Einstellung des Verfahrens (§ 40 FBG)
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Körperschaftsteuer 2006, beschlossen:
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung
Im Gefolge einer Außenprüfung bei der beschwerdeführenden GmbH erließ das Finanzamt am im wiederaufgenommenen Verfahren u.a. einen (neuen) Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2006, was zu einer Nachforderung an Körperschaftsteuer von insgesamt € 348,42 führte.
Mit Eingabe vom erhob die Bf Beschwerde gegen "die Bescheide vom betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Körperschaftsteuer 2006" und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.Das Finanzamt wertete die Beschwerde vom (ohne Erlassung eines Mängelbehebungsauftrages) auf Grund der Textierung auch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2006 gerichtet.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurdesodanndie Beschwerde gegen den Bescheid hinsichtlich Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Körperschaftsteuer 2006 wegen fehlender Begründung, und die Beschwerde gegen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2006 mangels Nachweises einer betrieblichen Veranlassung beantragter Provisionszahlungen, abgewiesen.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Mit Bericht des Finanzamtes vom erfolgte die Vorlage an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung.
Ein am an die Bf gerichtetes Schriftstück (Mängelbehebungsauftrag) des Bundesfinanzgerichtes wurde mit dem Vermerk "unbekannt" durch die Post retourniert.
Eine Überprüfung des Bundesfinanzgerichtes ergab, dass der im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragene ***2*** bereits am verstorbenist.
Eine daraufhin beim Finanzamt telefonisch angeregte Überprüfung vor Ort ergab, dass an der Firmenadresse kein Geschäftslokal mehr besteht.
Der Amtsbeauftragte informierte am das Bundesfinanzgericht darüber, beim Handelsgericht Wien eine Firmenbuchlöschung zu beantragen.
Am erfolgte mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien die amtswegige Firmenbuchlöschung der Bf gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit.
Eine Abfrage des BFG in der Datenbank der Finanzverwaltung ergab, dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Abgabenbetrages von € 348,42 eine bewilligte Aussetzung der Einhebung aufrecht ist und insgesamt ein fälliger Abgabenrückstand von € 9.676,97 aushaftet.
Auf Anfrage des teilte die Abgabenbehörde in diesem Zusammenhang am das Folgende mit:
"Die Bf wurde vom Firmenbuchgericht am infolge Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Abs. 1 FBG amtswegig gelöscht. Damit ist die Funktion des einzigen Geschäftsführers (***2***) erloschen (zum Erlöschen der organschaftlichen Vertretung im Falle der Firmenbuchlöschung gem. § 40 FBG siehe ; , 3 Ob ll3/07z). Ebenso erloschen sind sämtliche Vollmachten (s. dazu Rubin in Kletecka/Schauer, ABGB, § 1023 Rz 1; -w/12). Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar (siehe dazu auch die zu vergleichbaren Fällen ergangene Rechtsprechung des ; , RV/5100553/2016). Zwar könnte eine Vertreterbestellung auf Kosten des Vertretenen erfolgen; als Folge der Vermögenslosigkeit müsste jedoch der Abgabengläubiger diese Kosten tragen (vgl. Christoph Ritz und Birgitt U. Koran, SWK 14-15/2015, 706). Eine allfällige Vertreterbestellung würde daher bloß zu zusätzlichen, verlorenen Kosten für die Abgabenbehörde führen, zumal infolge der Firmenbuchlöschung die betreffenden Kosten bei der GmbH uneinbringlich wären. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO nur jene Fälle erfasst, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen -wie hier - eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird (vgl. z.B. ).
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035, klargestellt, dass seine Aussagen, dass ein Abwicklungsbedarf bestehen kann, wenn nach Löschung im Firmenbuch noch Abgabenverbindlichkeiten festzusetzen sind (z.B. ), sich nicht auf den Fall bezieht, wenn die Abgabenfestsetzung in keiner denkbaren Konstellation - etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugssteuern - zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist daher Folgendes zu beachten: Die Bf. schuldet dem Finanzamt Österreich den Betrag von € 9.676,97 an rückständigen Abgaben (siehe Rückstandsausweis vom im Anhang). Eine stattgebende Erledigung der Beschwerde würde zwar zu einer Gutschrift in Höhe von € 348,42 führen, die allerdings iS der Bestimmungen des § 214 BAO zu verrechnen wäre, wodurch sich die im beiliegenden Rückstandsausweis verzeichneten Abgabenrückstände auf € 9.328,55 verringerten. Eine Stattgabe der Beschwerde würde daher zu keinem (rückzahlbaren) Guthaben und sohin zu keinem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen. In diesem Sinne kann nur von einer Vollbeendigung der Bf. mit den entsprechenden Wirkungen ausgegangen werden.
Seitens des Finanzamtes Österreich - Dienststelle Wien 1/23 besteht daher gegen die Einstellung des Beschwerdeverfahrens i.S. der hg. Rsp. (vgl. ; Ro2014/13/0035) kein Einwand."
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Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat deklaratorischen Charakter (vgl. VwGH17. 5. 2004, 2003/17/0134) und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist (vgl. OGH19. 6. 2006, 8 ObA 46/06g) und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (vgl. Ritz, BAO5, § 79, Tz 10, 11; ; ).
Die Rechts- und Parteifähigkeit einer GmbH bleibt daher auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch erhalten, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind. Der VwGH merkte ausdrücklich an, dass sich diese Aussage nicht auf die Erledigung eines Beschwerdeverfahrens bezog ().
Gegenständlich, da die streitgegenständliche Abgabennachforderung in Höhe von € 348,42 bislang nicht entrichtet sondern deren Einhebung ausgesetzt wurde, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides zu keinem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen. Weder diese noch in weiterer Folge deren Gläubiger könnten ein Abgabenguthaben lukrieren.
Mit der deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch ist nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. ; ), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können.
Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam und ist dieser im Übrigen bereits im Jahr 2018 verstorben (vgl. ; ; ; u. a. m.). Zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO besteht kein Anlass ().
Entsprechend den Ausführungen der Abgabenbehörde in der Stellungnahme an das besteht im gegenständlichen Fall in Bezug auf die gelöschte GmbH kein Abwicklungsbedarf und damit keine Parteifähigkeit mehr. Das Beschwerdeverfahren ist daher einzustellen.
Eine Zustellung an die Beschwerdeführerin kann im Hinblick auf das Erlöschen der Parteifähigkeit unterbleiben. Sohin ist die alleinige Zustellung an die Amtspartei ausreichend.
Diese Einstellung durch das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss zu erfolgen (vgl. ); dieser ergeht an die Amtspartei.
Im Fall einer Gegenstandsloserklärung konnte gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 BAO von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung folgt der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ), die Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Revision ist daher nicht gegeben.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101952.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at