Keine Kleinunternehmerbefreiung bei Vermietung einer in Österreich gelegenen Wohnung durch einen im Ausland lebenden Vermieter
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch die Stb-GmbH, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2018 (Steuernummer xx-xxx/xxxx) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) beantragte durch ihre steuerliche Vertreterin beim Finanzamt mit Eingabe vom die Zuteilung einer Steuernummer und führte aus, sie habe bis ihren Hauptwohnsitz in Österreich gehabt. Ab diesem Zeitpunkt lebe sie gemeinsam mit ihrem Ehegatten in Italien (Rom). Die bis zum von ihr selbst genutzte Wohnung werde ab diesem Zeitpunkt bis laufend vermietet. Mit diesen Mieteinnahmen sei sie seit 2010 in Österreich beschränkt einkommensteuerpflichtig.
Dem Fragebogen "Verf 24" legte sie unter anderem eine Meldebestätigung über die Abmeldung des österreichischen Hauptwohnsitzes im Jahr 2010 und eine Bestätigung der Stadt Rom über den seither dort bestehenden Wohnsitz bei.
2. In der am (neben der Einkommensteuererklärung) eingereichten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2018 erklärte die Bf Umsätze aus der Wohnungsvermietung von 8.945,45 EUR für die sie die unechte Steuerbefreiung für Kleinunternehmer nach § 6 Abs. 1 Z 27 UStG geltend machte.
3. In dem am erlassenen Umsatzsteuerbescheid für 2018 sah das Finanzamt die erklärten Entgelte aus der Wohnungsvermietung als umsatzsteuerpflichtig an und unterzog sie dem ermäßigen Steuersatz von 10%.
In der Begründung wurde dazu ausgeführt, Kleinunternehmer gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 sei ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibe und dessen Umsätze im Veranlagungszeitraum 30.000 EUR nicht übersteigen würden. Nach der Judikatur liege der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Vermietung an jenem Ort, von dem aus die Vermietungstätigkeit verwaltet werde. Also jener Ort, an dem die Verwaltungsunterlagen erstellt bzw. aufbewahrt, die Bankgeschäfte wahrgenommen und die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung getroffen würden. Im Fall einer Vermietung durch eine im Ausland ansässige Person sei dieser Ort nicht der Ort der vermieteten Wohnung, sondern jener Ort, von dem aus die Vermietung tatsächlich verwaltet werde, also die private Wohnstätte des Vermieters.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Eingabe vom Beschwerde und beantragte die Anwendung der Kleinunternehmerregelung und für den Fall einer gegenteiligen Entscheidung, die Vorsteuerbeträge in der Höhe von 303,19 EUR zu berücksichtigen. Zur Begründung verwies sie auf die Ausführungen zur (damals) anhängigen Beschwerde der Bf gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017. Dort führte sie aus, der Inlandsbezug der Kleinunternehmerregelung sei ab neu gefasst worden. Danach sei nunmehr ein Kleinunternehmer, wer im Inland sein Unternehmen betreibe und dessen Umsätze 30.000 € im Jahr nicht übersteigen. Ob diese Bestimmung auch für Vermieter mit Wohnsitz im Ausland anwendbar sei, sei nach der Literaturmeinung heftig umstritten. Sie verwies dazu auf den Artikel "Kleinunternehmerregelung ab 2017: Betreiben Vermieter mit Wohnsitz im Ausland ihr Unternehmen im Inland? von Sabine Kandutz-Kristen in texlex, 9/2017, Seite 263 ff und führte dazu aus, sie schließe sich der darin vertretenen Ansicht an, wonach die Vermietung von Immobilien im Inland durch Steuerpflichtige mit Wohnsitz im Ausland einen festen Bezugspunkt zu Inland herstelle. Selbst wenn der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht im Inland liegen sollte, liege eine feste Niederlassung im umsatzsteuerlichen Sinne vor, von wo aus die Umsätze bewirkt würden.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und gab zur Begründung die Ausführungen im angefochtenen Bescheid neuerlich wieder.
Ergänzend wurde vom Finanzamt zwar ausgeführt, die Vorsteuerbeträge von 303,19 EUR seien in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt worden, tatsächlich ist ein Abzug der beantragten Vorsteuer aber nicht erfolgt.
6. Mit Schreiben vom beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und wies darauf hin, dass bis dato die Rechtslage zur Thematik der Kleinunternehmerregelung noch immer unklar sei.
7. Vom Bundesfinanzgericht wurde die Bf schriftlich ersucht, die dort angeführten Fragen zu beantworten und die bezugnehmenden Unterlagen beizuschließen. Zur Frage (Pkt. 4), welche konkreten Umstände für die von ihr vertretene Ansicht sprechen würden, wonach sie ihr Unternehmen im Inland betreibe, zumal sie ihren Wohnsitz im Ausland habe, führte sie aus, die Wohnung werde von ihrem in B-Ort in Tirol lebenden Vater betreut. Nachdem sie sich überwiegend in Rom aufhalte, habe sie ihren Vater gebeten, sämtliche Tätigkeiten, die die Wohnung betreffen, wahrzunehmen. Dies sei im Besonderen, wenn es Fragen oder Probleme mit den Mietern gebe. Des weiteren würden Reparaturen von ihm veranlasst. Zu seinen Aufgaben zähle auch mindestens einmal im Jahr mit dem Mieter Kontakt aufzunehmen. Er sei auch Zustellungsadressat der Bankauszüge und sei berechtigt die Schriftstücke der Hausverwaltung zu empfangen. Er vertrete auch ihre Interessen gegenüber der Hausverwaltung. Sämtliche Unterlagen würden von ihm im Inland aufbewahrt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
II. Sachverhalt
8. Die Bf, eine österreichische Staatsbürgerin, hat im März 2010 ihren Wohnsitz in Österreich aufgegeben und ist seither gemeinsam mit ihrem Gatten und ihren zwei (damals) minderjährigen Kindern in Rom (Italien) ansässig. Die gegenständliche, in Innsbruck, Straße, gelegene Eigentumswohnung, die die Bf bis zu ihrer Übersiedlung nach Rom selbst bewohnt hat, hat sie mit Übergabevertrag vom 10.02..200X von ihrem Vater erworben. Die Eigentumswohnung weist eine Nutzfläche von 66 m² auf und wird von der Bf seit dem Jahr 2010 vermietet. Betreut wird diese Wohnung von ihrem Vater, der auch allenfalls notwendige Reparaturen veranlasst, Kontakt mit dem Mieter hält und als Zustellungsadressat Schriftstücke der Hausverwaltung und Kontoauszüge der Bank entgegen nimmt. Darüber hinaus wird das Wohnobjekt in dem sich diese Wohnung befindet, von einer Hausverwaltung betreut.
9. Dieser unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den Angaben der Bf, den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakt und Abfragen im zentralen Melderegister.
III) Rechtslage und Erwägungen:
10. Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 in der für den gegenständlichen Fall anzuwendenden geänderten Fassung ab (AbgÄG 2016, BGBl I 117/2016) sind die Umsätze der Kleinunternehmer von der Umsatzsteuer befreit. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibt und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30.000 Euro nicht übersteigen.
11. Die Grundlage für diese Bestimmung auf der Ebene des Unionsrechtes befindet sich in der "Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gesamte Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)". Nach deren Art. 282 gelten die Steuerbefreiungen und -ermäßigungen nach diesem Abschnitt für Lieferungen von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen, die von Kleinunternehmern bewirkt werden.
12. Art. 283 Abs. 1 lit. c MwStSystRL legt fest, dass die Befreiung für Kleinunternehmer "nicht für die Lieferungen von Gegenständen und Erbringung von Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen, der nicht in dem Mitgliedsstaat ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird" angewendet werden kann.
Dieser Artikel stellt somit auf die Ansässigkeit ab.
13. Art. 281 iVm Art. 283 Abs. 1 lit. c MwStSystRL eröffnet somit den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, den in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Kleinunternehmen eine Mehrwertsteuerbefreiung mit Verlust des Vorsteuerabzugs zu gewähren, schließt diese Möglichkeit aber hinsichtlich der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Kleinunternehmen aus ( Schmelz, C-97/09, Rn 51).
Als Anknüpfungstatbestände für die umsatzsteuerliche Ansässigkeit sind nach der Rechtsprechung des EuGH in diesem Zusammenhang in erster Linie der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit und das Vorhandensein einer festen Niederlassung (Betriebsstätte) von wo aus Umsätze bewirkt werden, heranzuziehen. (, Stoppelkamp, Rn 26).
14. Die Umsetzung der Richtlinienregelung und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EUGH erfolgte mit der geänderten, ab wirksamen Fassung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 (BGBl I 117/2016). Die neue Voraussetzung für die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung, das "Betreiben des Unternehmens im Inland" wird unionsrechtlich als der "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" oder der "Ort der festen Niederlassung, von dem aus Umsätze bewirkt werden" verstanden. An diesem Ort wird auch die umsatzsteuerliche Ansässigkeit begründet (vgl. Zorn, "VwGH zum Inlandserfordernis der Kleinunternehmerregelung", RdW 3/2019, S 201 ff).
15. Mit der Frage, ob ein im Ausland ansässiger Unternehmer für die Umsätze aus der Vermietung einer in Österreich gelegenen Wohnung die Mehrwertsteuerbefreiung für Kleinunternehmer nach § 27 Abs. 1 Z 27 UStG geltend machen kann, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0034 zur Rechtslage vor dem und im Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0115 zur Rechtslage nach dem auseinandergesetzt und hat in beiden Erkenntnissen die vom Bundesfinanzgericht vertretende Rechtsansicht, wonach die Kleinunternehmerregelung nicht anzuwenden ist, bestätigt.
16. Im Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0034 führt der VwGH unter Rn 23 bis 25 dazu aus:
"Der Umstand, dass der Mitgliedstaat die Mehrwertsteuerbefreiung nur auf die in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Kleinunternehmer anwenden darf, würde zwar zu einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit führen, diese Richtlinienbestimmung ist aber - vor dem Hintergrund, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 272 Abs. 1 Buchst. d der MwStSystRL Kleinunternehmen von sämtlichen in den Art. 213 bis 271 dieser Richtlinie vorgesehenen Formalitäten befreien können - durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten. Die Maßnahme erweist sich als für die Gewährleistung wirksamer Steuerkontrollen, ob die Voraussetzungen für die Befreiung tatsächlich erfüllt sind, geeignet, weil die Unternehmen die Unterlagen über ihre sämtlichen wirtschaftlichen Tätigkeiten grundsätzlich am Ort ihrer Niederlassung aufbewahren (EuGH Schmelz, Rn 52 bis 64).
Die Beschränkung der Mehrwertsteuerbefreiung für Kleinunternehmer auf die Steuerpflichtigen, die in dem Mitgliedstaat, der eine solche Befreiung eingeführt hat, ansässig sind, ist weiters durch die Notwendigkeit der Bekämpfung von Steuerhinterziehungen und Steuerumgehungen gerechtfertigt. Die Regelung verhindert nämlich, dass Steuerpflichtige, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, ohne dort ansässig zu sein, der Besteuerung ihrer Tätigkeiten unter dem Deckmantel der dort geltenden Befreiungen ganz oder zum großen Teil entgehen könnten, auch wenn diese Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit den Umfang der Geschäftstätigkeit eines Kleinunternehmens objektiv überschreiten würden (EuGH Schmelz, Rn 70).
Aus dem Stoppelkamp, C-421/10, Rn 26 bis 36, ergibt sich, dass ein Steuerpflichtiger dann ein "im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger" ist, wenn er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland hat.
17. Im Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0115 führt der VwGH unter Rn 22 bis 24 ergänzend aus:
"Aus dem Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0034, ergibt sich bereits, dass die Ansässigkeit iSd Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Unternehmers abstellt, sondern auf den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit.
Wie der Schmelz, C-97/09, Rn 70, ausgeführt hat, bezweckt die Regelung des Art. 283 Abs. 1 Buchst. c der MwStSystRL u.a., zu verhindern, dass Steuerpflichtige, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, der Besteuerung ihrer Tätigkeiten durch Verweis auf die dort geltenden Kleinunternehmerbefreiungen entgehen könnten, auch wenn diese Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit den Umfang der Geschäftstätigkeit eines Kleinunternehmens objektiv überschreiten würden. Vor diesem Hintergrund und auch im Hinblick auf Art. 10 DVO (EU) 282/2011 zur MwStSystRL und im Einklang mit dem Stoppelkamp, C-421/10, ist als Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Ort zu verstehen, an dem der Unternehmer die Handlungen zur zentralen Verwaltung des Unternehmens vornimmt. In richtlinienkonformer Umsetzung dieser Bestimmung stellt § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 idF AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 117/2016, auf den Ort ab, an dem das (gesamte) Unternehmen betrieben wird.
Dass das oben angeführte Erkenntnis vom zu § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 idF vor dem AbgÄG 2016, BGBl. I Nr. 117/2016, ergangen ist, ändert nichts an seiner Einschlägigkeit für den revisionsgegenständlichen Fall, weil durch die mit dem AbgÄG 2016 erfolgte Novellierung gerade diesen unionsrechtlichen Vorgaben Rechnung getragen werden sollte (vgl. ErlRV 1352 BlgNR 25. GP 14)."
18. Im Lichte der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH zum Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit und der richtlinienkonformen Umsetzung der Kleinunternehmerregelung in § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 kann den Ausführungen in der Beschwerde, wonach es sich bei der im Inland vermieteten Eigentumswohnung um ein Unternehmen handelt, das von der Bf im Inland betrieben wird, nicht gefolgt werden.
19. Als Argument, wonach sich der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland befindet, wird von der Bf lediglich vorgebracht, dass die vermietete Eigentumswohnung von ihrem Vater betreut wird und er Zustellungsbevollmächtigter der die Wohnung betreffenden Briefsendungen ist.
20. Das Bundesfinanzgericht hat in einem gleichgelagerten Fall die Kriterien Beginn, Dauer und Ende der Vermietungstätigkeit, Privatnutzung des Objektes, Veräußerung, Betrauung oder Nichtbetrauung einer Immobilienverwaltungsfirma mit Dienstleistungsarbeiten, Umfang einer allfälligen Bevollmächtigung als wesentliche Entscheidungen eingestuft, die für die Bestimmung des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit relevant sind (vgl. ).
21. Ebenso wenig wie in der oben angeführten Entscheidung des BFG die von einer inländischen Hausverwaltung im Zusammenhang mit der Vermietung von zwei Wohnungen vorgenommenen Dienstleistungen, nicht als Kriterien für eine inländische Ansässigkeit der Vermieterin angesehen wurden, kann auch im gegenständlichen Fall allein der Umstand, dass der Vater der Bf in ihrem Auftrag die vermietete Wohnung vor Ort betreut und Ansprechpartner für den Mieter ist, nicht dazu führen, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit der Bf als im Inland gelegen angesehen werden kann.
22. Im Beschwerdefall sind alle für die Vermietungstätigkeit wesentlichen Entscheidungen (Vermietung der Eigentumswohnung, Höhe des Mietzinses, Beginn und Dauer der Vermietungstätigkeit, Beauftragung des Vaters mit der Betreuung der Wohnung) von der Bf getroffen worden. Diese Handlungen der zentralen Verwaltung des Unternehmens wurden von der im Ausland lebenden Bf nicht im Inland erbracht. Damit lag im Beschwerdejahr nicht nur der Wohnsitz, sondern auch der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit und damit der Ort von dem die Bf ihr Unternehmen im Sinne des § 6 Z 27 UStG betrieben hat, in Italien.
23. Auch die in der Beschwerde ergänzend vorgebrachte Ansicht, wonach, sollte das Gericht den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht als im Inland gelegen ansehen, die vermietete Wohnung als eine feste Niederlassung im umsatzsteuerlichen Sinn zu betrachten sei, von wo aus die Umsätze bewirkt würden, ist nicht zutreffend.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0115 unter Rn 27 ausführt, ist der Ort der Unternehmensleitung nämlich unabhängig vom Ort der vom Unternehmer ausgeführten Lieferungen iSd § 3 Abs. 7 ff UStG 1994 und vom Ort seiner sonstigen Leistungen iSd § 3a UStG 1994. Gemäß § 3a Abs. 9 UStG 1994 werden sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück gelegen ist; über den Ort der Unternehmensleitung sagt diese Bestimmung nichts aus.
24. Allein der Umstand, dass sich die vermietete Wohnung im Inland befindet, führt nicht zum Bestehen einer festen Niederlassung im Sinne des Unionsrechtes.
Eine feste Niederlassung setzt neben einen hinreichenden Grad an Beständigkeit eine personelle und technische Ausstattung voraus, von wo aus die wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet wird. Dazu müsste im Inland (zumindest) ein Büro unterhalten werden, von dem aus die Bf die Vermietungstätigkeit verwaltet (vgl. mwH). Ein entsprechend ausgestattetes Büro in dem die Vermietungstätigkeit verwaltet wird, liegt nicht vor.
25. Da für die gegenständliche Wohnungsvermietung im Inland weder der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit liegt noch eine feste Niederlassung vorhanden ist, konnte die Kleinunternehmerbefreiung nicht gewährt werden.
26. Der Beschwerde war aber insoweit teilweise Folge zu geben, als die in der Beschwerde in einem Eventualantrag geltend gemachte und vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung offensichtlich nur versehentlich nicht berücksichtige Vorsteuer von 303,19 EUR in Abzug zu bringen war.
IV. Zulässigkeit einer Revision
27. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
28. Die Fragen unter welchen Voraussetzungen ein im Ausland wohnhafter Unternehmer für die Umsätze aus Vermietung einer in Österreich gelegenen Wohnung die Kleinunternehmerbefreiung in Anspruch nehmen kann, ist durch die oben angeführte Rechtsprechung des EuGH und des VwGH hinreichend beantwortet.
Für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100318.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at