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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.06.2021, RV/4100132/2017

1. Pflichtversicherungsbeiträge für Krankenversicherung bei einer ausländischen Rente als Werbungskosten 2. Grundanstrich und Überlasur bei einer Holzfassade als Sonderausgaben (Wohnraumsanierung)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge Bf) machte im Rahmen seines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 unter anderem Kosten für selbst eingezahlte Sozialversicherungsbeiträge iHv 1.322,40 € als Werbungskosten geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurden diese nicht als Sozialversicherungsbeiträge anerkannt, sondern als freiwillige Pensionsversicherung iHv 984,60 € als Sonderausgaben gewährt.

Gegen den Einkommensteuerbescheid erhob der Bf am rechtzeitig Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass es sich beim Sozialversicherungsbeitrag iHv 1.322,40 € um einen Pflichtbeitrag handle. Zusätzlich legte der Bf eine Rechnung über Renovierungs-arbeiten an der Holzfassade seines Hauses vor und machte erstmals einen Betrag von 8.625,60 € als Sonderausgaben (Wohnraumsanierung) geltend.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die geleisteten Sozialversicherungsbeträge von den unter Progressionsvorbehalt steuerbefreiten deutschen Rentenbezüge in Abzug gebracht. Die geltend gemachten Kosten für die Renovierungsarbeiten an der Holzfassade wurden nicht anerkannt, da es sich nur um einen Neuanstrich und nicht um eine umfassende Fassadensanierung handle und diese daher nicht als Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 abzugsfähig seien.

Mit Schreiben vom erhob der Bf rechtzeitig Vorlageantrag.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde an das Bundefinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte im Sinne der Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf ist Rentner. Er bezieht neben einer geringen österreichischen Pension eine Rente aus Deutschland.

Für die deutsche Rente hatte der Bf im Jahr 2015 insgesamt 1.322,40 € an Pflichtversicherungsbeiträge zur Krankenversicherung zu leisten (984,60 € wurden vom Bf direkt an die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau überwiesen, 337,80 € wurden von seiner österreichischen Pension einbehalten).

Der Bf hatte im streitgegenständlichen Jahr an der Holzfassade seines Holz-Fertigteilhauses durch die Firma ***D*** GmbH folgende Arbeiten durchführen lassen:
- nötige Abdeckarbeiten an Bodenflächen und nach Fertigstellung Entfernung und Entsorgung des Abdeckmaterials
- fachgerechte Vorarbeiten am Untergrund
- vollflächiger Grundanstrich - deckend
- Überlasieren der Holzflächen - im Farbton nach Wunsch
Dafür fielen Kosten iHv 8.625,60 € an.

Beweiswürdigung

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem dem Bundesfinanzgericht elektronisch vorgelegten Akt, insbesondere aus der vom Bf. vorgelegten Rechnung der Firma ***D*** GmbH und der vorgelegten Bestätigung der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Sozialversicherungsbeiträge als Werbungskosten:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 stellen Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung abzugsfähige Werbungskosten dar. Die Werbungskosten nach Z 4 sind gemäß § 16 Abs. 3 ohne Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale zu berücksichtigen.

Gemäß § 73a ASVG unterliegen mit inländischen Pensionsleistungen vergleichbare ausländische Renten in Österreich der Pflichtversicherung zur Krankenversicherung. Diese Beiträge sind in Fällen, in denen neben der ausländischen Rente keine (oder keine für den Abzug der Beiträge ausreichende) inländische Pension bezogen wird, gemäß § 73 Abs. 5 ASVG vom Krankenversicherungsträger an den Versicherten vorzuschreiben. Die für die Beiträge zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung geltenden Rechtsvorschriften sind, soweit nichts anderes bestimmt wird, auf die Krankenversicherungsbeiträge nach Abs. 1 anzuwenden.

Die vom Bf im Jahr 2015 entrichtete Sozialversicherungsbeiträge iHv 1.322,40 € stellen daher Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 dar.

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Nach einhelliger Judikatur des Bundesfinanzgerichtes stehen die Pflichtversicherungsbeiträge zur Krankenversicherung nach § 73a ASVG jedoch in Zusammenhang mit der ausländischen Rente. Sie sind daher nicht beim inländischen Pensionsbezug zu berücksichtigen, sondern bei der ausländischen - im Wege des Progressionsvorbehaltes zu erfassenden - Rente in Abzug zu bringen (vgl. ; ; ; ; ). Demnach vermindern die Pflichtversicherungsbeiträge zur Krankenversicherung gemäß § 73a ASVG die ausländischen Progressionseinkünfte.

Die belangte Behörde zog die Sozialversicherungsbeiträge daher in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht von den ausländischen Progressionseinkünften und nicht von den im Inland steuerpflichtigen Einnahmen ab.

Renovierung der Holzfassade als Sonderausgaben (Wohnraumsanierung)

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sind Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar
- Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzwert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder
- Herstellungsaufwendungen
bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen.

Herstellungsaufwand liegt insbesondere dann vor, wenn Veränderungen an der Bausubstanz vorgenommen oder Anlagen nachträglich errichtet werden (vgl. Jakom, EStG 2020, § 18 Rz 78 mit weiteren Literaturhinweisen).

Die durchgeführten Arbeiten (Grundanstrich und Überlasur) stellen zweifelsfrei keinen Herstellungsaufwand dar.

Instandsetzungsaufwendungen sind nur dann begünstigt, wenn sie den Nutzwert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum der Nutzung wesentlich verlängern.

Eine wesentliche Verlängerung der Nutzungsdauer liegt vor, wenn unselbständige Bestandteile der Wohnung ausgetauscht werden, die einen wesentlichen Einfluss auf die Nutzungsdauer der Wohnung haben, wie zB bei Austausch aller Türen samt Stock (vgl. Jakom, EStG 2020 § 18 Rz 78).
Der Nutzungswert von Wohnraum wird wesentlich erhöht, wenn unselbständige Bestandteile der Wohnung ausgetauscht werden und dadurch - auch wenn sich die Nutzungsdauer der gesamten Wohnung nicht wesentlich verlängert - eine wesentliche, als Sanierung zu wertende Verbesserung des Wohnwertes eintritt, wie zB bei Austausch der Eingangstür unter Verbesserung des Wärmeschutzes oder Einbruchschutzes ( mit Literaturhinweis).

Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen sind nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn es sich um Instandsetzungsaufwendungen handelt ().

Voraussetzung für einen begünstigten Aufwand ist jedenfalls das Vorliegen eines Verbesserungsbedarfes. Keine wesentliche Erhöhung der Nutzungsdauer oder des Nutzungswertes und damit nicht begünstigter Instandhaltungsaufwand liegt hingegen bei bloßen Reparaturen vor, auch wenn diese nicht jährlich anfallen ( mit Literaturhinweisen); zB das Anfärbeln der Fassade ohne Erneuerung des Außenverputzes oder das Ausbessern des Verputzes (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall wurde ein volldeckender Grundanstrich und einer Überlasur der Holzflächen eines Holz-Fertigteilhauses durchgeführt.
Ein Grundanstrich und Überlasur einer Holzfassade stellen keinen Austausch unselbständiger Bestandteile dar. Auch führen diese zu keiner wesentlichen Erhöhung des Nutzungswertes oder wesentlichen Verlängerung der Nutzungsdauer.
Sie stellen im Gegenteil eine Vorbeugung gegen eine Verschlechterung der Bausubstanz (des Holzes) dar und somit lediglich einen Erhalt - und keine Verbesserung - des Standards.

Die Aufwendungen für die durchgeführten Arbeiten (Grundanstrich und Überlasur) stellen somit keine Wohnraumsanierung dar und sind daher auch nicht als Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 abzugsfähig.

Die belangte Behörde anerkannte die Aufwendungen in der Beschwerdevorentscheidung zu Recht nicht.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, folgt das Erkenntnis der zitierten Rechtsprechung.

Damit liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at