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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.06.2021, RV/6100593/2019

Verjährung, Hinterziehung, Vorsatz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wals Treuhand Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH, Lagerhausstraße 24, 5071 Wals-Siezenheim, und durch Rechtsanwalt Dr. Roger Reyman, Nonntaler Hauptstr. 1 A, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 und den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2008 des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am erließ das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid 2008 und verwies begründend auf die beim Beschwerdeführer (kurz: Bf) durchgeführte Außenprüfung, ABNr 123. Gleichzeitig erging ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2008.

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf durch seine steuerliche Vertretung gegen diese Bescheide Beschwerde ein und beantragte ihre Aufhebung wegen Verjährung gemäß § 207 BAO. Begründend wurde dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
§ 207 Abs. 2 BAO idF 2008 sehe eine Verjährung von fünf Jahren, bei hinterzogenen Abgaben von sieben Jahren vor. § 208 Abs. 1 BAO idF 2008 sehe vor, dass die Verjährung beginnt, lit. a) in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO idF 2008 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt werde. Die Einkommensteuererklärung 2008 sei am an die Abgabenbehörde via FinanzOnline übermittelt worden. Der Bescheid sei daher aufgrund von Verjährung aufzuheben.
Alternativ beantragte der Bf nach Darstellung des Sachverhaltes aus seiner Sicht und nach seiner rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes, die Veranlagung zur Einkommensteuer 2008 auf Basis der am via FinanzOnline vorgelegten Einkommensteuererklärung 2008.
Hinsichtlich der Anspruchszinsen wurde auf eine unrichtige Berechnung hingewiesen.
Gleichzeitig kam es zu einem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 mit nachstehender Begründung abgewiesen:
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO betrage die Verjährungsfrist bei der Festsetzung der Einkommensteuer fünf Jahre. Bei jährlichen Amtshandlungen nach den fünf Jahren trete erst nach zehn Jahren die absolute Verjährungsfrist ein. Soweit eine Abgabe hinterzogen sei, betrage die Verjährungsfrist ebenfalls zehn Jahre für Abgabenansprüche, die nach dem entstanden seien (§ 323 Abs. 27 BAO).
Im Prüfungsbericht vom werde beschrieben, welche Tätigkeit der Bf im streitgegenständlichen Jahr ausgeübt habe und wie die Verrechnung des dafür gezahlten Entgeltes vonstattengegangen sei. Die Behörde komme zum Schluss, dass der Bf seine Leistungen direkt für die AG erbracht habe und die Zwischenschaltung der Ltd1, O3, und Ltd2, O2, ausschließlich zur Steuervermeidung bzw. -minderung erfolgt sei. Diese Erkenntnis der Behörde werde durch die Tatsache, dass es sich bei beiden Firmen um sogenannte Offshore-Gesellschaften gehandelt habe, die weder in O2 noch in O3 über eigene Büroräumlichkeiten und Dienstnehmer verfügt hätten, bestärkt. Da durch die gewählte und von der Behörde nicht anerkannte Gestaltung Steuern in Österreich verkürzt worden seien, liege eine Abgabenhinterziehung vor, die eine verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren nach sich ziehe.
Hinsichtlich des Eventualantrages werde nochmals auf die Ausführungen im Prüfungsbericht verwiesen.

Mit einer weiteren Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2008 unter Hinweis auf § 205 BAO abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom beantragte der steuerliche Vertreter des Bf unter Anführung beider Beschwerdevorentscheidungen die Vorlage der Beschwerde gegen beide Bescheide an das Bundesfinanzgericht und hielt den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrecht. Ergänzend wurde Folgendes ausgeführt:

Die Verjährungsfrist gemäß § 207 BAO betrage fünf Jahre und habe sich gemäß § 209 BAO um ein Jahr verlängert, sodass von einer Verjährungsfrist von sechs Jahren auszugehen sei. Zu den Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich einer Verjährungsfrist von 10 Jahren sei festzuhalten, dass diese Ausführungen unzutreffend seien, da im gegenständlichen Fall die Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben seit dem Steuerreformgsetz nur sieben Jahre betragen würde. Hinterzogene Abgaben würden im Falle des Bf nicht vorliegen. Dazu werde auf bereits rechtskräftige Entscheidungen des , und , verwiesen.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht vor und wies darauf hin, dass infolge der bereits angesprochenen Außenprüfung beim Bundesfinanzgericht Beschwerden gegen die Umsatz- und die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007, gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 und gegen den Umsatz- und den Einkommensteuerbescheid 2009 beim Bundesfinanzgericht anhängig sind.

Das Bundesfinanzgericht entscheid mit Erkenntnis vom , RV/6100320/2010, über die Beschwerden gegen die Umsatz- und die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007, gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 sowie gegen den Umsatz- und den Einkommensteuerbescheid 2009.

Des Weiteren lud das Bundesfinanzgericht mit Vorhalt vom das Finanzamt ein, zu der im gegenständlichen Verfahren als Vorfrage zu prüfenden Frage der Abgabenhinterziehung eine Stellungnahme abzugeben.

In der Vorhaltsbeantwortung vom führte das Finanzamt dazu Folgendes aus:
Vorab werde das Bundesfinanzgericht darüber informiert, dass kein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen seien und damit die verlängerte Verjährungsfrist wirksam werde, habe im Abgabenveranlagungsverfahren als Vorfrage zu erfolgen, eines förmlichen Strafverfahrens bedürfe es jedoch nicht.
Grundvoraussetzung für die Annahme einer Hinterziehung sei zunächst das Vorliegen einer objektiven Verkürzung. Es stehe infolge der Feststellungen der Außenprüfung für die Behörde eindeutig fest, dass der Bf im Jahr 2008, wie auch in den Jahren 2006, 2007 und 2009, auf Grund einer im Prüfungsbericht genau beschriebenen Konstruktion Einkünfte nicht bzw zu niedrig besteuert habe. Er habe somit unter Verletzung der Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung iSd § 33 FinStrG bewirkt. Der Tatbestand der objektiven Abgabenverkürzung müsse sohin im gegenständlichen Fall jedenfalls als erwiesen angesehen werden. Dafür spreche auch das Erkenntnis vom , RV/6100320/2010.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite werde auf die ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorsatz bzw bedingten Vorsatz hingewiesen. Vorsätzlich handle, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche. Dazu genüge es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich halte und sich mit ihr abfinde.
Wie schon im Prüfungsbericht beschrieben, ließen sich aus der Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes keine außersteuerlichen Gründe erkennen, die die Abwicklung der Bezahlung des Bf für seine Leistungen über Firmen in O3 und O2 erklären oder rechtfertigen würden. Vielmehr müsse nach Ansicht der Behörde dem Bf bewusst gewesen sein oder er müsse zumindest in Kauf genommen haben, dass sich die im Prüfungsbericht beschriebene Vorgangsweise steuerverkürzend auswirke. Jedenfalls sei er bei Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008 am bereits über die Meinung bzw rechtliche Würdigung der Finanzverwaltung in Kenntnis gewesen, da der Abschluss der Außenprüfung schon im Dezember 2009 (Bericht vom ) erfolgt sei und im Prüfungsbericht auch über die Einkommensteuerbemessungsgrundlagen 2008 abgesprochen worden sei. Die im Anschluss an die Außenprüfung abgegebene Einkommensteuererklärung 2008 habe jedoch diese von der Außenprüfung zugerechneten Einkünfte nicht enthalten. Für die Behörde sei es daher als erwiesen anzusehen, dass dem Bf bewusst gewesen sei, dass die in der Erklärung angeführten Einkünfte von denen von der Außenprüfung festgestellten abweichen würden und es dadurch zu einer geringeren Einkommensteuerzahllast und somit zu einer Abgabenverkürzung kommen müsse.
Somit sei sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite erfüllt und jedenfalls von einer Abgabenhinterziehung auszugehen. Dies bedinge, dass die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs 2 BAO zehn Jahre betrage.

Die Vorhaltsbeantwortung des Finanzamtes wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht, der darauf durch seine rechtsfreundliche Vertretung im Wesentlichen unter Heranziehung von Literatur und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird folgt antwortete:
Wie das Finanzamt selbst einräume, habe es im Jahr 2009 eine Außenprüfung des Bf betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2006 und 2007 sowie eine Nachschau für den Zeitraum Jänner 2008 bis September 2009 durchgeführt. Der Prüfungsbericht vom sei der steuerlichen Vertretung des Bf am zugestellt worden. In der Nachschau für die Jahre 2008 und 2009 seien die dem Bf direkt zugerechneten Einkünfte im Einzelnen unter Aufschlüsselung der Umsätze angeführt worden.
Der Bf habe seine Einkommensteuererklärung 2008 am eingereicht und darin jene Einkünfte erklärt, die er selbst bezogen habe. Er sei von der vertretbaren Rechtsansicht ausgegangen, dass die O1 als Steuersubjekt anzuerkennen sei.
Zum Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008 am sei der Abgabenbehörde aufgrund der im Jahr 2009 durchgeführten Außenprüfung samt Nachschau für das Jahr 2008 der vollständige Sachverhalt betreffend die vom Bf erbrachten Leistungen bekannt gewesen und zwar so detailliert, das die Abgabenfestsetzung so erfolgen hätte können, wie sie dann von der Abgabenbehörde acht Jahre später am vorgenommen worden sei. Der Einkommensteuerbescheid 2008 aus dem Jahr 2018 stütze sich auf die Nachschau zum Prüfungsbericht aus dem Jahr 2009, somit auf eine Erhebung vor Einreichung der Abgabenerkärung des Bf im April 2010, ohne dass die Abgabenbehörde weitere Ermittlungstätigkeit gesetzt habe.
Der Zweck der Verjährungsbestimmungen liege darin, dass in Folge Zeitablaufes Rechtsfriede eintrete und dass Beweisschwierigkeiten sowie Fehler in der Sachverhaltsermittlung, die insbesondere durch ein der Behörde zuzurechnendes Verstreichenlassen längerer Zeiträume entstünden, vermieden würden. Der Sinn der Verlängerung der Verjährungsfrist bestehe darin, dass der Abgabengläubiger in Folge einer Abgabenhinterziehung keine Möglichkeit habe, das Bestehen seines Anspruches zu erkennen. Dies sei im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben, da zum Zeitpunkt der Einreichung der Abgabenerklärung des Bf im Jahr 2010 der später festgesetzte Abgabenanspruch durch die Außenprüfung einschließlich der durchgeführten Nachschau für 2008 vollkommen bekannt gewesen sei.
Die Abgabenbehörde hätte daher bereits unmittelbar nach der Abgabenerklärung jenen Einkommensteuerbescheid erlassen können, welchen sie dann erst acht Jahre später erlassen habe. Es handle sich um ein Versäumnis der Abgabenbehörde, nicht jedoch um eine Nichtfestsetzung mangels Kenntnis über einen Abgabenanspruch.
Auch der Bf habe gewusst, dass der Abgabenbehörde der Sachverhalt bekannt gewesen sei. Es habe daher von vorneherein keine Veranlassung bestanden, durch Verletzung einer Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung zu bewirken. Es sei geradezu ausgeschlossen, dass der Bf vorsätzlich eine Abgabe verkürzen habe wollen, wenn er gewusst habe, dass der Abgabenbehörde der gesamte Sachverhalt ohnehin bekannt sei.
Der Bf habe somit keine Abgaben verkürzen wollen, sondern habe lediglich eine andere - vertretbare - Rechtsauffassung hinsichtlich eines bereits bekannten Sachverhaltes vertreten und habe deshalb auch mit steuerlicher Beratung jene Einkünfte erklärt, die er persönlich verrechnet habe und nicht jene, die die Fa. O1 bezogen habe.
Einer Abgabenhinterziehung mache sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirke. Schon der Vorsatz hinsichtlich der Verletzung der Offenlegungspflicht liege nicht vor, da dem Bf aufgrund der durchgeführten Außenprüfung sowie des Prüfungsberichtes bewusst gewesen sei, dass die Abgabenbehörde den gesamten Sachverhalt, insbesondere auch die Leistungen des Bf und die darauf entfallenden, jedoch von der O1 in Rechnung gestellten Beträge kenne. Es sei schon aufgrund dieses Umstandes ausgeschlossen, dass er den Vorsatz gehabt habe, durch Verletzung einer Offenlegungspflicht Abgaben zu verkürzen, da der Sachverhalt bekannt gewesen sei. Er habe vielmehr - steuerlich beraten - eine andere Rechtsauffassung als die Abgabenbehörde gehabt, welche vertretbar gewesen sei, da die Fallbeurteilung durchaus komplex gewesen sei und zum damaligen Zeitpunkt auch eine Rechtsprechung zur hier gegenständlichen Frage völlig gefehlt habe.
Im Prüfungsbericht gehe der Prüfer zum einen von einem Missbrauch von Formen und Gestaltungen nach § 22 BAO aus, welcher jedoch auch in weiterer Folge nicht angenommen worden sei. Zudem verweise er auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Zurechnungssubjekt von Einkünften derjenige sei, der die Möglichkeit besitze, die ihm bietenden Marktchancen zu nützen, ohne jedoch dazu konkrete Entscheidungen zu zitieren. Erstmals detailliert habe sich der Verwaltungsgerichtshof mit dieser Frage in seinem Erkenntnis vom , 2008/13/0012, befasst, auf welches sich dann auch das Bundesfinanzgericht in seiner mehr als zehn Jahre später ergangenen Entscheidung vom , RV/6100320/2010, gestützt habe. Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes habe jedoch zum Zeitpunkt der Einreichung der Abgabenerklärung im April 2010, auf welchen es ankomme, noch gar nicht vorgelegen.
Dass die Abgabenbehörde die Rechtsauffassung des Bf selbst als vertretbar angesehen habe, ergebe sich aber auch daraus, dass es dessen Einkommensteuererklärung für die Jahre 2010 und 2011, in welchem er Gewinnausschüttungen der O1 als ausländische Kapitaleinkünfte erklärt habe, rechtskräftig veranlagt habe. Besonders hinzuweisen sei darauf, dass diese Veranlagungen durch jenen Mitarbeiter erfolgt seien, der auch die Außenprüfung im Jahr 2009 durchgeführt habe. Dieser Mitarbeiter habe vor Veranlagung der Jahre 2010 und 2011 den Bf sogar mit Ersuchen vom aufgefordert, die ausländischen Kapitalerträge mit geeigneten Unterlagen (Maltesische Steuerbescheide, Ausschüttungsbeschluss der maltesischen Firma) nachzuweisen. Der Bf sei diesem Ersuchen nachgekommen und habe mit Schreiben seines steuerlichen Vertreters vom die maltesische Einkommensteuererklärung der O1 für das Jahr 2010 basierend auf der Bilanz 2009 übermittelt. Der Behörde sei somit auch bekannt gewesen, dass es sich um Kapitalerträge der O1 gehandelt habe. Die Abgabenbehörde habe in der Folge die erklärten ausländischen Kapitalerträge veranlagt und damit die O1 in Abweichung von ihrer Auffassung laut Prüfungsbericht als Steuersubjekt für die angeführten Erträge anerkannt.
Die Bescheide 2010 und 2011 seien bekanntlich in Rechtskraft erwachsen und habe der Bf die auf die ausländischen Kaptalerträge entfallenden Abgaben entrichtet. Es könne dem Bf daher nicht angelastet werden, dass er bei seiner Abgabenerklärung für 2008 von der Anerkennung der O1 ausgegangen sei, wenn die Abgabenbehörde diese Gesellschaft bei der Veranlagung der Einkommensteuer für die Jahre 2010 und 2011 selbst anerkannt habe.
In weiterer Folge habe das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/5100492/2010., ausgesprochen, dass die ***Ltd2*** abgabenrechtlich als Steuersubjekt anzuerkennen sei und eine wirtschaftliche Funktion erfüllt habe. Bekanntlich sei dieser Rechtsstandpunkt vom Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/6100320/2010, nicht geteilt worden, sondern habe es eine direkte Leistungsbeziehung zwischen der ***AG*** und dem Bf angenommen und damit weder die Ltd2 noch die O1 als Steuersubjekt anerkannt. Diese divergierenden Rechtsansichten der Abgabenbehörde aber auch des Bundesfinanzgerichts zeigen bereits, dass die gegenständliche rechtliche Beurteilung kontrovers sei und die Sachverhalte von verschiedenen Rechtsmittelgerichten unterschiedlich beurteilt worden seien, was auch darauf beruhe, dass es sich um einen eher komplexen Sachverhalt handle, welcher einzelfallbezogen, in die eine oder andere Richtung beurteilt werden könne.
Der Bf sei stets konsequent davon ausgegangen, dass die O1 als Rechtssubjekt anzuerkennen sei und der Trennungsgrundsatz zwischen der O1 und als juristische Peron und ihm als Gesellschafter derselben zu beachten sei. In den Einkommensteuererklärungen habe der Bf Einkünfte aus Ausschüttungen der O1 als ausländische Kapitalerträge erklärt, welche auf seine Tätigkeiten zurückzuführen seien, welche er im Zeitraum 2006 bis 2009 für die O1 erbracht habe und welche ihm im oben angeführten Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom nachträglich als persönliche Einkünfte zugerechnet worden seien. Wenn er es tatsächlich ernstlich für möglich gehalten hätte und sich damit abgefunden hätte, dass die Rechtsauffassung laut Prüfungsbericht richtig sei, hätte er solche Erklärungen niemals abgegeben, da er damit bedingt vorsätzlich Abgaben für Einkünfte erklärt hätte, welche er gar nicht erklären hätte müssen.
Die Nichtfestsetzung der erklärten Einkünfte für das Jahr 2008 über mehr als acht Jahre später sei zusammengefasst ausschließlich deshalb erfolgt, weil die Abgabenbehörde es versäumt habe, diese Festsetzung vorzunehmen, nicht jedoch weil der Bf Offenlegungsverpflichtungen verletzt habe oder den Vorsatz gehabt habe, Abgaben zu verkürzen. Wie bereits ausgeführt sei der Sachverhalt der Abgabenbehörde bereits 2009 bekannt gewesen. Die Abgabenbehörde hätte bereits im Jahr 2010 nach der Abgabenerklärung denselben Einkommensteuerbescheid erlassen können, wie sie ihn erst acht Jahre später am erlassen habe. Der Informationsstand der Abgabenbehörde habe sich in diesen acht Jahren nie verändert. Es seien bei der Veranlagung im Jahr 2018 dieselben Erhebungsergebnisse vorgelegen, wie sie bereits im Jahr 2010 gegeben gewesen seien. Dies dem Bf nun vorzuhalten, sei völlig unverständlich. Die Abgabenfestsetzung sei verjährt.
Selbst, wenn eine Verjährung der Abgabenfestsetzung nicht angenommen werden sollte, was jedoch entschieden bestritten werde, sei die angenommen Bemessungsgrundlage des angefochtenen Bescheides überhöht wie nachfolgend dargestellt werde.

Im Rahmen der Außenprüfung seien die vom Bf gegenüber der Ltd2 direkt abgerechneten Leistungen unrichtigerweise zu jenen Leistungen hinzugerechnet worden, welche die O1 abgerechnet habe. Für das Jahr 2008 habe die Außenprüfung aufgrund der von der Ltd2 an die AG verrechneten Leistungen sowie der Zeitnachweise des Bf Einkünfte von gesamt brutto 115.688,50 Euro, das seien netto 96.407,08 Euro angenommen und zu diesem Betrag die vom Bf gegenüber der Ltd2 direkt verrechneten Leistungen von brutto 30.000,00, das seien netto 25.000,00 hinzugerechnet und komme so zu Einnahmen von gesamt 121.407,08 Euro. Diese Berechnung sei jedoch falsch, da im Betrag von netto 96.407,08 Euro bereits die direkt verrechneten Leistungen des Bf gegenüber der Ltd2 von 25.000,00 Euro enthalten seien. Dies ergebe sich bereits aus folgender einfachen Überlegung. Als Grundlage für die Einkünfte des Bf habe die Außenprüfung die von der Ltd2 an die AG verrechneten Leistungen herangezogen und sie mit den Zeitnachweisen des Bf an Die AG verglichen. Sämtliche Leistungen des Bf, somit auch jene, welche er direkt gegenüber der Ltd2 abgerechnet habe, seien letztlich für die AG erbracht worden. Es gebe keine Leistungen, die nur für die Ltd2 erbracht worden seien. Damit sei klar, dass die von der AG an die Ltd2 bezahlten Leistungen auch jene umfassen müsste, welche der Bf direkt gegenüber der Ltd2 abgerechnet habe. Richtigerweise betrage die Bemessungsgrundlage für das Jahr 2008 daher lediglich 96.407,08 Euro und nicht 121.407,08 Euro. Davon gelange noch ein Betriebskostenpauschale von 12% in Abzug.

Dieser Schriftsatz von Seiten des Bf wurde dem Finanzamt zur Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

Mit Schriftsatz vom erfolgte die Zurücknahme des Antrags auf Durchführung der mündlichen Verhandlung.

DAZU WIRD ERWOGEN:

Die in den §§ 207 BAO ff geregelte Bemessungsverjährung befristet das Recht zur Festsetzung von Abgaben. (Ritz, BAO6, § 207 Rz 1).

Im gegenständlichen Fall ist zunächst zu klären, ob die Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2008 am noch innerhalb offener Bemessungs- (Festsetzungs-)verjährung erfolgte.

Das Recht zur Festsetzung der Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe (Stammabgabe). (Vgl Ritz, BAO6, § 207 Rz 12).

Die Antwort auf die Frage, ob das Rechts auf Festsetzung der Anspruchszinsen 2008 bereits verjährt ist, hängt somit davon ab, ob des Recht auf Festsetzung der Einkommensteuer 2008 bereits verjährt ist oder nicht.

1 gesetzliche Grundlagen

Nach § 4 Abs 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Der Abgabenanspruch entsteht nach § 4 Abs 2 lit a Z 2 BAO für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z. 1 schon früher entstanden ist, oder wenn die Abgabepflicht im Laufe eines Veranlagungszeitraumes erlischt, mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabepflicht.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17 a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Werden innerhalb der Verjährungsfirst (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs 1 BAO um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs 3 FinStrG, § 32 Abs 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt nach § 209 Abs 3 S 1 BAO spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4 ).

Nach § 323 Abs 16 Satz 1 BAO treten die §§ 207, 209, 209a und 304 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 57/2004 mit in Kraft.

Nach § 323 Abs 18 S 1 BAO ist § 209 Abs 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 180/2004 ab anzuwenden.

Nach § 323 Abs 27 sind die §§ 207 Abs 2 und 209 Abs 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 105/2010 erstmals auf Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden ist.

2 Sachverhalt, rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung

Einleitend ist festzuhalten, dass nach § 4 Abs 1 lit a Z 2 BAO der Abgabenanspruch für die zu veranlagende Einkommensteuer 2008 mit Ablauf des Kalenderjahres 2008 entstanden ist.

2.1 absolute Verjährung

§ 209 Abs 3 BAO regelt die absolute Verjährung. Absolut bedeutet, dass selbst an sich taugliche Verlängerungshandlungen (siehe Pkt. 2.2) nicht mehr geeignet sind, den Eintritt der Verjährung noch weiter hinauszuschieben. (Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch S. 581).

Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 209 Abs 3 BAO). Vor BGBl I 2004/57 (SteuerreformG 2005) hat diese Frist fünfzehn Jahre betragen. Die Verkürzung auf zehn Jahre ist mit in Kraft getreten (§ 323 Abs 16 S 1 BAO).(Vgl Ritz, BAO6, § 209 Rz 36).

Der Anspruch auf Festsetzung der Einkommensteuer 2008 verjährt somit mit Ablauf des Kalenderjahres 2018.

Im gegenständlichen Fall wurde der Einkommensteuerbescheid 2008 am erlassen. Die bescheidmäßige Festsetzung der Einkommensteuer 2008 erfolgte also vor Ablauf der absoluten Verjährungsfrist.

2.2 Verjährung bei nicht hinterzogenen Abgaben - Verlängerungstatbestand

Die Verjährungsfrist für die zu veranlagende Einkommensteuer 2008 beträgt grundsätzlich fünf Jahre und endet somit ohne nach außen erkennbare Amtshandlungen mit Ablauf des Jahres 2013.

Wird im Rahmen der noch laufenden Verjährungsfrist eine Maßnahme im Sinne von § 209 Abs 1 BAO, also nach außen erkennbare Amtshandlungen, unternommen, so ergibt dies die Verlängerung der Frist um ein Jahr. Die Verlängerung gemäß § 209 Abs 1 S 2 BAO jeweils um ein weiteres Jahr setzt voraus, dass in jenem Jahr, in dem die nach dem ersten Satz um ein Jahr verlängerte Verjährungsfrist endet, eine Amtshandlung erfolgt. Weitere Verlängerungen jeweils um ein Jahr setzen voraus, dass jeweils im (weiteren) verlängerten Jahr die betreffende Amtshandlung vorgenommen wird. (Vgl. Ritz, BAO6, § 209 Rz 1).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Abgabenbehörde eine nach außen erkennbare Handlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches unternehmen, um eine Unterbrechung der Verjährung zu bewirken. Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlungen sind ua ein dem Abgabepflichtiger bekannt gegebener Prüfungs- und ein Nachschauauftrag (vgl , ) sowie abgabebehördliche Prüfungen (, , , ) und die in deren Rahmen durchgeführte Schlussbesprechung (vgl ) sowie der dazu erstellte und übermittelte Prüfungsbericht (vgl ).

Die Außenprüfung ist aus Verjährungssicht grundsätzlich nur hinsichtlich jener Abgaben bedeutsam, die Gegenstand der Prüfung sind. (Vgl , , ).

Dem Arbeitsbogen der Betriebsprüfung, ABNr 123, ist zu entnehmen, dass dem steuerlich vertretenen Bf am ein Prüfungsauftrag zur Kenntnis gebracht wurde. Dieser enthielt den Auftrag eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs 1 BAO iVm § 99 Abs 2 FinStrG und eine Nachschau gemäß § 144 Abs 1 BAO iVm § 99 Abs 2 FinStrG vorzunehmen. Als Prüfungsgegenstand war die Einkommensteuer 2006 bis 2007 und die Umsatzsteuer 2006 und 2007 ausgewiesen.

Mit Bericht vom endete die beim Bf durchgeführte Außenprüfung, wobei als Gegenstand die Umsatzsteuer 2006 bis 2007 und die Einkommensteuer 2006 bis 2007 sowie die Umsatzsteuer-Nachschau für den Zeitraum 01/2008 bis 09/2009 angeführt war. In TZ 3 erfolgte eine Beschreibung der vom Bf für die AG bzw die Nachfolgefirma GmbH in den Jahren 2006 bis 2009 durchgeführten Tätigkeiten und eine Beschreibung der Ltd2 und der O1. Er enthält in seiner Tz 9 ua eine Darstellung der Umsätze und Einnahmen für das Jahr 2008. In der Beilage 3 wird die Ermittlung der Einnahmen des Bf im Jahr 2008 detailliert dargestellt. Auf den Inhalt des Prüfungsberichtes vom darf verwiesen werden.

Der Prüfungsauftrag und der Bericht vom weisen somit die Einkommensteuer 2008 nicht als Gegenstand der Prüfung aus. Die durchgeführte Außenprüfung und der abschließende Prüfungsbericht stellten daher auf den ersten Blick keine Amtshandlungen dar, die die Verjährungsfrist hinsichtlich der zu veranlagenden Einkommensteuer 2008 verlängern würden. Aber auch dann, wenn man aus dem Inhalt des Prüfungsberichts und der Beilage 3 ableitet, dass im Rahmen der Außenprüfung und im Prüfungsbericht vom Amtshandlungen zur Geltendmachung des Einkommensteueranspruches 2008 gesetzt wurden, würde dies lediglich zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr, also bis zum Ablauf des Jahres 2014 führen. Da im Verlängerungsjahr 2014 keine nach außen tretende Amtshandlungen betreffend die Einkommensteuer 2008 erfolgten, erging der Einkommensteuerbescheid 2008 vom - wie von den Streitparteien auch nicht bestritten wird - außerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist für nicht hinterzogene Abgaben.

2.3 Verjährung bei hinterzogenen Abgaben

Gemäß § 207 zweiter Satz BAO idF BGBl I 2004/57 beträgt die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben sieben Jahre bzw. nach der neuerlichen Änderung durch das BetrugsbekämpfungsG 2010 zehn Jahre. Dies gilt unabhängig von der Dauer der Verjährungsfrist bei nicht hinterzogenen Abgaben. (Vgl. Ritz, BAO6, § 207 Rz 14).

Die Verlängerung von sieben Jahren auf zehn Jahre ist nach § 323 Abs. 27 BAO erstmals auf Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden ist.

Da der Abgabenanspruch für die zu veranlagende Einkommensteuer 2008 mit Ablauf des Kalenderjahres 2008 entstand, gilt im gegenständlichen Fall bei Vorliegen einer Abgabenhinterziehung zweifellos die zehnjährige Verjährungsfrist, welche frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres 2018 enden konnte.

Im Falle einer Abgabenhinterziehung wäre somit der Einkommensteuerbescheid 2008 vom noch innerhalb offener Verjährungsfrist erlassen worden.

Die Frage, ob Abgaben hinterzogen sind, bildet eine Vorfrage nach § 116 Abs 1 BAO für die Frage, ob die längere Verjährungsfirst des § 207 Abs 2 S 2 BAO anzuwenden ist. Der Tatbestand der hinterzogenen Abgabe im Sinne des § 207 Abs 2 BAO ist nach § 33 FinStrG zu beurteilen. (Vgl Ra/2016/13/0007, , ).

2.4 Hinterziehung

2.4.1 gesetzliche Grundlagen

Der Abgabenhinterziehung macht sich nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Eine Abgabenverkürzung nach Abs 1 oder Abs 2 ist gemäß § 33 Abs 3 lit a FinStrG bewirkt, mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 8 Abs 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Die Strafdrohungen für vorsätzliche Finanzvergehen gelten gemäß § 13 Abs 1 FinStrG nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung am Versuch.

Nach § 98 Abs 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind gemäß § 119 Abs 1 BAO vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Der Offenlegung dienen gemäß § 119 Abs 2 BAO insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.

2.4.2 Sachverhalt

Beim Bf fand - wie bereits ausgeführt - laut Arbeitsbogen, ABNr 123, in der Zeit von bis zur Erstellung des Berichts gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung am eine Prüfung der Umsatz- und der Einkommensteuer 2006 bis 2007 sowie eine Nachschau über den Zeitraum 01/2008 bis 09/2009 statt. Der Prüfungsbericht enthält eine Beschreibung der vom Bf gegenüber der AG bzw die Nachfolgefirma GmbH in den Jahren 2006 bis 2009 im Rahmen des Projektes "P" durchgeführten Tätigkeiten, die Darstellung über die Abrechnung dieser vom Bf erbrachten Leistungen unter Miteinbeziehung der auf O2 ansässigen Ltd2 und der auf O3 ansässigen O1, an der er im Streitzeitraum als Gesellschafter beteiligt gewesen sei, und die Beurteilung des Prüfers, wonach die zuletzt genannten Gesellschaften reine Sitzgesellschaften seien, denen keine wirtschaftliche Funktion zuzuordnen sei und daher letztlich sämtliche Leistungsentgelte des Bf in Österreich sowohl der Einkommensteuer als auch der Umsatzsteuer zu unterziehen seien. Die Höhe des im Jahr 2008 erzielten Umsatzes und der Einnahmen betrage laut Tz 9 121.407,08 Euro.

Laut Beilage 3 zum Prüfungsbericht vom würde ein Betrag von 96.407,08 Euro netto aus den von der Ltd2 an die AG bzw die Nachfolgefirma GmbH gestellten Rechnungen resultieren. Zusätzlich seien zwei vom Bf an die Ltd2 gelegten Rechnungen mit 30.000,00 Euro und 25.000,00 Euro als Einnahmen zu berücksichtigen, sodass sich im Jahr 2008 Einnahmen in Höhe von 121.407,08 Euro ergeben würden.

Die Zustellung dieses Berichts an den steuerlichen Vertreter des Bf erfolgte am .

Die Feststellungen der Außenprüfung und deren rechtliche Beurteilung führten ua zur Erlassung der mit datierten Umsatz- und der Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 und zur Erlassung des mit datierten Umsatzsteuerbescheides 2008 jeweils durch das Team 21, in denen die laut dem Ergebnis der Außenprüfung dem Bf zuzurechnenden Einkünfte in der dort festgestellten Höhe als Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw die festgestellten Leistungsentgelte als Umsätze angesetzt wurden. Mit Schriftsätzen vom und vom brachte der steuerlich vertretene Bf jeweils ein Rechtsmittel gegen diese Bescheide ein und verwies darin auf die durchgeführte Außenprüfung, ABNr 123. Die Berufung vom gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 wurde durch das Finanzamt, Team 21, mit Bescheid vom als verspätet zurückgewiesen. Der dagegen eingebrachten Berufung vom wurde nach Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens (Mängelbehebungsauftrag vom ) mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes, Team 21, vom stattgegeben. Parallel dazu erfolgte am ein Mängelbehebungsauftrag durch das Finanzamt, Fachbereich, hinsichtlich der gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 eingebrachten Berufungen.

Letztlich reichte der steuerlich vertretene Bf in ergänzenden Schriftsätzen vom eine umfassende Begründung seiner gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 und gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 eingebrachten Rechtmittel nach. Er betonte, dass das Finanzamt die zivilrechtlichen und unternehmerischen Grundlagen zwischen dem Bf, der Ltd2, der O1 und deren Auftraggeberin sowie die Niederlassungsfreiheit nicht berücksichtige, dass für den Erwerb des Gesellschaftsanteils an der O1 keine steuerlichen, sondern nur außersteuerliche Gründe, nämlich die Haftungsbeschränkung für die vom Bf erbrachten Leistungen, ausschlaggebend gewesen und dass die Einnahmen, die zugeflossen seien, in den Steuererklärungen deklariert worden seien.

Am erstellte das Finanzamt, Fachvorstand, einen Vorlagebericht hinsichtlich der gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 sowie gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008, eingebrachten Rechtsmittel, welcher am beim damaligen unabhängigen Finanzsenat einlangte.

Am ergingen unter Hinweis auf die durchgeführte Außenprüfung noch der Umsatz- und der Einkommensteuerbescheid 2009. Beide Bescheide wurden durch entsprechende Rechtsmittel bekämpft.

Die Erlassung all der genannten Bescheide löste also Rechtsmittelverfahren aus, welche mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/6100320/2010, endeten. Darin wurden dem Bf die über die O1 und die Ltd2 mit der AG bzw der Nachfolgefirma GmbH abgerechneten Umsätze und Einnahmen aus dessen Tätigkeit im Rahmen des Projektes "P" direkt zugerechnet. Dieses Erkenntnis blieb unangefochten.

Am reichte der Bf die Einkommensteuerklärung 2008 elektronisch ein. Er gab in seiner Einkommensteuererklärung 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb und als Gewinnermittlungsart die Basispauschalierung gemäß § 17 Abs 1 EStG 1988 bekannt. Die Höhe der Betriebseinnahmen bezifferte er mit 45.000,00 Euro und zog davon eigene Pflichtversicherungsbeiträge in Höhe von 1.099,67 Euro sowie pauschale Aufwendungen/Betriebsausgaben von 2.700,00 Euro ab. Er erklärte somit Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 41.200,33 Euro. Weitere Ausführungen zu den angesetzten Beträgen bzw ein Hinweis auf die stattgefundene Außenprüfung oder auf von ihm vertretene abweichende Rechtsansichten ist der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2008 nicht zu entnehmen.

Das Finanzamt setzte im Einkommensteuerbescheid 2008 vom die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 113.022,99 Euro an, wobei die im Rahmen der Außenprüfung festgestellten Einnahmen von 121.407,08 Euro um das Betriebsausgabenpauschale von 6% gekürzt wurden.

Der festgestellte Sachverhalt ist im Wesentlichen dem Veranlagungsakt des Bf, StrNr ***BF1StNr1***, dem Arbeitsbogen der Außenprüfung, ABNr 123, und dem Akt des BFG, RV/6100320/2010, entnommen worden und insoweit unbedenklich.

2.4.3 rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung

Das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung zählt zu den Erfolgsdelikten, weil sein Tatbild auf den Eintritt einer Abgabenverkürzung abgestellt ist, welche bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben dann als bewirkt gilt, wenn die Abgaben nicht oder verkürzt festgesetzt werden. Das Tatbild ist also auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe entweder durch aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen abgestellt. (Vgl Fellner Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33, Rz 4b, , ).

Ein Erfolgsdelikt ist mit dem eingetretenen Erfolg vollendet. Nach § 13 Abs 1 FinStrG gelten die Strafdrohungen für vorsätzliche Finanzvergehen allerdings nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch. Mit der Abgabe unrichtiger Steuererklärungen erfolgt der Eintritt ins Versuchsstadium. Wird eine unrichtige Abgabenerklärung eingereicht, so bedarf es zur Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges keiner weiteren Täterhandlung mehr, sondern nur noch einer erklärungsgemäßen Festsetzung der Abgabe. Es liegt damit auch ein beendeter Versuch vor. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, §§ 13 und 14, Rz 3, 7a und 12, ).

Wesentliches Tatbestandselement der Abgabenhinterziehung iSd § 33 FinStrG ist auch, dass die Abgabenverkürzung unter Verletzung einer Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht bewirkt wird, wobei die Offenlegung abgabenrechtlich bedeutsamer Umstände in einem konkreten, ein bestimmtes Veranlagungsjahr betreffenden Verfahren zu erfolgen hat. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33 Rz 17 ff, , ).

Die Erfüllung der steuerlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 119 BAO dient dazu, der Abgabenbehörde die näheren Umstände und die Einzelheiten des jeweils verwirklichten Steuertatbestandes so mitzuteilen, dass die Abgabe bemessen werden kann. Erst auf Grund der wahrheitsgemäßen Offenlegung der steuerlichen Verhältnisse kann über das Bestehen oder Nichtbestehen des Steueranspruches dem Grunde und der Höhe nach vom Finanzamt entschieden werden. Vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen im Sinne des § 119 BAO heißt, der Abgabenbehörde ein richtiges, vollständiges und klares Bild von den für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umständen zu verschaffen. Der Abgabepflichtige hat sohin auch bei der Ermittlung des Sachverhaltes aktiv mitzuwirken und die für den Bestand und Umfang der Abgabepflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß darzulegen, und zwar ungeachtet der amtswegigen Ermittlungspflicht nach § 115 BAO. (Vgl , ).

Gemäß § 119 Abs 2 BAO dienen der Offenlegung insbesondere die Abgabenerklärungen. Abgabenerklärungen stellen somit ein gesetzlich bestimmtes Instrument der Offenlegung dar. Wenn auch die Mitteilung über alle erheblichen Tatsachen durch die institutionalisierten und standardisierten Offenlegungsinstrumente, wie die Abgabenerklärungsformulare, eine (für Durchschnittsfälle gedachte) Führung erfahren, so ist doch das Kriterium für das Ausmaß und die Intensität der Offenlegung die Maßgeblichkeit der Umstände und Verhältnisse für die Abgabenerhebung. Demgemäß sind gegebenenfalls über die Vordrucksangaben hinaus Ergänzungen, Beilagen, Zusätze und verbale Erklärungen anzuschließen. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33 Rz 23, ).

Vertritt ein Abgabepflichtiger einen bekanntermaßen von der behördlichen Rechtsansicht abweichenden Rechtsstandpunkt, so kann er eine Verletzung der Offenlegungspflicht im Sinne des § 33 Abs 1 FinStrG nur vermeiden, wenn er in der Steuererklärung oder einer Beilage etc darauf hinweist, dass er die aus seiner Sicht zu versteuernden Einkünfte entgegen der behördlichen Ansicht ansetzt. (Vgl FSRV/0098-W/09, , , ).

Einem Abgabepflichtigen steht es also frei, eine eigenständige Rechtsansicht in den Steuererklärungen zu vertreten, nur muss er den Sachverhalt als solchen wahrheitsgemäß offen legen. Durch seine Angaben muss die Abgabenbehörde in die Lage versetzt werden, eine Subsumtion des relevanten Sachverhaltes unter den ihrer Ansicht nach zutreffenden Tatbestand durchzuführen. Das heißt zuerst hat der Abgabepflichtige den Sachverhalt voll und ganz offen zu legen und erst dann darf die abweichende Rechtsansicht vertreten werden. (Vgl , FSRV/0098-W/09)

Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (etwa bei der Einkommensteuer oder der Umsatzsteuer) wird somit mit der Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung ohne Einhaltung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in das Stadium des strafbaren Versuchs eingetreten und das objektive Tatbild der Abgabenhinterziehung erfüllt. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33 Rz 4, , , ).

Im gegenständlichen Fall reichte der Bf am eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 beim Finanzamt elektronisch ein, in der Betriebseinnahmen in Höhe von 45.000,00 Euro und darauf aufbauend Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 41.200,33 Euro bekannt gegeben wurden, trotzdem dem Bericht über die Außenprüfung vom für das Jahr 2008 Betriebseinnahmen in Höhe von 121.407,08 Euro zu entnehmen sind. Ein Hinweis auf die stattgefundene Außenprüfung, auf die Tatsache, dass von den im Bericht vom für 2008 festgestellten Betriebseinnahmen abgewichen wurde, auf das infolge der Außenprüfung anhängige Rechtmittelverfahren und die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte des Finanzamtes und des Bf ist der Einkommensteuerklärung 2008 nicht zu entnehmen. Zu einer Offenlegung aller für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umstände im vorgenannten Sinn kam es daher nicht.

Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom erfolgte sodann unter Berücksichtigung der im Zuge der Außenprüfung festgestellten Betriebseinnahmen von 121.407,08 Euro und eines Werbungskostenpauschales von 6% eine Versteuerung von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 113.022,99 Euro. Auch wenn - wie vom Bf nunmehr im Schriftsatz vom dargelegt - die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht 113.022,99 Euro, sondern 84.838,23 Euro betragen sollten, würden diese jedenfalls über den ursprünglich erklärten Einkünften aus Gewerbebetrieb liegen, sodass eine erklärungsgemäße Festsetzung der Einkommensteuer 2008 jedenfalls eine Abgabenverkürzung bewirkt hätte.

Da die eingereichte Einkommensteuererklärung 2008 zwar nicht zu einer erklärungsgemäßen Veranlagung zur Einkommensteuer 2008 führte, die darin erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb aber unter den tatsächlich erzielten Einkünften aus Gewerbetrieb lagen und der Bf seiner Offenlegungspflicht nicht nachkam, erfüllt die Einreichung der unrichtigen Einkommensteuererklärung 2008 das objektive Tatbild der versuchten Abgabenverkürzung im Sinne der §§ 33 Abs 1, 13 FinStrG.

Eine Abgabenhinterziehung liegt jedoch nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vor, sondern erfordert Vorsatz. Eine Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 FinStrG kann somit erst als erwiesen gelten, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht. (Vgl , , , ).

Wie bei § 8 Abs 1 FinStrG ausgeführt ist, ist im Wesentlichen zwischen drei Formen des Vorsatzes, der Absicht, der Wissentlichkeit (dolus principalis, dolus directus) und dem bedingten (dolus eventualis) zu unterscheiden. Der Hinterziehungstatbestand nach § 33 Abs 1 FinStrG kann mit jeder der drei Formen des Vorsatzes begangen werden. Es genügt daher für die Herstellung des subjektiven Tatbildes dolus eventualis. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33 Rz 29)

Der bedingte Vorsatz liegt dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Der Täter muss einerseits den Eintritt des verpönten Erfolges als naheliegend ansehen und andererseits bereit sein, diesen Erfolgseintritt in Kauf zu nehmen. (Vgl ).

Eine vorsätzliche Steuerhinterziehung kann nur angenommen werden, wenn der Vorsatz alle Tatumstände erfasst; dies gilt auch für den bedingten Vorsatz. Der Täter muss wissen und wollen, dass er eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt und dass diese Pflichtverletzung zur Abgabenverkürzung führt. Bei Verletzungsdelikten hat sich das Bedenken und Beschließen auf den tatbildmäßigen Erfolg zu beziehen. Hingegen reicht das Wissen des Abgabepflichtigen um seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen einerseits und deren Unterlassung andererseits allein noch nicht hin, unter allen Umständen auf eine mit Vorsatz begangene Tathandlung zu schließen. Aus dem Gesamtbild muss ein eindeutiger Beweis für das Vorliegen des Vorsatzes im Hinblick auf alle Merkmale des Tatbestandes sowie auf alle einzelnen, dem Abgabepflichtigen zur Last gelegten Tathandlungen hervorgehen. (Vgl. Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33 Rz 27, 94/69, 227/62)

Vorsätzliches Handeln beruht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen. (Vgl , , , ).

Für das Vorliegen des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung ist daher entscheidend, ob neben einer (objektiven) Abgabenverkürzung ausreichend festgestellte Sachverhaltselemente den Schluss auf eine zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters zulassen. Die Ermittlung des nach außen nicht erkennbaren Willensvorganges anhand seines nach außen in Erscheinung tretenden Verhaltens unter Berücksichtigung aller sonstigen Sachverhaltselemente stellt einen Akt der Beweiswürdigung dar (, ).

Die in § 98 Abs 3 FinStrG normierte Beweiswürdigung hat nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens zu erfolgen. (Vgl Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 98 Rz 14, ).

Dabei sind an die zum Beweis einer Tatsache erforderliche Wahrscheinlichkeit hohe Anforderungen zu stellen. Der Grad der Wahrscheinlichkeit der erreicht sein muss, um eine Tatsache als wahr (feststehend) anzusehen bzw den (bedingten) Vorsatz als erwiesen anzusehen, ist im Strafverfahren höher als im Steuerverfahren. So genügt im BAO-Verfahren die größte Wahrscheinlichkeit, also ein Überzeugungsgrad von knapp über 50%, während es für Zwecke des FinStrG der vollen Überzeugung des Richters bedarf, also eines Überzeugungsgrades, bei dem "nur wenige Promille zur Hundertprozentgrenze" fehlen (Vgl. Kotschnigg/Pohnert in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinstrG, § 98 Rz 5 und Rz 58, ).

Nach dem zweiten Halbsatz des § 98 Abs 3 FinStrG darf, wenn Zweifel bestehen bleiben, die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden. Damit wurde die in Art 6 Abs 2 EMRK festgelegte Unschuldsvermutung auch als Beweisregel in das FinStrG übernommen. Nach der Beweiswürdigung verbleibende Zweifel müssen zu Gunsten des Beschuldigten wirken. (Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 98 Rz 23, , ).

Für die Beurteilung der "hinterzogenen Abgabe" gilt also die Unschuldsvermutung und wegen der die Abgabenbehörde treffenden Beweislast für die Hinterziehung auch der Zweifelsgrundsatz als verfahrensrechtliche Richtschnur. (Vgl , ).

Im gegenständlichen Fall ist die subjektive Tatseite unter Beachtung der vorstehenden Rechtsausführungen wie folgt zu beurteilen:

Die elektronische Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008 am erfolgte rund vier Monate nach Ergehen des Berichts über die durchgeführte Außenprüfung vom und rund drei Monate nach Einbringung von Rechtsmitteln gegen die aufgrund der Außenprüfung durch das Finanzamt, Team 21, ergangenen Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2007 und gegen den durch das Finanzamt, Team 21, ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2008 vom bzw , welche alle auf die durchgeführte Außenprüfung verwiesen. Das Finanzamt, Team 21 und Fachbereich, befasste sich mit diesen vom Bf eingebrachten Rechtsmitteln jedenfalls im Februar 2010, als die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 als verspätet zurückgewiesen und ein Mängelbehebungsauftrag hinsichtlich der Berufungen gegen die Umsatz- und die Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 erteilt wurde. Im Monat März 2010 setzte sich das Finanzamt, Team 21 und Fachbereich, mit der gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend die Umsatzsteuer 2008 eingebrachten Berufung auseinander und erteilte am einen Mängelbehebungsauftrag, dessen Erfüllung zur Stattgabe der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid betreffend die Umsatzsteuer 2008 mit Beschwerdevorentscheidung vom führte.
Der zu der in den Berufungen angesprochenen Außenprüfung ergangene Bericht vom enthält eine umfassende Darstellung des auch für das Kalenderjahr2008 relevanten Sachverhaltes und in TZ 9 sowie der Beilage 3 eine Auflistung der im Kalenderjahr 2008 vom Bf erzielten Betriebseinnahmen.
All diese Sachverhaltselemente waren dem Bf bekannt.

Aus den ergangenen Bescheiden und den weiteren Amtshandlungen war für den Bf unschwer ableitbar, dass das Team 21 für ihn zuständig war. Aufgrund der zeitlichen Nähe der im Februar 2010 und im März 2010 an den Bf gerichteten Amtshandlungen konnte der Bf - objektiv betrachtet und bei Unterstellung eines vernunftorientierten Verhaltens bzw einer Realitätsnähe des Bf - nicht nur, sondern musste der Bf im Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008 am davon ausgehen, dass das Finanzamt, Team 21 und Fachbereich, zu diesem Zeitpunkt von der Tatsache der durchgeführten Außenprüfung, die auch das Jahr 2008 - wie für das Finanzamt, Team 21, aufgrund der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 eingebrachten Berufung leicht ersichtlich - betraf, Kenntnis hatte.
Ebenso konnte der Bf aufgrund der vom Finanzamt, Team 21, gesetzten Amtshandlungen im Zusammenhang mit den von ihm gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2006 und 2007 sowie gegen den Umsatzsteuerbescheid 2008 eingereichten Rechtsmittel zweifellos annehmen, dass dem Finanzamt, Team 21, die Einbringung der Rechtsmittel und damit verbunden die Tatsache einer vom Bf vertretenen anderen Ansicht zu den Feststellungen der Außenprüfung bekannt war.
Dem Bf kann im Hinblick auf den Inhalt des Prüfungsberichtes vom auch nicht widersprochen werden, wenn er festhält, dass das Finanzamt (Team 21) aus seiner Sicht im Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008 ein richtiges, vollständiges und klares Bild von den für die Erhebung der Einkommensteuer 2008 maßgeblichen Umstände hatte.

Die festgestellten Sachverhaltselemente lassen somit den Schluss zu, dass der Bf annahm, dem Finanzamt, Team 21, sei nicht nur der maßgebliche Sachverhalt zur Festsetzung der Einkommensteuer 2008 bekannt, sondern auch seine vom Finanzamt abweichende Rechtsauffassung über die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes. Auch wenn er bei Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008 nicht der Offenlegungspflicht entsprach, kann dem Bf daher nicht unterstellt werden, er habe der Abgabenbehörde gegenüber durch Einreichung einer unrichtigen Einkommensteuererklärung 2008 etwas verheimlichen bzw nicht offenlegen wollen. Diesbezüglich kann dem Bf kein Vorsatz angelastet werden.

Kommt man im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung zu dem Ergebnis, dass der Bf annahm, dem Finanzamt, Team 21, sei nicht nur der maßgebliche Sachverhalt zur Festsetzung der Einkommensteuer 2008 bekannt, sondern auch seine vom Finanzamt abweichende Rechtsauffassung über die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes, so führt dies -- objektiv betrachtet und bei Unterstellung einer Realitätsnähe des Bf - zur weiteren Schlussfolgerung, der Bf habe letztlich eine der Rechtsansicht des Finanzamtes entsprechende direkte Zurechnung der einzig und allein aus seiner Tätigkeit für die AG resultierenden und im Prüfungsbericht vom festgestellten Einkünfte im Einkommensteuerbescheid 2008 erwartet.
Für diese Annahme spricht auch, dass auf den ersten Blick zu erkennen ist, dass die vom Bf in der Einkommensteuererklärung 2008 angesetzten Betriebseinnahmen der Höhe nach von den unter TZ 9 des Betriebsprüfungsberichtes festgestellten Betriebseinnahmen abweichen. Insgesamt kann der einer richtigen Einkommensteuerveranlagung 2008 zugrunde zulegende Sachverhalt dem Bericht vom entnommen werden. Es gibt daher keinen ausreichenden Hinweis darauf, dass der Bf den Eintritt einer Abgabenverkürzung als naheliegend ansah.

Die Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht erfolgte somit bei Einreichung der Einkommensteuerklärung 2008 nicht vorsätzlich, denn es kann bei einer realitätsnahen Betrachtung der Geschehnisabläufe und unter Berücksichtigung eines vernunftorientierten Verhaltes des Bf nicht davon ausgegangen werden, dass der Bf eine Abgabenverkürzung ernstlich für möglich hielt. Tatsächlich folgte das Finanzamt letztlich nicht der vom Bf eingereichten Einkommensteuererklärung 2008, sondern legte der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb die im Prüfungsbericht ermittelten Betriebseinnahmen zugrunde und setzte die sich so ergebenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Einkommensteuerbescheid 2008 an.

In der Gesamtschau ist daher nicht erweislich, dass der Bf versucht haben sollte, hinsichtlich der Einkommensteuer 2008 vorsätzlich eine Abgabenhinterziehung zu verwirklichen, da im Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008 der gesamte zu beurteilende Sachverhalt und die Höhe der Betriebseinnahmen durch die Außenprüfung bereits offengelegt war, die eingebrachten Rechtsmittel eine dem Finanzamt widersprechende Rechtsansicht nahelegten und dem Bf im Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2008, die kurz nach Abschluss der Außenprüfung und der Einbringung der Rechtsmittel erfolgte, nicht eine unrealistische Einschätzung der weiteren Vorgangweise des Finanzamtes zu unterstellen ist. Nicht gerechnet werden konnte zum damaligen Zeitpunkt damit, dass das Finanzamt nicht innerhalb offener Verjährungsfrist eine Veranlagung zur Einkommensteuer 2008 vornehmen werde.

Da somit insgesamt nicht als erwiesen angenommen werden kann, dass der Bf durch die nicht vollständige Erklärung von Betriebseinnahmen in der Einkommensteuererklärung 2008 zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat, kommt die verlängerte Verjährungsfrist des § 207 Abs 2 S 2 BAO im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2008 und der Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2008 sind daher aufzuheben.

Angemerkt wird, dass der Tatvorsatz vor bzw bei Ausführung der Tat vorliegen muss, sodass nachträglich eingetretene Umstände nicht von Bedeutung sind. (Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 33 Rz 27, ).

Die von Seiten des Bf ausführlich dargestellte Vorgangsweise des Finanzamtes bei Erlassung der Einkommensteuerbescheide 2010 und 2011 im Jahr 2013 war somit nicht entscheidungsrelevant.

3 Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art 133 Abs 4 B-VG)

Das Nichtvorliegen des im gegenständlichen Fall strittigen vorsätzlichen Verhaltens wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in freier Beweiswürdigung beurteilt; derartige nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen sind einer ordentlichen Revision grundsätzlich nicht zugänglich. Eine Revision ist somit nicht zulässig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100593.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at