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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.06.2021, RV/7400054/2021

Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz 2008

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7400054/2021-RS1
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, gilt als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung und Einhebung der Ausgleichsabgabe nach den WGarG 2008 der Ausspruch in der Baubewilligung, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt. Die Bemessung durch gesonderten Bescheid nach § 55 WGarG 2008 ist für die Entstehung des Abgabenanspruches ohne Bedeutung (vgl. etwa , und die dort wiedergegebene Judikatur der Höchstgerichte; sowie ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** und ***Bf2***, ***Bf2-Adr*** beide vertreten durch SRG Stock Rafaseder Gruszkiewicz Rechtsanwälte GmbH, Schwindgasse 7/6, 1040 Wien, vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 37 vom betreffend Vorschreibung der Ausgleichsabgabe gemäß den §§ 48 Abs. 1 und 54 Wiener Garagengesetz 2008 iVm § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 27/2014, GZ MA 37/***1***-2016-1, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Beisein der Schriftführerin FOI Andrea Newrkla am zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1, wurde den Beschwerdeführern als Bauwerber des Bauvorhabens in 1020 Wien, ***Adresse1***, die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die in der Folge beschriebenen Bauausführungen (zweigeschossiger Dachgeschosszubau für die Schaffung von zwei Wohnungen) vorzunehmen.

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 iVm § 50 Wiener Garagengesetz 2008 (WGarG 2008) zur Schaffung von zwei Stellplätzen nicht entsprochen werde. Die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 iVm § 48 Abs. 1 und § 50 WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, bleibe zur Gänze um zwei Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.

Die gegen diesen Bescheid von einem Anrainer eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom ***Datum2***, GZ VwG-***2***, den Beschwerdeführern zugestellt am , als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der MA 37 vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1, mit der Maßgabe bestätigt, dass die anlässlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung abgeänderten Pläne einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den Beschwerdeführern für das Bauvorhaben an der oben angeführten Adresse die Ausgleichsabgabe gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 WGarG 2008 i.H.v. 24.000 Euro vorgeschrieben.

In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 48 Abs. 1 WGarG 2008 entstehe bei Neu-und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung, die entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder dem Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen sei.

Bleibe bei einem Bauvorhaben nach der nachvollziehbaren Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Zahl zurück, sei dies, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien Anwendung finde, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibe.

Abgabepflichtig sei gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 der Bauwerber oder die Baubewerberin.

Die Ausgleichsabgabe ergebe sich gemäß § 54 WGarG 2008 aus dem Produkt des Einheitssatzes und der Zahl der fehlenden Stellplätze. Der Einheitssatz betrage nach § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 27/2014, 12.000 Euro pro Stellplatz.

Im Baubewilligungsbescheid der Magistratsabteilung 37 sei festgestellt worden, dass das Bauvorhaben um zwei Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandten die Beschwerdeführer nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ein, die Bestimmungen der §§ 48 und 54 WGarG 2008, die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt worden seien, seien nicht anwendbar. Die Behörde hätte das "Wiener Garagengesetz 2018" für die Prüfung der Pflicht zur Zahlung einer Stellplatzabgabe heranziehen müssen. Die Beschwerdeführer führen dazu wörtlich aus: "Gemäß Wiener Garagengesetz 2018 besteht die Verpflichtung einer Stellplatzabgabe."

Sofern die belangte Behörde den Bescheid vom ***Datum1*** (Baubewilligung) als (Rechts)Grundlage für die Vorschreibung heranziehe, werde vorgebracht, dass auch der Spruchpunkt über die Verpflichtung zur Entrichtung einer Ausgleichsabgabe für zwei Stellplätze (Spruchpunkt I.I)) vom Liegenschaftsanrainer in seiner Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien angefochten worden sei. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom ***Datum2*** sei die Beschwerde zur Gänze abgewiesen bzw. der Spruchpunkt I.I) bestätigt worden. Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien sei den Beschwerdeführern nachweislich am zuhanden der ausgewiesenen Rechtsvertreter zugestellt worden.

Wenn die belangte Behörde die Vorschreibung nunmehr auf das "Wiener Garagengesetz 2008" stütze, verkenne sie, dass zwischen dem Zeitpunkt der Erlassung des genannten Erkenntnisses am ***Datum2*** und der tatsächlichen Zustellung eine Novellierung des Wiener Garagengesetzes 2008 stattgefunden habe, welche eine wesentliche Änderung bzw. Erleichterung bei der Stellplatzverpflichtung im Zusammenhang mit einem Dachgeschoßausbau herbeigeführt hätte. Es werde dazu eine fiktive Stellplatzberechnung anhand der bestehenden Wohnungen vorgenommen, wobei jede bestehende Wohnung mit 100 m² angenommen werde. Liege die tatsächliche Nutzfläche des Gebäudes mit den neuen Wohnungen unter der fiktiv errechneten Nutzfläche auf Basis von 100 m² je Wohnung, entstehe keine neue Stellplatzverpflichtung. Beim gegenständlichen Dachgeschoßausbau sei dies der Fall.

Zur Frage, ob die neue Rechtslage auf den gegenständlichen Sachverhalt angewendet werden könne, habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2015/05/0069 folgende Aussagen getroffen:

"Bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch einen Einzelrichter ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung (mündliche Verkündung oder Zustellung) der Entscheidung maßgeblich, nicht jene zum Zeitpunkt der Willensbildung (Unterfertigung). Ändert sich zwischen der Willensbildung und der Zustellung die Rechtslage, wird die Entscheidung rechtswidrig, wenn sie auf der alten Rechtslage beruht."

Die Novelle des Wiener Garagengesetzes sei am in Kraft getreten. Die neue Rechtslage sei auf das gegenständliche Bauvorhaben anwendbar, weil die Rechtskraft des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom ***Datum2*** erst nach Ablauf der Revisionsfrist von 6 Wochen am eingetreten sei. Bis zum Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien sei das Bauvorhaben als ein laufendes Verfahren zu werten.

Dieser Entscheidung folgend sei daher der Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses dafür wesentlich, welche Rechtslage maßgeblich sei. In gegenständlicher Sache sei zwischen Unterfertigung () und Zustellung () eine Änderung der Rechtslage eingetreten. Die Zustellung des Erkenntnisses sei erst nach dem Inkrafttreten der Novelle erfolgt. Die Anwendbarkeit der neuen Rechtslage habe zur Konsequenz, dass keine Pflicht zur Herstellung von Stellplätzen bestehe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens angeführt, dass der Bescheid vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1 (Baubewilligung), mit welchem festgestellt worden sei, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 iVm § 50 WGarG 2008 nicht entsprochen werde, und dessen Adressaten die beiden Beschwerdeführer gewesen seien, "unbekämpft" in Rechtskraft erwachsen sei.

Die Abgabenschuld entstehe nach Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides, in welchem ausgesprochen werde, um wieviel die Anzahl der Pflichtstellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe und werde per gesondertem Bescheid vorgeschrieben.

Den Argumenten der Beschwerdeführer werde entgegengehalten, dass die im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Wien abgehandelten Beschwerdegründe eines Nachbarn auf die Entstehung der Abgabenschuld in der ursprünglichen Baubewilligung keinen Einfluss gehabt hätten und die Beschwerde abgewiesen worden sei. Somit sei die Baubewilligung in Rechtskraft erwachsen und der Zeitpunkt des Ausspruchs als Berechnungsgrundlage der Abgabe heranzuziehen. Als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung sei in der Judikatur der Ausspruch in der Baubewilligung maßgeblich (verwiesen werde auf ; , 89/17/0087).

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wandten die Beschwerdeführer nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Verweis auf das bisherige Vorbringen ein, dass in den von der belangten Behörde zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs nicht über die Auswirkungen von Gesetzesänderungen während des laufenden -Verfahrens befunden worden sei. Aus diesem Grunde sei die zitierte Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht einschlägig.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und merkte im Vorlagebericht an, die Beschwerde werde im Wesentlichen damit begründet, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Bestimmungen des § 48 und § 54 des Wiener Garagengesetzes 2008 nicht anwendbar gewesen wären, sondern die Bestimmungen des "Wiener Garagengesetzes 2018" für die Prüfung der Zahlungspflicht hätten herangezogen werden müssen, welche eine wesentliche Erleichterung in der Berechnung zu Gunsten der Beschwerdeführer ergeben hätte. Dabei wäre der Zeitpunkt der Zustellung der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtes Wien vom ***Datum2***, GZ: VGW-***2*** und GZ: VGW-***3*** heranzuziehen gewesen.

Den Argumenten der Beschwerdeführer werde entgegengehalten, dass die im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Wien abgehandelten Beschwerdegründe eines Nachbarn auf die Entstehung der Abgabenschuld in der ursprünglichen Baubewilligung keinen Einfluss gehabt hätten und die Beschwerden abgewiesen worden seien. Somit sei die Baubewilligung in Rechtskraft erwachsen, und hätte der Zeitpunkt des Ausspruches als Berechnungsgrundlage der Abgabe herangezogen werden müssen. Als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung sei in der Judikatur der Ausspruch in der Baubewilligung maßgeblich.

In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung legte der Vertreter der Beschwerdeführer eine Kopie der Beschwerde gegen den Baubewilligungsbescheid vor und erklärte, daraus sei ersichtlich, dass der gesamte Bescheid angefochten worden sei. Im übrigen verweise er auf sein schriftliches Vorbringen.

Bezüglich des Erkenntnisses des , wandte der Vertreter der Beschwerdeführer ein, dass der diesem Erkenntnis zugrundeliegende Sachverhalt nicht mit gegenständlichem Sachverhalt vergleichbar sei, weil in diesem Fall noch auf eine Förderung gewartet worden und deshalb das Bauvorhaben noch nicht ausgeführt worden sei, im gegenständlichen Fall jedoch auf Grund der Beschwerde des Anrainers das Bauvorhaben gar nicht hätte durchgeführt werden dürfen.

Der Vertreter der belangten Behörde erklärte, für die Abgabenfestsetzung werde auf den Zeitpunkt der Baubewilligung abgestellt. Der Baubewilligungsbescheid sei mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien bestätigt worden.

Der Vertreter der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass das Verwaltungsgericht Wien die neue Rechtslage noch nicht hätte berücksichtigen können, weil diese zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Erkenntnisses noch nicht in Kraft gewesen sei. Daher hätten auch die Beschwerdeführer eine Neuberechnung nicht fordern können.

Festgehalten wurde, dass die fehlenden Stellplätze in der Zwischenzeit nicht geschaffen wurden und auch kein neuer Baubewilligungsbescheid erlassen wurde, in dem die Anzahl der fehlenden Stellplätze neu festgestellt wurde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Bescheid vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1, wurde den Beschwerdeführern als Bauwerber des Bauvorhabens in 1020 Wien, ***Adresse1***, die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die in der Folge beschriebenen Bauausführungen (zweigeschossiger Dachgeschosszubau für die Schaffung von zwei Wohnungen) vorzunehmen.

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 iVm § 50 Wiener Garagengesetz 2008 (WGarG 2008) zur Schaffung von zwei Stellplätzen nicht entsprochen werde. Die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 iVm § 48 Abs. 1 und § 50 WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, bleibe zur Gänze um zwei Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.

Die gegen diesen Bescheid von einem Anrainer eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom ***Datum2***, GZ VwG-***2***, als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der MA 37 vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1, mit der Maßgabe bestätigt, dass die anlässlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung abgeänderten Pläne einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien wurde den Beschwerdeführern am zugestellt und von diesen nicht bekämpft.

Von den Beschwerdeführern wurden in der Folge weder die zwei fehlenden Stellplätze geschaffen noch wurde ein Antrag auf Neuberechnung und Herabsetzung der Stellplatzverpflichtung eingebracht.

Beweiswürdigung

Gegenständlicher Sachverhalt ergibt sich aus dem oben wiedergegebenen Verwaltungsgeschehen und ist auch nicht strittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 48 Abs. 1 Wiener Garagengesetz 2008 idFg LGBl. Nr.26/2014 (WGarG 2008) entsteht bei Neu- und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen; diese ist entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen.

Gemäß § 50 Abs. 1 erster Satz WGarG 2008 ist für je 100 m² Wohnnutzfläche ein Stellplatz zu schaffen.

Gemäß § 50 Abs. 1a WGarG 2008 ist bei einem Zu- oder Umbau oder bei Änderungen der Raumwidmung für jede der rechtmäßig bestehenden Wohnungen eine Wohnnutzfläche von 100 m2 zu berechnen und diese Gesamtfläche der neu geschaffenen Wohnnutzfläche gegenüber zu stellen; Stellplätze sind insoweit zu schaffen, als sich nach den Grundsätzen des § 50 Abs. 1 WGarG 2008 und (im gegenständlichen Fall nicht maßgeblichen) § 50 Abs. 2 WGarG 2008 eine zusätzliche Stellplatzverpflichtung ergibt.

Bleibt bei einem Bauvorhaben nach der Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Anzahl zurück, ist dies gemäß § 52 Abs. 1 WGarG 2008, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien anzuwenden ist, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt. Wird nur gegen diese Feststellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben, kann das bewilligte Vorhaben begonnen werden, wenn die entsprechende Ausgleichsabgabe bezahlt wird. Wird der Beschwerde stattgegeben, ist die Ausgleichsabgabe zur Gänze oder nach Maßgabe der Herabsetzung zurückzuerstatten.

Gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 ist der Bauwerber oder die Bauwerberin abgabepflichtig. Ist er oder sie nicht der Grundeigentümer oder die Grundeigentümerin, so haftet dieser oder diese für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand. Bei einem Wechsel im Grundeigentum haftet auch der neue Grundeigentümer oder die neue Grundeigentümerin für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 54 WGarG 2008 ergibt sich die Ausgleichsabgabe aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides (§ 52 Abs. 1 WGarG 2008) die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt. Der Einheitssatz wird nach den durchschnittlichen Kosten des Grunderwerbes und der Errichtung eines Stellplatzes durch Verordnung der Wiener Landesregierung festgesetzt; er beträgt je Stellplatz höchstens 18.000,-- Euro.

Gemäß § 55 WGarG 2008 wird die Ausgleichsabgabe mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Beschwerde nach § 52 Abs. 1 WGarG 2008 hindert nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe.

Gemäß § 56 Abs. 1 WGarG 2008 ist die Ausgleichsabgabe binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten.

Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, steht gemäß § 56 Abs. 2 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu.

Wird zunächst die Ausgleichsabgabe gemäß § 52 Abs. 3 WGarG 2008 entrichtet, werden die fehlenden Stellplätze jedoch zur Gänze oder teilweise geschaffen oder wird die Einstellmöglichkeit auf einem bereits bestehenden Stellplatz vertraglich sichergestellt (§ 51 WGarG 2008), steht gemäß § 56 Abs. 3 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabenbetrages zu.

Wird nach Zustellung des Bemessungsbescheides eine Abänderung des Bauvorhabens bewilligt, die von Einfluss auf die Bemessungsgrundlage der Ausgleichsabgabe ist, so hat die Behörde gemäß § 56 Abs. 4 WGarG 2008 den Bemessungsbescheid von Amts wegen entsprechend abzuändern und gegebenenfalls den entrichteten Abgabenbetrag auf Antrag zinsenfrei zu erstatten.

Soweit nicht anderes bestimmt ist, gelten gemäß § 59 WGarG 2008 für das Verfahren betreffend die Bemessung und Einhebung der Ausgleichsabgabe die Bestimmungen der das Verfahren in Abgabesachen regelnden Vorschriften, für sonstige Verfahren auf Grund dieses Gesetzes die Bestimmungen der Bauordnung für Wien

Gemäß § 1 der auf Grund des § 54 WGarG 2008 ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr.27/2014, beträgt der Einheitssatz der Ausgleichsabgabe je Stellplatz 12.000 Euro.

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ist gemäß § 4 Abs. 4 BAO ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Die Bestimmung des § 50 Abs. 1a WGarG 2008 wurde mit der Bauordnungsnovelle 2018, LGBl. für Wien Nr. 69 /2018, eingefügt und trat mit in Kraft. Sie ist nach Artikel VII Abs. 1 der Bauordnungsnovelle 2018, LGBl. für Wien Nr. 69/2018, auf alle zur Zeit des Inkrafttretens dieser gesetzlichen Bestimmung anhängigen Verfahren anwendbar.

Den "Erläuternden Bemerkungen" dazu ist Folgendes zu entnehmen:

"Bei der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum in bestehenden Gebäuden - insbesondere im Falle von Dachgeschossausbauten - entsteht seit der Novelle 2014 zum WGarG eine zusätzliche Stellplatzverpflichtung, die Sanierungen zum Teil erschwert. Es soll daher künftig bei einem Zu- oder Umbau oder bei Änderungen der Raumwidmung für jede der im Gebäude rechtmäßig bestehenden Wohnungen eine Wohnnutzfläche von 100 m2 berechnet werden und diese Gesamtfläche der neu geschaffenen Wohnnutzfläche gegenübergestellt werden; Stellplätze sollen gemäß dem neuen Abs. 1a nur insoweit zu schaffen sein, als sich nach den Grundsätzen des Abs. 1 und 2 eine zusätzliche Stellplatzverpflichtung ergibt."

Unbestritten ist, dass mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom ***Datum2***, GZ VwG-***2***, die Beschwerde gegen den Bescheid vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1, als unbegründet abgewiesen wurde und dieser erst anlässlich der Zustellung an die Beschwerdeführer am wirksam wurde.

Weist das Verwaltungsgericht die gegen einen verwaltungsbehördlichen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab und lässt den Bescheid unverändert, ist dies dahingehend zu werten, dass das Verwaltungsgericht ein mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheides übereinstimmendes Erkenntnis erlässt. Mit der Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts tritt der bekämpfte Bescheid zur Gänze aus dem Rechtsbestand. Ergeht also eine Sachentscheidung, so ersetzt diese den bekämpften verwaltungsgerichtlichen Bescheid (vgl. Zorn, Leitentscheidungen des VwGH zur neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ZVG 2017, 34 [41 f]). Die Abweisung ist dahingehend zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht ein mit dem Spruchinhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheids übereinstimmendes Erkenntnis erlässt (vgl. ).

Somit erwuchs mit dem unangefochten gebliebenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom ***Datum2***, GZ VwG-***2***, auch die im Bescheid vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1, getroffene Feststellung in Rechtskraft, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 iVm § 50 WGarG 2008 zur Schaffung von zwei Stellplätzen nicht entsprochen werde, womit die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 iVm § 48 Abs. 1 und § 50 WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, zur Gänze um zwei Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe.

Es ist zwar unbestritten, dass sich das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien mit einer durch die mit in Kraft getretene Bestimmung des § 50 Abs. 1a WGarG 2008 möglichen Änderung der Stellplatzverpflichtung im Hinblick auf dessen Unterfertigung am ***Datum2*** nicht auseinandersetzte, und daher auch keine der neuen Rechtslage entsprechende Berechnung der Stellplatzverpflichtung anstellte. Das ist aber insofern unbeachtlich, als auch eine möglicherweise nicht der Rechtslage entsprechende Feststellung, wenn sie in Rechtskraft erwächst, verbindlich ist.

Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien vom ***Datum2***, GZ VwG-***2***, in dem die Feststellung nach dem WGarG 2008 des Bescheids vom ***Datum1***, Zl. MA 37/***1***-2016-1, übernommen wurde, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, der Abgabenanspruch gegenüber den Beschwerdeführern entstanden ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, entsteht der Abgabenanspruch gemäß § 4 Abs. 1 BAO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit ist nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches. Als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung und Einhebung der Ausgleichsabgabe nach den WGarG 2008 gilt, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , Slg. Nr. 5423/F, und vom , Zl. 85/17/0016, bereits dargetan hat, in Ansehung der wiedergegebenen Rechtslage der Ausspruch in der Baubewilligung, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt. Die Bemessung durch gesonderten Bescheid nach § 55 WGarG 2008 ist für die Entstehung des Abgabenanspruches ohne Bedeutung. (vgl. etwa , und die dort wiedergegebene Judikatur der Höchstgerichte; sowie ).

Lediglich der Eintritt einer der in § 56 WGarG 2008 idgF genannten Umstände bis zur Abgabenfestsetzung könnte zu einer Reduzierung der Abgabepflicht führen. Keiner der dort angeführten Gründe liegt jedoch nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien vor. Dass durch die am in Kraft getretene Gesetzesnovelle möglicherweise eine Berechnung der fehlenden Stellplätze zu einem anderen Ergebnis führen würde, ist insofern unbeachtlich, als dieser Umstand ausschließlich im Baubewilligungsverfahren geltend zu machen gewesen wäre.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die gegenständlich zu beantwortende Rechtsfrage, ob im Abgabenfestsetzungsverfahren eine Bindungswirkung an den Baubewilligungsbescheid bzw. das diesen ersetzende Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien besteht, im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 1 Wiener Garagengesetz-Durchführungsverordnung, LGBl. Nr. 56/1996
§ 59 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 50 Abs. 1a WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 50 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 52 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 54 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 55 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 56 Abs. 3 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 56 Abs. 4 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400054.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at