Wirtschaftliches Eigentum; Sonderbetriebsvermögen; Miteigentümer; Miteigentum
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch WWV-GROUP SteuerberatungsGmbH, Bahnhofstraße 4, 3950 Gmünd, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich je vom betreffend Einkommensteuer 2008 bis 2013 und Umsatzsteuer 2008 bis 2013 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2008 bis 2013 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 werden - ersatzlos - aufgehoben.Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2010 bis 2013 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Zwischen den Streitteilen ist die Frage strittig, ob das zwischen der "***Bf1*** KG" (in der Folge kurz: KG) und der Hausgemeinschaft "***Bf1*** ***1*** und Mitbesitzer" (in der Folge kurz: HG) abgeschlossene Bestandsverhältnis steuerlich anzuerkennen ist, oder aber die vermietete Liegenschaft in Wahrheit Sonderbetriebsvermögen des Beschwerdeführers (in der Folge kurz: Bf.) - mit den daraus resultierenden einkommensteuer-, und umsatzsteuerlichen Konsequenzen - darstellt.
Im Zuge einer im Jahr 2016 beim Bf. durchgeführten Außenprüfung gemäß § 150 BAO wurde die im Rahmen der parallel durchgeführten Betriebsprüfungen der HG und KG getroffene Feststellung, wonach die zwischen letzteren lukrierten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht anzuerkennen sind, übernommen. Die Mieten seien demnach als Sonderbetriebseinnahmen dem Bf. in seiner Funktion als Komplementär der KG zuzurechnen, die Einkunftsquelle HG existiere nicht. Daraus resultiere weiters, dass auch die damit im Zusammenhang stehende Umsatzsteuer dem Bf. direkt vorzuschreiben sei.
Die belangte Behörde schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an und erließ - sofern für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung - jeweils datierend mit die verfahrensgegenständlichen Einkommen-, und Umsatzsteuerbescheide.
In der dagegen am erhobenen Beschwerde moniert der steuerlich vertretene Bf. die rechtliche Würdigung der belangten Behörde, dies im Wesentlichen unter Hinweis auf die Ausführungen in den die KG bzw. HG betreffenden (weiteren) Beschwerden.
Jeweils datierend mit wies die belangte Behörde - in Wiederholung der Ausführungen der Betriebsprüfung - die Beschwerden als unbegründet ab; nach dem Gesamtbild der zwischen der HG und KG getroffenen Vereinbarung werde jegliches unternehmerische Risiko auf die Mieterin (KG) überwälzt und sei fremdunüblich.
Mit Vorlageantrag vom begehrte der Bf. die Entscheidung durch das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat.
Die belangte Behörde legte die Beschwerden am vor und wies im Hinblick auf die Veranlagungsjahre 2008 und 2009 auf die in der Zwischenzeit eingetretene Verjährung hin.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom wurde die belangte Behörde aufgefordert die bezughabenden Akten im Original (inkl. Arbeitsbogen), sowie konkret genannte Unterlagen, vorzulegen. Dieser Aufforderung wurde teilweise entsprochen; der Veranlagungsakt war jedoch - so die belangte Behörde - nicht auffindbar. Am wurde diese erneut aufgefordert einerseits Unterlagen vorzulegen, sowie andererseits konkret darzulegen, warum im Zusammenhang mit dem Umsatzsteuerbescheid 2010 keine Verjährung vorliege bzw. Vorbringen zu erstatten, weshalb die fragliche Liegenschaft Sonderbetriebsvermögen des Bf. als Komplementär der KG darstellen sollte. Hierauf reagierte die belangte Behörde mit Eingabe vom und verwies im Zusammenhang mit dem Sonderbetriebsvermögen auf die Bescheidbegründung die KG betreffend vom ; zur Verjährung konnte - so die Behörde darin weiter - keine dokumentierte Unterbrechungshandlung festgestellt werden.
Das Gericht forderte den Bf. mit verfahrensleitender Verfügung vom auf, diverse Fragen im Zusammenhang mit den streitverfangenen Liegenschaftsanteilen, insbesondere im Hinblick auf die Risikotragung von Wertminderungen, Chancen von Wertsteigerungen und dem Bestand eines allfälligen Nutzungsausschlusses, zu beantworten. Nach entsprechender Fristerstreckung führte der Bf. dazu am aus, dass Chancen und Risken von den Miteigentümern der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft gemeinsam getragen werden, ein Treuhandverhältnis nicht bestanden habe und es ihm niemals möglich gewesen sei, die Miteigentümerin von der Nutzung auszuschließen.
Nachdem der belangten Behörde der mit dem Bf. geführte Schriftverkehr zwecks Wahrung des rechtlichen Gehörs übermittelt worden war, brachte diese am im Wesentlichen vor, dass zumindest im Ausmaß der Miteigentumsquote Sonderbetriebsvermögen des Bf. vorliegen müsse.
Schließlich zog der Bf. mit Schriftsatz vom seinen Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
Sachverhalt
Der Bf. ist österreichischer Staatsbürger und unterhält in Adresse seinen Hauptwohnsitz; er ist mit der am xx.xx.xxxx geborenen XY verheiratet.
Die ***Bf1*** KG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.1999 mit dem Sitz in der politischen Gemeinde Wien gegründet und unter der FN xxxxxxx ins Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien eingetragen; alleiniger unbeschränkt haftender Gesellschafter ist seit xx.xx.2005 der Bf.. Seit diesem Zeitpunkt fungiert Herr Z, geb. am xx.xx.xxxx, als Kommanditist, dies mit einer Haftsumme von Euro 1.000,00. Die KG verfügt einerseits seit xx.xx.2002 über das reglementierte Gewerbe des Elektromaschinenbauers verbunden mit Elektroniker, Bürokommunikationstechniker, Radio- und Videoelektroniker (§ 94 Z 17 GewO 1994) sowie andererseits seit xx.xx.2006 über jenes der Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation.
Mit Kaufvertrag vom xx.xx2005 (in der Folge kurz: KV) erwarben der Bf. und seine Ehefrau je zur Hälfte diverse Mindestanteile an der EZ xxxx, GB xxxxxxx, mit denen untrennbar das Wohnungseigentum verbunden ist, jeweils unter Verbindung dieser Anteile gemäß § 5 Abs 3 WEG 2002 [(BlNr. xx); vgl. Pkte. I. und XI. KV]. Die Liegenschaftsanteile befinden sich auf der Grundstücksadresse in x-Strasse (Pkt. I. KV).
Am xx.xx.2005 schlossen sich der Bf. und seine Gattin zu einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, der HG, zusammen [vgl. § 1 des Gesellschaftsvertrages (in der Folge kurz: GV)]. Zweck der Gesellschaft ist neben der Begründung von gemeinsamem Wohnungseigentum an den mit Kaufvertrag vom xx.xx2005 erworbenen Liegenschaftsanteilen der Ausbau, die Vermietung oder die Verpachtung der vorgenannten Objekte (vgl. § 2 GV). Der Kaufpreis wurde von den Käufern zu gleichen Teilen getragen (vgl. § 5 GV). Die Verteilung von Gewinn und Verlust erfolgt im Verhältnis 10:1 zugunsten des Bf. (vgl. § 5 GV). Die Gesellschafter sind nur gemeinschaftlich geschäftsführungs-, und vertretungsbefugt (vgl. § 6 GV); Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Einstimmigkeit (vgl. § 7 GV). Dem Bf. wurden darüber hinaus keine Sonderrechte eingeräumt, insbesondere bestanden keine Treuhandabsprachen bzw. konnte er seine Gattin nicht von der Nutzung der Liegenschaftsanteile ausschließen.
Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt gab die HG der KG Teile des Dachgeschosses und eine Fläche im Keller an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in Bestand. Die KG benützte die gemietete Fläche im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht nur als ihren Unternehmensstandort (An-, und Verkauf gebrauchter Mobiltelefone), sondern brachte darüber hinaus auch den vereinbarten, angemessenen Mietzins an die HG zur Anweisung.
Während der im Jahr 2016 erfolgten Betriebsprüfung wurde der Mietvertrag die inkriminierte Liegenschaft betreffend lediglich im Entwurf, sohin ohne Unterfertigung durch die Vertragsparteien, vorgelegt. Eine unterfertigte Version wurde erst im Rahmen des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens per nachgereicht. Es kann sohin nicht festgestellt werden, ob die Punkte III 1b), VI 3), VI 5) bzw. XIV 2) des im Akt erliegenden mit datierenden "Immobilienvertrages" im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Gültigkeit besaßen.
Die HG betreffend erließ die belangte Behörde als Folge der auch bei ihr durchgeführten Außenprüfung gemäß § 150 BAO je am Bescheide über die Nichtfeststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO bzw. Nichtfestsetzung der Umsatzsteuer ua auch für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2013. Im Hinblick auf die KG ergingen - ebenfalls als Ergebnis einer dort durchgeführten Betriebsprüfung - jeweils datierend mit Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO die Jahre 2010 bis 2013 betreffend, in denen die verfahrensgegenständlichen Liegenschaftsanteile als Sonderbetriebsvermögen des Bf. und folglich die Zinszahlungen als dessen Sonderbetriebseinnahmen behandelt wurden. Sämtliche Bescheide wurden in der Zwischenzeit angefochten und behängen vor dem Bundesfinanzgericht (HG: GZ RV/7104283-86/2017 und RV/7104289-294/2017 bzw. KG: GZ RV/7104247-250/2017).
Beweiswürdigung
Der vorstehende Sachverhalt basiert einerseits auf den in Klammer angeführten Beweismitteln sowie nachfolgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsbürgerschaft, dem Hauptwohnsitz bzw. den Personenstand des Bf. basieren auf einer Einsicht des Gerichtes in das Zentrale Melderegister des Bundesministeriums für Inneres (in der Folge kurz: ZMR). Dass der Bf. mit XY verheiratet ist, ist ebenfalls aus dem ZMR ersichtlich und war zwischen den Parteien im Übrigen unstrittig.
In Bezug auf die KG ergeben sich sowohl deren Gründung, als auch deren Sitz bzw. Beteiligungsverhältnisse aus dem offenen Firmenbuch unter Berücksichtigung der dort hinterlegten historischen Daten bzw. Urkunden. Was deren Gewerbeberechtigungen anlangt, bediente sich das Gericht der im Gewerbeinformationssystem Austria beim Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hinterlegten Daten.
Der Kaufvertrag vom xx.xx2005 ist in der Urkundensammlung des offenen Grundbuchs hinterlegt; den Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.2005 - der von der belangten Behörde unkommentiert blieb - legte der Bf. mit seinem Schriftsatz vom vor. Die Feststellungen zur Frage des Bestandes einer Treuhandschaft bzw. eines Nutzungsausschlusses basieren auf den diesbezüglichen Angaben des Bf. in seiner Vorhaltsbeantwortung vom , dem die belangte Behörde nichts Substanzielles entgegenhielt. Dass dies der Richtigkeit entsprach ergibt sich im Übrigen auch aus den festgestellten Klauseln des Gesellschaftsvertrages der HG. Nachdem sich somit auch aus der Aktenlage nichts Gegenteiliges ergab, war den Ausführungen des Bf. Glauben zu schenken.
Dass die HG der KG die fraglichen Liegenschaftsanteile im Beschwerdezeitraum vermietete und der Mietzins - wie festgestellt - entrichtet wurde, ist zwischen den Streitteilen unstrittig. Die Angemessenheit des Bestandentgelts wurde im Zuge der Betriebsprüfung nicht nur nicht moniert, sondern von der belangten Behörde sogar ausdrücklich zugestanden (vgl. die Bescheidbegründungen der Beschwerdevorentscheidungen in denen ausdrücklich ausgeführt wird, dass die "Fremdunüblichkeit […] nicht die vermieteten betrieblichen m2 bzw. den m2-Preis betroffen" habe). Die festgestellte Nutzung der angemieteten Flächen durch die KG wurde im Rahmen der Betriebsprüfung die HG betreffend festgestellt (vgl. NS über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO vom zur Steuernummer 08-245/5569, S. 2).
Die Feststellungen zum Mietvertrag bzw. dessen Entwurf basieren auf dem Akteninhalt, insbesondere der Anlage zum Vorbringen vom des Bf. an die belangte Behörde. Die Negativfeststellung in Bezug auf die Gültigkeit des im Akt erliegenden "Immobilienvertrages" beruht einerseits auf den Ausführungen der belangten Behörde in den Beschwerdevorentscheidungen, wonach "nicht glaubhaft gemacht worden sei", dass dieser bereits im Streitzeitraum bestanden habe; andererseits erscheint es dem Gericht nach der allgemeinen Lebenserfahrung äußerst unwahrscheinlich, dass der Vertrag - obwohl bereits im Jahr 2006 unterfertigt (sic!) - erst zeitlich nach der Betriebsprüfung und Erlassung der verfahrensgegenständlichen Bescheide vorgelegt wurde. Lebensnahe wäre wohl die unverzügliche Vorlage im Zuge der Außenprüfung gewesen; dieser wurde aber offenbar nur ein Entwurf zur Verfügung gestellt. Nachdem der Bf. darüber hinaus in seinem Schriftsatz vom keine Erklärung dazu abgab, warum ein unterfertigtes Exemplar nunmehr (plötzlich) "aufgetaucht" ist, war im Zuge der freien Beweiswürdigung die entsprechende Negativfeststellung zu treffen.
Dass auch gegen die die HG und KG betreffenden Bescheide je das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben wurde und diese (nach wie vor) vor dem BFG behängen, geht aus dem gerichtsinternen EDV-System hervor.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 323b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.
Zu Spruchpunkten 1 und 2 (Stattgabe Umsatzssteuer 2008-2013 und Einkommensteuer 2008-2009)
Umsatzsteuer 2008 bis 2010 und Einkommensteuer 2008 und 2009:
Gemäß § 207 Abs 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei der Einkommen-, und Umsatzsteuer fünf Jahre (sog. Bemessungsverjährung). Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist zu laufen (§ 208 Abs 1 BAO). Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr (§ 209 Abs. 1 BAO).
All diese gesetzlichen Prämissen vorausgeschickt zeigt sich sohin nachfolgendes Bild: Die (erstmalige) Veranlagung des Bf. zur Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis einschließlich 2010 erfolgte jeweils mit Bescheid vom . Das Jahr
2008 betreffend begann die Verjährungsfrist am ,
2009 betreffend am und
2010 betreffend am .
Nach außen erkennbare Amtshandlungen wurden weder behauptet, noch konnten diese festgestellt werden, weshalb die fünfjährige Verjährungsfrist das Jahr
2008 betreffend am ,
2009 betreffend am und
2010 betreffend am
abgelaufen war.
Der Bf. wurde am erstmals zur Einkommensteuer 2008 bzw. am erstmals zur Einkommensteuer 2009 veranlagt. Das Jahr
2008 betreffend begann die Verjährungsfrist am , wobei durch die Erlassung des Erstbescheides im Jahr 2010 die Frist um ein weiteres Jahr verlängert wurde, sodass Bemessungsverjährung per eintrat;
2009 betreffend begann die Verjährungsfrist am , wobei durch die Erlassung des Erstbescheides im Jahr 2011 die Frist um ein weiteres Jahr verlängert wurde, sodass Bemessungsverjährung per eintrat.
Weitere, nach außen erkennbare Amtshandlungen wurden weder behauptet noch konnten diese festgestellt werden.
Den angefochtenen Bescheiden (Umsatzsteuer 2008-2010 und Einkommensteuer 2008 und 2009) steht, wie die belangte Behörde ohnedies eingeräumt hat, somit Verjährung entgegen, weshalb diese ersatzlos aufzuheben waren.
Daran vermag auch - im Hinblick auf die Einkommensteuer - der Umstand nichts zu ändern, dass es sich bei diesen lediglich um von Feststellungsbescheiden abgeleiteten handelt: Feststellungsbescheide können zwar ohne Bedachtnahme auf Verjährungsfristen erlassen werden (Ritz, BAO6, § 207 Rz 8), da der Wortlaut des § 207 BAO nur ein Verbot der Festsetzung von Abgaben nach Fristablauf, nicht aber ein Verbot, andere der Abgabenfestsetzung vorangehende abgabenrechtliche Bescheidschritte zu unternehmen, normiert. Sollten aber sämtliche oder einzelne von Grundlagenbescheiden abgeleitete Abgabenansprüche verjährt sein, dürfte insoweit die Festsetzung der Abgabe nicht vorgenommen werden; die Erlassung des Grundlagenbescheides würde diesfalls der Anfechtbarkeit des abgeleiteten Festsetzungsbescheides nicht im Wege stehen. Das zeitliche Element der verjährungsrechtlichen Rechtzeitigkeit ist eigenständig im Verfahren der Abgabenfestsetzungen zu beurteilen und erfährt keine bindungsartige Vorformung durch die Grundlagenbescheide. Die Einrede der Verjährung der Abgabenfestsetzungen im Verfahren des auf einem Grundlagenbescheid beruhenden Abgabenbescheides ist daher prinzipiell zulässig (Stoll, BAO-Kommentar, S. 2588; ).Daraus folgte sohin, dass unabhängig von der gesetzlichen Anordnung des § 252 Abs. 1 BAO (vergleiche dazu Punkt IV.B) das Gericht auch im Falle einer gegen einen abgeleiteten Bescheid gerichteten Beschwerde von Amts wegen den Eintritt der Verjährung zu beachten hat. Schlussendlich ist noch hinzuzufügen, dass die Beschwerden gegen die Grundlagenbescheide erst nach Eintritt der Bemessungsverjährung eingebracht wurden (nämlich am ), sodass für die Einkommensteuer 2008 und 2009 auch § 209a Abs. 2 BAO nicht einschlägig ist.
Den Beschwerden war sohin wegen eingetretener Verjährung Folge zu geben.
Umsatzsteuer 2011-2013:
Dem Bf. wurde die Umsatzsteuer im Zusammenhang mit der Vermietung des verfahrensgegenständlichen Objektes in seiner Funktion als Komplementär der KG deshalb direkt zugerechnet, zumal die belangte Behörde zu der Rechtsansicht gelangt war, dass es sich dabei um Sonderbetriebseinnahmen handeln würden. Dies mit der wesentlichen Begründung, als aufgrund der im Mietvertragsentwurf enthaltenen Regelungen jegliches unternehmerische Risiko auf den Mieter, nämlich die KG überwälzt worden sei. Die belangte Behörde sieht sohin - verkürzt dargestellt - den Beschwerdeführer als wirtschaftlichen Eigentümer der fraglichen Liegenschaft an. Dies jedoch aus nachfolgenden Gründen zu Unrecht:
Gemäß § 24 Abs. 1 lit. d BAO werden Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, diesem zugerechnet. Wirtschaftlicher Eigentümer ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung) auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann (stRsp ua , VwSlg. 8295/F). Das Vorliegen der Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (, VwSlg. 8100/F, mwN).
Bei Bestandverhältnissen ist in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum des Bestandnehmers am Bestandgegenstand gegeben (, mwN). Für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist insbesondere auch von Bedeutung, wer die Chance von Wertsteigerungen oder das Risiko von Wertminderungen trägt (; , 2010/13/0105, mwN; ).
Wendet man nun all diese judikativ entwickelten Prämissen auf den gegenständlichen Fall an, so zeigt sich, dass dem Bf. weder das Recht zusteht, seine Ehefrau als zivilrechtliche Miteigentümerin von der Nutzung der strittigen Liegenschaft auszuschließen, noch hat das Beweisverfahren ergeben, dass er alleine die Chancen von Wertsteigerungen oder Wertminderungen tragen würde. Im Gegenteil: Diese werden - so der Bf. in seinem Schriftsatz vom - von beiden getragen, was auch aus der zwischen ihnen getroffenen Gewinn- und Verlustverteilung hervorgeht. Der Bf. ist nicht wirtschaftlicher Alleineigentümer der von der HG in Bestand gegebenen Liegenschaft, weshalb sich deren Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen folglich als unrichtig erweist.
Die Ausführungen der belangte Behörde, wonach "zumindest im Ausmaß der auf die jeweils gemieteten Gebäudeteile angewandten Miteigentumsquote Sonderbetriebsvermögen" vorliegen müsse, verkennt die soeben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Wenn die belangte Behörde weiters auf die Fremdunüblichkeit des "Mietvertragsentwurfs" abstellt, so ist dem folgendes entgegenzuhalten: Ob der fragliche Entwurf im Streitzeitraum tatsächlich Gültigkeit besaß, war nicht feststellbar. Selbst die belangte Behörde spricht in den vorgelegten Unterlagen davon, dass "nicht glaubhaft gemacht worden sei", dass der Inhalt des erst im Jahr 2017 in unterfertigter Version vorgelegten Mietvertrags bereits vorher rechtswirksam vereinbart worden wäre. Die belangte Behörde argumentiert sohin mit der Fremdunüblichkeit von in Wahrheit nicht feststellbar (mündlich oder schriftlich) vereinbarten Vertragsbestimmungen. Es wurde von der belangten Behörde darüber hinaus auch nicht bezweifelt, dass die KG die Liegenschaftsteile aufgrund eines Mietvertrages benutzt, sodass auch keine bloße Gebrauchsregelung zwischen Miteigentümern vorliegt, die keinen Leistungsaustausch bewirken würde. Der Vertrag selbst ist offenbar vorerst nur mündlich abgeschlossen worden, die wesentlichen Vertragspunkte eines Mietvertrages (nämlich Mietobjekt und Mietzins), die einen klaren und eindeutigen Inhalt haben, sind vereinbart und tatsächlich auch so gelebt worden. Überdies kann weiters davon ausgegangen werden, dass die HG nach außen - durch die Rechnungslegung - als Unternehmerin in Erscheinung getreten ist. Es besteht sohin für das Gericht kein Anlass, den Bf. in diesem Zusammenhang als Unternehmer iSd § 2 UStG anzusehen, weshalb die Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2013 aufzuheben waren. Nicht unerwähnt darf an dieser Stelle bleiben, dass auch die ausschließliche Veranlagung des Bf. zur Umsatzsteuer, der lediglich Miteigentümer der strittigen Liegenschaftsanteile war, nicht nachvollziehbar ist.
Zu Spruchpunkt 3. (Abweisung Einkommensteuer 2010-2013)
Gemäß § 188 Abs. 1 BAO werden ua. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sowie jene aus Vermietung und Verpachtung einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Gegenstand der Feststellung ist gemäß Abs. 3 auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber.
Zweck der Feststellung von Einkünften ist es, die Grundlagen für die Besteuerung in einer Weise zu ermitteln, die ein gleichartiges Ergebnis für alle Beteiligten gewährleistet und die Abführung von Parallelverfahren in den Abgabenverfahren der Beteiligten vermeidet. Gegebenenfalls sind unterschiedliche persönliche Verhältnisse einzelner Beteiligter zu berücksichtigen.
Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO haben als Spruchelemente neben dem Bescheidadressaten jedenfalls die Art und Höhe der gemeinschaftlichen Einkünfte, den Feststellungszeitraum, die Namen der Beteiligten und die Höhe ihrer Anteile am gemeinschaftlichen Ergebnis zu enthalten.
Alle Feststellungen, welche die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte betreffen, sollen im Feststellungsbescheid mit Bindungswirkung für die Abgabenbescheide der Teilhaber getroffen werden, weil abgabenrechtlich relevante Feststellungen zweckmäßigerweise in jenem Verfahren zu treffen sind, in dem der maßgebende Sachverhalt mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann.
Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. Im den Teilhaber betreffenden Einkommensteuerverfahren besteht somit eine gesetzliche Bindung an die im Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO getroffenen Feststellungen (Ritz, BAO6, § 192 Tz 3, und die dort angeführten Judikate). Im Falle der nachträglichen Abänderung des Feststellungsbescheides ist ein von diesem abgeleiteter Bescheid nach § 295 Abs. 1 BAO von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen.
Im Sinne dieses aus der Bundesabgabenordnung hervorgehenden Systems von Grundlagenbescheiden und davon abgeleiteten Bescheiden kann gemäß § 252 Abs. 1 BAO ein Bescheid, dem Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ist damit insoweit eingeschränkt, als Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen mit Erfolg nur in dem den Grundlagenbescheid betreffenden Verfahren vorgebracht werden können. Die Anfechtung eines Steuerbescheides, welche "lediglich" mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines dem Steuerbescheid zugrunde liegenden Feststellungsbescheides begründet ist, ist in der Sache abzuweisen (Ritz, aaO , § 252 Tz 3; ; ; ; , RV/1100207/2017). Auch Bescheide des Inhaltes, dass die genannten Feststellungen zu unterbleiben haben, fallen nach dem Erkenntnis des , unter die leg. cit. Im Übrigen lässt sich auch aus § 190 Abs 1 zweiter Satz ableiten, dass auch derartige Bescheide vom § 252 Abs 1 BAO erfasst sind (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 252 Tz 4).
Bei den vom Bf. bekämpften Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2010 bis 2013 handelt es sich ohne Zweifel um von den Feststellungsbescheiden der HG bzw. KG für dieselben Jahre abgeleitete Bescheide. Folglich konnten aber die Einkommensteuerbescheide 2010-2013 mit gegen die in den Feststellungs-, bzw. Nichtfeststellungsbescheiden festgestellten (bzw. eben nicht festgestellten) Beteiligungseinkünften gerichteten Einwendungen nicht mit Aussicht auf Erfolg bekämpft werden.
Die Beschwerden waren sohin in Bezug auf die Einkommensteuerbescheide 2010 bis 2013 daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt 4. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor. Das Bundesfinanzgericht ließ sich im vorliegenden Erkenntnis von der - ohnedies zitierten - einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur leiten. Schließlich ist zur Frage, ob die monierten Punkte des Vertragsentwurfs im Streitzeitraum bereits Gültigkeit besaßen, allgemein darauf zu verweisen, dass eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist; ob sohin die Beweiswürdigung in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. ); eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall zurück hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (), weshalb insgesamt die ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 295 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Sonderbetriebsvermögen von im Miteigentum stehender Liegenschaft Miteigentümer wirtschaftliches Eigentum |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100339.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at