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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.07.2021, RV/7103647/2017

Anwachsung gem. § 142 UGB aufgrund Ausübung des Aufgriffsrechts aus dem Gesellschaftsvertrag.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom innerhalb verlängerter Beschwerdefrist gegen den Bescheid des ***FA*** vom , ***1***, ***2***, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Vorlagebericht vom legte das ***FA*** (nunmehr Finanzamt ***3***) gegenständliche Beschwerde mit folgender Sachverhaltsdarstellung an das BFG zur Entscheidung vor:

"Hr. ***4*** hat sein Aufgriffsrecht betreffend der Gesellschaftsanteile an der ***5*** mit Schreiben vom geltend gemacht. Durch den Aufgriff der Gesellschaftsanteile kommt es zur Anwachsung des Vermögens der ***5*** gem. § 142 UGB auf Hr. ***4***.

Im Vermögen der OG befand sich auch Liegenschaftsvermögen. Die Anwachsung des Liegenschaftsvermögens löst Grunderwerbsteuerpflicht aus.

Dieser Vorgang wurde mit Schreiben vom schriftlich beim ***6*** zur Anzeige gebracht. Nach vorausgehender Information wurde dann dieser Vorgang gesetzeskonform mit elektronischer Abgabenerklärung erneut angezeigt.

Die vorgenommenen Ermittlungen ergaben, dass Hr. ***7*** an die weichenden Gesellschafter einen Abfindungsbetrag idHv. € 739.725,36 zu leisten hatte. Neben dem Abfindungsbetrag wuchsen auch Schulden OG idHv. € 1.204.973,58 Herrn ***8*** an. Sein eigenes Kapital in der OG ist idH v. € 353.684,34 angewachsen. Daraus ergibt sich, dass für die Anwachsung des Aktivvermögens durch Hr. ***8*** zusammen € 2.298.383,28 an Gegenleistung zu erbringen ist.

Im Verhältnis zum übrigen Aktivvermögen macht das Liegenschaftsvermögen 93,68 % aus. Somit sind von der Gesamtgegenleistung 93,68 % als Gegenleistung für das Liegenschaftsvermögen anzusehen.

Ausgehend von einer Gegenleistung idHv. € 2.153.125,46 (= 93,68 % von € 2.298.383,28) wurde mit Bescheid vom die Grunderwerbsteuer mit € 75.259,39 festgesetzt. In der Bescheidbegründung wird klargestellt, dass eine Anwachsung einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG und nicht nach § 1 Abs. 3 GrEStG darstellt.

Gegen diesen Bescheid wurde nach mehrmaligen Fristverlängerungen am Beschwerde erhoben und die Direktvorlage der Beschwerde ohne Erlassung einer BVE beantragt. Begründet wurde die Beschwerde damit, dass gegenständlicher Vorgang eine Vereinigung aller Anteile iSd. § 1 Abs. 3 GrEStG darstelle und somit, da ausschließlich land- und forstwirtschaftliches Liegenschaftsvermögen übertragen wurde, die GrESt vom 1-fachen Einheitswert gem. § 4 Abs. 2 Z 2 lit. c GrEStG zu berechnen sei.

Weiters sei der gegenständliche Vorgang mit einem Umgründungsvorgang gleichzuhalten. Auch sei neben dem Abfindungsbetrag und den übernommenen Verbindlichkeiten der verstorbenen Gesellschafterin keine weiter Gegenleistung zu erbringen gewesen."

Mit Schriftsätzen vom und hat der Bf. innerhalb verlängerter Beschwerdefrist Beschwerde gegen den spruchgegenständlichen Bescheid eingebracht.

Diese lautet auszugsweise wie folgt:

"…Am ***15*** wurde von ***9*** und mir, als Mitgesellschafter die ***5***, ***10***, gegründet und am im Firmenbuch des ***11*** eingetragen. ***9*** starb am ***12*** und wurde der Nachlass der Witwe ***13*** als Testamentserbin mit Einantwortungsbeschluss vom ***14*** rechtskräftig eingeantwortet.

Im Gesellschaftsvertrag der ***5*** vom ***15*** wurde im Falle des Todes eines Mitgesellschafters folgende Regelung getroffen: "Im Fall des Ablebens eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt. Den überlebenden Gesellschaftern steht jedoch das Recht zu, von den Erben des verstorbenen Gesellschafters, oder, wenn der Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters Gegenstand eines Legates ist, von den Legataren, die Abtretung des ihnen im Erbwege zufallenden Gesellschaftsanteiles innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Einantwortung des Nachlasses zu verlangen."

Am erklärte ich innerhalb der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Frist von meinem Aufgriffsrecht Gebrauch zu machen. Durch die Ausübung dieser Erklärung gegenüber der Witwe als Rechtsgeschäft wurde die Witwe als Rechtsnachfolgerin nach ***9*** verpflichtet, mir die Anteile gegen Bezahlung eines Abfindungsbetrages abzutreten.

Die ***5*** war Alleineigentümerin der Liegenschaften ***16*** und ***17***, welche ausschließlich land- und forstwirtschaftliche Flächen sind. Auf Grund Ausübung dieses Aufgriffsrechtes ist hinsichtlich der Liegenschaften Grunderwerbssteuer angefallen und wurde die Steuer vom Wert der Gegenleistung berechnet. Die Behörde stützt sich trotz Vorliegens eines Rechtsgeschäftes (Aufgriffserklärung) auf den Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG. Die Ansicht der Behörde zur Vorschreibung der Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung wird daher ausdrücklich bestritten.

Auf Grund der Komplexität dieser Causa und noch durchzuführender umfangreicher Recherchen wird unter Hinweis auf § 245 Absatz 3 BAO beantragt die Beschwerdefrist, insbesondere im Hinblick auf die Begründung der Beschwerde, zu verlängern…

***18*** war Alleineigentümerin der Liegenschaften ***16*** und ***17***, welche ausschließlich land- und forstwirtschaftliche Grundstücke sind. Mit Schreiben vom ***19*** (Aufgriffserklärung als Rechtsgeschäft) wurde das gesellschaftsvertraglich vereinbarte Aufgriffsrecht zur Übernahme der 50 % Anteile der Witwe ***13*** als Rechtsnachfolgerin nach ***20*** an der ***5*** geltend gemacht, weshalb sohin gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 GrEStG der Anspruch auf Übereignung dieser Gesellschaftsanteile begründet wurde.

Unter den Begriff des Rechtsgeschäftes fallen nicht nur Verträge, sondern auch einseitige Rechtsgeschäfte, Akte, Ausübungen, Offerte und dergleichen. Auch die einseitig abzugebende rechtlich erhebliche Erklärung bzw. ein dem Erklärenden zustehendes Aufgriffsrecht auszuüben, erfüllt den steuerpflichtigen Tatbestand, weil durch die Ausübungserklärung ein Übereignungsanspruch gegenüber dem jeweils Verpflichteten begründet wird. (VwGH vom 13/12/2012, 2010/16/0072).

In diesem Fall kommt also das einseitige Rechtsgeschäft durch die Abgabe einer einseitigen Erklärung auf Grund eines rechtsgeschäftlich eingeräumten Gestaltungsrechts (Aufgriffsrecht) zustande. Ohne Geltendmachung der Aufgriffserklärung wäre die ***5*** nicht untergegangen und die Anteile des verstorbenen Mitgesellschafters nicht übergegangen.

§ 1 Abs. 3 GrEStG spricht von Gesellschaft, in welcher sich ein inländisches Grundstück befindet. Unter einer "Gesellschaft" versteht man im Allgemeinen (§1175 ABGB) eine Personenvereinigung, die durch Rechtsgeschäft zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks geschaffen wurde (kurz: eine vertragliche Zweckzuwendung). Elemente dieses traditionellen Gesellschaftsbegriffs sind daher: Personenvereinigung, rechtsgeschäftliche Grundlage, gemeinsamer Zweck, Verfolgung des Zwecks (durch Beiträge). Auch Personengesellschaften fallen unter § 1 Abs. 3 GrEStG, da sämtliche Elemente des traditionellen Gesellschaftsbegriffs erfüllt sind.

Mit Aufgriffserklärung als Rechtsgeschäft wurde der Anspruch auf Übertragung der Anteile des Verstorbenen an der Gesellschaft begründet und durch diese Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers, also in meiner Person, vereinigt.

Im § 1 Abs.3 GrEStG sind Personengesellschaften nicht ausgeschlossen. Der grunderwerbsteuerpflichtige Vorgang ergibt sich sohin aus § 1 Abs. 3 Z 1 GrEStG. Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes,[…Anm.: fehlend] die Anwachsung gem. § 142 UGB unter § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG und nicht unter § 1 Abs. 3 GrEStG zu subsumieren, sowie nicht auf Personengesellschaften und deren Rechtsnachfolger anzuwenden, ist nicht sachgerecht, willkürlich und gleichheitswidrig (denkunmögliche Auslegung). Mit diesem Anteilserwerb wird derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Genau dies trifft bei der Anwachsung zu, liegt doch ein unmittelbarer Liegenschaftserwerb von der Gesellschaft vor. Als Erwerber der Anteile kommen alle Rechtsträger im Sinne der Ausführungen zu § 1 Abs 1 GrEStG, also sowohl natürliche als auch juristische Personen, wie auch Personengesellschaften in Betracht. Genau dies ist hier der Fall und kann nicht ausgenommen werden.

Von einem Fortbestehen der Gesellschaft bzw. der Gesellschaftsanteile, kann bei § 1 Abs. 3 Z 1 GrEStG also nicht die Rede sein, führt die bescheiderlassende Behörde sogar in der Bescheidbegründung vom aus, dass mit Geltendmachung des Aufgriffsrechtes durch mich als Gesellschafter diese Gesellschaftsanteile an der ***5*** in einer Hand vereint wurden. Zur Berechnung spricht das Gesetz auch im § 4 Abs. 2 Z 2 lit. c GrEStG ausdrücklich von der Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft beziehungsweise wenn alle Anteile einer Gesellschaft übergehen, womit klar zum Ausdruck gebracht wird, dass die Gesellschaft untergeht und auf einen neuen (anderen) Erwerber übergehen. In diesem Fall geht die ***5*** mit Gesamtrechtsnachfolgewirkung auf mich als Einzel Unternehmer über.

Da in diesem Fall darüber hinaus ausschließlich land- und forstwirtschaftliche Flächen vorliegen, ist die Steuer nicht von der Gegenleistung zu berechnen, sondern gemäß § 4 Abs. 2 Zi 2 lit c in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Zi 1 GrEStG vom einfachen Einheitswert.

Darüber hinaus ist eine Anwachsung gemäß § 142 einem Umgründungstatbestand gleichzuhalten. Die Tatsache, dass die ***5*** im Jahr 2011 bereits Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 65.492,00 auf Grund des Ankaufes des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ***21*** bezahlt hat, sollte doch gerade nunmehr durch die Anwachsung, die mittelbare Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen der Gesellschaft, unabhängig vom Kapitalanteil der Gesellschafter, insbesondere also unabhängig von einer Beteiligung der Gesellschafter am Auseinandersetzungsergebnis (vgl. dazu insbesondere Fischer in Boruttau/Egly/Sigloch, GrEStG Rz 39 zu § 1 des GrEStG mit zahlreichen Nachweisen aus der Judikatur des BFH), und die Übernahme des Liegenschaftsvermögens mit Gesamtrechtsnachfolgewirkung, nicht nochmals die Grunderwerbsteuer von der Gesamtgegenleistung auslösen. Definitionskriterien für eine Umgründung sind der Wechsel des Rechtsträgers bei grundsätzlichem Fortbestehen des Vermögens durch eine spezifische Form der Vermögensüberleitung (identitätswahrend oder durch Gesamtrechtsnachfolge). Genau das ist hier der Fall, denn das Vermögen der OG geht auf mich als Einzelunternehmer im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bei Fortbestand des Betriebes über. Demnach wäre sohin der Erwerb eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstückes auf Grund der Anwachsung unter analoger Anwendung der Umgründungsbestimmungen ebenfalls nur mit dem einfachen Einheitswert zu besteuern.

Die ständige Rechtsprechung die Anwachsung gemäß § 142 UGB unter § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG zu subsumieren und nicht unter § 1 Abs. 3 GrEStG ist in jedem Fall gleichheitswidrig und stellt einen Verstoß verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte dar, spricht das Gesetz im § 1 Abs 3 von Gesellschaften und fallen sohin auch Personengesellschaften darunter. Darüber hinaus ist es nicht sachgerecht die Anwachsung gemäß § 142 UGB, trotz Vorliegen einer ziffernmäßig bestimmten Abfindungsleistung an den ausscheidenden Gesellschafter von der Gegenleistung, die sich aus der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters, den Gesellschaftsschulden und dem Wert des bisherigen Gesellschaftsanteils des verbleibenden Gesellschafters zusammensetzt, zu berechnen, dies auch unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG. In dieser Bestimmung wird ausdrücklich festgehalten, dass die Steuer vom gemeinen Wert nur dann heranzuziehen ist. wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermittein ist; beides ist aber in diesem Fall gegeben.

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne des § 4 Abs. 1 GrEStG umfaßt jene Leistung, die der Ewerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25, Juni 1992, 91/16/0037. 0038 und vom , 84/16/0093). In diesem Fall betrug der Abfindungsbetrag an die Witwe unter Berücksichtigung des am geschlossenen Vergleiches beim ***11*** EUR 739.725,36 und die zu übernehmenden Verbindlichkeiten des verstorbenen Mitgesellschafters EUR 356.393,51, insgesamt sohin EUR 1.096.118,37; eine weitere Gegenleistung wurde nicht gewährt. Wären die bestehenden Verbindlichkeiten der OG als Gesamtschuld bei Berechnung der Abfindungsleistung zu berücksichtigen gewesen, hätte diese Leistung an die Witwe nicht EUR 739.725,36 betragen, sondern hätte durch die gleichteilige Übernahme der bestehenden Verbindlichkeiten der OG entsprechend gemindert werden müssen, in diesem Fall wurden nur die dem Verstorbenen zuzurechnenden Kredite abgezogen!

In jedem Fall ist die ständige Rechtsprechung die Gegenleistung bei der Anwachsung nach dem Wert der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters zuzüglich des Wertes der Gesellschaftsschulden und des untergehenden Kapitalkontos des Gesellschafters zu beurteilen, gleichheitswidrig und denkunmöglich, weil ausschließlich beim Untergang von Personengesellschaften trotz Vorliegen einer ziffernmäßig bestimmten Gegenleistung, zur Berechnung der Grunderwerbsteuer der gemeine Wert der OG als Gegenleistung herangezogen wird."

Der Bf. beantragt, den angefochtenen Bescheid vom aufzuheben und die Grunderwerbsteuer vom einfachen Einheitswert festsetzen bzw. neu zu berechnen, in eventu stellt er einen Antrag auf Nachsicht der bereits entrichteten Steuer gemäß § 236 BAO unter Hinweis auf die beigelegten Kreditverträge samt Umsatzübersichten (übernommene und bestehende Verbindlichkeiten der ***5*** durch ihn als Einzelunternehmer, gänzliche Fremdfinanzierung des Abfindungsbetrages an die Witwe des verstorbenen Gesellschafters, gänzliche Fremdfinanzierung der vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer und vorgeschriebener Eintragungsgebühren, auch hinsichtlich der Pfandrechte, der weiteren Verbindlichkeiten des Antragstellers und der monatlichen Belastungen.

Das Finanzamt hat hiezu folgende Stellungnahme abgegeben:

"Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob durch die Anwachsung ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG oder nach § 1 Abs. 3 GrEStG verwirklicht wird.

Scheidet aus einer OG oder KG, die nur aus zwei Gesellschaftern besteht, einer der Gesellschafter aus und macht der andere das ihm - sei es durch Gesetz (§ 142 UGB), sei es durch Vertrag - eingeräumte Recht auf Übernahme des Unternehmens geltend, so geht das u. a. an einem Grundstück bestehende Gesamthandeigentum der Gesellschaft in das Alleineigentum des verbleibenden Gesellschafters über (vgl. 473/75, verstärkter Senat, 88/16/0105, 93/16/0139 und 2000/16/0563).

Bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer Personengesellschaft des Unternehmensrechts, die nur aus zwei Personen besteht, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung nach § 4 Abs. 1 GrEStG zu errechnen ( 2008/16/0126 und dort zitierte Rechtsprechung).

Der Wert der Gegenleistung bemisst sich im Falle einer Geschäftsübernahme nach § 142 UGB nach dem Wert der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters bzw. dessen Erben zuzüglich des Wertes der Gesellschaftsschulden und des Wertes des bisherigen Gesellschaftsanteils des übernehmenden Gesellschafters (vgl. 93/16/0139; 2008/16/0126). Die Gesamtgegenleistung ist im Verhältnis des Grundstückes zu den sonstigen Aktiva prozentuell auf das Grundstück entfallend zu besteuern (vgl. RV/6100226/2008).

Verbleibt nur noch ein Gesellschafter einer Personengesellschaft, erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen letzten Gesellschafter über (§ 142 UGB). Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG (Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft) setzt das Fortbestehen der Gesellschaft sowie der Gesellschaftsanteile voraus. Die liquidationslose Übernahme der O(H)G durch einen der Gesellschafter bewirkt aber die Beendigung der Gesellschaft und den Untergang der Beteiligung an ihr.

Liegt ein Rechtstitel für den Übergang eines solchen Unternehmens vor, so erwirbt der Übernehmende nicht einen Anspruch auf Übertragung des Unternehmens oder der einzelnen Unternehmensbestandteile. Gleiches gilt für den Erwerb von Todes wegen. Es tritt in diesen Fällen nicht die Nachfolge in den Anteil des Ausscheidenden ein, auch nicht die Übertragung des Gesellschaftsanteils, sondern eine Übernahme des Gesellschaftsvermögens; die Überführung des Gesamthandeigentums von der Personengesellschaft in das Alleineigentum des übernehmenden Gesellschafters erfolgt, ohne dass es eines weiteren Übertragungsaktes bedarf (s auch 473/75 und vom , 1033/75, , 84/16/0194).

Da eine Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft (OG und KG) begrifflich sowohl das Fortbestehen der Gesellschaft als auch der Gesellschaftsanteile voraussetzt, kann die liquidationslose Überführung des Gesamthandeigentums der bisherigen Gesellschafter in das Alleineigentum des übernehmenden Gesellschafters den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG 1955 nicht erfüllen (). Vielmehr ist in diesem Fall der Tatbestand des Erwerbsvorgangs "aufgrund der Gesetze" gem. § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1955 erfüllt."

Beweiserhebung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch vorgelegten Aktenteile des Finanzamtes, ***2***, ***22***, sowie den Arbeitsbogen der Betriebsprüfung.

Rechtslage und Erwägungen

Zur Anwachsung:

Die liquidationslose Übernahme des Unternehmens einer zweigliedrigen Personengesellschaft nach § 142 UGB kann unter Lebenden oder auch von Todes wegen erfolgen.

Gemäß § 142 Abs. 1 2. Satz UGB geht das Gesellschaftsvermögen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen (den verbleibenden Gesellschafter) über.

Bei der Gesamtrechtsnachfolge gehen alle Rechtspositionen eines Rechtssubjektes auf den Rechtsnachfolger über (vgl. Ritz, BAO6, § 19 Tz 4). Die Gesamtrechtsnachfolge bewirkt den Übergang aller Rechte und Pflichten der Gesellschaft wie Besitz, Eigentum, Forderungen und Verbindlichkeiten usw. auf den Rechtsnachfolger. Sämtliche Rechte und Pflichten kommen daher von der Gesellschaft. Die Rechtsnachfolger erwerben daher unmittelbar alle Rechte und Pflichten von der Rechtsvorgängerin, der Gesellschaft. Durch den Übergang des Gesamthandeigentums der Gesellschaft in das Alleineigentum des Übernehmers findet ein Wechsel in der Person des Rechtsträgers statt. Der Erwerberfolgt sohin von der Gesellschaft und nicht von den ausscheidenden Mitgesellschaftern (vgl. N. Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 1 Tz 251a).

Die Offene Gesellschaft (OG) und die Kommanditgesellschaft (KG) sind nach § 105 UGB rechtsfähig. Deren Vermögen steht im Gesamthandeigentum der Gesellschafter (). Durch das Ausscheiden eines von (nur) zwei Gesellschaftern aus der OG oder KG geht das Unternehmen ohne Liquidation mit seinen Aktiven und Passiven auf den verbleibenden Gesellschafter über. Die liquidationslose Übernahme des Unternehmens durch einen der Gesellschafter bewirkt die Beendigung der Gesellschaft.

Das bisherige Gesamthandeigentum an der Gesellschaft wird dadurch Eigentum in der Hand des Übernehmers. Dies führt zu einer Gesamtrechtsnachfolge des Übernehmers im Wege der Anwachsung. Dies gilt auch für Liegenschaftseigentum, weshalb es in diesem Fall keines besonderen Übertragungsaktes bedarf (vgl. ).

Durch das Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern aus der OG oder KG geht das Unternehmen ohne Liquidation mit seinen Aktiven und Passiven auf den verbleibenden Gesellschafter über. Das bisherige Gesamthandeigentum an der Gesellschaft wird dadurch Eigentum in der Hand des Übernehmers. Dies führt zu einer Gesamtrechtsnachfolge des Übernehmers im Wege der Anwachsung. Dies gilt auch für Liegenschaftseigentum, weshalb es in diesem Fall keines besonderen Übertragungsaktes bedarf (vgl. , wbl. 2007, 196). Scheidet somit aus einer solchen Gesellschaft, die nur aus zwei Gesellschaftern besteht, einer der Gesellschafter aus und macht der andere das ihm - sei es durch Gesetz (§ 142 HGB aF), sei es durch Vertrag - eingeräumte Recht auf Übernahme des Unternehmens geltend, so geht das u. a. an einem Grundstück bestehende Gesamthandeigentum der Gesellschaft in das Alleineigentum des verbleibenden Gesellschafters über (vgl. 473/75, verstärkter Senat, , und ).

Dadurch werden die Rechtsfolgen des § 142 UGB in Gang gesetzt, dessen Abs. 1 lautet: "Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über."

Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass der Bf. von seinem Aufgriffsrecht Gebrauch gemacht hat. Das am gegenständlichen Liegenschaftsvermögen bestehende Gesamthandeigentum der Gesellschaft geht in das Alleineigentum des verbleibenden Gesellschafters über. Diese Übernahme vollzieht sich auf Grund des Gesetzes, weshalb sie den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG erfüllt, wonach der Erwerb des Eigentums der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist. Eine Vereinigung aller Anteile iSd § 1 Abs. 3 GrStG liegt nicht vor (vgl. Fellner, aaO,und N. Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 1 Tz 251).

Ermittlung der Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage:

Bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer Personengesellschaft des Unternehmensrechts, die nur aus zwei Personen besteht, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung nach § 4 Abs. 1 GrEStG zu errechnen (VwGH29.1.2009, 2008/16/0126 und dort zitierte Rechtsprechung).

Der Wert der Gegenleistung bemisst sich im Falle einer Geschäftsübernahme nach § 142 UGB nach dem Wert der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters bzw. dessen Erben zuzüglich des Wertes der Gesellschaftsschulden und des Wertes des bisherigen Gesellschaftsanteils des übernehmenden Gesellschafters (vgl. ; ). Die Gesamtgegenleistung ist im Verhältnis des Grundstückes zu den sonstigen Aktiva prozentuell auf das Grundstück entfallend zu besteuern (vgl. ).

Die seitens des Finanzamtes angewendete Methode der Ermittlung der Gegenleistung, entspricht somit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und besteht kein Anlass, von dieser abzugehen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Nachsichtsansuchen:

Zu dem in der Beschwerdeschrift angeregten Ansuchen um Nachsicht (236 BAO) ist zu sagen, dass die Entscheidung über die Nachsicht fälliger Abgabenschuldigkeiten in den Bereich der Abgabenhörden fällt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall stützt sich das Erkenntnis auf die einhellige Lehre und Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 142 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1955, Grunderwerbsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 140/1955
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103647.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at