Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.06.2021, RV/2300001/2021

Finanzordnungswidrigkeit, vorsätzliche Unterlassung der Entrichtung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Graz 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch die Senatsvorsitzende ***46***, die Richterin ***47*** und die fachkundigen Laienrichter ***48*** und ***49*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Böhm Reckenzaun & Partner Annenstraße 10, 8020 Graz wegen der Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Amtsbeauftragten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates Graz Stadt als Organ des Finanzamtes Graz Stadt vom , ***32***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers Dr. Andreas TschernitzBöhm Reckenzaun & Partner, des Amtsbeauftragten Mag. Stefan Plattner, von Frau MA Ingrid Galun sowie der Schriftführerin ***50*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der Beschuldigte schuldig erkannt, als Geschäftsführer der ***2*** vorsätzlich folgende Abgabenschuldigkeiten:


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Zeitraum
L
DB
DZ
5/2017
10.178,36
3.268,99
310,95
6/2017
14.146,41
6.419,53
610,64
7/2017
11.381,91
3.540,59
336,79
8/2017
10.124,19
3.183,32
302,80
9/2017
10.268,22
3.227,56
307,01
10/2017
10.901,36
3.445,48
327,74
11/2017
13.604,00
6.193,11
589,10
12/2017
10.392,65
3.310,31
314,88
1/2018
10.673,40
3.009,73
300,97
2/2018
10.233,02
2.954,63
295,46
3/2018
10.350,44
2.971,12
297,11
4/2018
10.374,21
2.972,33
297,23
5/2018
10.353,50
3.006,42
300,64
6/2018
12.379,65
5.502,67
550,27
8/2018
7.661,40
705,33
70,53

Summe: € 221.945,96

nicht binnen 5 Tagen ab Fälligkeit entrichtet und damit eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 FinStrG bewirkt zu haben.

Gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG wird über ***Bf1*** eine Geldstrafe in Höhe von € 22.000,00 verhängt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Tagen festgesetzt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG werden die Kosten des Verfahrens in Höhe von € 500,00 festgesetzt.

Hinsichtlich der Anlastung vorsätzlich (weitere) Lohnsteuer für 6/2017 im Ausmaß von € 3.000,00 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet zu haben, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom , ***32***, ***33***, wurde das gegen ***Bf1*** geführte Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG eingestellt. Dazu wurde wie folgt ausgeführt:

"Das Finanzstrafverfahren gegen die Beschuldigten ***Bf1*** und ***1*** wegen des Verdachtes, sie hätten im Bereich des Finanzamtes Graz Stadt als Geschäftsführer der ***2*** vorsätzlich selbst zu berechnende Abgaben, nämlich Lohnsteuer für die Zeiträume 5 - 12/2017 iHv insgesamt € 93.997,10, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 64.364,22 und für 8/2018 iHv € 7.661,40, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Zeiträume 5 - 12/2017 iHv insgesamt € 32.588,89, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 20.416,90 und für 8/2018 iHv € 705,33 und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für die Zeiträume 5 -12/2017 iHv insgesamt € 3.099,91, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 2.041,68 und für 8/2018 iHv € 70,53, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt und dadurch die Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten nach §49 Abs. 1 lit a FinStrG begangen, wird gemäß § 136 Abs. 1 FinStrG eingestellt.

Entscheidungsgründe:

Mit Vorlageantrag vom legt das Finanzamt Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde ***Bf1*** und ***1*** jeweils die Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit a FinStrG mit einem strafbestimmenden Wertbetrag von jeweils € 224.945,96 zur Last. Beide Beschuldigten verantworteten sich leugnend.

Der Erstbeschuldigte ***Bf1*** wurde am ***34*** in ***51*** geboren. Er ist zur Zeit Angestellter bei der Fa. ***35*** in ***36***. Er bezieht ein Nettoeinkommen von € 2.700,00, dies 14-mal jährlich, welches durch Lohnpfändungen auf € 2.563,00 vermindert ist. Vermögen ist keines vorhanden. An Schulden haften rund € 1 Million aus (Privatinsolvenzverfahren zu ***3*** des BG ***4***). Er ist verheiratet und sorgepflichtig für 4 Kinder, die allesamt im gemeinsamen Haushalt mit der Zweitbeschuldigten leben.

Die Zweitbeschuldigte ***1*** wurde am ***37*** in ***52*** geboren und ist ebenso Österreicherin und an der Adresse ***Bf1-Adr*** wohnhaft.

Sie ist derzeit bei einem Steuerberater beschäftigt und erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.420,00, dies ebenso 14-mal jährlich. Auch die Zweitbeschuldigte befindet sich in Privatinsolvenz (***5*** des BG ***4***).

Die ***2*** ist beim Finanzamt Graz-Stadt unter der Steuernummer ***6***

aufgelegt. Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , ***7***, wurde über die Gesellschaft das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet, welches mit Beschluss vom wieder aufgehoben wurde. Mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , ***8***, wurde über die Gesellschaft neuerlich das Insolvenzverfahren eröffnet und ist das Unternehmen seit diesem Zeitpunkt aufgelöst.

Der Erstbeschuldigte war ab selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und die Zweitbeschuldigte zwischen und ; ab war sie Prokuristin der Gesellschaft.

Am langte beim Finanzamt Graz-Stadt eine mit datierte Selbstanzeige der ***2*** ein, in welcher der Umstand offengelegt wurde, dass im März 2017 keine Meldungen betreffend den Dienstgeberbeitrag und die Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag sowie im Zeitraum von Mai 2017 bis Juni 2018 keine Meldungen hinsichtlich der Lohnsteuer, DB und DZ erstattet wurden, wobei der Gesamtbetrag der abzuführenden Lohnabgaben in diesem Zeitraum € 220.710,53 betrage. Darin wurde zur Begründung dargelegt, dass in der Verwaltungsabteilung, die von der Beschuldigten als Prokuristin geleitet würde, eine massive Überlastung bestehe, da im Zuge einer Sanierung 70 % des Personals abgebaut worden sei. Dadurch sei ein Zuständigkeitsmissverständnis zwischen Verwaltung und ausgelagerter Lohnverrechnung entstanden. Die Selbstanzeige wurde neben der betreffenden Gesellschaft auch für den Erstbeschuldigten und die Zweitbeschuldigte erstattet. Dem gleichzeitig eingebrachten Zahlungserleichterungsansuchen wurde nicht stattgegeben. Zahlungen auf den Rückstand wurden bis Ablauf der Nachfrist nicht geleistet.

Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben (GPLA, Bericht vom ) wurden die Angaben It. Selbstanzeige im Wesentlichen bestätigt. Aus den übereinstimmenden und für den Spruchsenat äußerst glaubwürdigen Angaben der Beschuldigten ergibt sich und lässt sich ableiten, dass mit Abschluss des Insolvenzverfahrens im Jahr 2015 die ***9*** auch mit der Abfuhr der Lohnabgaben beauftragt wurde.

Die ***9*** hatte Zugriff auf das Buchhaltungssystem und hat im Buchhaltungssystem der ***2*** Buchungen vorgenommen. Die Berechnung der Lohnabgaben wurde bis Ende 2016 intern erledigt; ab dem Jahr 2017 sind diese Berechnungen an die ***10*** ausgelagert worden, die sich mit der ***9*** betreffend die Abfuhr der Lohnabgaben verständigte. Sämtliche buchhalterischen Angelegenheiten, wie auch die Lohnverrechnung wurde somit von der ***9*** in Zusammenarbeit mit der ***10*** erledigt. Erst im Juni/Juli 2018 wurden die Verantwortlichen der ***2*** durch die ***10*** darauf aufmerksam gemacht, dass betreffen die Abfuhr der Lohnabgaben etwas nicht stimmen würde.

Innerhalb der ***2*** war grundsätzlich der Erstbeschuldigte steuerlich verantwortlich; die Zweitbeschuldigte war zwar Prokuristin, jedoch für die Abfuhr der Lohnabgaben jedenfalls nicht zuständig. Betreffend den Erstbeschuldigten lässt sich vorsätzliches Handeln nicht nachweisen, da er der Meinung war, sämtliche buchhalterische Agenden würden von der ***9*** in Zusammenarbeit der ***10*** erledigt werden.

Diese Feststellung, sowie Negativfeststellung zur subjektiven Tatseite gründen sich auf die glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben der beiden Beschuldigten, die beim Spruchsenat einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterlassen haben. Im Widerspruch stehen diese Angaben mit den Depositionen des Zeugen ***11***, der vermeinte, die ***9*** sei mit der Entrichtung der Lohnabgaben an das zuständige Finanzamt niemals beauftragt gewesen. Die ***9*** habe ab dem Beginn des Sanierungsverfahrens, somit als sie etwa Ende 2015, Anfang 2016 betraut worden war, mit den Lohnabgaben überhaupt nichts zu tun gehabt. Die Lohnabgaben seien stets von Verantwortlichen der ***2*** gemeldet und abgeführt worden. Das Aufgabengebiet der ***9*** habe bloß die Umsatzsteuervoranmeldungen, sowie die Umsatzsteuerjahreserklärungen umfasst.

Diese Depositionen sind jedoch für den Spruchsenat nicht wirklich nachvollziehbar; aus den mit der Stellungnahme vom vorgelegten Urkunden ergibt sich nämlich für den Spruchsenat zweifelsfrei, dass die ***9*** sehr wohl auch für die Lohnabgaben zuständig war. Zu verweisen ist beispielsweise auf den Eintrag vom des Inhaltes, Abstimmung GKK, LV. Weiters ist auf den Eintrag vom zu verweisen, Abstimmung FA-Konto DB, DZ, LSt. Am wurden 4 Stunden für die Verbuchung der Löhne, LNK, Vorperioden veranschlagt. Am wurden 1,5 Stunden für das Einbuchen der Personalverrechnung 08/17 veranschlagt. Am wurden 1,67 Stunden unter der Bezeichnung LV 09, GKK, Finanzamt einbuchen verzeichnet. Am 3 Stunden für Verbindlichkeiten LV 09/17, Verbindlichkeiten Zahllast VB Finanzamt. Am befindet sich der Eintrag Verbuchung Personal Juli 2017 und am der weitere Eintrag "Einbuchen Lohnverrechnung 8/17". Auf der Honorarnote vom ergibt, dass für die laufende Buchhaltung Juli bis November 2017 € 6.250,00 in Rechnung gestellt wurden.

Aufgrund dieser unbedenklichen Urkunden wird somit nach Ansicht des Spruchsenates die glaubwürdige Verantwortung der Beschuldigten untermauert, wonach die hier in Rede stehenden Agenden entsprechend ausgelagert worden sind. Glaubwürdig ist damit auch die Aussage des Erstbeschuldigten, dass ihm die Nichtabfuhr der Lohnabgaben nicht aufgefallen sei, weil er darauf vertraut habe, dass alles gebucht worden sei. Ebenso wird die Glaubwürdigkeit der Beschuldigten dadurch gestärkt, dass nach dem Hinweis durch die ***10*** sofort eine Aufarbeitung veranlasst hat und umgehend Selbstanzeige erstattet worden ist.

Geht es um die Verantwortlichkeit der Zweitbeschuldigten, so legte diese glaubwürdig dar, dass sie mit den steuerlichen Agenden nicht befasst war; Sie konnte dazu - weil die Selbstanzeige auch sie als Täterin nennt, im Einklang mit den Angaben des Erstbeschuldigten darlegen, dass der konkrete Inhalt der Selbstanzeige nicht besprochen und genehmigt war.

Zusammengefasst lässt sich auf Grund der oben referierten Beweisergebnisse die Verantwortung der Beschuldigten nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit widerlegen, weswegen das Finanzstrafverfahren im Zweifel gemäß § 136 FinStrG einzustellen war.

****

Am hat der Amtsbeauftragte gegen das Erkenntnis zwei Beschwerden angemeldet.

****

Mit Beschwerdeschrift des Amtsbeauftragten vom wurde in der Folge jedoch nur hinsichtlich ***Bf1*** eine Beschwerde wie folgt ausgeführt:

"Der Spruchsenat I beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde hat das Finanzstrafverfahren gegen ***Bf1*** wegen des Verdachts, er habe im Bereich des Finanzamtes Graz-Stadt als Geschäftsführer der ***2*** vorsätzlich selbst zu berechnende Abgaben, nämlich Lohnsteuer für die Zeiträume 5 -12/2017 iHv insgesamt € 93.997,10, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 64.364,22 und für 8/2018 iHv € 7.661,40, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Zeiträume 5 - 12/2017 iHv insgesamt € 32.588,89, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 20.416,90 und für 8/2018 iHv € 705,33 und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für die Zeiträume 5 - 12/2017 iHv insgesamt € 3.099,91, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 2.041,68 und für 8/2018 iHv € 70,53, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt und dadurch die Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit a FinStrG begangen, gemäß § 136 FinStrG eingestellt.

Gegen die Einstellung des Verfahrens betreffend ***Bf1*** richtet sich die gegenständliche Beschwerde des Amtsbeauftragten.

Es ergeht der Antrag auf Fällung eines Erkenntnisses folgenden Inhalts, dass ***Bf1*** schuldig sei, im Bereich des Finanzamtes Graz-Stadt als Geschäftsführer der ***2*** vorsätzlich selbst zu berechnende Abgaben, nämlich Lohnsteuer für die Zeiträume 5 - 12/2017 iHv insgesamt € 93.997,10, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 64.364,22 und für 8/2018 iHv € 7.661,40, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Zeiträume 5 - 12/2017 iHv insgesamt € 32.588,89, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 20.416,90 und für 8/2018 iHv € 705,33 und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für die Zeiträume 5 - 12/2017 iHv insgesamt € 3.099,91, für die Zeiträume 1 - 6/2018 iHv insgesamt € 2.041,68 und für 8/2018 iHv € 70,53, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt und dadurch die Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben.

Es wird weiters beantragt, eine der Schwere der Tat angemessene Geldstrafe gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG und eine adäquate Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Begründung:

Sachverhalt und Verfahrensablauf:

Der Beschuldigte ist seit selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der ***2***, die beim Finanzamt Graz-Stadt unter der Abgabenkontonummer ***6*** aufgelegt ist.

Am langte beim Finanzamt Graz-Stadt eine, mit datierte, Selbstanzeige der ***2*** ein, in der der Umstand offengelegt wurde, dass im März 2017 keine Meldungen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) sowie im Zeitraum von Mai 2017 bis Juni 2018 keine Meldungen hinsichtlich Lohnsteuer (L), DB und DZ erstattet wurden, wobei der Gesamtbetrag der abzuführenden Lohnabgaben € 220.710,53 betrage. Dies sei darin begründet, dass in der Verwaltungsabteilung, die von ***1*** als Prokuristin geleitet würde, eine massive Überlastung bestehe, da im Zuge einer Sanierung 70 % des Personals abgebaut worden sei. Dadurch sei ein Zuständigkeitsmissverständnis zwischen Verwaltung und ausgelagerter Lohnverrechnung entstanden.

Die Selbstanzeige wurde neben der betreffenden Gesellschaft auch explizit für den Beschuldigten und ***1*** erstattet.

Gleichzeitig wurde ein Zahlungserleichterungsansuchen gestellt, welches am abgewiesen wurde. Zahlungen auf den Rückstand wurden bis Ablauf der Nachfrist keine geleistet.

Eine Lohnabgabenprüfung (GPLA-Bericht vom ) bestätigte die Angaben It. Selbstanzeige im Wesentlichen, weshalb mit Verfügung vom das gegenständliche Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde.

Im Zuge der Einvernahme am bekannte der Beschuldigte, seine Geschäftsführerpflichten fahrlässig verletzt zu haben, bestritt jedoch ein vorsätzliches Handeln.

Seine Aufgaben seien der Vertrieb und die Produktionsleitung, sowie personalorganisatorische Dinge im operativen Bereich gewesen.

Mit dem Insolvenzverfahren 2015 sei insbesondere die Abfuhr der Lohnabgaben vom Insolvenzverwalter an die ***9***, ***12*** übertragen worden, die einen Zugriff auf das Buchhaltungssystem der ***2*** gehabt und in dieses gebucht habe.

Bis Ende 2016 sei die Berechnung der Lohnabgaben in der ***2*** erfolgt und ab 2017 an die ***10*** ausgelagert worden, die mit der ***9*** kommuniziert habe.

Sämtliche buchhalterischen Dinge und die Personalverrechnung sowie die Abstimmungstätigkeiten und die Jahresabschlüsse seien zwischen den beiden gelaufen. Erst ab sei eine Buchhalterin angestellt worden, die sich darum kümmern hätte sollen.

Für die Entrichtung der Abgaben sei die ***2*** zuständig gewesen, insbesondere habe der Beschuldigte die Zahlungen freigegeben. Die betreffenden Lohnabgaben seien nicht abgeführt worden, da sie auf den Konten nicht gebucht gewesen seien, was dem Beschuldigten nicht aufgefallen sei, da er sich aufgrund des geplanten Verkaufs des Unternehmens in einer Ausnahmesituation befunden habe.

Mit dem Verkauf hätten sämtliche Schulden getilgt werden sollen, weshalb auch offene Lohnabgaben überwiesen worden wären, wenn der Beschuldigte davon gewusst hätte.

Ihm sei die Nichtabfuhr der Lohnabgaben aufgefallen, weil der Wirtschaftsprüfer, die ***13***, im Juni bzw. Juli 2018 diesbezüglich nachgefragt habe. Aufgrund dessen sei das Ganze durch die ***9*** aufgearbeitet worden, was letztendlich zu der Selbstanzeige geführt habe.

Nach Meinung des Beschuldigten hätte dies spätestens Ende 2017 bzw. Anfang 2018 schon der ***9*** bei der Erstellung der Zwischenbilanz auffallen müssen, da diese zu 100 % vertretungsbefugt gewesen sei und Zugriff auf das Abgabenkonto gehabt habe. Zuständiger Ansprechpartner aufseiten der ***9*** sei Mag. ***11*** gewesen, den der Beschuldigte von seiner berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht entband.

Die gesamten Vorgänge aus Sicht des Beschuldigten wurden zudem nochmals genauer in der im Zuge der Einvernahme am übergebenen schriftlichen Stellungnahme erläutert.

***1***, die ursprünglich ebenfalls als Beschuldigte geführt wurde, bestätigte im Zuge ihrer Einvernahme am im Wesentlichen die Angaben des Beschuldigten.

Mag. ***11***, pA, ***12***, gab nach Entbindung durch den Masseverwalter ***14*** im Zuge der Erstattung einer schriftlichen Zeugenaussage nach § 102 Abs. 3 FinStrG an, die ***9*** sei ab 2017 nicht damit beauftragt gewesen, die Lohnabgaben der ***2*** zu berechnen und zu melden, dazu hätten auch die erforderlichen Informationen gefehlt. Hinsichtlich der Abfuhr der gegenständlichen Lohnabgaben seien keinerlei Vereinbarungen zwischen der ***2*** und der ***9*** getroffen worden.

Für die Berechnung der Lohnabgaben sei die ***43*** auf Basis der Beschäftigtenmeldungen der ***2***, für die Verbuchung der Lohnabgaben Frau ***1*** und für die Abfuhr der Lohnabgaben die ***2*** über deren Bankbevollmächtigten zuständig gewesen.

Mit den Personalangelegenheiten, sowie der Personalverrechnung der ***2*** sei die ***9*** nicht befasst gewesen, die Personaldaten seien von der ***2*** an die Personalverrechnung, die ***43***, direkt übermittelt worden.

Ansprechpartner auf Seiten der ***2*** sei der Beschuldigte gewesen.

Wie der ***2*** die Höhe der abzuführenden Lohnabgaben mitgeteilt wurde, wisse er nicht.

Die ***9*** sei nicht mit der Personalverrechnung beauftragt gewesen, habe daher keine Unterlagen dazu gehabt und auch keinerlei Informationen, weshalb die gegenständlichen Lohnabgaben nicht rechtzeitig entrichtet bzw. gemeldet wurden.

Aufgefallen sei der Umstand anlässlich der Erstellung des Jahresabschlusses zum im Februar 2018 bei Abstimmungsarbeiten. Unterjährig seien keine Abstimmungsarbeiten durchgeführt worden, da die ***9*** nicht mit der laufenden Buchhaltung beauftragt worden sei.

Zugriff aufs Finanzonline Konto der ***2*** hätten alle Mitarbeiter der ***9***, als Steuerberater sowie die ***2*** selbst gehabt.

Im Herbst 2017 sei kein Zwischenabschluss durch die ***9*** erstellt worden.

Die Selbstanzeige vom sei mit Unterstützung und auf Basis der gemeinsam mit dem Beschuldigten ermittelten Daten erstellt und in Abstimmung mit diesem als Geschäftsführer eingereicht worden. ***1*** sei als Täterin genannt worden, um sie vor einer Finanzstrafe zu schützen.

Aufgrund dieser Beweislage wurde der Sachverhalt als hinreichend geklärt angesehen und daher dem Spruchsenat mittels Stellungnahme vom zur Entscheidung vorgelegt.

Kurz vor der für ausgeschriebenen mündlichen Verhandlung wurde von Seiten der Verteidigung eine ergänzende Stellungnahme vom eingebracht, in der ausgeführt wurde, aufgrund eines Sanierungskonzeptes von Herbst 2015, mit welchem die ***9*** beauftragt worden sei, sei die Schließung der Buchhaltungsabteilung der ***2***, die von Prokurist ***15*** geführt worden sei, vorgesehen gewesen. Lediglich Herr ***15*** habe Zugriff auf das GKK- und Finanzamtskonto gehabt und sei es seine Aufgabe gewesen, ua. die monatlichen Aufstellungen zu erstellen und die Meldungen an das Finanzamt vorzunehmen.

Da die ***9*** diese Aufgaben übernehmen habe wollen, sei die Buchhaltungsabteilung geschlossen worden. Die ***9*** habe im Rahmen der ersten Insolvenz die Verhandlung mit den Gläubigern, ua. dem Finanzamt, geführt und sei von der Masseverwalterin damit beauftragt worden, die Buchhaltung zu übernehmen und monatlich den Abschluss zu erstellen.

Die Ausführungen des Mag. ***11*** seien unrichtig, da die ***9*** mit der Buchung und Meldung der Lohnabgaben beauftragt worden sei und die hierfür notwendigen Unterlagen regelmäßig übermittelt bekommen habe. Die ***9*** habe über einen für deren Mitarbeiterin ***16*** eingerichteten VPN-Zugang uneingeschränkten Zugang auf das Buchhaltungssystem der ***2*** gehabt. Sämtliche Aufwände, wie Löhne, Gehälter, Abgaben und Bankspesen seien von der ***9*** gebucht worden und habe diese auch Einsicht in die Geschäftskonten gehabt. Lediglich Lieferantenrechnungen seien in der ***2*** bearbeitet und gebucht worden.

Weshalb die Buchung der Lohnabgaben seitens der ***9*** Mitte 2017 eingestellt worden war, sei für den Beschuldigten nicht nachvollziehbar.

Bis Mitte 2017 habe die ***9*** den monatlichen Abschluss erstellt, der an die Banken weitergeleitet worden sei.

Für die Verbuchung der Lohnabgaben sei die ***9*** und nicht Frau ***1*** zuständig gewesen. Dies sei aus den Lohnjournalen Klasse 60000 Benutzer IT "***16***" ersichtlich.

Die ***2*** habe keinen Zugriff auf das Finanzamtskonto gehabt, sondern sei dieser an die ***9*** outgesourced worden, welche die Finanzamtsauszüge an die ***2*** übermittelt habe.

Die unterlassene Buchung der Lohnabgaben durch die ***9*** sei nicht dem Beschuldigten anzulasten, ebenso, dass dieser den Fehler der ***9*** nicht bemerkt habe, allenfalls handle es sich um ein Versehen, jedoch keinesfalls um Vorsatz.

Die ***9*** habe die Unterlagen nach Abschluss der Lohnverrechnung von der ***43*** übermittelt bekommen, ohne Buchungsblätter hätten keine Löhne/Gehälter, SV-Beiträge, Kommunalsteuer, etc., gebucht werden können.

Aus dem vorgelegten Leistungsverzeichnis und den Rechnungen der ***9*** sei erkennbar, dass diese mit der laufenden Buchhaltung beauftragt gewesen sei.

Im Zuge des ersten Insolvenzverfahrens sei der Zugriff des Prokuristen ***15*** auf das Finanzonlinekonto gesperrt und in weiterer Folge nur mehr für die ***9*** eingerichtet worden.

Die ***9*** sei Ende 2016 mit dem Verkauf des Unternehmens beauftragt worden, wobei man letztendlich zum Verkauf von Liegenschaften umgeschwenkt sei, weshalb die ***9*** im November 2017 einen Zwischenabschluss zur Feststellung, welcher Kaufpreis zur Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten notwendig sei, erstellt habe.

Die offenen Lohnabgaben seien von der ***9*** zu diesem Zeitpunkt nicht offengelegt worden.

Mag. ***11*** habe selbst als Investor der Gruppe ***53*** mitgeboten und darauf bestanden, dass der Verkauf nur zustande käme, wenn sämtliche offene Forderungen der ***9*** aus dem Kaufpreis getilgt würden und habe bejaht, dass sämtliche offenen Forderungen durch den erzielten Kaufpreis abgedeckt wären, wobei von offenen Finanzamtsschulden aus nicht gemeldeten Lohnabgaben keine Rede gewesen sei.

Diesbezüglich werde die ***9*** auch momentan vom nunmehrigen Insolvenzverwalter ***14***, vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz (***17***) klagsweise in Anspruch genommen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat am gab der Beschuldigte Folgendes an:

"Ich fühle mich, wie bisher, nicht schuldig und verweise auf meine Angaben im Untersuchungsverfahren.

Ich war Geschäftsführer der GmbH; mein Aufgabengebiet umfassten den Vertrieb, die Logistik und die Produktion. Für die Erfassung der zeitlich notwendigen Angaben war meine Frau zuständig; grundsätzlich haben wir die Thematik der Lohnabrechnung und Lohnverrechnung zunächst an die Buchhaltungsagentur ***38*** weitergegeben, die letztendlich dann ihre Unterlagen der ***9*** als verantwortliches Steuerberatungsunternehmen weitergeleitet hat.

Aus Anlass des Sanierungsplanes, der Ende 2015 abgeschlossen worden ist, wurde eben vereinbart, dass all diese steuerlichen Agenten an die ***9*** übertragen, sie somit insoweit beauftragt wird.

Im Jahr 2016 haben wird die Lohnverrechnung noch physikalisch im Haus erledigt; danach ging die ganze Sache an das Büro ***38***. Seitens ***38*** wurde die Lohnverrechnung erledigt. Die dortigen Ergebnisse wurden an die ***9*** zur weiteren Veranlassung übermittelt.

Mir sind die Angaben und zwar die schriftlichen Angaben des Zeugen Mag. ***11*** bekannt.

Die ***9*** hatte auch Zugriff auf alle unsere Buchhaltungsprogramme und Unterlagen; all diese Agenden wurden von der ***9*** erledigt.

Ich möchte auch darauf verweisen, dass alles in dieser Art und Weise bis Mitte 2017 funktioniert hat, wie sich dies auch aus den von meinem Verteidiger ergänzend vorgelegten Urkunden zur Stellungnahme vom ergibt. Wie es konkret dazu kam, dass die ***9*** ihre Agenden, mit denen sie beauftragt worden sind, nicht weiter erledigt haben, kann ich nicht abschätzen; angeblich gab es einen Mitarbeiterwechsel und kam es offenbar zu diesen Schwierigkeiten.

Letztendlich fiel dieser Umstand deswegen nicht auf, weil einerseits die ***9*** ja alle Agenden zu erledigen gehabt hätte, andererseits war ich beruflich mit anderen Dingen überlastet. Es gab dann auch 2016 den Auftrag an die ***9***, das Unternehmen zu veräußern. Ich habe auch in der Vergangenheit von der ***9*** stets Meldungen bekommen, wenn irgendetwas gefehlt hat, nicht gepasst hat oder nachzureichen gewesen wäre. Ich bekam auch stets entsprechende Korrespondenzen mit dem Finanzamt. Ich hatte alle Ausdrucke und habe somit nicht registriert, dass offenbar die Abfuhr der Lohnabgaben seitens der ***9*** nicht erledigt wurde.

Es wurde dann mitgeteilt, dass die gemeldeten Abgaben mit der Buchhaltung nicht übereinstimmen würden; ich habe dann die ***9*** in diesem Kontext kontaktiert; die ***9*** erklärte uns dann, dass rund € 220.000,00 an Lohnabgaben nicht gemeldet und entrichtet worden sind; eine Erklärung hierfür gab es nicht. Es wurde dann einerseits die Thematik der Selbstanzeige erörtert, andererseits gab es Bemühungen unter Einbeziehung der ***13*** und der ***9***, in wie weit die Mittel von uns aufgebracht werden können, um diese Rückstände zu begleichen. Die Selbstanzeige ist zwar im Grunde nach mit mir besprochen worden; den Inhalt kannte ich nicht, sondern sei die ***9*** dafür verantwortlich. Meine Frau hat auch dieser Selbstanzeige widersprochen, da sie dort als Verantwortliche geführt wird. Die ***9*** hat darin ja ausgeführt, dass meine Frau für die Lohnabgaben verantwortlich gewesen wäre, was aber nicht den Tatsachen entsprochen hat.

Ich möchte auch auf die Stellungnahme meines Rechtsfreundes und dort auf Punkt B. verweisen, wonach mittlerweile der Insolvenzverwalter Herr ***14*** die ***9*** auf Rückzahlung eines Betrages von € 527.000,00 (Provision aus dem Liegenschaftsverkauf und offenen Rechnungen) in Anspruch genommen hat.

Der Stand des Verfahrens in I. Instanz ist mir nicht bekannt. Es gibt jedenfalls kein abschließendes Urteil.

Über Befragen durch den Beisitzer:

Für den Zahlungsverkehr war ich schon verantwortlich. Ich habe mich wohl zu wenig um die Erledigung seitens der ***9*** gekümmert. Dies auf Grund des bestehenden Vertrauensverhältnisses. Die Beträge wurden elektronisch überwiesen. Ich habe dies Großteils selbst erledigt, teils wurde es mir auf diese Art und Weise vorgeschlagen. Bis Mitte 2017 haben wir stets die Berichte durch die ***9*** vorgelegt bekommen. Ich wollte eben nach der ersten Insolvenz nicht wieder in eine derartige Situation gelangen, weswegen eben sämtliche Agenden auf diese Art und Weise ausgelagert worden sind. Ich möchte auch beifügen, dass ich die Aufträge an die ***9*** während der Zeit nicht mehr geändert habe; die Berichte wurden aus Kostengründen seltener abgeliefert.

Mit dem Grundstücksverkauf hätten grundsätzlich sämtliche offenen Verbindlichkeiten abgedeckt werden soll; dies war auch die Voraussetzung für den damals noch beabsichtigten Grundstücksverkauf. Wäre zur Zeit des Grundstücksverkaufs der Außenstand bekannt gewesen, so hätte dieser über den Grundstücksverkauf freilich auch beglichen werden können.

Über Befragen durch den Amtsbeauftragten:

Ausgemacht war, dass eine Selbstanzeige erstattet wird, die sich mit den Lohnabgaben auseinandersetzt. Die Selbstanzeige betreffend meine Ehegattin war solchermaßen nicht besprochen und vereinbart gewesen. Die Anzeige ist im August 2018 erstattet worden. Im August 2018 war für uns bereits klar, dass die Firma in die Insolvenz schlittert. In meinen Augen wäre die Entrichtung der Abgaben nicht mehr möglich gewesen, dies mit Blick auf eine nicht erlaubte Gläubigerbevorzugung. Betreffend die Finanzamtsaufstellungen seitens der ***9*** habe ich die Gesamtsummen angesehen; ich habe dann versucht, eben die Gelder, die ich zur Verfügung hatte, dem Finanzamt zu entrichten. Hätte ich von den Lohnabgaben Kenntnis gehabt, hätte ich diese freilich auch beglichen. Wäre sich die Entrichtung der Abgaben nicht ausgegangen, hätte ich schlicht und ergreifend Insolvenz angemeldet. Ich möchte auch darauf verweisen, dass sämtliche andere Abgaben, wie etwa die USt und UVA 's gemeldet worden sind.

Über Befragen nach meinem Verteidiger:

Gefragt, von wem die Leistungsaufstellung Beilage ./4 stammt, gebe ich an:

Mir ist diese von ***14*** übermittelt worden. Mir ist auch mitgeteilt worden, dass ***14*** auf Herausgabe dieser Dokumente klagen musste. In meinen Augen hat sich schlicht und ergreifend der Auftrag an die ***9*** nicht geändert. Ich verweise auch darauf, dass etwa am die Position Verbuchung Personal Juli 2017 erfasst wurde. Am wurde im Arbeitsbericht vermerkt "Einbuchen Lohnverrechnung 8/17". Ich verweise weiters auf den Eintrag vom "Einbuchen Personalverrechnung 08/17". Am findet sich weiters die Position "Verbuchung Löhne, LMK, Vorperiode". Am findet sich noch der Eintrag "Abstimmung FA - Konto, DB, DZ, LSt". Im Jänner 2018 wurde dann letztendlich die Liegenschaft verkauft. Dies war notwendig, um die Quoten im Sanierungsverfahren mit Fälligkeit Februar 2018 zu erfüllen.

Zu Beilage ./3 (Treuhandvereinbarung) führe ich aus:

Darin ist ersichtlich, dass der ***9*** ein Bedarf von € 527.000,00 zufließen soll. Der Betrag wurde auch an die ***9*** bezahlt. Dieser Betrag setzt sich aus offenen Rechnungen und einer Vermittlungsprovision zusammen. Die Vermittlungsprovisionen waren € 250.000,00; der Rest waren vermeintlich offene Rechnungen bei der ***9***, da eben etwas mehr als € 250.000,00.

Als Käufer der Liegenschaft scheint die ***18*** auf, an der Mag. ***11*** und andere Personen beteiligt sind."

Mag. ***11*** gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat am zeugenschaftlich einvernommen Folgendes an:

"Ich verzichte auf sämtliche Aussagebefreiungsrechte und bin bereit auszusagen und werde vom Vorsitzenden dementsprechend wahrheitserinnert.

Ich habe mich im Untersuchungsverfahren als Zeuge schriftlich geäußert und verweise zunächst auf diese schriftliche Äußerung.

Sukkus ist, dass die ***9*** mit der Entrichtung der Lohnabgaben an das zuständige Finanzamt niemals beauftragt war. Sie hatte ab dem Beginn des Sanierungsverfahrens, somit als sie etwa Ende 2015, Anfang 2016 betraut worden ist, mit den Lohnabgaben überhaupt nichts zu tun.

Wir haben auch mit der Lohnverrechnung nichts zu tun gehabt; insoweit wird dem Vorsitzenden dargetan, dass dieser Themenkreis ohnehin ausgelagert wurde.

Die Verantwortlichen der ***2*** haben die Lohnabgaben gemeldet und auch abgeführt. Unser Aufgabengebiet umfasste die Umsatzsteuervoranmeldungen, sowie die Umsatzsteuerjahreserklärungen einzureichen. Wenn mir zum Beispiel im Leistungsverzeichnis der vorgehalten wird, "Verbuchung Personal Juli 2017", so haben meine Mitarbeiter bis dorthin noch den Soll-Ist-Vergleich erledigt. Ab dann hatten wir damit überhaupt nichts zu tun.

Beim Vorhalt des Eintrages "Einbuchen Lohnverrechnung 08/17", gebe ichan:

Was wir da eingebucht haben, weiß ich nicht. Nach Vorhalt "LV 09, GKK Finanzamt einbuchen", gebe ich an:

Wenn man das uns gemeldet hat, kann es schon sein, dass dies sehr wohl von unseren Mitarbeitern eingebucht worden ist.

Offenbar bekam meine Mitarbeiterin ***19*** die entsprechenden Grundlagen gemeldet und hat dies buchhalterisch erfasst.

Dass hierfür 3 Stunden verrechnet worden sind, dies somit nicht nachvollziehbar wäre, gebe ich an: Das kann ich nicht erklären.

Nach Vorhalt des Eintrages "Abstimmung FA-Konto, DB,BZ,LSt":

Ich kann erklären, wenn wir dies mitbekommen haben, wir eben die Sachen eingebucht haben, sonst nichts. Für die Meldung waren wir definitiv nicht verantwortlich.

Nach Vorhalt Beilage ./7:

Wir haben uns die Daten insoweit vom Finanzamt geholt, um dien Soll-Ist-Vergleich durchzuführen.

Insgesamt waren wir über einen Zeitraum von 2 Jahren für die UVA 's und Umsatzsteuer- und Einkommensteuermeldungen verantwortliche und bis etwa Mitte 2017 mit dem Soll-Ist-Vergleich.

Über Befragen durch den Beisitzer:

Solange wir den Soll-Ist-Vergleich gemacht haben, war die Entrichtung der Lohnabgaben auch kein Gesprächsthema. Auch während des Soll-Ist-Vergleiches ist nicht aufgefallen, dass es mit den Lohnabgaben Schwierigkeiten gibt.

Nach Vorhalt der Einträge bis , wonach 7 Stunden für Personalverrechnung für den Zeitraum Jänner bis März investiert worden sind, gebe ich an:

Dies hatte nichts damit zu tun, ob wir für die Meldung verantwortlich waren.

Nach Vorhalt eines weiteren Eintrages im Juli 2017, wonach einige Zeit für Abstimmungen mit dem Finanzamt betreffend DB, DZ, LSt aufgewendet worden sind, gebe ich an:

Wenn dies am war, das war nur eine Recherche, um zu sehen wie sich das in der Buchhaltung abzubilden hatte. Ich kann nur neuerlich betonen, dass wir mit Lohnverrechnung nichts zu tun hatten. Wir hatten auch keine Daten dazu. Wir waren auf die Daten der Lohnverrechnung angewiesen.

Über Befragen durch den Amtsbeauftragten:

Wie bereits dargelegt, haben wir in den Zeiten des Soll-Ist-Vergleiches bis Mai 2017 nachgesehen, was zu zahlen ist und ob entsprechende Zahlungen erfolgt sind. Bis Juni 2017 wurde der Soll-Ist-Vergleich von uns erledigt. Wenn es bereits zuvor zu Rückständen bei den Lohnabgaben gekommen ist, so haben dies meine Mitarbeiter sicherlich Herrn ***Bf1*** weitergeleitet. Nebenbei stand ich ja laufend im Kontakt mit Herrn ***20*** des Finanzamtes.

Hätte es Rückstände oder fehlende Meldungen gegeben, hätte er mich wohl darüber informiert.

Richtig ist, dass Februar 2018 festgestellt wurde, dass die Lohnabgaben nicht abgeführt worden sind.

Ich habe diesen Umstand den Beschuldigten nicht mitgeteilt. Ob ein Mitarbeiter dies erledigt hat, weiß ich nicht. Die Bilanz hat Herr ***21*** erstellt.

Der Beschuldigte führte daraufhin ergänzend aus, er sei nicht von einem Mitarbeiter, sondern im Juni oder Juli 2018 per Mail von Herrn ***22*** der ***13*** informiert worden. Seitens der ***9*** habe es keinen Hinweis betreffend Probleme mit der Meldung oder Entrichtung der Lohnabgaben gegeben.

Der Spruchsenat stellte daraufhin das gegenständliche Verfahren gegen den Beschuldigten gem. § 136 FinStrG im Zweifel ein, wobei als Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, es sei kein vorsätzliches Verhalten desselben nachweisbar, da sich aus den mittels Stellungnahme vom vorgelegten Urkunden ergebe, dass die ***9*** auch für die Lohnabgaben zuständig gewesen sei und seien die gegenteiligen Ausführungen des Mag. ***11*** für den Spruchsenat nicht nachvollziehbar. Aufgrund dieser Unterlagen und der sofortigen steuerlichen Aufarbeitung nach Bekanntwerden werde die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Beschuldigten, die diesbezüglichen steuerlichen Agenden seien ausgelagert worden und sei ihm die Nichtabfuhr der Lohnabgaben nicht aufgefallen, untermauert. Eine am durchgeführte Anfrage an die zuständige Stelle des Bundesministeriums für Finanzen, Abt. 1/10, Hintere Zollamtsstraße 2b, 1030 Wien, hat ergeben, dass lediglich zwei Benutzer Zugriff auf den Finanzonline-Zugang der ***2*** hatten, nämlich "***23***" (Benutzer "***24***") seit und "***25***" (Benutzer "***26***l") seit . Im gesamten Zeitraum Mai 2017 bis August 2018 sei laut LOG-Daten kein Zugriff auf den Finanzonline-Zugang der ***2*** erfolgt, der letzte Zugriff sei am gewesen.

Stellungnahme des Amtsbeauftragten:

Der Amtsbeauftragte ist auch nach der Verhandlung vor dem Spruchsenat der Ansicht, dass der Beschuldigte ***Bf1*** vorsätzlich gehandelt hat, dies aufgrund folgender Umstände:

Mangelnde Aufklärung des Sachverhalts aufgrund der widersprüchlichen Zeugenaussagen des Mag. ***11*** in Zusammenhang mit den mittels Stellungnahme vom vorgelegten Unterlagen:

Der Zeuge Mag. ***11*** hat sich im Zuge seiner Aussage in zahlreiche Widersprüche verstrickt, allerdings ist daraus nicht zu schließen, dass die Aussage des Beschuldigten glaubhaft erscheint. Vielmehr hatte es den Eindruck, dass der Zeuge selbst nicht mehr so genau wusste, welche Vereinbarungen getroffen waren, da er offensichtlich die verrechneten Handlungen in Zusammenhang mit den Lohnabgaben nicht selbst gesetzt, sondern sich hiefür eines Mitarbeiters bedient hat. Es wäre daher zur Aufklärung - wie von der Verteidigung beantragt - die zuständige Mitarbeiterin, ***27***, pA ***45*** ***9*** Gesellschaft m.b.H., ***12***, einzuvernehmen gewesen, dies insbesondere zur Frage, weshalb die Verbuchung der Lohnabgaben mit Mai 2017 eingestellt wurde.

Aus den von der Verteidigung vorgelegten Unterlagen (./4 Rechnungen samt Leistungsverzeichnis) ergibt sich lediglich, dass die ***9*** im Jahr 2017 Honorare für Buchungen in Zusammenhang mit der Personalverrechnung und den Lohnabgaben verrechnet hat. Hierbei ist jedoch ersichtlich, dass die Verbuchungen zum Teil deutlich verspätet erfolgten ("Einbuchen Lohnverr. 08/2017 wurde am durchgeführt, "Verbuchung Personal Juli 2017, Kred. ***45*** erst am ), zudem sind auch lediglich für drei Monate des betreffenden Zeitraums, nämlich 07/2017, 08/2017 und 09/2017 explizite Hinweise darauf zu finden, dass die ***9*** hierfür Handlungen vorgenommen hat. Auf welcher Grundlage oder Beauftragung diese Verbuchungen vorgenommen wurden, ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, ebenso liegen für das gesamte Jahr 2018 keinerlei solche Honorarnoten oder Leistungsaufstellungen vor.

Es ist auch nicht verständlich, weshalb der Beschuldigte für eine Beauftragung der ***9*** in einem solchen Ausmaß (die Verteidigung spricht von offenen Rechnungen der ***9***, die durch den Liegenschaftsverkauf beglichen wurden iHv immerhin € 277.000,00) keine Beauftragung vorlegen kann, aus der sich die von der ***9*** geschuldete Leistung ergibt. Zu diesen Fragen hätte der Spruchsenat somit - insbesondere, wenn er aufgrund der Beweislage lediglich im Zweifel der Ansicht ist, den Vorsatz zu verneinen - die zuständigen Mitarbeiter der ***9***, ***28*** und ***27***, zeugenschaftlich einvernehmen oder zumindest die Ergänzung des Untersuchungsverfahrens zwecks Durchführung der Zeugeneinvernahmen anordnen müssen.

Der Zeuge ***11*** hat zudem ausgeführt, und war in dieser Hinsicht jedenfalls als glaubhaft anzusehen, dass bereits im Februar 2018 aufgefallen sei, dass zu wenig Lohnabgaben abgeführt worden seien und er nicht wisse, ob ein Mitarbeiter dies dem Beschuldigten mitgeteilt habe.

Zu Klärung dieser wesentlichen Frage wäre der für die Bilanzerstellung zuständige Mitarbeiter der ***9***, ***39***, zeugenschaftlich einzuvernehmen gewesen.

Massive Pflichtverletzungen des Erstbeschuldigten, die auf ein bedingt vorsätzliches Verhalten schließen lassen:

Selbst, wenn man den Erläuterungen des Beschuldigten zum Sachverhalt vollinhaltlich Glauben schenkt, und somit davon ausginge, dass dieser die ***9*** im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit der Berechnung und Verbuchung der Lohnabgaben betraut hätte und vereinbart gewesen wäre, dass diese ihm jeweils mitteilen hätte sollen, wie viel an Lohnabgaben zu überweisen wäre, die ***9*** jedoch diese Aufgabe überhaupt nicht wahrgenommen hätte und dies dem Beschuldigten nicht aufgefallen wäre, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass der Beschuldigte nicht vorsätzlich gehandelt hätte. Im Gegenteil zeichnet sich dadurch ein Bild, dass der Beschuldigte trotz des Umstandes, dass die ***2*** gerade ein Insolvenzverfahren hinter sich hatte, keinen Gedanken daran verschwendet hätte, ob sie nunmehr den Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern ordnungsgemäß nachkommt.

So hätte der Beschuldigte über einen durchgehenden Zeitraum von 14 Monaten (Mai 2017 -Juni 2018) offensichtlich niemals die von ihm freigegebenen Zahlungen ans Finanzamt kontrolliert, denn ansonsten wäre ihm aufgefallen, dass hier nicht nur zu wenig, sondern überhaupt keine Lohnabgaben entrichtet werden.

Zudem hätte er auch niemals kontrolliert, ob die ***9***, der letztendlich It. Angaben der Verteidigung alleine für die buchhalterischen Tätigkeiten ein Betrag von mindestens € 277.000,00 zugeflossen ist, überhaupt die grundsätzlichen Dinge, nämlich Berechnung der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Lohnabgaben, durchführt.

Außerdem hätte er sich nicht einmal in dieser gesamten Zeit in den Finanzonline-Zugang eingeloggt.

Der Beschuldigte hätte somit den kompletten, die abgabenrechtliche Gebarung betreffenden, Teil ausgelagert, ohne auch nur ein Mindestmaß an Kontrolle aufzuwenden. Aus diesem Verhalten lässt sich schließen, dass er hierbei aufgrund der nicht vorhandenen Kontrolle eine Nicht- bzw. verspätete Entrichtung von Abgaben billigend in Kauf genommen hat.

Mangelnde Berücksichtigung des Zeitraums 08/2018:

Selbst wenn die Aussagen des Beschuldigten vollumfänglich der Wahrheit entsprechen sollten, so verbleibt jedenfalls der Umstand, dass er, wie er selbst ausführt, allerspätestens im Juli 2018 aufgrund der Information durch die ***13*** Steuerberatung GmbH darüber in Kenntnis gesetzt war, dass die ***2***, für deren ordnungsgemäße abgabenrechtliche Gebarung er als deren Geschäftsführer nach § 81 BAO zuständig war, über ein Jahr hinweg keinerlei Lohnabgaben abgeführt hat. Dennoch wurden auch für den Zeitraum August 2018 keine Lohnabgaben entrichtet und auch nicht gemeldet. Da bereits am die gegenständliche Selbstanzeige, die am eingelangt ist, erstattet war, war dem Beschuldigten zu diesem Zeitpunkt jedenfalls klar, dass die Nichtentrichtung ein strafbares Verhalten darstellt, dennoch hat er nicht dafür gesorgt, dass die Lohnabgaben für August abgeführt, entrichtet bzw. zumindest gemeldet werden. Diesbezüglich hat er selbst im Zuge der mündlichen Verhandlung vom ausgesagt, die Zahlung nicht durchgeführt zu haben, da zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sei, dass ein Insolvenzantrag gestellt werde und er keine Gläubiger bevorzugen habe wollen. Ein bedingt vorsätzliches Handeln in Bezug auf die verspätete Abfuhr dieser Lohnabgaben ist somit jedenfalls anzunehmen, insbesondere da er sich durch die rechtzeitige Meldung der Lohnabgaben von den strafrechtlichen Folgen der Nichtabfuhr befreien hätte können.

Ergänzende Beweisanträge:

Beantragt wird die Einvernahme folgender Zeugen:

Mag. ***11***, pA ***45*** ***9*** Gesellschaft m.b.H., ***12***

***28***, ***29***

***27***, ***30***

***39***, ***31***

****

Mit Schriftsatz vom 10.3.3021 wurde folgende Gegenäußerung des Beschuldigten eingebracht:

"Die Ausführungen in der Beschwerde sind unzutreffend und genügen nicht, um eine andere Entscheidung, wie vom Spruchsenat I getroffen, herbeizuführen, dies aus folgenden Gründen:

A) Die Beschwerdeführerin versucht in ihrer Beschwerde mit reinen Vermutungen ein vorsätzliches Handeln des Beschuldigten ***Bf1*** zu konstruieren.

Der Spruchsenat l hat, nach durchgeführter Verhandlung und Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, sowohl den Beschuldigten, ***Bf1***, als auch dessen Gattin, ***1***, wider den ihnen vorgeworfenen Finanzstrafvergehen freigesprochen bzw. die Verfahren eingestellt.

Begründet wurde dies insbesondere mit der glaubwürdigen Verantwortung des (der) Beschuldigten. Die Verantwortung des Beschuldigten wurde zudem mit den in den Stellungnahmen vom vorgelegten unbedenklichere Urkunden untermauert.

Hingegen waren die Aussagen des Zeugen ***40*** nicht geeignet die Verantwortung des Beschuldigten zu widerlegen. Zeuge ***40*** hat sich laut übereinstimmender Wahrnehmung des vorsitzenden Richters und der Mitglieder des Spruchsenates l in zahlreiche Widersprüche verstrickt und werden diese Widersprüche von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde (S. 13) selbst zugestanden!

Zeuge ***40*** konnte laut den getroffenen Feststellungen des Spruchsenates l teilweise nur unvollständige und widersprüchliche Aussagen betreffend die in seinem Unternehmen durchgeführten Arbeiten und den damit verbundenen immens hohen Honorarforderungen abgeben. Aus den Aussagen geht aber klar hervor, dass ***9*** bei der Verbuchung der Lohnabgaben tätig war.

Hinsichtlich der Lohnabgaben konnte der Zeuge ***40*** anlässlich seiner Einvernahme nur unvollständige Angaben machen:

"Zu verweisen ist diesbezüglich auf den Eintrag vom des Inhaltes, Abstimmung GKK, LV.

Weiters ist auf den Eintrag vom zu verweisen, Abstimmung FA-Konto DB, DZ, LSt.

Am wurden 4 Stunden für die Verbuchung der Löhne, LNK, Vorperioden veranschlagt.

Am wurden 1,5 Stunden für das Einbuchen der Personalverrechnung 08/17 veranschlagt.

Am wurden 1,67 Stunden unter der Bezeichnung LV 09, GKK, Finanzamt einbuchen verzeichnet.

Am 19. Oktober2017 3 Stunden für Verbindlichkeiten LV09/17, Verbindlichkeiten Zahllast VB Finanzamt.

Am beendet sich der Eintrag Verbuchung Personal Juli 2017 und am der weitere Eintrag "Einbuchen Lohnverrechnung 8/17".

Aus der Honorarnote vom ergibt sich, dass für die laufende Buchhaltung Juli bis November 2017 € 6.250,00 in Rechnung gestellt wurden."

B) Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur subjektiven Tatseite des Beschuldigten (Seiten 14 und 15 sind unrichtig. Der Spruchsenat l hat dem Beschuldigten Glauben geschenkt, seine Aussagen wurden durch unbedenkliche, objektive Unterlagen bestätigt. Die Beschwerdeführerin suggeriert in ihren Ausführungen, dass das "Nichtauffallen" vorsätzliches Verhalten des Beschuldigten wäre. Dem ist aber nicht so.

Beim (bedingten) Vorsatz strebt der Täter die Verwirklichung des Unrechts des Sachverhalts nicht an, ja er rechnet nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Erfolg, hält ihn aber für möglich.

Gerade dies ist aus den Gegebenheiten aber nicht ableitbar: Der Beschuldigte hatte die Agenden der Lohnverrechnung (***43***) und das Verbuchen und die Meldung von Lohnabgaben an die ***9*** ausgelagert.

Der Beschwerdeführer konnte daher die Verwirklichung möglicher Finanzvergehen gar nicht für möglich halten, da er - von der Nichtmeldung der Abgaben - nicht informiert war.

Ende 2017 gab es zwischen ***9*** und der Beschwerdeführerin Kontakt. Thema war die Stundung der Quotenzahlung aus der Vorinsolvenz bzw. des Rückstandes. Die Beschwerdeführerin hat zu keinem Zeitpunkt erwähnt, dass Lohnabgaben nicht gemeldet worden waren. Im Jänner 2018 war zudem genügend Liquidität vorhanden und hätten offene Lohnabgaben bezahlt werden können. Vielmehr hat sich aber ***9*** diesen Überschuss aufgrund hoher Honorarforderungen und einer überhöhten Vermittlungsprovision einbehalten.

Im äußersten Fall ist das von der Beschwerdeführerin angeführte "Nichtauffallen" der nicht durchgeführten Meldungen als unbewusst (grob) fahrlässiges Verhalten, keinesfalls aber als vorsätzliches Verhalten, zu qualifizieren. Unbewusst fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach den Umständen des Einzelfalls geboten ist, zu der er nach seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten befähigt ist und die ihm zuzumuten ist und deshalb nicht erkennt, dass er einen strafgesetzwidrigen Sachverhalt verwirklichen könne. Selbst, wenn man dem Beschuldigten vorwirft, er habe ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig gehandelt, so ist daraus aber kein vorsätzliches Handeln ableitbar. Die unterlassene Buchung der Lohnabgaben durch die ***9*** und die daraus resultierende mangelnde Belastung des Abgabenkontos ist nicht dem Beschuldigten anzulasten.

Auch die für den Zeitraum 8/2018 nicht gemeldete Lohnsteuer ändert also nichts an der richtigen Beurteilung der subjektiven Tatseite des Beschuldigten durch den Spruchsenat I.

Bereits am wurde über das Vermögen der ***2*** neuerlich das Konkursverfahren vor dem Landesgericht für ZRS Graz zu ***8*** eröffnet. Die Nichtabfuhr der Lohnsteuer war gesetzeskonform. Eine Bezahlung der Lohnsteuer hätte gegen grundlegende Bestimmungen der Insolvenzordnung und des GmbHG verstoßen.

C) Demzufolge hat der Spruchsenat unter Würdigung sämtlicher objektiver Beweismittel und unter Berücksichtigung der Verantwortung des Beschuldigten Glauben geschenkt.

Der Spruchsenat I hat daher einstimmig das Verfahren eingestellt.

II. Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens

Die von der Beschwerdeführerin offensichtlich beanstandete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor.

Die Beschwerdeführerin selbst hat in der Verhandlung vom keine neuerlichen Beweisanträge gestellt bzw. hat anlässlich der Verhandlung auf alle von ihr gestellten und noch offenen Beweisanträge verzichtet. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt daher nicht vor.

Aus all den Gründen wird beantragt der Beschwerde der Beschwerdeführerin keine Folge zu geben.

****

Am erging im Vorverfahren ein Schreiben der Vorsitzenden mit folgendem Inhalt an den Beschuldigten:

"Die Anlastung lautet, dass Sie als Geschäftsführer der ***2*** vorsätzlich folgende lohnabhängige Abgaben nicht binnen 5 Tagen ab jeweiliger Fälligkeit zum 15. des nächstfolgenden Monats entrichtet haben.

Zeitraum L DB DZ

5/2017 10.178,36 3.268,99 310,95

6/2017 14.146,41 6.419,53 610,64

7/2017 11.381,91 3.540,59 336,79

8/2017 10.124,19 3.183,32 302,80

9/2017 10.268,22 3.227,56 307,01

10/2017 10.901,36 3.445,48 327,74

11/2017 13.604,00 6.193,11 589,10

12/2017 10.392,65 3.310,31 314,88

1/2018 10.673,40 3.009,73 300,97

2/2018 10.233,02 2.954,63 295,46

3/2018 10.350,44 2.971,12 297,11

4/2018 10.374,21 2.972,33 297,23

5/2018 10.353,50 3.006,42 300,64

6/2018 12.379,65 5.502,67 550,27

8/2018 7.661,40 705,33 70,53

Summe: € 221.945,96

Die Einleitung sowie die Stellungnahme des Amtsbeauftragten weisen einen Abschreibfehler auf, nach dem vorliegenden Prüfungsbericht beträgt die Lohnsteuernachforderung 6/2016 € 14.146,41 und nicht € 17.146,41.

Der Amtsbeauftragte beantragt nunmehr die Einvernahme folgender Zeugen:

Mag. ***11***, ***28***, ***27***, ***39***

Nach der Aktenlage ergibt sich jedoch keinerlei Hinweis darauf, dass eine Steuerberatungskanzlei auch die Überweisung der lohnabhängigen Abgaben hätte vornehmen sollen.

Sie haben vor dem Spruchsenat ausgesagt, dass Sie die Entrichtung der Abgaben vorgenommen haben, was naturgemäß auch den Vorannahmen zum Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich eines handelsrechtlichen Geschäftsführers entspricht.

Anbei werden die Kontoauszüge zum verfahrensgegenständlichen Zeitraum übermittelt, aus denen sich ergibt, dass für den Zeitraum von März 2017 bis August 2018 vor Selbstanzeigenerstattung folgende Meldungen bzw. Zahlungen an lohnabhängigen Abgaben erstattet wurden:

L 3/2017 € 5.215,53 gemeldet und entrichtet am . Weitere Meldung und Entrichtung zur L 3/2017 € 5.000,00 am .

L 4/2017 € 9.543,63, DB € 3.211,45, DZ € 305,48, Meldung und Entrichtung am .

L 6/2017 € 10.000,00, Meldung und Entrichtung am . Gutschrift L 6/2017 von € 10.000,00.

L 7/2018 € 10.816,20, DB € 3.192,23, DZ € 319,22 gemeldet und entrichtet am .

Hinsichtlich der ebenfalls selbst zu berechnenden Umsatzsteuervorauszahlungen ist auch ein nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Melde- und Zahlungsverhalten ersichtlich, wonach zu einem Meldungszeitraum mehrere Einzahlungen von jeweils runden Beträgen vorgenommen wurden.

Die Kontolage führt demnach zu dem Schluss, dass zwar 2017/2018 bis knapp vor der Konkurseröffnung namhafte Zahlungen an die Abgabenbehörde geleistet wurden, diese aber nicht mit den tatsächlich zu einem Fälligkeitstermin zu meldenden und zu entrichtenden Vorauszahlungen einhergingen, sondern der Bestimmung der Höhe einer Überweisung (runde Beträge, gleichzuhalten üblichen Ratenzahlungen) jeweils eine Geschäftsführungsentscheidung zu Grunde lag.

Es wird daher ersucht bekannt zu geben, wer die Überweisungen der lohnabhängigen Abgaben für die Jahre 2017 und 2018 vorgenommen hat, bzw. hätte vornehmen sollen?

Sollte dies, wider Erwarten auf Grund Ihrer bisherigen Angabe, nicht Aufgabe des Geschäftsführers gewesen sein, wird ersucht bekannt zu geben, wer die Entscheidungen getroffen hat, was zu überweisen ist.

Sollte die Wahrnehmung der Überweisungen allenfalls Aufgabenbereich einer anderen Person als der Person des Geschäftsführers gewesen sein, wird um Bekanntgabe des Namens dieser Person und einer ladungsfähigen Adresse ersucht.

Ist die Annahme zutreffend, dass die vom Amtsbeauftragten als Zeugen zur Einvernahme beantragten Personen keine Zuständigkeit für die Überweisung hatten?

Eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG stellt hinsichtlich des geforderten Verschuldens lediglich auf die Unterlassung der Entrichtung binnen 5 Tagen ab Fälligkeit ab, es ist somit gänzlich irrelevant aus welchem Grund allenfalls eine strafaufhebende Meldung unterblieben ist.

: Mit dem Vertrauen auf eine rechtzeitige Bekanntgabe des Abgabenbetrages an die Abgabenbehörde der vorsätzlich nicht entrichteten oder abgeführten Lohnabgaben kann sich der Beschuldigte nicht erfolgreich verantworten."

****

Am wurde seitens der Vertretung des Beschuldigten dazu folgende Äußerung erstattet:

"I. Gemäß gerichtlich erteiltem Auftrag (Vorhalt) vom , zugestellt am , wird innerhalb offener Frist nachstehende ÄUSSERUNG abgegeben:

Richtig ist, dass die Überweisung der lohnabhängigen Abgaben für die Jahre 2017 und 2018 im Aufgabenbereich des Beschuldigten lag. Der Beschuldigte hat aber in seiner Funktion als Geschäftsführer der ***2*** sämtliche Agenden der Lohnverrechnung an die Steuerberatungskanzlei ***43*** ausgelagert. Von dort gingen die entsprechenden Buchungsbelege für das Verbuchen und die Meldung der Lohnabgaben zur, ebenfalls vom Geschäftsführer dazu eigens beauftragten, Steuerberatungskanzlei ***41***.

GF - ***38*** (Lohnverrechnung) -***45*** Verbuchung und Meldung -Bekanntgabe der abzuführenden Lohnabgaben (keine Meldung) - Gf.

Beweis: ***38***, pA ***43***, ***42***, als Zeugin

Hätte die ***41*** die Lohnabgaben, wie beauftragt, ordnungsgemäß gemeldet und verbucht und dem Geschäftsführer mitgeteilt, dass diese Abgaben zu bezahlen sind, so hätte der beschuldigte Geschäftsführer dies auch veranlasst, dies hat die ***41*** trotz erteiltem Auftrag aber unterlassen. Bezahlt wurde, was an zu leistenden Zahlungen bekannt gegeben wurde.

Zugang zum Finanzonline Konto hatte nur die ***41***. Die ***41*** hatte zudem zwecks Abstimmung mit der Buchhaltung Zugang zu allen Bankkonten der ***2***. Der Geschäftsführer wurde von der ***41*** niemals darauf hingewiesen, dass keine Lohnabgaben bezahlt worden waren. Dieses grob fehlerhafte Verhalten der ***41*** ist nicht dem Beschuldigten anzurechnen.

Dies bedeutet, dass die im Vorhalt angeführte Entscheidung , nicht einschlägig ist; der dort zugrundeliegende Sachverhalt ist mit diesem Sachverhalt nicht vergleichbar. Nach dem Inhalt dieser Entscheidung hätte die Berechnung und Meldung an das Finanzamt von der Steuerberatungskanzlei durchgeführt werden müssen. Die Unterlassung der Bekanntgabe und die Nichtabfuhr der Lohnabgaben an die Abgabenbehörde begründete die Verwirklichung des Straftatbestandes. Im gegenständlichen Fall hat aber die beauftragte ***9*** GmbH den Beschuldigten nicht über die Höhe der abzuführenden Lohnabgaben in Kenntnis gesetzt. Wäre dies erfolgt, so wären diese auch bezahlt worden. Selbst wenn im gegenständlichen Fail - was jedoch ausdrücklich bestritten wird -eine objektive Tatbestandsverwirklichung vorliegen sollte, so scheitert es an der subjektiven Tatseite, weil dem Beschuldigten kein Vorsatz zu unterstellen ist. "Nichtauffallen" begründet keinen Vorsatz!

Die beantragten Zeugen des Amtssachverständigen waren für die Überweisungen nicht zuständig.

Die ***41*** hat für die an sie übertragenen Agenden zudem Rechnungen gestellt, die vom Beschuldigten auch bezahlt wurden. Diesbezüglich wird insbesondere nochmals auf die Gegenäußerung zur Beschwerde des Finanzamtes Graz-Stadt vom , Punkt l. B) verwiesen.

II. Aus all den dargelegten Gründen wird abermals b e a n t r a g t das Verfahren gegen den Beschuldigten ***Bf1*** einzustellen"

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Zur Wahrung des Parteiengehörs der Amtspartei wurden dem Amtsbeauftragten die Gegenäußerung des Beschuldigten zur Beschwerde, das Schreiben des und die Äußerung vom übermittelt.

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In der mündlichen Verhandlung vom wurde wie folgt festgestellt und erhoben:

"Vorsitzende (V) erteilt der Berichterstatterin das Wort, die den Sachverhalt und die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens vorträgt.

Amtsbeauftragter (AB) verweist auf die schriftlichen Ausführungen der Beschwerde. Der Abgabepflichtige hat laufend Zahlungen geleistet, dies auch mit Verrechnungsweisung hinsichtlich der USt, daher gehe ich davon aus, dass er seine Zahlungsverpflichtung auch hinsichtlich der lohnabhängigen Abgaben gekannt und dennoch eben über diesen langen Zeitraum keine monatlichen Zahlungen geleistet hat. Dies offensichtlich aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft, die vor dem Tatzeitraum bereits aus einem Konkursverfahren gekommen ist und nach dem Tatzeitraum wieder in ein Konkursverfahren gekommen ist. Gerade in dieser schwierigen Situation wird man wohl mehr darauf schauen, wie die Geldmittel eingeteilt werden und was bezahlt wird und was nicht. Ich habe eine Aufschlüsselung zu den Einzahlungen auf dem Abgabenkonto und die diesbezüglichen Belege erstellt und lege diese für die Senatsmitglieder und den Verteidiger vor. Daraus ergeben sich die Einzahlungen mit Verrechnungsweisung (mehrheitlich auch für USt).

V dazu ergänzend, wobei bei der USt aus dem Abgabenkonto ersichtlich ist, dass vielfach auch Meldungen erstattet und parallel dazu Einzahlungen geleistet werden. Auffällig ist die USt für März 2017, zu der es gleich mehrere Buchungen auf dem Abgabenkonto gibt, wobei zunächst runde Beträge Euro 10.000,--, Euro 30.000,--, Euro 10.000,--, Euro 10.000,-- und letztlich Euro 11.491,-- gemeldet wurden. Es wurde somit die angefallene monatliche Zahllast offensichtlich nicht wie errechnet am Abgabenkonto erfasst und entrichtet.

Der Verteidiger verweist auf das bisherige schriftliche Vorbringen (insbesondere auf die Beantwortung des Vorhaltes der Vorsitzenden im Vorverfahren zur heutigen Verhandlung). Ergänzend wird ausgeführt, dass verfahrensgegenständlich die Berechnung der lohnabhängigen Abgaben an die Steuerberatungskanzlei ***45*** ausgelagert wurde. Der Beschuldigte hat nach Bekanntgabe der jeweils monatlich fälligen Zahlungen Überweisungen an das Finanzamt vorgenommen. Es ist unzutreffend, dass aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der von ihm vertretenen Gesellschaft die gegenständlichen Lohnabgaben nicht hätten bezahlt werden können. Im Jahr 2018 ist es im Zusammenspiel mit der Steuerberatungskanzlei zu einer Veräußerung der Betriebsliegenschaft gekommen. Hätte der Beschuldigte die Höhe der lohnabhängigen Abgaben damals gekannt, wären sie zu bezahlen gewesen. Die Steuerberatungskanzlei hat aus diesem Liegenschaftsverkauf einen Geldbetrag von Euro 240.000,-- bekommen. Es wäre zudem ausreichend aus dem Restbetrag auf die Summe von Euro 500.000,-- Geld zur Bezahlung von Abgaben vorhanden gewesen.

Vorgelegt wird eine Mail der ***45*** vom zu einer vorläufigen Berechnung der UVA für Jänner 2018, mit der Feststellung, dass die Buchungssätze für die Lohnverrechnung noch nicht fertig seien. Es gibt ein anhängiges Gerichtsverfahren gegen die ***45*** mit Rückforderungsansprüchen. In diesem Verfahren hätte ***44*** ein Gutachten erstellen sollen, er ist jedoch im November 2020 verstorben, daher ist dieses Verfahren noch offen.

Besch.: Im Jänner 2018 hätte die ***45*** auch den Auftrag gehabt, mit sämtlichen Gläubigern Rücksprache zu Außenständen zu halten. Dies war seitens der Abgabenbehörde Herr ***20*** von der Abgabensicherung. Es hat dazu ein Schreiben gegeben, das ich jedoch nicht mithabe.

V: Am Firmenkonto waren nur sie zeichnungsberechtigt?

Besch.: Zeichnungsberechtigt waren ich und meine Gattin. Die Überweisungen habe ich durchgeführt.

V an den AB: Sind die Abgabenschuldigkeiten mittlerweile entrichtet?

AB: Nein. Sie haften weiterhin aus.

V: Vorhalt, dass am eine Selbstanzeige eingereicht wurde, in der Folge die Abgabenschuldigkeiten jedoch nicht entrichtet wurden:

Vertreter: Richtig, um diese Zeit waren keine Geldmittel mehr vorhanden, um die Abgaben bezahlen zu können. Die Selbstanzeige wurde von der Kanzlei ***45*** ohne Rücksprache mit dem Beschuldigten und damit ohne seine Zustimmung bei der Behörde eingereicht.

Vorhalt der Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen vor dem Spruchsenat.

Es gibt ein Abschöpfungsverfahren des BG ***4***, welches im September 2020 eingeleitet wurde und daher noch 4 Jahre läuft. Der Beschuldigte hat Sorgepflichten für 4 Kinder und eine Gattin.

Besch.: Ich habe derzeit ein Einkommen von netto Euro 2.700,--. Davon bleibt mir derzeit ein nicht pfändbares monatliches Einkommen. Dies wird klarer Weise hinsichtlich der Höhe durch die Unterhaltspflicht für die 4 Kinder bestimmt. Meine Gattin ist erwerbstätig, verdient jedoch so wenig, dass ich ebenfalls für sie unterhaltspflichtig bin.

AB: Sie haben angegeben, dass sie die monatlichen Zahlungen hätten vorzunehmen gehabt. Was haben sie dazu an Unterlagen bekommen?

Besch.: Ich habe die Anmeldungen der Kanzlei bekommen und die Kontonachrichten der Abgabenbehörde, daher wusste ich, was gebucht ist.

Der Beschuldigte legt dazu eine Buchungsmitteilung des Steuerkontos mit Buchungstagen bis vor. Dieser Auszug wurde ihm von der Steuerberatungskanzlei am mit Mail übermittelt. Dies erfolgte, da der Beschuldigte keinen Zugang über FinanzOnline zu den Daten auf dem Abgabenkonto der Gesellschaft hatte.

AB: Wussten sie, dass Lohnabgaben zu entrichten sind und wann?

Besch.: Ja. Die Buchhaltung hat mir mitgeteilt, wann was zu bezahlen ist. Bis 2015 hatte ich eine eigene Buchhaltung im Haus. Dass am 15. des nächst folgenden Monats Lohnabgaben zu bezahlen sind, weiß ich.

AB: Haben sie überprüft, ob Lohnabgaben auf den Kontoauszügen des Abgabenkontos aufscheinen?

Besch.: Nein, das habe ich nicht gemacht. Ich verweise wieder darauf, dass ich auch Mitteilungen des Steuerberaters gewartet und vertraut habe.

AB: Was haben sie auf die heute vorgelegte Mail vom unternommen?

Besch.: Das weiß ich nicht.

AB: Wie hätten sie die Lohnabgaben bezahlen können, wenn sie die Mitteilung bekommen, dass die Verrechnung nicht fertig ist?

Besch.: Man müsste dann nachschauen, was gemeldet ist und was nicht. Ich kann dazu im Detail nichts sagen.

Vertreter verweist darauf, dass die ***45*** im Verfahren vor dem Spruchsenat die Behauptung aufgestellt hat, eben für diese Agenden nicht zuständig gewesen zu sein.

AB legt ein Schreiben vom vor, mit dem eine Haftungsinanspruchnahme nach § 9 BAO hinsichtlich offener Abgabenschuldigkeiten für USt und auch Lohnabgaben in der Gesamthöhe von 319.000,-- in Aussicht gestellt wird. Dies betrifft Altschuldigkeiten, die vor den Tatzeiträumen liegen. Damit will ich dokumentieren, dass zu diesem Zeitpunkt massive wirtschaftliche Schwierigkeiten evident waren. Es hätte daher umso mehr urgiert werden müssen, dass die lohnabhängigen Abgaben gemeldet werden bzw. dazu auch Einsicht in das Abgabenkonto genommen werden müssen, ob es diesbezügliche Buchungen gibt.

Vertreter: Eine Urgenz konnte nicht vorgenommen werden, da nicht aufgefallen ist, dass die Abgaben nicht gemeldet wurden."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

Auf Grund der Beschwerde des Amtsbeauftragten hat das BFG demnach zu prüfen, ob eine Strafbarkeit für die dem Bf. angelasteten Finanzordnungswidrigkeiten besteht, die Gegenstand des Erkenntnisses des Spruchsenates mit Einstellung des Verfahrens waren.

Mit Schriftsatz vom wurde durch die ***9*** für die ***2***, ***Bf1*** und ***1*** Selbstanzeige nach § 29 FinStrG erstattet und dazu ausgeführt:

"Wir geben bekannt, dass die ***2*** fälschlicherweise im März 2017 keine Meldungen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie im Zeitraum Mai 2017 bis Juni 2018 keine Meldungen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Lohnsteuer abgegeben hat und dass diese lohnabhängigen Abgaben für den angegebenen Zeitraum nicht innerhalb der gesetzlichen Frist entrichtet worden sind.

Der Geschäftsführer erklärt, dass bei der Ursachensuche festgestellt wurde, dass es in der Verwaltungsabteilung, die von seiner Frau und Prokuristin geleitet wird, eine massive Überlastung gibt. Dadurch ist es zu einem Zuständigkeitsmissverständnis gekommen zwischen Verwaltung und der ausgelagerten Lohnverrechnung.

Der Gesamtbetrag der abzuführenden Lohnabgaben beläuft sich auf € 220.710,53 und setzt sich wie folgt zusammen:


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Zeitraum
L
DB
DZ
Summe
3/2017
3.433,49
326,60
3.760,09
5/2017
10.177,46
3.258,28
309,93
13.745,67
6/2017
13.816,60
6.380,45
606,92
20.803,97
7/2017
11.836,63
3.609,49
343,34
15.789,48
8/2017
10.701,01
3.366,11
320,19
14.387,31
9/2017
10.276,91
3.228,71
307,12
13.812,74
10/2017
10.999,01
3.465,60
329,65
14.794,26
11/2017
13.555,69
6.182,58
588,10
20.326,37
12/2017
10.118,07
3.286,63
312,63
13.717,33
1/2018
10.747,92
3.030,40
303,04
14.081,36
2/2018
10.304,21
2.973,66
297,37
13.575,24
3/2018
10.321,88
2.948,80
294,88
13.565,56
4/2018
10.421,61
2.972,33
297,23
13.691,17
5/2018
12.388,61
3.384,85
338,48
16.091,94
6/2018
12.474,32
5.539,76
553,98
18.568,06

Summe: 220.710,53"

Es wurde um Zahlungserleichterung in Form von monatlichen Ratenzahlungen ersucht und die Behauptung aufgestellt, dass die Einbringlichkeit nicht gefährdet sei, weil ein positives Budget für das Geschäftsjahr 2018 vorliege.

In der Folge wurde eine Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG veranlasst und durchgeführt, deren Ergebnis im Bericht vom festgehalten ist.

Demnach hat es kleinere Abweichungen zur Höhe der für die einzelnen verfahrensgegenständlichen Monate angefallenen lohnabhängigen Abgaben gegeben und sind tatsächlich folgende Nachforderungsbeträge angefallen:


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Zeitraum
L
DB
DZ
3/2017
3.432,54
326,51
5/2017
10.178,36
3.268,99
310,95
6/2017
14.146,41
6.419,53
610,64
7/2017
11.381,91
3.540,59
336,79
8/2017
10.124,19
3.183,32
302,80
9/2017
10.268,22
3.227,56
307,01
10/2017
10.901,36
3.445,48
327,74
11/2017
13.604,00
6.193,11
589,10
12/2017
10.392,65
3.310,31
314,88
1/2018
10.673,40
3.009,73
300,97
2/2018
10.233,02
2.954,63
295,46
3/2018
10.350,44
2.971,12
297,11
4/2018
10.374,21
2.972,33
297,23
5/2018
10.353,50
3.006,42
300,64
6/2018
12.379,65
5.502,67
550,27
8/2018
7.661,40
705,33
70,53

Für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum von März 2017 bis August 2018 wurden vor Selbstanzeigenerstattung folgende Meldungen bzw. Zahlungen an lohnabhängigen Abgaben erstattet:

L 3/2017 € 5.215,53 gemeldet und entrichtet am . Weitere Meldung und Entrichtung zur L 3/2017 € 5.000,00 am .

L 4/2017 € 9.543,63, DB € 3.211,45, DZ € 305,48, Meldung und Entrichtung am .

L 6/2017 € 10.000,00, Meldung und Entrichtung am . Gutschrift L 6/2017 von € 10.000,00.

L 7/2018 € 10.816,20, DB € 3.192,23, DZ € 319,22 gemeldet und entrichtet am .

Zum objektiven Tatbestand:

Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der Fassung BGBL 1993/818 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl 1998/818 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988, sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, welcher von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Die lohnabhängigen Abgaben, Lohnsteuer (L), Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen (DZ) sind jeweils am 15. des nächstfolgenden Monats zu melden und zu entrichten, was verfahrensgegenständlich im Umfang der Nachforderungsbeträge zu den im Prüfungsbericht genannten Zeiträumen unterblieb.

Hinsichtlich der Verkürzung von DB und DZ für März 2017 wurde durch die Finanzstrafbehörde kein Strafverfahren anhängig gemacht, daher ist das BFG auch nicht befugt über diesen Zeitraum abzusprechen.

Finanzstrafrechtlich ahndbare Tat ist die Verkürzung einer bestimmten Abgabe für einen bestimmten Zeitraum, demnach liegen zur Lohnsteuer, zu DB und DZ je 15 Taten vor.

Der objektive Tatbestand der Verkürzung der lohnabhängigen Abgaben ergibt sich hinsichtlich deren Höhe aus dem Prüfungsbericht.

Die Verkürzung liegt bereits darin, dass Abgaben bei deren Fälligkeit nicht entrichtet werden.

Einer strafaufhebenden Selbstanzeige standen bei deren Einbringung unbestritten keine Hinderungsgründe entgegen (z.B. Tatentdeckung oder Verfolgungshandlung), jedoch scheiterte deren Wirksamkeit ebenfalls unbestritten an der nach § 29 Abs. 2 FinStrG geforderten Entrichtung der Abgaben.

Eine Ratenzahlung wurde nicht bewilligt. Bereits einige Wochen nach Selbstanzeigenerstattung wurde das Konkursverfahren eröffnet und zwischen Selbstanzeigenerstattung und Konkurseröffnung keine Entrichtung der verkürzten Abgabenschuldigkeiten mehr vorgenommen.

Die verfahrensgegenständlichen Selbstberechnungsabgaben wurden nicht jeweils spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet. Es liegt auch keine strafaufhebende Wirkung einer reinen Meldung der geschuldeten Beträge zu diesen Zeitpunkten vor, da auch fristgerechte Meldungen unterblieben.

Der objektive Tatbestand des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ist erfüllt.

Zur subjektiven Tatseite:

Bei einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG wird die vorsätzliche Nichtentrichtung einer Abgabe binnen 5 Tagen nach deren Fälligkeit unter Strafsanktion gestellt. Es ist dabei jedoch gänzlich irrelevant aus welchem Grund eine entsprechende Meldung unterblieben ist, weil eine fristgerechte Meldung bei Unterlassung der Entrichtung lediglich zu einer Aufhebung der Strafbarkeit der Nichtentrichtung bis spätestens zum 20. des nächstfolgenden Monats führt.

Der Vorsatz bezieht sich darauf, dass der Abgabepflichtige in Kenntnis der gesetzlichen Termine zur Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten dieser Zahlungspflicht nicht nachkommt, wobei eine Verkürzung bereits dann bewirkt ist, wenn die geschuldete Abgabe der Behörde nicht zu den vorgesehenen Terminen zukommt und nicht erst dann, wenn ein endgültiger Abgabenausfall bewirkt wurde.

Der Beschuldigte fungierte vor der ersten Tatbegehung in diesem Verfahren bereits seit mehr als 6 Jahren als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***2***, daher kannte er die Fälligkeiten der Selbstberechnungsabgaben und seine Entrichtungsverpflichtung als Vertreter der juristischen Person. Dass es seine Aufgabe gewesen wäre, die Überweisungen an die Abgabenbehörde vorzunehmen wurde in der Äußerung vom auch einbekannt und sowohl die Kenntnis der gesetzlichen Fälligkeitstermine sowie der Umstand, dass dem Bf. die Entrichtung oblegen wäre nicht in Abrede gestellt.

Er hat es demnach ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass er die Entrichtung der lohnabhängigen Abgaben nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend vornimmt und somit die ihm angelasteten Finanzordnungswidrigkeiten begangen.

Erhebungen, wer eine Meldung hätte erstellen und einreichen sollen, sind daher im Zusammenhang mit der Erfüllung des Tatbestandes der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG irrelevant und nicht zu führen. Es liegt kein Vorbringen vor, dass die vom AB zur Einvernahme vor dem BFG beantragten Zeugen eine Zuständigkeit für die Entrichtung der lohnabhängigen Abgaben getroffen habe, daher konnte von deren Einvernahme abgesehen werden.

Das Vorbringen die ***9*** hätte die Abgabenschuldigkeiten der Behörde melden und den Beschuldigten von deren Höhe monatlich in Kenntnis zu setzen gehabt, dies jedoch unterlassen, ist damit dem Vertragsverhältnis zwischen dem Beschuldigten als Vertreter der abgabepflichtigen Gesellschaft und der Beratungskanzlei zuzurechnen und allfällige Unterlassungen zu vereinbarten Leistungen somit im Zivilrechtsweg zwischen den Vertragspartnern auszutragen.

Es ist jedoch lebensfremd anzunehmen, dass dem Beschuldigten verborgen blieb, dass ein Betrag von mehr als € 200.000 an lohnabhängigen Abgaben nicht entrichtet wurde und damit ein für ihn keinesfalls im Rahmen des Geschäftsumfanges der von ihm geleiteten Firma als nicht beachtenswerte Größenordnung anzusehender Geldbetrag zur Verwendung für andere Unternehmenszwecke verblieb. Zudem erhielt er, wie sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat des BFG ergab, auch durch die Steuerberatungskanzlei die Kontoblätter zum bezughabenden Abgabenkonto übermittelt, aus dem leicht erkennbar ist, dass zwar laufend Zahlungen geleistet wurden, dies jedoch in runden Beträge, also in der Form von gewidmeten Ratenzahlungen und nicht in Form von korrekten Überweisungen errechneter und geschuldeter Zahllasten von Selbstberechnungsabgaben.

Der Tatbestand ist somit zu den genannten Tatzeiträumen in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt.

Strafbemessung:

Gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

Der strafbestimmende Wertbetrag beträgt € 221.945,96, die Strafdrohung demnach € 110.972,98.

Mildernd sind der Umstand, dass die Abgabenschuldigkeiten im Rahmen einer Selbstanzeige offengelegt wurden und somit die Festsetzung im Abgabenverfahren erleichtert wurde, die Unterlassung der Entrichtung aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten der durch den Beschuldigten vertretenen Gesellschaft sowie die Unbescholtenheit des Bf. und seine eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Erschwerend ist die Vielzahl der Taten.

Zudem waren die Sorgepflichten des Bf. für 4 Kinder und die Gattin zu berücksichtigen.

Unter Abwägung der genannten Milderungs- und Erschwerungsgründe erschien dem Senat die ausgesprochene Geldstrafe von € 22.000,00 sowie die Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Tagen als tat- und schuldangemessen. Sie entspricht auch den generalpräventiven (Abhalten potentieller Nachahmungstäter) und spezialpräventiven (Abhalten des Beschuldigten von weiteren Taten) Erfordernissen.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten in Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das Finanzamts-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre bei der Finanzstrafbehörde einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2300001.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at