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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.07.2021, RV/5101534/2019

Zehnjährige Verjährungsfrist für Rückforderung von Familienbeihilfe bei Hinterziehungsabsicht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***BF1-Adr***, über die Beschwerde vom , eingebracht von der ***StB*** GmbH, ***StB-Adr***, gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu VNR ***1*** betreffend Rückforderung zu Unrecht für die Kinder ***A*** (VNR ***2***) und ***S*** (VNR ***3***) für den Zeitraum Juni 2009 bis Juli 2016 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 31.939,60 € zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer bezog für seine beiden am ***2005*** und ***2008*** geborenen Söhne jeweils ab deren Geburt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge. Zuletzt wurde in einer Mitteilung im Sinne des § 12 FLAG 1967 vom der Beihilfenanspruch für den Zeitraum November 2005 bis Juli 2016 (Kind ***A***) und den Zeitraum Oktober 2008 bis Juli 2016 (Kind ***S***) bestätigt.

In einer weiteren Mitteilung vom wurde der Wegfall des Anspruches auf Familienbeihilfe ab August 2016 festgestellt. Grund dafür war laut Angaben in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde eine "Abmeldung" der österreichischen Familienbeihilfe mit (nicht aktenkundigem) Schreiben des Beschwerdeführers vom . In der Beihilfendatenbank wird zu dieser Eingabe festgehalten: "AST gibt an seit 07/2016 im Ausland beschäftigt und wohnhaft zu sein, Kuvert mit chinesischer Adresse, jedoch nicht zur Gänze lesbar, falls AST wieder nach Ö einreist, FB f 07/2016 ev. zurückfordern, derzeit kann der RF Bescheid nicht zugest. werden. AST möchte Einstellung der FB aufgrund geänderter beruflicher Umstände + lt ZMR Meldung der Familie in Ö noch aufrecht".

Am beantragte ***KM*** (Ehefrau des Beschwerdeführers) die Gewährung der Familienbeihilfe für beide Kinder ab Juni 2018. Diesem Antrag wurde entsprochen. Laut Mitteilung vom wird der Kindesmutter für das Kind ***A*** für den Zeitraum Juni 2018 bis November 2023 und für das Kind ***S*** von Juni 2018 bis Oktober 2026 Familienbeihilfe gewährt.

In der Beihilfendatenbank ist ein (ebenfalls nicht aktenkundiger) formloser Antrag des Beschwerdeführers vom angemerkt. Zu diesem ist ein Vorhalt des Finanzamtes vom mit folgendem Inhalt aktenkundig: "Um den rückwirkenden Anspruch auf Familienbeihilfe für 7/2016 überprüfen zu können reichen Sie bitte folgende Unterlagen nach: Schulnachricht/Jahreszeugnis der Kinder Schuljahr 2015/16, Schulbestätigung der Kinder mit genauen Angaben betreffend Schulbesuch im Schuljahr 2015/2016 sowie die Abmeldung v. österreichischen Schulbesuch".

Dazu teilte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom lediglich mit: "Bitte erlauben Sie mir festzuhalten, dass ich keinen rückwirkenden Anspruch auf Familienbeihilfe 7/2016 gestellt habe. Meine Frau ***KM***, geb. hat einen Antrag auf Familienbeihilfe ab gestellt, welcher bereits genehmigt worden ist."

Ferner gab der Beschwerdeführer laut Aktenvermerk vom telefonisch bekannt, dass die Kinder bisher nie in Österreich zur Schule gegangen wären, sondern erst ab Herbst 2018 hier eine Schule besuchen würden.

Unter Hinweis auf dieses Telefonat ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen in einer Eingabe vom wie folgt: "Bezugnehmend auf unser Telefonat von letzter Woche bzw. den vorliegenden Schriftverkehr muss ich Ihnen mitteilen, dass wir keine österreichischen Schulzeugnisse aus dem Jahr 2015/2016 vorlegen können, da unsere Kinder keine Schule in Österreich besucht haben. Zu dieser Zeit habe ich für ein österreichisches Unternehmen viel im asiatischen Raum gearbeitet und die Kinder haben die Schule in China, ***6*** besucht. Von Juni 2016 bis April 2018 habe ich für ein chinesisches Unternehmen gearbeitet. In diesen Zeitraum habe ich auch den Bezug der Familienbeihilfe abgemeldet. Wie Sie wissen sind wir seit Mai 2018 wieder in Österreich wo ich für die Firma ***Z*** tätig bin."

In weiterer Folge forderte das Finanzamt vom ehemaligen Arbeitgeber des Beschwerdeführers (***L*** GmbH) den seinerzeit abgeschlossenen Dienstvertrag an. Der ehemalige Arbeitgeber teilte dazu am mit, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von bis in diesem Unternehmen beschäftigt und für den gesamten Zeitraum nach China entsandt worden sei, wo er sich auch vorwiegend aufgehalten habe.

Dem übermittelten Dienstvertrag, den der Beschwerdeführer am mit seinem ehemaligen Arbeitgeber abgeschlossen hatte, ist zu entnehmen, dass das Arbeitsverhältnis am begonnen hatte, und eine Probezeit von einem Monat vereinbart, im Übrigen der Vertrag aber auf unbefristete Zeit abgeschlossen worden war. Der Beschwerdeführer wurde als "Meister/Spinnerei" verwendet. Als gewöhnlicher Arbeitsort wurde "***7*** bzw. bei unserem Tochterunternehmen in ***6*** (China)" vereinbart.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt zu Unrecht für die Kinder ***A*** und ***S*** für den Zeitraum Juni 2009 bis Juli 2016 bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 31.939,60 € vom Beschwerdeführer zurück. Dabei ging das Finanzamt davon aus, dass dem zu Unrecht erfolgten Beihilfenbezug eine Hinterziehungsabsicht zugrunde gelegen sei und deswegen die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO zehn Jahre betrage. Dafür sei die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ebenso wenig erforderlich wie eine rechtskräftige Verurteilung. Die Hinterziehungsabsicht sei als Vorfrage iSd § 116 BAO zu klären. Vorsätzlich handle, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dazu genüge es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Für die beiden Kinder ***A*** und ***S*** sei jeweils nach deren Geburt ein Antrag auf Familienbeihilfe gestellt worden, die Familienbeihilfe sei auch jeweils ab Geburt zuerkannt worden. Der Umstand, dass die gesamte Familie im Mai 2009 wegen der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers Österreich verlassen habe, sei "erst am mit einem formlosen Schreiben, aber erst ab 2016, bekanntgegeben" worden. Eine durchgehende aufrechte Meldung (iSd MeldeG) liege vor. Der Beschwerdeführer habe trotz Aufenthaltes der Kinder im Ausland weiterhin ohne Bedenken die österreichische Familienbeihilfe bezogen. In freier Beweiswürdigung sei für die Behörde der vorsätzliche und unrechtmäßige Bezug der Familienbeihilfe erwiesen. Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG hätten Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland haben. Da die Kinder nie in Österreich die Schule besucht hätten, sei nicht von einem Mittelpunkt der Lebensinteressen der Kinder in Österreich auszugehen. Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, habe die entsprechenden Beträge gemäß § 26 FLAG zurück zu zahlen. Auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, hafte für die Rückzahlung.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom . Darin führte die damalige steuerliche Vertreterin des Beschwerdeführers aus:

"Namens und im Auftrag unseres Mandanten erheben wir gegen den Bescheid vom über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Juni 2009 bis Juli 2016 innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.

Die Beschwerde richtet sich gegen den Rückforderungsanspruch dem Grunde nach. Wir stellen den Beschwerdeantrag, den Rückforderungsbescheid aufzuheben. Ebenso beantragen wir auf der Rechtsgrundlage des § 212a BAO, die Einhebung des gesamten Rückforderungsbetrages in Höhe von 31.939,60 EUR bis zur Erledigung der Beschwerde auszusetzen.

Begründung:

Der Rückforderungsbescheid stützt sich darauf, dass unser Mandant sowie seine beiden Kinder aufgrund eines Auslandaufenthaltes den Mittelpunkt des Lebensinteresses nicht mehr in Österreich und somit keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hatten. Gemäß § 2 Abs 8 FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet den Mittelpunkt der Lebensinteressen haben.

Diese Annahme einer Verlagerung des Mittelpunkts des Lebensinteresses ist im vorliegenden Fall jedoch völlig unzutreffend.

Unser Mandant ist in der Textilbranche tätig, welche sich in den letzten Jahren in Österreich deutlich gewandelt hat. Wirtschaftliche Gründe waren es schlussendlich, die ihn im Jahr 2009 gezwungen haben, sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen.

Der Arbeitsmarkt ist in der besagten Branche äußerst straff und somit war die Auswahl eingeschränkt. Unser Mandant ging in Folge dessen eine Vereinbarung mit einem neuen Arbeitgeber ein, dass er zunächst nach China entsandt wird und erst nach diesem Aufenthalt am österreichischen Standort Fuß fassen kann. Seine Aufgabe bestand hierbei das chinesische Werk adäquat zu verkaufen. Der Entsendungsvertrag war für drei Jahre ausgestaltet und seine Frau ***KM*** und die Kinder ***A*** und ***S*** haben ihn begleitet. Das Gehalt wurde vom österreichischen Unternehmen bezahlt und der Wohnsitz der Familie verblieb in Österreich.

Dadurch, dass das chinesische Werk defizitär und einen passenden Käufer zu finden nicht gerade die simpelste Angelegenheit war, verlängerte sich der Entsendungsvertrag bis Juni 2016. Die Rahmenbedingungen blieben ident wie zuvor beschrieben.

Bereits ab dem Jahr 2013 hat sich unser Mandant am österreichischen Arbeitsmarkt um Alternativen umgesehen. Dabei ließ er zahlreiche Bewerbungen österreichischen Unternehmen zukommen und war auch für Bewerbungsgespräche vor Ort. Da der Wunsch nach Österreich zurückzukommen erheblich groß war, blieb der Einstieg in eine textilbranchenfremde Firma nicht unversucht. Leider war die Suche erfolglos.

Im Juni 2016 wurde schlussendlich der Werkskaufvertrag mit der Bedingung abgeschlossen, dass unser Mandant noch mindestens zwei Jahre für das chinesische Werk arbeiten muss. Nun bezog er sein gesamtes Einkommen über das chinesische Unternehmen. Aufgrund dessen, dass unser Mandant keine österreichische Sozialversicherung mehr bezahlte, war er der Meinung, dass der Anspruch auf österreichische Sozialleistungen verloren ging. Als Konsequenz dessen hat er mit Schreiben vom die österreichische Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag abgemeldet.

Als unser Mandant im Jahr 2017 die Chance bekam, wieder in ein österreichisches Unternehmen einzusteigen, sprach er sofortig die Kündigung in China aus und kehrte im Jahr 2018 (am ehestmöglichen Zeitpunkt) mit seiner Familie wieder in sein Heimatland zurück. Anzumerken gilt, dass das österreichische Unternehmen in den Vorjahren Personal abgebaut hat und sich daher diese Möglichkeit nicht schon eher ergeben hat.

Die Familie war während des gesamten Auslandsaufenthaltes in Österreich gemeldet. Dabei konnten Sie jederzeit in das in Familienbesitz stehende Elternhaus zurückkehren. Im besagten Hause stand unseren Mandanten und seiner Familie ein gesamtes Stockwerk zur Verfügung, welches sie sich mit seiner Mutter teilten. Als die Mutter unseres Mandanten im Jahr 2015 verstorben war, stand das gesamte Stockwerk für die Familie bereit. Weiters hatte er eine ehemalige Dienstwohnung inne, in der zusätzlicher Hausrat abgestellt wurde. Auch diese Wohnmöglichkeit behielt sich unser Mandant während des Auslandaufenthaltes vor. Sämtlicher Hausrat wurde im Jahr 2018 nach der Rückkehr in die neue Familienwohnung nach ***8*** verbracht. Daraus ergibt sich, dass die Familie stets an ihrem österreichischen Wohnsitz festgehalten hat und ihnen eine ständige Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestanden ist.

Während des gesamten Auslandsaufenthaltes verblieb die Verbundenheit mit dem sozialen Umfeld in Österreich bestehen. Die Familie reiste regelmäßig nach Österreich zurück und verpasste keine Anlässe von Freunden und Familie. Selbst eine nötige Operation unseres Mandanten ließ er in Österreich durchführen.

Hintergedanke unseres Mandanten war es, diese Strapazen in China auf sich und die ganze Familie zu nehmen, um in Österreich wieder in der Textilbranche einen ordentlichen Arbeitsplatz bekommen zu können. Der gesamte Chinaaufenthalt stellte bloß vorübergehenden Charakter dar und unser Mandant hegte absolut keine persönlichen Beziehungen zu China. Die Familie hatte während des gesamten Auslandaufenthaltes eine stärkere gesellschaftliche und kulturelle Bindung zu Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen verblieb somit während des gesamten Auslandaufenthaltes in Österreich. Dadurch hat unser Mandant die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Juni 2009 bis Juli 2016 zu Recht bezogen."

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der Begründung wurde zunächst auf die Bestimmung des § 2 Abs. 8 FLAG 1967 verwiesen. Eine Person habe den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Bei der Beurteilung, ab eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet hat, seien nicht so sehr die wirtschaftlichen Interessen dieser Person, sondern vielmehr die persönlichen Beziehungen dieser Person, die sie zum Bundesgebiet hat, von ausschlaggebender Bedeutung. Bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, bestehe die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort, an dem sie mit Ihrer Familie leben. Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, sie sich ständig im Ausland aufhalten. Am sei ein Dienstvertrag mit der ***L*** GmbH abgeschlossen worden, in dem der gewöhnliche Arbeitsort ***7*** bzw. das Tochterunternehmen in ***6*** (China) angegeben sei. Der Beschwerdeführer habe in diesem Unternehmen sofort und für den gesamten Zeitraum in China gearbeitet. Dort habe sich auch die ganze Familie überwiegend aufgehalten. Es seien keine Lohnzettel des Unternehmens mit Österreichbezug im System. Gleichzeitig sei der Wohnsitz der Familie im Elternhaus von Herrn ***Bf*** von bis angemeldet worden. Ab der Beschäftigung in Österreich bei der ***Z*** AG () sei ein neuer Wohnsitz in ***9*** begründet worden (). Die Kinder hätten nie in Österreich eine Schule besucht. Auch eine Meldung im Elternhaus vermöge einen Mittelpunkt des Lebensinteresses nicht nach Österreich zu verlegen, wenn der Arbeitsort sofort in China gewesen sei und sich das ganze private Leben (Kindergarten- und Schulbesuch der Kinder) dort abgespielt habe. Heimatbesuche würden den gewöhnlichen Aufenthalt in China nicht unterbrechen.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . Darin wurde ergänzend zum Beschwerdevorbringen ausgeführt:

"Als Textilfachmann gibt es für Herrn ***Bf*** in Österreich nur ein begrenztes Angebot an attraktiven Arbeitgeberunternehmen. Aufgrund dieses Umstandes hat Herr ***Bf*** im Jahr 2009 einen Arbeitsvertrag mit der ***L*** AG unterschrieben und dabei für einen befristeten Zeitraum von 3 Jahren einer Entsendung zum chinesischen Tochterunternehmen zugestimmt.

Keinesfalls war ein dauerhafter Wegzug aus Österreich beabsichtigt und Herr ***Bf*** hat diese aus damaliger Sicht befristete Entsendung als Sprungbrett für eine dauerhafte Karriere am Hauptstandort der ***L*** AG in Österreich betrachtet. Ihm wurde nämlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Entsendung vom Hauptstandort Österreich die Aussicht gestellt, im Jahr 2012 die Leitung der Weberei in ***7*** zu übernehmen.

In ***10*** hatte Herr ***Bf*** bis Mai 2009 eine Dienstwohnung des ehemaligen Arbeitgebers zur Verfügung und er hat sich tatsächlich im Mai 2009 von diesem Wohnsitz abgemeldet. Allerdings hat der ehemalige Arbeitgeber diesen Wohnsitz nicht benötigt und daher zugestimmt, dass das gesamte Mobiliar der Familie ***Bf*** an diesem Wohnsitz verbleiben kann. Dieses Mobiliar wurde im Übrigen dann erst nach der endgültigen Rückkehr nach Österreich im Jahr 2018 übersiedelt.

Somit hatte die Familie ***Bf*** ungeachtet der polizeilichen Meldung während der gesamten Dauer des Auslandsaufenthaltes faktisch auch eine Wohnung in ***10*** zu ihrer Verfügung.

Zusätzlich stand der Familie im Elternhaus ein gesamtes Stockwerk zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung. Somit handelt es sich bei dieser Anmeldung am Wohnsitz des Elternhauses auch um eine reale, dauerhafte Wohngelegenheit.

Diese persönlichen Umstände wurden aus unserer Sicht in der Beschwerdevorentscheidung unzureichend gewürdigt. Auch die Judikatur hat mehrfach bestätigt, dass eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit auch dann nicht zu einer Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ins Ausland führt, wenn die Familie mitzieht (vgl. ).

Der Vorwurf, dass die Kinder in Österreich nie eine Schule besuchten, geht insofern ins Leere, als auf Grund des Alters der Kinder für diese bei Beginn der Entsendung noch keine Schulpflicht bestand.

Als Indizien für den stets näheren Bezug zu Österreich sind neben der Sprache (Familie ***Bf*** beherrscht die chinesische Sprache nicht), der sozialen Integration in Österreich auch die ununterbrochene Dauer der Zugehörigkeit zur österreichischen Kirchengemeinschaft und eine Ausbildung an der Donau Uni Krems zu nennen, die Herrn ***Bf*** während der Entsendung als Fernlehrgang absolvierte.

Nach Ablauf der Befristung hat Herr ***Bf*** aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des chinesischen Tochterunternehmens auf Drängen seines österreichischen Arbeitgebers einer Verlängerung der Tätigkeit in China zugestimmt. Dies ebenfalls nur, da er ansonsten die versprochene Stelle in Österreich nicht bekommen hätte.

Keinesfalls war diese Verlängerung bei Beginn der Entsendung für die Familie ***Bf*** absehbar.

Die Familie ***Bf*** hat stets den Wohnsitz in Österreich als ihren Hauptwohnsitz betrachtet und war daher von einem rechtmäßigen Familienbeihilfen- sowie Kinderabsetzbetragsbezug überzeugt.

Wir stellen daher nochmals den Antrag, zumindest für die Zeit des ersten befristeten Entsendungsvertrages von Mai 2009 bis Mai 2011 die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag zuzuerkennen und den Rückforderungsbescheid insoweit abzuändern."

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Am wurde die Aussetzung der Einhebung eines Teiles des Rückforderungsbetrages in Höhe von 15.722,20 € beantragt. Der Restbetrag von 16.331.49 € wurde vom Beschwerdeführer "vorläufig" entrichtet. Diese beantragte Aussetzung der Einhebung wurde vom Finanzamt mit Bescheiden vom und bewilligt.

Der für die Erledigung der Beschwerde zuständig gewesene Richter ist mittlerweile in den Ruhestand getreten. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes wurde in weiterer Folge die Gerichtsabteilung des erkennenden Richters für die Erledigung (unter anderem) der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt samt Beweiswürdigung

Der Beschwerdeführer war laut dem im Abgabeninformationssystem gespeicherten Lohnzettel für das Jahr 2009 im Zeitraum 1.1. bis Angestellter der Fa. ***B*** AG. Dieses Unternehmen scheint auch als Unterkunftgeber für die Wohnung in ***10*** auf. Laut den im Zentralen Melderegister gespeicherten Daten war der Beschwerdeführer dort in der Zeit vom bis (mit Hauptwohnsitz) gemeldet.

Ab dem war der Beschwerdeführer Angestellter der Fa. ***L*** GmbH und bis in diesem Unternehmen beschäftigt. Laut Auskunft des Arbeitgebers war er für den gesamten Zeitraum nach China entsandt worden und hielt sich auch vorwiegend dort auf. Im Einklang damit steht der vorgelegte Dienstvertrag, der auf unbefristete Zeit abgeschlossen worden war. Es trifft daher nicht zu, dass das Arbeitsverhältnis oder die Entsendung nach China zunächst befristet gewesen wären, wie dies vom Beschwerdeführer vorgebracht worden war.

Nach dem war der Beschwerdeführer weiterhin in China beschäftigt. Im Juni 2016 war der Werkskaufvertrag mit der Bedingung abgeschlossen worden, dass der Beschwerdeführer noch mindestens zwei Jahre für das chinesische Werk arbeiten muss. Der Beschwerdeführer bezog in der Folge sein gesamtes Einkommen über das chinesische Unternehmen (lt. Vorbringen in der Beschwerde). Erst seit dem ist der Beschwerdeführer wieder in Österreich, nunmehr bei der Fa. ***Z*** AG, beschäftigt (Auszug der Sozialversicherungsdaten).

Im Zeitraum bis April 2018 finden sich im Abgabeninformationssystem demzufolge auch keinerlei Lohnzettel. Die vom Beschwerdeführer aufgrund seiner Beschäftigung in China bezogenen Einkünfte unterlagen nicht der österreichischen Einkommensteuer, da sich weder Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt des Beschwerdeführers tatsächlich im Inland befanden (§ 1 Abs. 2 EStG). Wäre dies doch der Fall gewesen, wäre der Beschwerdeführer in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig gewesen.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers und die beiden Kinder übersiedelten nach den Angaben des Beschwerdeführers im Jahr 2009 mit nach ***6***, die Kinder besuchten dort die Schule. Erst im Jahr 2018 kehrte die Familie nach Österreich zurück (lt. Beschwerde).

In der Zeit vom bis waren der Beschwerdeführer, seine Ehefrau und die beiden Kinder mit Hauptwohnsitz in ***11*** (Wohnhaus der Eltern des Beschwerdeführers) gemeldet, obwohl sie bis zur Beendigung der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführerin in China tatsächlich nicht dort, sondern in ***6*** gewohnt haben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass im Haus der Eltern eine "ständige Wohnmöglichkeit" (lt. Beschwerde) bzw. eine "reale, dauerhafte Wohngelegenheit" (lt. Vorlageantrag) zur Verfügung gestanden wäre und Hausrat in der ehemaligen Dienstwohnung von 2009 bis 2018 (somit neun Jahre lang) abgestellt bleiben konnte.

Die Familie des Beschwerdeführers reiste in der Zeit von 2009 bis 2018 wiederholt nach Österreich, eine notwendige Operation des Beschwerdeführers wurde hier durchgeführt. Der Beschwerdeführer blieb nach seinem Vorbringen im Vorlageantrag zur österreichischen Kirchengemeinschaft zugehörig und hat einen Fernlehrgang an der Donau Uni Krems absolviert.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967).

Eine Person kann zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen iSd § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen, insbesondere auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, an ein bestimmtes Land binden. Der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person wird regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein. Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus ( mwN).

In dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, allerdings zu Art. 4 DBA USA 1998 ergangenen Erkenntnis , führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen ist. Begründet eine Person in einem Staat eine Wohnstätte, ohne ihre im anderen Staat schon bestehende Wohnstätte aufzugeben, so kann die Tatsache, dass sie die erste Wohnstätte beibehält, wo sie bisher gelebt und gearbeitet hat und wo sie ihre Familie und ihren Besitz hat, zusammen mit anderen Gesichtspunkten dafür sprechen, dass sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im ersten Staat beibehalten hat.

Der Beschwerdeführer hat allerdings von 2009 bis 2018, somit über einen Zeitraum von neun Jahren, mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern in China in einem gemeinsamen Haushalt gewohnt, da er in China erwerbstätig war. Die Familie des Beschwerdeführers blieb nicht in Österreich zurück (womit gewichtige Argumente für den Lebensmittelpunkt in Österreich gesprochen hätten), sondern zog mit diesem nach China. Die Kinder besuchten in China die Schule. Der Aufenthalt seiner Familie und die berufliche Tätigkeit in China sind daher schwerwiegende Gesichtspunkte für die Annahme des Mittelpunktes der Lebensinteressen des Beschwerdeführers in China. Die wiederholten Besuche von Freunden und Bekannten sowie der Eltern des Beschwerdeführers in Österreich überwiegen diese Umstände ebenso wenig wie die vom Beschwerdeführer aufgezeigte Wohnmöglichkeit im Haus seiner Eltern. Gleiches gilt für die Teilnahme an Familienfeiern in Österreich, die aufrechte Zugehörigkeit zur Kirchengemeinschaft und die Durchführung einer Operation des Beschwerdeführers in Österreich. Das Finanzamt ging daher für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum zutreffend von einem Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers in China aus.

Dazu kommt, dass gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder besteht, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat demnach jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Die Frage des ständigen Aufenthaltes ist nicht nach den subjektiven Gesichtspunkten (wie etwa dem Mittelpunkt der Lebensinteressen), sondern nach dem objektiven Kriterium der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten. Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt. Erstreckt sich ein Aufenthalt über einen "längeren Zeitraum", so liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "jedenfalls" ein "nicht nur vorübergehendes Verweilen" vor. Ein Aufenthalt ist demnach nicht schon dann "vorübergehend" im Sinne dieser Rechtsprechung, wenn er zeitlich begrenzt ist. Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor. Bei einem Aufenthalt zum Zwecke des Schulbesuches vom Herbst 1991 bis zum Jänner 1993 ging der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 98/15/0016, von einem ständigen Aufenthalt im Ausland aus. Ein einjähriger Auslandsaufenthalt etwa zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (vgl. mwN und Hinweis auf Kuprian, Kein Familienbeihilfenanspruch bei Ausbildung eines Kindes in einem "Drittland", in UFS Journal 2011/10, 371).

Die Kinder des Beschwerdeführers haben sich von 2009 bis 2018 in China aufgehalten und dort die Schule besucht. Selbst wenn man dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Vorlageantrag folgen würde und von einer zunächst vorliegenden Befristung des Auslandsaufenthaltes von Mai 2009 bis Mai 2011 (somit zwei Jahre) ausgehend würde, wäre bereits damit ab Beginn der beruflichen Tätigkeit in China klar gewesen, dass er sich mit seiner Frau und seinen Kindern über einen "längeren Zeitraum" im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung im Ausland aufhalten wird und damit aufgrund des ständigen Aufenthaltes der Kinder im Ausland kein Beihilfenanspruch besteht.

Aus all diesen Gründen bestand daher im beschwerdegegenständlichen Zeitraum kein Beihilfenanspruch des Beschwerdeführers. Zu prüfen bleibt noch, ob die Rückforderung aus verjährungsrechtlicher Sicht für den gesamten Zeitraum zulässig war.

Gemäß § 207 Abs. 4 BAO verjährt das Recht, die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern, in fünf Jahren. Allerdings gilt § 207 Abs. 2 zweiter Satz sinngemäß, wonach die Verjährungsfrist zehn Jahre beträgt, soweit eine Abgabe hinterzogen ist. Liegt dem zu Unrecht erfolgten Beihilfenbezug eine Hinterziehungsabsicht zugrunde, beträgt die Verjährungsfrist somit zehn Jahre (Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, 2. Auflage, § 26 Tz 39 mit Hinweis auf ).

Der Abgabenhinterziehung macht sich gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 25 FLAG 1967 sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache beim zuständigen Finanzamt zu erfolgen.

Auf diese Meldepflicht wird der Bezieher der Familienbeihilfe in der an ihn ergangenen Mitteilung über das Bestehen des Beihilfenanspruches ausdrücklich aufmerksam gemacht. Der Antragsteller nimmt daher mit der ihm zugesandten Mitteilung zur Kenntnis, dass er sämtliche Änderungen seiner im Antrag gemachten Angaben binnen einem Monat dem zuständigen Finanzamt zu melden hat. In der Mitteilung wird ferner auf mögliche Sanktionen bei Unterlassen der Mitteilung (z.B. Rückforderungen) hingewiesen (Lenneis/Wanke, a.a.O., § 25 Tz 3).

Die Mitteilung, dass ein Kind, für welches Familienbeihilfe bezogen wird, sich für einen längeren Zeitraum im Ausland aufhalten wird (ins Ausland zieht), gehört zu diesen meldepflichtigen Umständen (vgl. Lenneis/Wanke, a.a.O., § 25 Tz 9 mit Hinweis auf Wittmann/Papacek, § 25, 17).

Der Beschwerdeführer hätte daher den Umstand, dass er im Mai 2009 mit seiner Frau und den beiden Kindern für einen absehbar längeren Zeitraum nach China zieht, binnen einen Monats dem Finanzamt mitteilen müssen. Die Unterlassung dieser Meldung stellt eine Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeigepflicht dar; die Meldepflicht im Sinne des § 25 FLAG 1967 ist eine spezielle abgabenrechtliche Anzeigepflicht (Ritz, BAO, § 123 Tz 2).

Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 8 Abs. 1 FinStrG).

Der bedingte Vorsatz im Sinne des zweiten Halbsatzes dieser Bestimmung setzt kein Wissen über eine Tatsache oder eine Wahrscheinlichkeit, sondern nur das Wissen einer Möglichkeit voraus. Da der Täter den Umstand aber "ernstlich" für möglich halten muss, ist eine Möglichkeit in einem konkreteren Sinn, wie sie etwa einem durch Bedenken erweckten Zweifel entspricht, gemeint (; ). Der OGH hat klarstellend ausgesprochen, dass "ernstlich für möglich halten" so zu verstehen ist, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung (den verpönten Erfolg) als naheliegend ansieht (ständige Rechtsprechung seit , veröffentlicht in EvBl 1975/192 = JBl 1975, 384).

Angesichts der in China angetretenen mehrjährigen Auslandstätigkeit und der Mitübersiedlung seiner Frau und der beiden Kinder musste der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der Hinweise auf den Mitteilungen des Finanzamtes Zweifel am weiterhin bestehenden Beihilfenanspruch haben und hat es damit ernstlich für möglich gehalten, dass er zu Unrecht für seine beiden Kinder Familienbeihilfe bezieht. Bei einem Wegzug aus Österreich mit Frau und Kindern ist es naheliegend, dass der österreichische Staat keine Familienleistungen mehr erbringt und aufgrund einer unterlassenen Meldung gemäß § 25 FLAG 1967 dennoch weiter ausbezahlte Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen wird.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei der Ansicht gewesen, dass erst im Jahr 2016 der Anspruch auf Familienbeihilfe verloren gegangen sei, weil aufgrund der direkten Beschäftigung im chinesischen Unternehmen auch keine österreichische Sozialversicherung mehr bezahlt worden sei, ist als bloße Schutzbehauptung zu werten. Es stellt Allgemeinwissen dar, dass die Gewährung von Familienbeihilfe von Zahlungen des Beihilfenbeziehers in die österreichische Sozialversicherung unabhängig ist. Ein derartiger Leistungsnachweis wird demzufolge auch in den Antragsformularen auf Zuerkennung der Familienbeihilfe nicht verlangt und wurde auch im Beihilfenverfahren des Beschwerdeführers nie gefordert.

Gleiches gilt für den Einwand, die Familie des Beschwerdeführers habe stets den Wohnsitz in Österreich als ihren Hauptwohnsitz betrachtet und der Beschwerdeführer sei daher von einem rechtmäßigen Bezug der Familienbeihilfe sowie der Kinderabsetzbeträge überzeugt gewesen.

Für die (finanz-)strafrechtliche Beurteilung ist in diesem Zusammenhang maßgeblich, ob eine sogenannte "vertretbare Rechtsansicht" vorliegt. Handelt der Steuerpflichtige aufgrund einer solchen vertretbaren Rechtsansicht, kann ihm nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Ist die Rechtsansicht allerdings objektiv unvertretbar, liegt bedingter Vorsatz vor.

Gemäß § 1 Abs. 7 Meldegesetz ist der Hauptwohnsitz eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen. Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind dabei gemäß § 1 Abs. 8 Meldegesetz insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

Angesichts dieser Kriterien besteht aufgrund der oben getroffenen Sachverhaltsfeststellungen kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall von einem Hauptwohnsitz in Österreich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine Rede sein konnte. Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers erweist sich damit als objektiv unvertretbar. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass vom Beschwerdeführer eine genaue Kenntnis dieser gesetzlichen Bestimmungen nicht verlangt werden kann; es entspricht gängigem Allgemeinwissen, dass man seinen Hauptwohnsitz nicht in Österreich hat und haben kann, wenn man neun Jahre lang (von Besuchen in Österreich abgesehen durchgängig) mit der gesamten Familie im Ausland lebt, dort arbeitet und die Kinder auch dort zur Schule gehen.

Unter Berücksichtigung aller Umstände war die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist für die Rückforderung daher rechtmäßig (vgl. auch mit Hinweis auf und ).

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe zurückzuzahlen. Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 EStG, der auf § 26 FLAG 1967 verweist, auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge.

Der angefochten Rückforderungsbescheid erweist sich damit als rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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