführt sei idZ beispielsweise der Einkommensteuerbescheid 2017 vom , die Verständigung des Finanzamtes nach § 81 BAO vom , der Beschluss des BG ***19*** betreffend die Einverleibung der Löschung des Miteigentumsanteiles 229/2500, ***32*** vom . Schließlich sei besonders hervorzuheben, dass der PKW von ***2***, ein Audi A3, nie im politischen Bezirk ***19*** -Land angemeldet war. Von - war er im politischen Bezirk ***35*** (Kennzeichen: ***36***) angemeldet. Bei einem Wechsel des Hauptwohnsitzes in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde hätte eine Fahrzeug-Ummeldung erfolgen müssen. Dies erfolgte erst mit ; der PKW wurde in ***23*** angemeldet (***37***).
Was die vorgelegte Rechnung (Fixgebühren - Abfallgebühren, Bereitstellungsgebühren udgl.) der Marktgemeinde ***13*** an die Bf. und ***2*** per Adresse ***4*** betrifft, ist festzuhalten, dass sich diese nicht nach dem Hauptwohnsitz, sondern nach den Eigentumsverhältnissen richtete (VO Marktgemeinde ***13***, Zahl: ***38***) und daher als geeignete Urkunde für Beweis für den Hauptwohnsitzes nicht in Betracht kommt.
Dem gesetzlichen Erfordernis, den gemeinsamen Hauptwohnsitz an der Adresse der Bf. durch eine geeignete Urkunde nachzuweisen, wurde nicht Rechnung getragen. Damit ist aber auch das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden.
Wenn die Bf. auf höchstgerichtliche Erkenntnisse verweist und darauf, dass der polizeilichen Meldung bei Beurteilung des Vorliegens einer Wohngemeinschaft kein entsprechendes Gewicht, bzw. den Meldedaten wenig Beweiswert zukommt, weil damit weder der tatsächliche Aufenthalt weder erwiesen noch widerlegt werden kann, so kann daraus für die Beschwerde, mangels Vorliegens allfälliger anderer öffentlicher Urkunden zum Beweis des gemeinsamen Hauptwohnsitzes, nichts gewonnen werden.
Und auch der Verweis der Bf. auf das Erkenntnis des , ist nicht erfolgversprechend. Zum einen knüpft das Einkommensteuergesetz an den Begriff des Hauptwohnsitzes an § 26 BAO an, zum anderen geht das Grunderwerbsteuergesetz hinsichtlich des Hauptwohnsitzes aber vom formal bestimmten Urkundenbegriff iSd GGG iVm der GVV aus.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im Beschwerdefall der Nachweis des Vorliegens des gemeinsamen Hauptwohnsitzes iSd § 26a GGG nicht gelungen ist.
Die Beschwerde konnte keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen und war daher abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ging das Bundesfinanzgericht von der o.a. Rechtsprechung aus. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 26a Abs. 1 Z 1 GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 § 26a GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 § 26a Abs. 2 GGG, Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 § 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100728.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at