Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2021, RV/6100134/2021

Jede Zwangsstrafenfestsetzung setzt zwingend eine vorhergehende Androhung derselben voraus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Erinnerung vom wurde der beschwerdeführenden GmbH (im Folgenden: Bf.) vom Finanzamt Salzburg-Land (nunmehr Finanzamt Österreich) mitgeteilt, dass diese offenbar übersehen hätte, die von ihr zu erstattende Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen. Die Bf. werde daher aufgefordert, dies bis längstens nachzuholen. Falls die Bf. dieser Aufforderung nicht Folge leiste, werde gemäß § 111 Bundesabgabenordnung (BAO) eine Zwangsstrafe von € 1.000,00 festgesetzt werden.

Zur Information wurde in diesem Zusammenhang des Weiteren klarstellend ausgeführt:

"Meldungen an das Register der wirtschaftlichen Eigentümer können ausschließlich in elektronischer Form über das Unternehmensserviceportal des Bundes (USP) vorgenommen werden. Sie erreichen das USP unter www.usp.gv.at. Hierfür müssen Sie den betreffenden Rechtsträger im USP registrieren. Alternativ dazu kann die Meldung auch von berufsmäßigen Parteienvertretern, wie Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, Notaren, Bilanzbuchhaltern, Buchhaltern und Personalverrechnern in elektronischer Form übermittelt werden.

Für die Verwendung des Unternehmensserviceportals benötigt der jeweilige Benutzer eine Bürgerkarte, eine Handysignatur oder die Zugangsdaten, die Ihnen nach der Anmeldung des Rechtsträgers postalisch zugesendet werden. Informationen zur Bürgerkarte oder Handysignatur erhalten Sie unter www.buergerkarte.at.

Hilfestellung bei der Registrierung im USP bietet auch die USP Hotline, diese erreichen Sie unter Tel.: +43 (0) 50 233 733 (werktags von Montag bis Donnerstag, von 9:00 bis 12:00 und 13:00 bis 16:00 Uhr, Freitag von 9:00 bis 12:00 Uhr).

Nach erfolgreicher Registrierung ist eine Meldung an das Register möglich. Weitere Informationen zur Durchführung der Meldung oder dem Register im Allgemeinen finden Sie unter www.bmf.av.at/services/wiereq. Dort finden Sie auch eine Rubrik mit Fragen und Antworten sowie eine umfangreiche Beispielsammlung."

Mit Bescheid vom erfolgte die mit Erinnerung vom angedrohte Festsetzung der Zwangsstrafe in Höhe von € 1.000,00.

Dieser Bescheid wurde wie folgt begründet:

"Zwangsstrafen bezwecken, bei einem objektiven Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Anordnungen den Abgabenpflichten zur Befolgung selbiger zu verhalten und die durch Gesetz oder Behörde auferlegte Verpflichtung zu erfüllen.

Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer iSd § 5 WiEReG dient dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.

§ 16 WiEReG sieht vor, dass die Abgabenbehörde die Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen kann, wenn diese nicht oder nicht vollständig erstattet wird.

Da diese Meldung von Ihnen nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet wurde, wird die Zwangsstrafe iHv Euro 1.000,00 festgesetzt."

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. am fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe nicht gerechtfertigt sei. Eine Kopie der postalischen WiEReG - Meldung, datiert mit "8/2020", adressiert an das Finanzamt Salzburg-Land, sei der Beschwerde beigelegt. Die Meldung sei mit der Post an das Finanzamt übermittelt worden. Sollte die Meldung auf Grund mangelhafter Postzustellung nicht beim Finanzamt eingelangt sein, werde um Mitteilung ersucht. Die Bf habe keine Erinnerung bzw. Aufforderung seitens des Finanzamtes erhalten, weshalb die Vorschreibung beeinsprucht werde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

"Die Meldung des wirtschaftlichen Eigentümers kann ausschließlich in elektronischer Form über das Unternehmensserviceportal des Bundes (www.usp.gv.at) erfolgen. Postalische Meldungen sind gesetzlich nicht vorgesehen, werden nicht bearbeitet und führen daher nicht zur Erfüllung der Meldeverpflichtung. Das Finanzamt ist lediglich für die Abwicklung des Zwangsstrafenverfahrens zuständig. Die Beschwerde ist daher abzuweisen."

Die Bf. brachte dagegen den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein und ergänzte das Beschwerdevorbringen wie folgt:

"Wir sind der Aufforderung zur Meldung nachgekommen, jedoch war es uns nur möglich dies schriftlich bei unserem Finanzamt in Salzburg zu machen. Auf Grund der Strafe haben wir uns bei der WiEReG-Stelle in Wien telefonisch über die Möglichkeiten der digitalen Meldung informiert. (Der Mitarbeiter war sehr hilfreich, konnte uns nur darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber nur eine digitale Meldung anerkennt). In der Zwischenzeit haben wir eine Person gefunden, die am auf unsere Kosten eine WiEReG-Meldung gemacht hat. Es wird daher um Aufhebung der Zwangsstrafe ersucht."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine im Firmenbuch eingetragene GmbH und unterliegt somit den Bestimmungen des WiEReG.

Mit Erinnerung vom hat das Finanzamt die Bf unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von € 1.000,- aufgefordert, die bis dahin noch nicht erstattete Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) bis längstens nachzuholen.

Infolge Nichtbefolgung der Anordnung innerhalb der gesetzten Frist setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die angedrohte Zwangsstrafe fest.

Diese Erinnerung ist ohne Zustellnachweis an die Bf. ergangen. Aufgrund der wiedergegebenen Ausführungen in der Beschwerde vom und des fehlenden Zustellnachweises kann seitens des Bundesfinanzgerichtes eine Zustellung des angeführten Schriftstückes - betreffend Erinnerung vom zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG unter Androhung der der nunmehr bekämpften Zwangsstrafe - an die Bf. nicht als erwiesen angesehen werden.

Rechtslage und rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG haben Rechtsträger die Daten über deren wirtschaftliche Eigentümer binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister zu übermitteln.

Änderungen der Angaben sind binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung zu übermitteln.

§ 5 Abs. 2 WiEReG lautet auszugsweise:

Die Meldung der in Abs. 1 genannten Daten hat von den Rechtsträgern im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu erfolgen. Eine Übermittlung der Daten durch berufsmäßige Parteienvertreter gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 USPG ist zulässig. Es dürfen nur Geräte zum Einsatz kommen, die über ein nach Maßgabe des jeweiligen Standes der Technik anerkanntes Protokoll kommunizieren.

§ 16. (1) Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen.

Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.

(2) Zwangsstrafen gemäß Abs. 1 gelten als Abgaben im Sinne des § 213 Abs. 2 BAO.

§ 111 BAO lautet:

"(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.

(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nichtzulässig."

---

Gegenständlich hat die Bf ausdrücklich außer Streit gestellt, dass die in § 5 Abs. 1 WiEReG vorgesehene Meldung über die wirtschaftlichen Eigentümer in der vom Finanzamt mittels Erinnerung vom gesetzten Frist nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erfolgt ist.

Das Finanzamt ist grundsätzlich berechtigt die nicht fristgerecht erfolgte Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer der Bf. an die Bundesanstalt Statistik Österreich nach vorheriger Androhung einer Zwangsstrafe für den Fall, dass innerhalb der in der Androhung gesetzten Frist keine Meldung erfolgt, mittels Zwangsstrafe zu erzwingen.

Diese Androhung der Zwangsstrafe vom ist allerdings ohne Zustellnachweis erfolgt. Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG ist für diesen Fall normiert, dass die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt gilt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen.

Im gegenständlichen Fall wurde jedoch in der Beschwerde entscheidungsrelevant vorgebracht, kein Erinnerungsschreiben mit der Androhung einer Zwangsstrafe vom € 1.000,00 erhalten zu haben.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl. zB ; ; , 2011/10/0146; Ritz, BAO6, Tz 3 zu § 26 ZustG mwN).

Diesen Nachweis der erfolgten Zustellung des Erinnerungsschreibens vom hat das Finanzamt über Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes nicht erbracht. Das Finanzamt hat vielmehr über Anfrage des Bundesfinanzgerichtes am mittels E-Mail mitgeteilt, dass die erforderlichen Zustellnachweise betreffend die Erinnerung und Androhung einer Zwangsstrafe nicht erbracht werden können. Auch wurde in der ergangenen Beschwerdevorentscheidung auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht eingegangen.

Eine Zustellung der Erinnerung vom und Androhung der Zwangsstrafe an die Bf. kann somit seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht als erwiesen angenommen werden.

Jede Zwangsstrafenfestsetzung setzt zwingend die vorherige Aufforderung zur Erbringung der verlangten Leistung und die Androhung der Zwangsstrafe voraus (Ritz, BAO6, Rz 7 zu § 111). Die Bf. hat in der Beschwerde die Zustellung der Erinnerung vom bestritten. Da die Abgabenbehörde den Nachweis der Zustellung nicht erbringen und der Behauptung der Bf., sie habe dieses Erinnerungsschreiben nie erhalten, somit nicht wirksam entgegentreten konnte, ist das gesetzliche Erfordernis der einer Festsetzung vorangehenden Androhung der Zwangsstrafe nicht erfüllt (vgl. Bundesfinanzgericht vom , RV/5100580/2019).

Der angefochtene Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom war daher vom Bundesfinanzgericht aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erfordernis der vorherigen Androhung einer Zwangsstrafe ist unmittelbar in der Gesetzesbestimmung des § 111 BAO geregelt.

Die Revision war somit nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100134.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at