Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.07.2021, RV/5101547/2018

Erster Säumniszuschlag für eine Umsatzsteuernachforderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH, Stockwinkl 18, 4865 Nußdorf/Attersee, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von 865,54 €, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf) erste Säumniszuschläge von insgesamt 1.002,48 € fest, weil sie nachstehende Abgabenschulden nicht fristgerecht entrichtet hatte:


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Abgabe
Frist
Betrag in Euro
Säumniszuschlag in Euro
Umsatzsteuer 9/2016
2.863,75
57,27
Umsatzsteuer 2014
43.276,77
865,54
Umsatzsteuer 2015
3.983,37
79,67
Summe
1.002,48

Die Bf erhob am Beschwerde betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages von 865,54 €. Der Säumniszuschlag resultiere aus der geänderten Festsetzung der Umsatzsteuer 2014 im Zuge einer Außenprüfung. Gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 habe die Bf fristgerecht Beschwerde eingebracht. Ein allfälliger Säumniszuschlag sei somit vom Ausgang der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 abhängig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages iHv 865,54 € als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2014 am abgewiesen worden sei.

Die Bf stellte am in einem Schriftsatz einen Vorlageantrag betreffend die Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide 2014 und 2015 sowie die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages betreffend Umsatzsteuer 2014.

Die Bf verwies auf den Inhalt ihrer Beschwerden und erstattete kein weiteres Sachvorbringen.

Beweiswürdigung:

Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten, dem Vorbringen und dem Abgabenkonto der Bf.

Rechtslage:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht getilgten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Der Säumniszuschlag entsteht kraft Gesetzes und stellt eine objektive, vom Verschulden unabhängige Säumnisfolge bei Nichtentrichtung der Abgabe am Fälligkeitstag dar (vgl. aber die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO).

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht (bzw. nicht rechtzeitig) entrichtete Abgabenschuld; dies unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe (im vorliegenden Fall der Umsatzsteuer 2014) rechtmäßig, rechtskräftig oder mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (Ritz, BAO6, § 217 Tz 4, mit Verweis auf die dort angeführte Judikatur).

Das hat zur Folge, dass ein Säumniszuschlagsbescheid auch dann rechtmäßig ist, wenn die zugrundeliegende Abgabenfestsetzung unrichtig ist. Bei festgesetzten Abgaben besteht daher eine allfällige Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung ().

Nach § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Mit "Abgabenschuld" im Sinne des Abs. 8 ist jene Abgabe gemeint, deren Nichtentrichtung oder verspätete Entrichtung zur Verwirkung des Säumniszuschlages geführt hat.

Eine nachträgliche Herabsetzung kann sich z.B. durch eine Beschwerdevorentscheidung oder durch eine Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes ergeben.

Die Abgabenbehörde bzw. das Gericht haben im Beschwerdeverfahren gegen einen Säumniszuschlagsbescheid die Richtigkeit des zugrundeliegenden Abgabenbescheides (im vorliegenden Fall des Umsatzsteuerbescheides 2014) nicht zu prüfen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen daher auch keine Bedenken, wenn über die Beschwerde gegen einen Säumniszuschlagsbescheid entschieden wird, obwohl über den der Säumniszuschlagsfestsetzung zugrunde liegenden Abgabenbescheid noch nicht abgesprochen worden ist, weil § 217 Abs. 8 BAO eine nachträgliche Herabsetzung des Säumniszuschlages von Amts wegen vorsieht, falls sich der Umfang der Inanspruchnahme des Beschwerdeführers infolge Erledigung der gegen den Abgabenbescheid gerichteten Beschwerde ändern sollte ().

Nach § 210 Abs. 1 BAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Werden Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche, später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt, so steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung der Abgabennachforderung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu (§ 210 Abs. 4 BAO).

Durch Nachfristen wird die Fälligkeit der Abgabe aber nicht verschoben (Ritz, BAO6, § 210 Tz 9 und 11).

§ 210 Abs. 4 BAO ist bei Abgaben bedeutsam, deren Fälligkeit (abweichend von § 210 Abs. 1 BAO) speziell (und unabhängig von einer Festsetzung eintretend) geregelt ist, wie z.B. in § 21 Abs. 1 UStG 1994 betreffend Umsatzsteuer.

Nach § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen.

Durch die Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet (§ 21 Abs. 5 UStG 1994).

Diese Gesetzesfassung beruht auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 111/84, worin dieser die Rechtsauffassung vertreten hat, dass Nachforderungen an Umsatzsteuer auf Grund der Jahresveranlagung zwangsläufig die Unrichtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung(en) für den Veranlagungszeitraum implizieren. Umsatzsteuernachforderungen seien damit zwangsläufig nicht entrichtete Vorauszahlungen oder verminderte Überschüsse.

Für Abgaben wie die Umsatzsteuer tritt die Fälligkeit daher unabhängig von der bescheidmäßigen Geltendmachung zum gesetzlich festgelegten Zeitpunkt ein.

Im Fall der Veranlagung zur Umsatzsteuer handelt es sich um eine Festsetzung der Abgabe nach der Fälligkeit, weshalb der Partei für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheides zusteht. Weil die Zahlung aufgrund der Nachforderung erst nach Fälligkeit erfolgt, ist wegen der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer bis zum Fälligkeitstag ein Säumniszuschlag grundsätzlich verwirkt und kann nicht verhindert werden ().

Erwägungen:

Im vorliegenden Fall wurde im nach der Außenprüfung wiederaufgenommenen Umsatzsteuerbescheid 2014 vom darauf hingewiesen, dass die Abgabennachforderung von 43.276,77 € bereits fällig war (gegenständlich am ). Da es sich um eine Abgabenfestsetzung nach deren Fälligkeit handelte, wurde für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat (gegenständlich bis ) eingeräumt.

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages war - unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Umsatzsteuerbescheides 2014 - bereits zur Fälligkeit am eingetreten, sodass die Festsetzung eines Säumniszuschlages nicht mehr verhindert werden konnte.

Auch der Umstand, dass gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 Beschwerde erhoben wurde, berührte die Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages nicht; Einwendungen gegen den der Säumniszuschlagsfestsetzung zugrundeliegenden Umsatzsteuerbescheid 2014 gingen daher ins Leere. Darüber hinaus wurden keine Gründe vorgebracht, die geeignet gewesen wären, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Säumniszuschlagsbescheides aufzuzeigen.

Eine Einsichtnahme in die Abgabendatenbank der Finanzverwaltung zeigte, dass der Vorlageantrag betreffend Umsatzsteuerbescheid 2014 am als gegenstandslos erklärt wurde.

Hätte eine Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes zu einer Verminderung der Umsatzsteuernachforderung für das Jahr 2014 geführt, wäre der angefochtene Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 8 BAO von Amts wegen anzupassen gewesen.

Mangels Entrichtung der Umsatzsteuernachforderung 2014 bis spätestens zur Fälligkeit am erfolgte die Festsetzung des Säumniszuschlages zu Recht, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis weicht von der in der Begründung zitierten Judikatur nicht ab und wirft keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101547.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at