Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.07.2021, RV/7106589/2016

Sonderausgaben und Werbungskosten eines Politikers

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7106589/2016-RS1
Beiträge, die ein Gemeindepolitiker zur Finanzierung seiner Partei zu leisten hat, und deren Nichtzahlung den Ausschluss aus der Partei und den Verlust der politischen Funktion zur Folge haben kann, stellen Werbungskosten dar.
RV/7106589/2016-RS2
Prämien zu einer Rechtsschutzversicherung stellen keine Sonderausgaben i.S.d. § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 dar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Lederer & Partner Steuerberatung GmbH, Kirchengasse 14, 7551 Stegersbach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 Steuernummer ***BFStNr*** zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Einkommensteuer 2014 wird mit € 179,07 festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 machte der Beschwerdeführer Sonderausgaben (Versicherungsprämien i.H.v. € 478,00, Kirchenbeiträge i.H.v. € 226,00 und Geldspenden i.H.v. € 417,00), Werbungskosten (sonstige Werbungskosten im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit als Gemeindevorstand i.H.v. € 3.476,61) sowie außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt (Krankheitskosten i.H.v. € 252,00) geltend.

Über Ersuchen der belangten Behörde, die beantragten Sonderausgaben und Werbungskosten durch geeignete Unterlagen nachzuweisen, legte der Beschwerdeführer eine Aufstellung der Sonderausgaben sowie Kontoauszüge und Zahlungsbelege vor, aus denen sich ergibt, dass er € 15,00 an die ***SpEmpf1***" (handschriftlich ist ergänzt: "€ 15 x 12 Mon = € 180,-"), € 87,00 an das ***SpEmpf2***, € 100,00 an die ***SpEmpf3*** und € 50,00 an ***SpEmpf4***" überwiesen hat, weiters € 226,21 an Kirchenbeitrag sowie € 251,04 (12 x € 20,92) an Unfallversicherungsprämien und € 228,48 (12 x € 19,04) an Rechtsschutzversicherungsprämien. Weiters legte er die Statuten der Bürgerinitiative ***BI*** und eine Aufstellung der Werbungskosten samt Rechnungen und Zahlungs- bzw. Überweisungsbelegen vor. Diese betreffen Kosten für vier Info-Aussendungen, eine Homepage, ein mobiles Messgerät, einen Ständer für das Messgerät sowie Getränke. Soweit die Rechnungen einen Adressaten aufweisen, sind sie an die Bürgerinitiative ***BI*** bzw. die Marktgemeinde ***G1*** gerichtet. Auch in den Zahlungs- bzw. Überweisungsbelegen scheint die Bürgerinitiative ***BI*** als Zahler auf. Lediglich beim Zahlungsbeleg für die Kosten der Homepage in Höhe von € 158,00 hantelt es sich um eine auf den Beschwerdeführer persönlich lautende Kreditkartenabrechnung. Letztlich legte der Beschwerdeführer eine Auflistung der mit seinem Pkw absolvierten Fahrten unter Anführung des Zweckes, des Datums, des Abfahrts- und Zielortes sowie der zurückgelegten Wegstrecke vor. Es handelt sich um Fahrten für Geschwindigkeitsmessungen im Ortsgebiet von ***G1*** und ***G2***, Fahrten zu Gemeinderatssitzungen, Vorstandssitzungen und Ausschusssitzungen im Gemeindeamt ***G1***, Fahrten zu Fraktionssitzungen in verschiedenen Gasthäusern und eine Fahrt nach ***G3*** zu einem Info-Gespräch mit der Bürgerinitiative ***G3***. Diese Auflistung weist insgesamt 358 gefahrene Kilometer und Ausgaben (amtliches Kilometergeld) i.H.v. € 150,00 aus.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer 2014 mit € 1.104,00 fest. An Werbungskosten berücksichtigte sie lediglich (amtswegig) einen Betrag von € 701,46. Hierbei handelte es sich um den Werbungskostenpauschbetrag gemäß § 1 Z. 10 der Verordnung BGBl II Nr. 382/2001 für Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben und Aufwendungen nicht dem Beschwerdeführer, sondern der Bürgerinitiative ***BI*** entstanden sind. An Sonderausgaben erkannte die belangte Behörde die Versicherungsprämien (im Ausmaß des gemäß § 18 Abs. 3 Z. 2 EStG 1988 vorgesehenen Viertels) sowie den Kirchenbeitrag antragsgemäß an, die Zuwendungen gemäß § 16 Abs. 1 Z. 7 EStG 1988 (Spenden) jedoch nur mit einem Betrag von € 252,00, wobei die Spende an die ***SpEmpf1***" nur im Ausmaß von € 15,00 berücksichtigt wurde; in der Begründung wurde ausgeführt, dass mangels vollständiger Beibringung der benötigten Unterlagen die Aufwendungen nur in Höhe der nachgewiesenen Kosten berücksichtigt werden konnten. Die außergewöhnlichen Belastungen überstiegen den Selbstbehalt von € 3.247,02 nicht wirkten sich sohin nicht auf die Einkommensteuer aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom , in welcher der Beschwerdeführer bemängelt, dass die (zum Teil) nicht beigebrachten Unterlagen nicht konkret angeführt werden und für ihn daher nicht nachvollziehbar ist, welche Unterlagen benötigt werden. Zu den Werbungskosten führte er zunächst aus, dass er neben der Funktion als Gemeindevorstand auch Obmann des Bereiches "Verkehr" mit dem Fokus auf verkehrsberuhigende Maßnahmen sei, und sei aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich, dass seine Aufwendungen (ausgenommen die Kosten für die Homepage von ***BI***) aus diesen beiden Funktionen resultieren. In Beantwortung eines weiteren Vorhaltes teilte der Beschwerdeführer am - nunmehr vertreten durch einen Steuerberater - mit, dass der Verein ***BI*** als Namensliste bei der Gemeinderatswahl 2013 angetreten sei und so viele Mandate erreichen konnte, dass ihm das Recht zur Entsendung eines Gemeindevorstandes zusteht. Als Gemeindevorstand sei der Beschwerdeführer entsendet worden. In der konstituierenden Sitzung vom sei beschlossen worden, dass der wahlwerbende Verein in erste Linie durch die Gemeinderäte und -vorstände finanziert wird, wobei Gemeindevorstände 50 % ihrer Netto-Aufwandsentschädigung abzuführen haben. Diese Leistung habe den Charakter einer Parteisteuer. Unabhängig von der Verwendung durch den Verein (für Aussendungen und ein mobiles Verkehrsmessgerät) wurden daher nunmehr 50 % der Nettobezüge des Beschwerdeführers, das seien € 2.632,02, als Werbungskosten für die Einkünfte als Gemeindevorstand geltend gemacht. Das Protokoll über die konstituierende Sitzung vom wurde u.E. vorgelegt. Zusätzlich wurden unter Verweis auf die bereits vorgelegte Fahrtenübersicht Fahrtspesen in Höhe von € 150,36 geltend gemacht. Schließlich verwies der Beschwerdeführer darauf, dass im angefochtenen Bescheid lediglich Spenden in Höhe von € 252,00 berücksichtigt wurden, aus der "Übersicht-Sonderausgaben" sich jedoch Spenden in Höhe von € 417,00 ergeben, deren Berücksichtigung ebenfalls beantragt wird. Über neuerlichen Vorhalt der belangten Behörde, dass bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit pauschale Werbungskosten nicht vorgesehen seien, jedoch die Möglichkeit bestehe, das Berufsgruppenpauschale für Politiker in Anspruch zu nehmen, brachte der Beschwerdeführer vor, dass es sich bei den verpflichtend abzuführenden Beiträgen i.H.v. 50 % der Netto-Entschädigung nicht um pauschale Werbungskosten, sondern um eine Parteiabgabe handle.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer 2014 mit € 1.033,00 fest. Die Zuwendungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 (Spenden) wurden nun mit dem vollen geltend gemachten Betrag von € 417,00 anerkannt. Im Übrigen weicht die Beschwerdevorentscheidung nicht vom angefochtenen Bescheid ab. Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 264 Abs. 1 BAO die Entscheidung durch das Verwaltungsgericht.

Über Vorhalt des Gerichtes legte der Beschwerdeführer als Nachweis für die tatsächliche Leistung des als Parteiabgabe geltend gemachten Betrages eine Auflistung seiner Bezüge als Gemeindevorstand sowie der Abhebungen für seinen Privatanteil samt Lohn- bzw. Gehaltsausweisen der Marktgemeinde ***G1*** und Kontoauszügen vor. Diese Urkunden wurden zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme auch der belangten Behörde übermittelt, welche das Gericht telefonisch informierte, dass sie keine Stellungnahme abgeben wird.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2014 ausschließlich Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit bezogen, nämlich € 27.525,36 (steuerpflichtige Bezüge [Kennzahl 245]) und € 4.587,56 (sonstige Bezüge [Kennzahl 220] abzüglich SV-Beiträge [Kennzahl 225]) von der Pensionsversicherungsanstalt und € 4.484,64 (steuerpflichtige Bezüge [Kennzahl 245]) und €779,40 (sonstige Bezüge [Kennzahl 220]) von der Gemeinde ***G1***.

Im Jahr 2014 hat der Beschwerdeführer insgesamt € 417,00 an Spenden aufgewendet, nämlich € 180,00 an die ***SpEmpf1***", € 87,00 an das ***SpEmpf2***, € 100,00 an die ***SpEmpf3*** und € 50,00 an ***SpEmpf4***". Weiters hat er im Jahr 2014 € 226,21 an Kirchenbeitrag sowie insgesamt € 251,04 für eine Unfallversicherung und € 228,48 für eine Rechtsschutzversicherung aufgewendet.

Der Beschwerdeführer ist Obmann der Bürgerliste ***BI***, die 2013 in den Gemeinderat der Marktgemeinde ***G1*** gewählt wurde und aufgrund ihrer Mandatsstärke Anspruch auf Entsendung eines Gemeindevorstandes hat. Als Gemeindevorstand der Liste ***BI*** wurde der Beschwerdeführer entsendet. In der konstituierenden Sitzung der Bürgerliste ***BI*** wurde beschlossen, dass der Beschwerdeführer 50 % seiner Netto-Aufwandsentschädigung als Gemeindevorstand (bezeichnet als "Unterstützung") an die Bürgerliste zu deren Finanzierung abzuführen hat. Dies geschah im Jahr 2014 in der Form, dass die Marktgemeinde ***G1*** die Bezüge des Beschwerdeführers im Gesamtbetrag von € 5.264,04 auf ein Konto der Bürgerinitiative überwiesen und der Beschwerdeführer seinen "Privatanteil" von dort bar behoben bzw. auf sein persönliches Konto überwiesen hat. Insgesamt hat der Beschwerdeführer € 2.660,00 vom Konto der Bürgerliste für private Zwecke behoben, sodass dieser ein Restbetrag von € 2.604,04 verblieben ist.

Gemäß § 3 Abs. 3 der Statuten der Bürgerinitiative ***BI*** finanziert sich diese durch Mitgliedsbeiträge, Erträgnisse aus Veranstaltungen, Spenden, öffentliche Subventionen und sonstige Zuwendungen. Gemäß § 6 Abs. 3 und 4 der Statuten kann ein Mitglied ausgeschlossen werden, wenn es trotz zweimaliger schriftlicher Mahnung unter Setzung einer angemessenen Nachfrist länger als sechs Monate mit der Zahlung der Mitgliedsbeiträge im Rückstand ist, bzw. wenn es eine grobe Verletzung anderer Mitgliedspflichten begeht.

Die Bürgerliste ***BI*** setzt sich für verkehrsberuhigende Maßnahmen ein und hat in den Gemeinden ***G1*** und ***G2*** Geschwindigkeitsmessungen mit mobilen Messgeräten durchgeführt. Zu diesem Zweck hat der Beschwerdeführer mit seinem eigenen Pkw Fahrten von seinem Wohnhaus zu den jeweiligen Aufstellungsorten der Messgeräte absolviert und hierfür im Jahr 2014 insgesamt 216 km zurückgelegt. Weiters absolvierte er mit seinem Pkw Fahrten von seinem Wohnhaus zu Gemeinderatssitzungen, Vorstandssitzungen und Ausschusssitzungen im Gemeindeamt ***G1*** (insgesamt zwölf Fahrten, davon nicht mehr als drei pro Monat; zurückgelegte Kilometer: 48), zu Fraktionssitzungen in verschiedenen Gasthäusern (zurückgelegte Kilometer: 58) und zu einem Info-Gespräch mit der Bürgerinitiative ***G3*** nach ***PLZ-G3*** ***G3*** Zentrum (zurückgelegte Kilometer: 36).

Die Kosten für das mobile Messgerät (einschließlich Ständer) haben sich auf € 2.323,44 belaufen und wurden von der Bürgerliste ***BI*** getragen. Weiters hat die Bürgerliste für vier Info-Aussendungen in den Monaten März, April, Juli und Dezember 2014 Druck- und Portokosten in Höhe von insgesamt € 336,17, für Getränke € 40,60 und für eine Homepage Kosten in Höhe von € 79,00 aufgewendet. Die Kosten für die Homepage hat der Beschwerdeführer im Wege einer Kreditkartenzahlung vorgestreckt und von der Bürgerliste refundiert erhalten (Überweisung vom ).

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu den Einkünften des Beschwerdeführers und den bezugsauszahlenden Stellen ergeben sich aus den im Akt erliegenden Lohnzetteln, die auch Teil des angefochtenen Bescheides sind.

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer bezahlten Spenden, Kirchenbeiträgen und Versicherungsprämien ergeben sich aus den vorgelegten Zahlungsbelegen. Dass der Beschwerdeführer die Spende an die ***SpEmpf1***" i.H.v. € 15,00 nicht nur einmal, sondern monatlich, also zwölfmal geleistet hat, erscheint dem Gericht aufgrund des handschriftlichen Vermerkes auf dem Überweisungsbeleg glaubwürdig. Auch die belangte Behörde hatte bei Erlassung der Beschwerdevorentscheidung offenbar keinen Zweifel mehr daran, zumal sie die Spenden nunmehr im vollen geltend gemachten Betrag von € 417,00 zuerkannte. Dasselbe gilt für die monatlich angewiesenen Versicherungsprämien, die von der belangten Behörde schon im angefochtenen Bescheid in der geltend gemachten Höhe berücksichtigt wurden.

Die Feststellungen zur Bürgerliste ***BI***, deren Finanzierung und Statuten ergeben sich aus den diesbezüglichen glaubwürdigen Ausführungen des Beschwerdeführers im E-Mail vom sowie den vorgelegten Urkunden (Protokoll über die konstituierende Sitzung vom , Statuten, Auflistung der Bezüge und Behebungen samt Lohn- bzw. Gehaltsausweisen der Marktgemeinde ***G1*** und Kontoauszügen).

Die Feststellungen zu den beruflich veranlassten Fahrten des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglichen glaubwürdigen Ausführungen im E-Mail vom sowie der vorgelegten Fahrtenübersicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe/Abänderung)

Vorweg ist kurz festzuhalten, dass die geltend gemachten Kirchenbeiträge, Geldspenden und Krankheitskosten nicht (mehr) strittig sind. Die Kirchenbeiträge wurden von der belangten Behörde bereits im angefochtenen Bescheid in voller Höhe anerkannt, die Geldspenden in der Beschwerdevorentscheidung, nachdem jene an die ***SpEmpf1***" im angefochtenen Bescheid zunächst noch mit lediglich € 15,00 veranschlagt wurde. Die Krankheitskosten übersteigen den Selbstbehalt für außergewöhnliche Belastungen nicht und haben daher keine Auswirkung auf die Einkommensteuer. Auch dies wurde bereits im angefochtenen Bescheid ausgesprochen und vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Auch das Gericht geht davon aus, dass die Kirchenbeiträge in Höhe von € 226,00 und die Spenden im Gesamtbetrag von € 417,00 als Sonderausgaben anzuerkennen sind und die den Selbstbehalt für außergewöhnliche Belastungen nicht übersteigenden Krankheitskosten keine Berücksichtigung finden.

Im Beschwerdeverfahren strittig bzw. amtswegig wahrzunehmen sind noch folgende Punkte:

3.3.1. Geldleistungen des Beschwerdeführers an die Bürgerinitiative ***BI***

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Zahlungen, die ein politischer Funktionsträger an seine Partei leistet (sog. "Klub- oder Fraktionsbeiträge", "Parteisteuer") stellen nach der Rechtsprechung des VwGH Werbungskosten dar, wenn sie der Finanzierung solcher Aufwendungen dienen, die ihrer Art nach Werbungskosten des Politikers sind, oder wenn der Politiker zu ihrer Entrichtung insofern "gezwungen" ist, als er im Fall der Nichtzahlung mit dem Ausschluss aus der Partei und in weiterer Folge mit dem Verlust seines Mandates rechnen muss (, , 98/14/0021). Zumindest die zweitgenannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben. Gemäß § 6 Abs. 3 und 4 der Statuten der Bürgerinitiative ***BI*** kann ein Mitglied ausgeschlossen werden, wenn es mit der Zahlung des Mitgliedsbeitrages im Rückstand ist oder wenn es andere Mitgliedspflichten gröblich verletzt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der als "Unterstützung" bezeichnete Beitrag des Beschwerdeführers als "Mitgliedsbeitrag" oder "sonstige Zuwendung" im Sinne des § 3 Abs. 3 der Statuten zu qualifizieren ist, da die Nichtentrichtung einer (verpflichtenden) sonstigen Zuwendung zweifellos eine Verletzung anderer Mitgliedspflichten darstellt und daher ebenso zum Ausschluss führen kann wie die Nichtentrichtung des Mitgliedsbeitrages. Es kann daher den Ausschluss des Beschwerdeführers aus der Bürgerliste ***BI*** nach sich ziehen, wenn er seine finanzielle Unterstützung für diese einstellt und ist es naheliegend, dass er in einem solchen Fall für die nächste Gemeinderatswahl nicht mehr als Kandidat nominiert wird. Hinzu kommt, dass ein Mitglied des Gemeindevorstandes gemäß § 88 Abs. 2 Bgld. Gemeindewahlordnung 1992, LGBL Nr. 54/1992, sein Amt verliert, wenn ihm von den Gemeinderatsmitgliedern seiner Gemeinderatspartei das Misstrauen ausgesprochen wird. Die Fraktionskollegen des Beschwerdeführers haben damit die Möglichkeit, ihn auch vor Ablauf der Funktionsperiode aus seinem Amt zu entfernen. Der Beschwerdeführer muss daher damit rechnen, dass er im Fall der Nichtzahlung der Unterstützung aus der Bürgerliste ***BI*** ausgeschlossen wird und sein Amt als Gemeindevorstand verliert. Er ist daher insofern zu Entrichtung der Unterstützung "gezwungen", sodass die Unterstützungsleistungen der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Bezüge als Gemeindevorstand dienen und als Werbungskosten anzuerkennen sind. Die gesamten Nettobezüge des Beschwerdeführers als Gemeindevorstand belaufen sich im Jahr 2014 auf € 5.264,04; 50 % hiervon würden sich daher auf € 2.632,02 belaufen. Tatsächlich hat der Beschwerdeführer im Jahr 2014 vom Konto der Bürgerliste ***BI*** jedoch € 2.660,00 für private Zwecke behoben, sodass der Bürgerliste von den Bezügen des Beschwerdeführers lediglich ein Betrag von € 2.604,04 verblieb. Da Aufwendungen nur insoweit als Werbungskosten geltend gemacht werden können, als sie tatsächlich im betreffenden Veranlagungsjahr getragen wurden, kann lediglich der geringere Betrag von € 2.604,04 anerkannt werden.

3.3.2. Kosten für beruflich veranlasste Fahrten des Beschwerdeführers

Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 stellen auch Kosten für beruflich veranlasste Fahrten dar. Eine beruflich veranlasste Fahrt liegt bei einem Politiker nicht nur bei Fahrten zu politischen Veranstaltungen im engeren Sinne, sondern bei allen durch seine Funktion bedingten Fahrten vor (Wiesner/Grabner/Knecht/Wanke, EStG, Rz 31 zu § 16, m.w.N.). Beruflich bedingt sind die Fahrten des Beschwerdeführers zu den verschiedenen Aufstellungsorten der mobilen Geschwindigkeitsmessgeräte, da diese Geschwindigkeitsmessungen von seiner Gemeinderatsfraktion (***BI***) durchgeführt wurden, zu deren Tätigkeitsschwerpunkten verkehrsberuhigende Maßnahmen zählen. Beruflich bedingt sind weiters die Fahrten zu den Fraktionssitzungen in verschiedenen Gasthäusern (hierbei handelt es sich um politische Veranstaltungen im engeren Sinne) und die Fahrt nach ***G3*** zum Info-Gespräch mit der Bürgerinitiative ***G3***, da auch der Austausch mit anderen politischen Gruppierungen zu den typischen Tätigkeiten eines Politikers erzählt. Beruflich veranlasst sind grundsätzlich auch die Fahrten zu Gemeinderatssitzungen, Vorstandssitzungen und Ausschusssitzungen im Gemeindeamt ***G1***. Das Gemeindeamt ist aber jener Ort, an dem ein Gemeindepolitiker regelmäßig für seinen Arbeitgeber (die Gemeinde) tätig wird, also seine Arbeitsstätte (; ). Alle Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. a EStG 1988 durch den Verkehrsabsetzbetrag sowie ein allenfalls zustehendes Pendlerpauschale und einen allenfalls zustehenden Pendlereuro abgegolten. Der Verkehrsabsetzbetrag wurde von der belangten Behörde berücksichtigt. Ein Pendlerpauschale und ein Pendlereuro wurden nicht beantragt und würden angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer die Strecke zwischen seiner Wohnung und dem Gemeindeamt an max. drei Tagen im Monat zurückgelegt hat, auch nicht zustehen (§ 16 Abs. 1 Z. 6 lit. e EStG 1988 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 53/2013). Die Fahrten zwischen Wohnsitz und Gemeindeamt im Ausmaß von 48 km können daher nicht als Werbungskosten anerkannt werden und sind aus der Gesamtzahl an gefahrenen Kilometern auszuscheiden. Somit verbleiben 310 gefahrene Kilometer und € 130,20 an anzuerkennendem Kilometergeld (€ 0,42/km).

Da - anders als in angefochtenen Bescheid - die vom Beschwerdeführer geltend gemachten konkreten Werbungskosten ("Parteisteuer" und Fahrtkosten) im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Gemeindevorstand nunmehr grundsätzlich anerkannt werden, ist der von der belangten Behörde amtswegig berücksichtigte Werbungskostenpauschbetrag gemäß § 1 Z. 10 der Verordnung BGBl II Nr. 382/2001 für Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung i.H.v. € 701,46 nunmehr auszuscheiden, da konkrete Werbungskosten und Pauschbeträge nicht nebeneinander geltend gemacht werden können (s. § 5 der genannten Verordnung).

3.3.3. Versicherungsprämien

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 sind Beiträge und Versicherungsprämien zu bestimmten, dort näher aufgezählten Versicherungen als Sonderausgaben abzugsfähig. Zu diesen Versicherungen zählen ausschließlich Personenversicherungen, u.a. Unfallversicherungen, nicht aber Sachversicherungen wie etwa eine Rechtsschutzversicherung (). Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Versicherungsprämien entfallen mit einem Teilbetrag von € 228,48 auf eine Rechtsschutzversicherung und stellen daher insoweit keine Sonderausgaben dar. Abzugsfähig sind demnach nur die Prämien zur Unfallversicherung i.H.v. € 251,04, und zwar gem. § 18 Abs. 3 Z. 2 EStG 1988 im Ausmaß eines Viertels, sohin mit € 62,76. Hierzu ist festzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO berechtigt (und bei Vorliegen der Voraussetzungen verpflichtet) ist, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung (gegebenenfalls auch zum Nachteil des Beschwerdeführers) abzuändern. Der nunmehrigen Nichtanerkennung der Prämien zur Rechtsschutzversicherung als Sonderausgaben steht daher nicht entgegen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die geltend gemachten Versicherungsprämien noch in voller Höhe berücksichtigt hat.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis kann sich auf die unter Punkt 3.1 zitierte Rechtsprechung stützen. Insbesondere dass Zahlungen, die ein politischer Funktionsträger zur Erhaltung seiner Funktion an die ihn nominierende Partei leisten "muss", Werbungskosten darstellen, ist durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt, ebenso, dass Prämien zu einer Rechtsschutzversicherung keine Sonderausgaben darstellen können. Letzteres ergibt sich zudem unzweifelhaft aus dem Wortlaut des §§ 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988. Unzweifelhaft ist auch der Wortlaut des §§ 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988, wonach alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro abgegolten sind, sodass darüber hinausgehende Fahrtkosten nicht geltend gemacht werden können. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren daher im vorliegenden Fall nicht zu klären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7106589.2016

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