Kein ernsthaftes und zielstrebiges Studium, wenn Inskription im Inland nur als Überbrückung zum Auslandsstudium erfolgt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Familienbeihilfe 03.2016-09.2016 zu Recht:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Sohn der Beschwerdeführerin (in Folge kurz BF), ***Sohn***, hat am die Reifeprüfung abgelegt und im Sommersemester 2016 das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien inskribiert. Die BF bezog u.a. von Jänner 2016 bis September 2017 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge. Ab dem Wintersemester 2016/2017 bis einschließlich Wintersemester 2018/2019 studierte der Sohn der BF Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth in Deutschland und ab dem Sommersemester 2019 wieder Rechtswissenschaften an der Universität Wien.
Im Zuge einer am erfolgten Vorsprache der BF gemeinsam mit ihrem Sohn bei der belangten Behörde wurde folgender Aktenvermerk angefertigt:
"1. Die Inskription an der Uni Wien im SS 2016 erfolgte nur, da eine Inskription an der Uni Bayreuth erst im WS 2016/17 möglich war; Prüfungen wurden keine abgelegt.
2. Über die abgelegten Praktika werden von der Uni Bayreuth keine Bestätigungen ausgestellt (über die Anerkennung), es wird nur in der Ablegung der Abschlussprüfung überprüft, ob sie absolviert wurden. Inhaltlich wäre für eine (Nicht)anerkennung das Landesjustizprüfungsamt zuständig.
3. Es werden Ausdrucke aus dem Online-System der Uni nachgereicht (diese Woche noch), aus denen die ECTS-Punkte für Wochenstunden der im WS 2016/17 u. SS 2017 abgelegten Prüfungen ersichtlich sind."
In weiterer Folge erging am ein Rückforderungsbescheid für Familienbeihilfe sowie die Kinderabsetzbeträge für März bis September 2016, insgesamt EUR 1.542,80 mit folgender Begründung: "Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt".
In der am eingelangten Beschwerde wird folgendes vorgebracht:
"…Mein Sohn studierte von März 2016 bis September 2016 das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Nunmehr fordert das Finanzamt die bezogene Familienbeihilfe zurück.
a. Ernsthaftes und zielstrebiges Studium
Da mein Sohn für das darauffolgende Semester (Wintersemester 2016/17) eine Zusage bekommen hat an der Universität Bayreuth Rechtswissenschaften studieren zu dürfen, bereitete er sich im Zuge seines Studiums in Wien auf dieses vor. Dies tat er u.a. indem er im Zeitraum von bis ein Praktikum am Landesgericht Krems an der Donau absolvierte (Beilage/1). Prüfungen legte er vor allem nicht ab, da praktische Erfahrungen als Vorbereitung auf das Studium in Deutschland wichtiger erschienen und eine Anrechnung etwaiger Prüfungen aus Österreich ohnehin für eine Anerkennung in Deutschland nur in den äußersten Fällen herangezogen werden können, zumal sich die Studiengänge Rechtswissenschaften in Österreich und Deutschland deutlich voneinander unterscheiden. Darüber hinaus besuchte mein Sohn diverse Einführungsvorlesungen um sich vor Augen zu führen, was ihn in Deutschland erwarten könnte und um sich mit dem Alltag als Student vertraut zu machen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass mein Sohn sein Studium nicht zielstrebig und ernsthaft iS von § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 betrieben hat.
Dass ein Prüfungserfolg alleine für die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit des Studiums nicht maßgeblich ist, hat auch der VwGH wiederholt ausgesprochen (VwGH, 16.111993, 90/14/0108 sowie VwGH, , 98/13/0042).
b. Keine Prüfungen
Der Unabhängige Finanzsenat Graz hat in seiner Entscheidung vom zur Zahl RV/0129-G/07 ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium auch in einem Fall angenommen, in dem keinerlei Prüfungsantritt absolviert wurde.
Auch das Bundesfinanzgericht geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium grundsätzlich auch ohne Absolvierung von Prüfungen möglich ist. ()".
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung am ab und begründete dies wie folgt:
"Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe unter anderem Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt grundsätzlich als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Jedoch sind als Zeiten der Berufsausbildung nur solche Zeiten anzusehen, in denen aus objektiv erkennbaren Umständen geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse (Inskription) genügt nicht, um eine Berufsausbildung nachzuweisen. Vielmehr muss eine Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Ernstliches, zielstrebiges und nach Außen erkennbares Bemühen um einen Ausbildungserfolg (Studienfortgang bzw. Studienabschluss) manifestiert sich insbesondere im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen. Zwar ist nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend, das Kind muss aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen.
Ihr Sohn ***Sohn1*** war im Sommersemester 2016 im Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien inskribiert. Ab dem Wintersemester 2016/17 studierte Ihr Sohn Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth in Deutschland. Für das Sommersemester 2016 wurde kein Studienerfolgsnachweis vorgelegt.
In der Beschwerde vom wird dazu vorgebracht, dass keine Prüfungen abgelegt wurden, weil Ihr Sohn für das Wintersemester 2016/17 eine Zusage an der Universität Bayreuth erhalten habe und er ein Praktikum (Rechtshörerschaft) am Landesgericht Krems ( bis ) als Vorbereitung für das Studium in Deutschland absolviert habe. Mit einer Anrechnung von Prüfungen aus Österreich sei ohnehin nicht zu rechnen gewesen, da sich die Studiengänge Rechtswissenschaften in Österreich und Deutschland deutlich voneinander unterscheiden. Ihr Sohn habe jedoch diverse Einführungsvorlesungen besucht um sich mit dem Alltag als Student vertraut zu machen und sich vor Augen zu führen, was ihn in Deutschland erwarten könnte. Nachweise über den regelmäßigen Besuch der vorgesehenen Lehrveranstaltungen durch den Sohn wurden nicht vorgelegt. Zudem konnten im Zeitraum von bis jedenfalls keine Vorlesungen besucht werden, da Ihr Sohn in dieser Zeit als Rechtshörer am Landesgericht Krems tätig war. Ein Praktikum fällt aber nur dann unter den Begriff Berufsausbildung, wenn es eine unbedingte Voraussetzung für die Aufnahme an eine Lehranstalt darstellt bzw. wenn diese Praxis für die Ausübung des Berufes vorgeschrieben ist.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich nicht um ein Pflichtpraktikum. Nach der ständigen Judikatur des VwGH stellt ein absolviertes Praktikum keine Berufsausbildung dar, wenn dieses Praktikum nicht Teil einer Ausbildung ist.
Im Zeitraum 03/2016 bis 09/2016 kann daher von keiner Berufsausbildung iSd FLAG ausgegangen werden. Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge nach § 26 Abs 1 FLAG 1967 zurückzuzahlen. Mit dem Familienbeihilfenanspruch verbunden ist der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 3 EStG 1988). Die Beschwerde war aus oben angeführten Gründen abzuweisen."
Der Beschwerde beigelegt war die Bestätigung des Praktikums am LG Krems.
Dagegen wurde fristgerecht () ein Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht (BFG) gestellt.
Am wurde ein Ergänzungsschreiben zum Vorlageantrag an die belangte Behörde gerichtet. Darin wird folgendes vorgebracht: "Mit Beschwerdevorentscheidung vom des Finanzamtes Waldviertel vertritt selbiges nun zu Recht die Auffassung, dass alle Semester meines Sohnes (Sommersemester 2016, Sommersemester 2019 und Wintersemester 2019), welche er bislang an einer österreichischen Universität (Universität Wien) absolviert hat bzw. absolviert, von den bereits absolvierten Semestern meines Sohnes in Deutschland (Universität Bayreuth) getrennt behandelt werden. Diese Auffassung führte zu der Entscheidung, dass das Finanzamt ab 03/2019 wieder Familienbeihilfe gewährt hat, da mein Sohn mit Sommersemester 2019 insgesamt 27 ECTS-Punkte (mittlerweile kamen 7 ECTS durch die MP Rechts und Verfassungsgeschichte hinzu) erreicht hat und somit den Studienerfolgsnachweis von 16 ECTS deutlich erfüllt.
Da der Studienerfolgsnachweis nur auf österreichische Einrichtungen (Uni, FH o.Ä) Anwendung findet, trennt das Finanzamt nun korrekterweise die Semester in Österreich von denen in Deutschland. Aufgrund dessen stellt sich daher die Frage, ob die Rückforderung der Familienbeihilfe für das Sommersemester 2016 gerechtfertigt ist. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist der Erfolgsnachweis erst nach einem Jahr zu erbringen. Daher müssen für den Erfolgsnachweis zumindest die ersten beiden Semester meines Sohnes an einer österreichischen Universität oder anderen Einrichtung herangezogen werden (Sommersemester 2016 + Sommersemester 2019). Ein einziges Semester reicht daher nicht aus um Entscheidungen über die Zielstrebigkeit oder den Erfolgsnachweis zu treffen. Dieselbe Auffassung vertritt nun auch das zuständige Finanzamt, da ab 03/2019 wieder Familienbeihilfe gewährt wurde.
Dies hat zur Folge, dass eine Rückforderung für das Sommersemester 2016 nicht gerechtfertigt ist auch wenn in diesem keine Prüfungen abgelegt wurden, da die Anforderungen für den Erfolgsnachweis dennoch gegeben sind. Zu verweisen ist zudem noch auf meinen Vorlageantrag vom , in welchem diese Thematik ebenfalls, erörtert wird."
Dem Schreiben beigelegt wurde der Nachweis über die positiv absolvierten Prüfungen zwischen Mai 2019 bis November 2019 an der Uni Wien (vom ).
Am brachte die BF erneut eine Ergänzung zu ihren bisherigen Vorlageanträgen (Anm: es gibt ein weiteres, unerledigtes Verfahren der BF gegen einen Abweisungsbescheid v. Familienbeihilfe u. Kinderabsetzbeträgen vor dem BFG, s. ***RV***) ein indem ausgeführt wird:
"Zusätzlich zu diesem Vorlageantrag habe ich einen weiteren Vorlageantrag (vom ) [Anm: gemeint offenbar ) eingebracht, welcher sich auf eine Beschwerdevorentscheidung vom bezieht, in welcher die Familienbeihilfe für den Zeitraum des Sommersemesters 2016 (März 2016 - September 2016) zurückgefordert wird.
Seit März 2019 studiert mein Sohn in Wien Rechtswissenschaften. Da das Finanzamt Waldviertel nun das Sommersemester 2016, das Sommersemester 2019 und das Wintersemester 2019 (also alle Semester, die mein Sohn bereits in Österreich studiert hat) herangezogen hat und zu dem Entschluss gekommen ist, dass mein Sohn den erforderlichen Studienerfolgsnachweis von mindestens 16 ECTS mit 27 ECTS (mittlerweile sind 7 ECTS durch die Modulprüfung Rechts- und Verfassungsgeschichte hinzugekommen) deutlich erfüllt hat, "war ab 03/2019 wieder Familienbeihilfe zu gewähren". Da das Studium in Deutschland und das Studium in Österreich nun getrennt behandelt werden, ist zu klären, ob die Rückforderung der Familienbeihilfe für das Sommersemester 2016 aufgrund nicht erbrachter Leistungen gerechtfertigt ist. Gemäß §2 Abs 1 lit b FLAG 1967 ist ein Studienerfolgsnachweis erst nach dem ersten Studienjahr zu erbringen. Abgesehen von Orientierungsschwierigkeiten, welche im ersten Semester auftreten können und aufgrund welche mein Sohn im Sommersemester 2016 keine Prüfungen abgelegt hat, ergeben zwei Semester ein Studienjahr. Da mein Sohn im Sommersemester 2019 insgesamt 11 ECGTS Punkte erreicht hat, erfüllt er somit die Anforderungen für den Studienerfolgsnachweis. Eine Rückforderung ist daher nicht gerechtfertigt. Bezüglich des Studienerfolgsnachweises aus Deutschland ist zudem anzufügen, dass dieser ebenfalls erreicht wäre, sofern das Pflichtpraktikum anerkannt werden würde."
Am sendete die belangte Behörde ein E-Mail an den Sohn der BF in dem (abgesehen vom Beschwerdeverfahren ***RV***) folgende Informationen mitgeteilt wurden: "…. es ist daher vorgesehen: das SS 2016 (03/2016 - 09/2016) an der Universität Wien rückzufordern, da in diesem Zeitraum keine Tätigkeit an der Uni nachgewiesen werden konnte…Sollten innerhalb von einer Woche keine neuen/ergänzenden Unterlagen nachgereicht werden, wird im o.a. Sinne entschieden werden."
Derartige Nachweise wurden in weiterer Folge nicht eingebracht.
Die belangte Behörde leitete am dem BFG folgenden Vorlagebericht weiter:
"Sachverhalt: Der Sohn der BF hat im Jänner 2016 die Reifeprüfung abgelegt und war im Sommersemester 2016 im Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien inskribiert - es wurde kein Studienerfolgsnachweis vorgelegt.
Im Zeitraum von bis absolvierte er eine Rechtshörerschaft am Landesgericht Krems. Ab dem Wintersemester 2016/2017 bis einschließlich Wintersemester 2018/2019 studierte der Sohn der BF Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth in Deutschland und ab Sommersemester 2019 wieder Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Im Sommersemester 2019 liegt ein Studienerfolg vor.
Stellungnahme: Strittig ist, ob der Sohn der BF im Sommersemester 2016 das Studium der Rechtswissenschaften ernsthaft und zielstrebig betrieben hat und somit im Zeitraum 03/2016 bis 09/2016 eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vorlag.
Die BF und ihr Sohn gaben bei einer persönlichen Vorsprache am Finanzamt an, dass die Inskription an der Universität Wien im Sommersemester 2016 nur erfolgt sei, da eine Inskription an der Universität Bayreuth erst im Wintersemester 2016/17 möglich gewesen sei (AV vom ). In der Beschwerde führte die BF aus, dass ihr Sohn im Sommersemester 2016 keine Prüfungen abgelegt habe, da er eine Zusage an der Universität Bayreuth für das Wintersemester 2016/2017 erhalten und er ein Praktikum (Rechtshörerschaft) am Landesgericht Krems (in der Zeit von bis ) als Vorbereitung für das Studium in Deutschland absolviert habe.
Nachweise über den regelmäßigen Besuch der vorgesehenen Lehrveranstaltungen wurden bislang nicht erbracht. Dabei ist anzumerken, dass in der Zeit von bis keine Vorlesungen besucht werden konnten, da in diesem Zeitraum das Praktikum am Landesgericht Krems absolviert wurde. Mangels Nachweisen und aufgrund der Aussagen der BF gelangt die Abgabenbehörde zu dem Schluss, dass der Sohn der BF im Sommersemester 2016 das Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben hat und nie die Absicht hatte Prüfungen abzulegen. Die Zulassung an einer Universität ist als reiner Formalakt nicht geeignet eine Berufsausbildung nachzuweisen und somit den Anspruch auf die Familienbeihilfe zu begründen. Vielmehr ist das Ablegen der vorgesehenen Prüfungen ein wesentlicher Bestandteil der Berufsausbildung. Besteht von vornherein keine Absicht die vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen, kann nach Ansicht der Abgabenbehörde jedenfalls nicht von einer Berufsausbildung gesprochen werden. Es wurden auch keine Nachweise über den regelmäßigen Besuch der Lehrveranstaltungen vorgelegt. Das bloße Sammeln von Erfahrungen, Aneignen von Fertigkeiten oder eines bestimmen Wissenstandes stellt für sich allein keine Berufsausbildung dar. Auch die Absolvierung der Rechtshörerschaft stellt keine Berufsausbildung iSd FLAG dar, da dieses Praktikum nicht Teil der Ausbildung ist.
Der Ansicht der BF, dass für den Erfolgsnachweis zumindest die ersten beiden Semester an einer österreichischen Bildungseinrichtung heranzuziehen sind - im gegenständlichen Fall Sommersemester 2016 und Sommersemester 2019 - kann von Seiten der Abgabenbehörde nicht gefolgt werden. Es wird beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Sohn der BF legte im Jänner 2016 die Matura ab. Im Sommersemester 2016 hat er das Studienfach Rechstwissenschaften an der Universität Wien inskribiert. Die Einschreibung an dieser Uni erfolgte nur deshalb, weil eine Inskription an der Uni Bayreuth erst im darauffolgenden Wintersemester möglich war. Der Sohn der BF hat sich zu keiner Lehrveranstaltung an der Uni Wien angemeldet. Es bestand von Anfang an keine Absicht in diesem Semster Prüfungen an der Uni Wien abzulegen, es wurden auch keine (Pflicht)übungen absolviert. Dies vor dem Hintergrund und mit der Begründung, dass dies nicht sinnvoll ist, da Prüfungen in Deutschland (Uni Bayreuth) ohnehin nicht bzw. nur in äußersten Fällen anerkannt werden. In Wien wurden lediglich Einführungsvorlesungen besucht; ebenfalls ausschließlich als Vorbereitung für das darauffolgende Studium in Deutschland. In der Zeit von bis absolvierte der Sohn der BF zudem eine Rechtshörerschaft am Landesgericht Krems. Im Zuge dieser Rechtshörerschaft, u.a. auf dem Rechtsgebiet Strafrecht, hat der Rechtshörer in Akten eingesehen, an Hauptverhandlungen, Haftverhandlungen und Anhörungen teilgenommen. Eine administrative Tätigkeit im Büro ist einem/einer Rechtshörer/Rechtshörerin nicht erlaubt und hat der Rechtshörer diese Tätigkeit daher nicht innegehabt. Die Rechtshörerschaft hat lediglich den Sinn einer unentgeltlichen Weiterbildung und ist mit keiner aktiven Tätigkeit im Bürobetrieb verbunden. In der Zeit der Rechtshörerschaft wurden keine Vorlesungen besucht.
Ein von der belangten Behörde geforderter Studienerfolgsnachweis wurde nicht erbracht. Es wurden keine ECTS-Punkte (bzw. Semesterwochenstunden) erwirtschaftet.
Im Wintersemester 2016/17 startete der Sohn der BF das Studium der Rechtswissenschaften in Deutschland (Uni Bayreuth).
Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt für den Zeitraum März 2016 bis September 2016 Familienbeihilfe in Höhe von EUR 1.134,00 und Kinderabsetzbeträge in Höhe von EUR 408,80 insgesamt sohin EUR 1.542,80 auf Basis von §§ 26 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in Verbindung mit § 33 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG 1988) zurück, da kein ernsthaftes und zielstrebiges Studium im SS 2016 betrieben wurde.
Beweiswürdigung
Der als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus den oben dargestellten Verfahrensgang und ist großteils unstrittig. Dass im SS 2016 keine Prüfungen abgelegt und keine Pflicht-/Übungen besucht wurden ist ebenso unstrittig wie die Tatsache, dass der Sohn der BF lediglich Einführungsvorlesungen in diesem Semester besucht hat. Einen Nachweis für den Besuch der Einführungsvorlesungen wurde zwar nicht erbracht und liegt daher im Akt nicht auf, die belangte Behörde hat diesem Vorbringen aber nicht widersprochen und auch das BFG geht mangels anderslautender Feststellungen von der Richtigkeit dieses Vorbringens aus. Faktum ist, dass generell der Besuch von Vorlesungen ohnehin in keiner Studienbestätigung der Universität aufscheint. Strittig ist lediglich, ob im SS 2016 an der Uni Wien ein zielstrebiges und ernsthaftes Studium vorliegt, das die Voraussetzung für die Gewährung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen begründet.
Die vom Gericht getroffene Annahme, warum kein ernsthaftes und zielstrebiges Studium im Sinne des FLAG vorliegt ergibt sich im Wesentlichen aus der am erfolgten Vorsprache der BF und deren Sohn bei der belangten Behörde und dem daraus angefertigten Aktenvermerk. Dabei bringt die BF selbst vor, dass die Inskription an der Uni Wien im SS 2016 nur erfolgte, da eine Inskription an der Uni Bayreuth erst im WS 2016/17 möglich war; Prüfungen legte er vor allem nicht ab, da praktische Erfahrungen als Vorbereitung auf das Studium in Deutschland wichtiger erschienen und eine Anrechnung etwaiger Prüfungen aus Österreich ohnehin für eine Anerkennung in Deutschland nur in den äußersten Fällen herangezogen werden können, zumal sich die Studiengänge Rechtswissenschaften in Österreich und Deutschland deutlich voneinander unterscheiden. Auch der Besuch diverser Einführungsvorlesungen erfolgte nur um zu sehen, was ihn in Deutschland erwarten könnte und um sich mit dem Alltag als Student vertraut zu machen. Die in weiterer Folge, nach Ergehen des Rückforderungsbescheides, am vorgebrachten Orientierungsschwierigkeiten des Sohnes im ersten Semester stellen eine völlig neue Begründung für den nicht vorhandenen Erfolgsnachweis dar und vermögen des Gericht nicht zu überzeugen.
Die einmonatige Rechtshörerschaft ergibt sich aus der Bestätigung des Landesgerichtes Krems vom . Der Annahme der belangten Behörde, wonach in dieser Zeit keine Vorlesungen besucht werden konnte, wurde einerseits nicht widersprochen und liegt andererseits aus Sicht des BFG in der Natur der Sache selbst.
Ein dokumentierter, im Sinne von nachgewiesener Studienerfolg wurde - obwohl mehrfach abverlangt - weder vorgelegt noch behauptet; ein von der Universität Wien erstellter Auszug/ Bestätigung über positiv absolvierte Prüfungen, wurde, aber konnte zugleich auch gar nicht vorgelegt werden, da wie im Sachverhalt festgestellt, keine Prüfungen und Übungen, die sich auf dieser Bestätigung wiederfinden würden, absolviert wurden.
Rechtliche Beurteilung
Im Streit steht die Rückforderung der Familienbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrages für das im Bescheid namentlich genannte Kind der BF im Zeitraum 03/2016-09/2016. Im vorliegenden Beschwerdefall ist das Vorliegen eines ernsthaft und zielstrebig betriebenen Studiums und das diesbezügliche Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe sowie des Kinderabsetzbetrages zu prüfen.
§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß….
§ 26 Abs 1 FLAG 1967 lautet:
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
§ 33 Abs 3 EStG 1988 lautet:
…… Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt nach dieser zitierten Gesetzesbestimmung (§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967) als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Auch wenn ein weiterer Erfolgsnachweis nicht gefordert ist, muss das Studium doch, um als Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967 anerkannt werden zu können, und insoweit ist dem Finanzamt zuzustimmen, überhaupt ernsthaft betrieben werden.
Ein ernstliches und zielstrebiges Studium ist nicht schon dann in Abrede zu stellen, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch einige Zeit in Verzug gerät. Ein Studium jedoch, bei dem schon bald nach seinem Beginn Prüfungen abzulegen sind, bei dem das Kind aber zu keiner einzigen Prüfung antritt, kann keinesfalls mehr als Berufsausbildung gewertet werden, mag auch das während des Studiums erworbene Wissen dem Kind später bei der Ausübung des Berufes dienlich sein. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass der laufende Besuch einer Maturaschule für sich allein nicht hinreiche, das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 anzunehmen: hinzu müsse das ernstliche und zielstrebige nach außen erkennbare Bemühen um die (Externistenreife)prüfung treten, das sich im Antritt zu den erforderlichen Vorprüfungen bzw. Prüfungen zu manifestieren habe. Zwar sei nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend; der Maturaschüler müsse aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit zumindest versuchen, die Voraussetzungen für die Zulassung zur Reifeprüfung zu erfüllen. Diese Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem auch im Erkenntnis vom , 98/13/0042, wiederholt. (vgl. ; ).
Auch in der jüngeren Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof immer wieder darauf hingewiesen, dass das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, essenzieller Bestandteil jeder Berufsausbildung ist (z.B. ). Das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg manifestiere sich insbesondere im Antreten zu Prüfungen ().
Dem Vorbringen der BF wird insofern gefolgt, als dass der Prüfungserfolg alleine für die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit des Studiums nicht maßgeblich ist. Dies hat das Höchstgericht bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. ; ; ). Dieser zu beachtenden Judikatur ist zu entnehmen, dass bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit des Studierens mehrere Aspekte zu berücksichtigen sind, insbesondere nicht ausschließlich die durch positive Prüfungen erzielten Punkte. Relevant können erzielte Punkte, positive und negative Prüfungsantritte, aber auch die Absicht innerhalb angemessener Zeit zu Prüfungen anzutreten und ebenfalls die Vorbereitung auf anstehende Prüfungen sein.
Richtigerweise wird in der von der BF vorgebrachten Entscheidung des -G/07 erwähnt, dass es im Rahmen der freien Beweiswürdigung beurteilt wird, ob ein ernsthaft und zielstrebig betriebenes Studium vorliegt oder nicht.
Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens und nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. In Gesamtbetrachtung des gegenständlichen Sachverhaltes kommt das BFG im Sinne des § 167 Abs 2 BAO zu der Ansicht, dass allein der Besuch von Einführungsvorlesungen und die Rechtshörerschaft am Landesgericht Krems für die Annahme eines ernsthaften und zielstrebigen Studiums auf keinen Fall ausreicht. Ein nach außen hin erkennbares Bemühen um einen Ausbildungserfolg, welches sich insbesondere im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen manifestiere, ist im konkreten Fall nicht ersichtlich, (vgl. ua. ; ; ; ; ; ; Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 35 ff.) Aus dem vorgelegten Aktenvermerk geht eindeutig hervor, dass ein Studienerfolg im ersten Semester nicht angestrebt wurde, sondern dass die Vorbereitung für das/die Auslandssemester in Deutschland im Vordergrund stand; die Inskription in Wien erfolgte lediglich zu dem Zweck der Überbrückung und Vorbereitung auf das Studium in Deutschland, da eine Einschreibung an der Uni Bayreuth erst im Wintersemester möglich war. Wie das ausgesprochen hat, vermag die bloße Möglichkeit der Anrechnung einzelner Prüfungen im angestrebten Studium noch keine Berufsausbildung zu begründen, zumal diese Prüfungen nicht abgelegt wurden. Der Sachverhalt im gegenständlichen Fall ist sogar so gelagert, dass eine Anrechnung der in Österreich absolvierten Prüfungen in Deutschland gar nicht möglich gewesen wäre, da lt. eigenem Beschwerdevorbringen die Studien zu unterschiedlich sind auch wenn es sich um dasselbe Studienfach handelt.
Richtig ist, dass nach der in der Beschwerde zitierten Judikatur des VwGH bzw. BFG der Prüfungserfolg nicht alleine für die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit des Studiums maßgeblich ist. Dennoch ist die grundlegende Absicht, überhaupt zu Prüfungen (zeitnah) anzutreten und die Voraussetzungen für den Abschluss der Berufsausbildung zu schaffen, essentiell. Eine solche fehlende Absicht zum Prüfungsantritt ist im gegenständlichen Fall jedoch sehr früh, nämlich schon zu Beginn des Sommersemesters 2016 gefallen. Das Bestehen oder Nichtbestehen der Prüfung ist (bis zu einem gewissen Grad) zweitrangig.
Was die in der Beschwerde ins Treffen geführte Entscheidung des ) betrifft, so ist auf obige Ausführungen zu verweisen, wonach stets die Absicht gegeben sein muss, zu Prüfungen überhaupt (zeitnah) anzutreten um die Voraussetzungen für den Abschluss der Berufsausbildung zu schaffen. Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil des Studiums und damit der Berufsausbildung (Berufsfortbildung) selbst. Besteht aber von vornherein die Absicht, keine der vorgeschriebenen Prüfungen abzulegen, kann von einer angestrebten Berufsausbildung (Berufsfortbildung) nicht gesprochen werden (). Wenn neben der ordentlichen Hörerschaft keinerlei Aktivität in Richtung Studium gesetzt, liegt auch noch keine Berufsausbildung vor. Das Ablegen von Prüfungen und der Besuch von Lehrveranstaltungen sind essentielle Bestandteile. (; -G/03, ; , RV/7104777/2015). Alleine der Besuch von Einführungsvorlesungen ist nicht geeignet die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen zu begründen.
Der Vollständigkeit halber sei zum Vorbringen der BF noch bemerkt, dass auch aus den zitierten Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichtes keineswegs abgeleitet werden kann, dass "ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium grundsätzlich auch ohne Absolvierung von Prüfungen möglich sei". Dies widerspräche nicht nur der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sondern wurde in dieser Allgemeinheit in den Entscheidungsgründen dieser Entscheidungen auch nicht zum Ausdruck gebracht.
Zum absolvierten Praktikum als Rechtshörer am Landesgericht Krems wird zudem ausgeführt, dass diese einmonatige Praxis keine Berufsausbildung iSd FLAG darstellt, vgl. hierzu auch : Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oderkursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. In aller Regel wird eine Begleitung bzw. ein Abschluss in Form von Prüfungen erfolgen. (Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 35, 37].) Da (selbst) diese angeführten Mindestvoraussetzungen für Berufsausbildung im gegenständlichen Monat bei der Rechtshörerschaft nicht erfüllt sind, ist die gegenständliche Beschwerde mangels Erfüllens des Tatbestandes einer Berufsausbildung auch aus diesem Grund abzuweisen. Das Praktikum ist keine berufsspezifische Ausbildung, deren Absolvierung zur Ausübung eines bestimmten Berufes befähigt. Das Sammeln von Erfahrungen, Aneignen von Fertigkeiten oder eines bestimmten Wissensstandes kann für sich allein nicht als Berufsausbildung gewertet werden. Grundlegende Kriterien einer Berufsausbildung, wie ein genau umrissenes Berufsbild, ein zur Praxis begleitender Unterricht, eine festgelegte Ausbildungsdauer bzw. das Ablegen von Prüfungen, müssen erfüllt werden. Im Falle des vom Sohn der BF absolvierten einmonatigen Praktikums sind diese Voraussetzungen iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 idgF für Berufsausbildung und den allenfalls daraus resultierenden Anspruch auf Familienbeihilfenbezug für diesen Monat nicht erfüllt. In diesem Monat wurde der Sohn der BF nicht für einen speziellen Beruf ausgebildet. Nicht entscheidungsrelevant ist die Tatsache, dass die in diesem Praktikum vom Sohn des BF sicherlich gesammelten Erfahrungen für ein weiteres Studium bzw. für seine künftige Berufslaufbahn von Nutzen sein könnten. (Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 45 zu bspw Berufsorientierungsseminar]. Ein Praktikum ist für sich keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967. Ein Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vermittelndes Praktikum muss entweder Teil einer insgesamt als Berufsausbildung anzusehenden Ausbildung sein oder selbst in Formeiner schulischen oder kursmäßigen Ausbildung organisiert sein. Ein Praktikum, das sich auf die praktische Erfahrung auf einem Arbeitsplatz beschränkt, ohne dass eine "schulische oder kursmäßige Ausbildung" vorliegt, erfüllt das Kriterium einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 nicht. Eine im Anschluss an eine abgeschlossene Schulbildung aufgenommene praktische Ausbildung ist regelmäßig nur dann als Berufsausbildung zu werten, wenn diese Praxis für die Ausübung des Berufes vorgeschrieben ist. Dies war aber bei der Rechtshörerschaft nicht der Fall. Das BFG stellt nicht in Abrede, dass die Erfahrungen eines Praktikums für ein später/parallel betriebenes Studium oder für die Ausübung des erlernten Berufes wertvoll sein können, ein Praktikum, wie das vom Sohn der BF absolvierte, begründet aber keinen Anspruch auf Familienbeihilfe (sh. ). Dass ein Pflichtpraktikum vorliegt, das im Rahmen des Studiums absolviert werden muss, wurde von der BF nicht behauptet und liegt bei einer Rechtshörerschaft auch nicht vor.
Abschließend wird noch auf das Vorbringen der BF eingegangen, wonach diese zum Schluss kommt, dass die belangte Behörde die Studienerfolgsnachweise aus Wien getrennt von jenen aus Bayreuth behandelt/behandeln müsste und daraus abgeleitet für den Studienerfolg im ersten Studienjahr demnach das SS 2016 und das SS 2019 heranzuziehen sei: diese Rechtsansicht ist verfehlt und findet keine Deckung in den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen. Es ist zwar richtig, dass hinsichtlich des Studienerfolges in Deutschland § 2 Abs 1 lit b, 2. Satz FLAG 1967 (und in Folge auch nicht die weiterführenden Bestimmungen zum Studienerfolgt) nicht zur Anwendung kommt, da die Universität Bayreuth keine Einrichtung gem. § 3 Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 darstellt. Für diese Studienzeit ist lediglich § 2 Abs 1 lit b 1. Satz FLAG 1967 anzuwenden und hier gilt es zu prüfen, ob eine Berufsausbildung vorliegt. Dennoch hat die belangte Behörde das Gesetz im vorliegenden Beschwerdefall richtig angewandt: sie hat nämlich im ersten Schritt festgestellt, dass schon zu Studienbeginn kein ernsthaftes und zielstrebiges Studium beabsichtigt war und demnach für diesen Zeitraum die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge bescheidmäßig zurückgefordert. Liegt schon bei der Inskription (wie fallgegenständlich) keine ernsthafte, zielstrebige Studienabsicht vor, wäre es verfehlt das weitere (erste) Studienjahr abzuwarten und zu beurteilen. Nachdem keine Berufsausbildung iSd FLAG vorlag, hat die belangte Behörde im nächsten Schritt die darauffolgenden Studiensemester für die Beurteilung einer Berufsausbildung (im EU-Ausland) herangezogen. Die diesbezüglichen Feststellungen und Rechtsfragen bilden den Gegenstand einer weiteren, eigenen, beim BFG anhängigen Beschwerde (***RV***) und sind hier nicht fallgegenständlich.
Das BFG kann daher der Annahme belangten Behörde nicht entgegengetreten, dass im Streitzeitraum März 2016 bis September 2016 der Sohn der BF in keiner Berufsausbildung iSd § 2 FLAG 1967 gewesen war. Die gesetzlich determinierten Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen sind im Beschwerdezeitraum nicht erfüllt.
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückzuzahlen. Zurückzuzahlende Beträge können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
Die Beschwerde war daher, wie im Spruch angeführt, vollinhaltlich abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, ob eine Berufsausbildung und daraus abgeleitet ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium vorliegt ist eine Tatfrage, die das Gericht in freier Beweiswürdigung zu ermitteln hat. Da das gegenständliche Erkenntnis der hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Weder die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100550.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at