Unrichtiges Antragsdatum im abweisenden Familienbeihilfenbescheid
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***RI*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Helmut Höll, Berg 43, 4973 Senftenbach, vertreten durch ***VK***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , mit welchem der Antrag vom auf Zuerkennung von Familienbeilhilfe ab November 2016 für ***4***, geb. ***Geburtsdatum***, abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Datum , bei der belangten Behörde eingelangt am , brachte der Beschwerdeführer mittels Telefax einen Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe und auf rückwirkende Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung (Schizophrenie) für seinen Sohn ein (laut Formular Beih 3 ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung, im Höchstausmaß von 5 Jahren rückwirkend).
Mit gleichem FAX langte auch ein Antrag des Sohnes (datiert mit , ebenfalls eingelangt am ) des Beschwerderführers bei der belangten Behörde ein. Er beantragte die Zuerkennung von Familienbeihilfe und Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ab 11/2016.
Die belangte Behörde erhob in der Folge, dass der Sohn des Beschwerdeführers bis seinen Hauptwohnsitz in ***Bf1-Adr*** beim Beschwerdeführer gehabt habe. Ab sei er in einer Einrichtung von ***1*** in ***2***, ***3*** betreut worden und sei dort ab diesem Zeitpunkt auch sein Hauptwohnsitz gemeldet gewesen.
Einem in der Folge erstellten ärztlichen Sachverständigengutachten des Sozialministerium Service vom zufolge sei der Sohn des Beschwerdeführers nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der Grad der Behinderung betrage 20 %.
Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten und die Bestimmungen des § 8 Abs 5 FLAG 1967 erließ die belangte Behörde am einen Abweisungsbescheid betreffend den Antrag vom auf erhöhte Familienbeihilfe.
Infolge der gegen den Abweisungsbescheid eingebrachten Beschwerde vom wurde neuerlich ein Sachverständigengutachten angefordert. Dieses Gutachten vom bescheinigte nunmehr eine 50%ige Behinderung, dauernde Erwerbsunfähigkeit und den Eintritt vor dem 21. Lebensjahr.
Am erließ die belangte Behörde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit folgender Begründung:
"Gemäß § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Da ***4*** seit November 2016 nicht bei Ihnen haushaltszugehörig ist und Sie keinen Unterhalt bzw. Kostenbeitrag leisten, sind die Anspruchsvoraussetzungen für einen Familienbeihilfenbezug nicht gegeben."
Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer ohne weiteres inhaltliches Vorbringen die Vorlage an das Bundesfinanzgericht.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und gab an, dass nunmehr zwar eine 50%ige Behinderung, dauernde Erwerbsunfähigkeit und Eintritt vor dem 21. Lebensjahr durch das SMS-Gutachten vom bestätigt worden sei, der Sohn des Beschwerdeführers aber ab 11/2016 nicht mehr haushaltszugehörig gewesen sei und dem Beschwerdeführer daher, mangels überwiegender Kostentragung eine Familienbeihilfe für den Sohn nicht zustehe.
Der belangten Behörde wurde mit Schreiben vom vom Bundesfinanzgericht vorgehalten, dass ein Antrag vom dem gescannten Akt nicht beiliege und der Beschwerdeführer zur Frage, ob die Unterhaltskosten überwiegend von Ihm getragen worden seien, nie befragt wurde.
Mit Ersuchen um Ergänzung vom wandte sich die belangte Behörde in der Folge an den Beschwerdeführer:
"Im Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe geben Sie an, dass Sie monatlich die überwiegenden Kosten für ***4*** tragen. Bitte legen Sie dazu die nötigen Unterlagen, sowie eine Aufstellung vor. Weiters haben wir von ***1*** die Auskunft erhalten, dass Sie keinerlei Kostenbeitrag an die ***1*** zu leisten haben. Um eine kurze Stellungnahme wird gebeten."
Mit Schreiben vom nahm der Beschwerdeführer dazu wie folgt Stellung:
"Ein Erstantrag auf erhöhte Familienbeihilfe wurde vom Sozialarbeiter meines Sohnes aufgrund folgender Gegebenheiten iniziert:
Krankheitsbild ergibt 50 % Behinderung
Die Schwere der Erkrankung ergibt, dass die Arbeitsfähigkeit am ersten Arbeitsmarkt langfristig nicht gegeben ist.
Diagnosestellung vor dem 21. Lebensjahr
Übermittelte Dokumente:
Bescheid und medizinisches Gutachten
Ärztliche Stellungnahme zum gegenwärtigen Zeitpunkt
Der Sozialarbeiter meines Sohnes, wird von einem Mitarbeiter des FA darauf hingewiesen, dass bei Erstantragstellung das Wohnsitzfinanzamt ***5*** zuständig ist, da vor fünf Jahren mein Sohn im elterlichen Haushalt wohnhaft war und darum ich, ***Bf1*** den Antrag stellen muss.
Das Erstansuchen wird aufgrund von Unzulänglichkeiten im medizinischen Gutachten vom FA ***5*** abgewiesen.
Von unserer Seite wird ein Rechtsanwalt mit der Erstellung der Beschwerde beauftragt.
Nach Monaten, im weiteren Verlauf des Procederes, bekomme ich vom FA ***5*** auf Anfrage die Information, dass die gesamte Zuständigkeit beim gegenwärtigen Wohnsitzfinanzamt meines Sohnes in ***2*** liegt. Ich verweise auf den Wohnsitz meines Sohnes vor fünf Jahren in ***5*** im elterlichen Haushalt. In weiterer Folge wird meinem Sohn ein Betrag überwiesen und die Information erteilt, dass von meinem Sohn als Antragsteller mit eigenem Wohnsitz ein Ansuchen beim gegenwärtigen Wohnsitzfinanzamt ***2*** zu stellen ist. Dieses Ansuchen wird im August dem FA ***2*** übermittelt und liegt dort auf.
Bei mir ergibt sich aufgrund des Schreibens "Ersuchen um Ergänzung" ein Erklärungsbedarf ihrerseits darüber, aus welchen Unterlagen hervorgeht, dass ich die überwiegenden monatlichen Kosten für ***4*** trage?
Im Verlauf des Krankheitsbildes von ***4***, bevor greifende medizinische und staatliche Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen wirksam wurden haben die Auswirkungen und Gegebenheiten die Bestandteil der Erkrankung sind, natürlich sowohl in Bezug auf die familiären Ressourcen als auch finanziell erhebliche Aufwendungen ergeben.
Das Thema ***1*** plus betreffend, habe ich nie Angaben gemacht, dass ich einen Kostenbeitrag leiste.
Die gegenwärtige Unterbringung meines Sohnes ist folgendermaßen organisiert:
***4*** wohnt in ***2*** in einer teilbetreuten Wohnform von ***1***, welche der Normalität des Lebens zur Gesundheitserhaltung und -förderung der betreuten Personen angepasst ist. Er bezahlt regulär Miete sowie er auch für die gesamte Deckung seines Lebensunterhaltes selbst aufkommen muss. Für die Strukturierung seiner Lebenswelt im Sinne von Beschäftigung, Lebensbewältigung, therapeutische und ärztliche Versorgung nimmt er die Angebote von ***1*** und anderen sozialen Einrichtungen in Anspruch."
Die belangte Behörde teilte dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom mit, dass die Anträge vom 4.11. und im Zuge des Abweisungsbescheides "miterledigt" wurden. Einzeln sei über diese Anträge nicht abgesprochen worden. Ein Antrag vom konnte dem Bundesfinanzgericht nicht nachgereicht werden. Die Vertreterin der belangten Behörde meinte, es handle sich wohl um einen Tippfehler.
Mit Telefonat vom wurde dem Bundesfinanzgericht vom bisherigen Vertreter des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer verstorben sei und er über keine den Tod hinausgehende Vollmacht verfüge.
Mit Telefax vom wurde dem Bundesfinanzgericht mitgeteilt, dass der Sohn des Beschwerdeführers, ***Verlassenschaftskurator*** zum Verlassenschaftskurator bestellt wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer beantragte am , per FAX eingelangt am , mit den Formularen Beih 1 und Beih 3 Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für seinen Sohn, ***4*** und zwar ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung im Höchstausmaß von rückwirkend 5 Jahren.
Der Sohn des Beschwerdeführers beantragte am mit den Formularen Beih 1 und Beih 3 Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung ab 11/2016.
Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom einen Antrag des Beschwerdeführers "vom " auf Zuerkennung von erhöhter Familienbeilhilfe ab November 2011 ab. Der Beschwerdeführer hat am keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt.
Der Beschwerdeführer ist am ***Sterbedatum*** verstorben.
Sein Sohn ***Verlassenschaftskurator*** wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***6*** vom zu ***GZ*** zum Verlassenschaftskurator bestellt.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage. Ein Antrag vom ist im vorgelegten Verwaltungsakt nicht enthalten.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (ersatzlose Aufhebung)
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe (abgesehen vom Fall des § 10a FLAG 1967 anlässlich der Geburt eines Kindes) nur auf Antrag gewährt und ist die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs 4 FLAG 1967) besonders zu beantragen.
Der angefochtene Bescheid vom spricht mit der Abweisung eines Antrags vom auf Familienbeihilfe ab 11/2016 über ein Anbringen ab, das überhaupt nicht gestellt wurde.
Für die Bedeutung einer Aussage im Spruch eines Bescheides kommt es darauf an, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist, und nicht, wie ihn die Abgabenbehörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand ().
Bei eindeutigem Spruch ist die Begründung nicht zu seiner Ergänzung oder Abänderung heranzuziehen ().
Da der Beschwerdeführer am keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt hat, durfte die belangte Behörde einen derartigen Antrag auch nicht abweisen.
Es kann angehen, wenn anstelle des im Anbringen angeführten Datums das Datum des Einbringens eines schriftlichen Anbringens oder das Datum des Einlangens dieses Anbringens als Datum einer Eingabe angeführt wird, wenn damit das Anbringen ohne Zweifel zu identifizieren ist.
Das richtige Datum eines Anbringens sowie dessen Einlangens oder dessen Postaufgabe ist nicht nur für die Identifizierbarkeit des Anbringens, sondern auch für die Berechnung von Fristenläufen maßgebend.
Es ist daher fehlerhaft, ein Anbringen mit einem gänzlich anderen Datum zu bezeichnen, auch wenn dies im zeitlichem Nahebereich mit deren Einbringen steht.
Die richtige Bezeichnung von Anbringen (§ 85 BAO ) und Bescheiden ( §§ 92 - 96 BAO ) ist gerade im Familienbeihilfenverfahren von Bedeutung (vgl. das auf Grund einer Amtsbeschwerde ergangene Erkenntnis ). Es ist keineswegs völlig unüblich, dass von Beihilfewerbern hintereinander an verschiedenen Tagen Anbringen mit unterschiedlichem Inhalt gestellt werden. Genau das ist in gegenständlichem Fall passiert. Der Beschwerdeführer hat auf Anraten des Sozialarbeiters die Familienbeihilfe für seinen Sohn für die Vergangenheit beantragt, der Sohn ab 11/2016. Diese Anträge wurden vermischt und der abweisende Bescheid noch mit einem gänzlich anderen Datum versehen.
Der Abweisungsbescheid vom betreffend einen nicht gestellten Antrag vom betreffend Familienbeihilfe für den Beschwerdeführer ist daher rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG); er ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts gemäß § 279 Abs. 1 BAO (ersatzlos) aufzuheben (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ).
Hinweis für das weitere Verfahren:
Der Antrag des Beschwerdeführers vom ist weiterhin unerledigt.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 10 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101441.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at