Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.06.2021, RV/7103847/2020

Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung bei fehlendem eigenem Hausstand

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103847/2020-RS1
Betreffend Kosten der doppelten Haushaltsführung ist - anders als bei Familienheimfahrten und Pendlerpauschale - § 4 Pendlerverordnung nicht anwendbar. Das Fehlen eines „eigenen Hausstands“ im Heimatort ist kein absolutes Hindernis für die Berücksichtigung der strittigen Aufwendungen (vgl. mit Hinweis auf ). Maßgeblich ist vielmehr der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung, wobei der Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort, dem Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen, maßgebliche Bedeutung beigemessen wird (wiederum mit Verweis auf ; , 2002/15/0119; , 96/15/0259).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch Mag. András Péter Radics, Obere Hauptstraße 18-20/6, 7100 Neusiedl/See, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Bescheides über die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Auf Vorhalt der belangten Behörde vom im Veranlagungsverfahren bezüglich Unterlagen zu Kosten für Familienheimfahrten und doppelter Haushaltsführung bringt der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers (Bf) mit Eingabe vom vor, aufgrund der Geringfügigkeit der Einkünfte der Ehefrau im Jahr 2018 seien die Voraussetzungen der Berücksichtigung der Irrtümlich beantragten Kosten der doppelten Haushaltsführung bzw Familienheimfahrten nicht gegeben. Da aber der Bf sich zu Wochenbeginn auf den Weg nach Wien mache, wofür die Nutzung eines Massenverkehrsmittels unzumutbar sei, stehe ihm 1/3 des großen Pendlerpauschales und der Pendlereuro zu (auch wenn er tatsächlich mit dem Zug am Vorabend in seine Wiener Wohnung anreise). Mit Bescheid vom erfolgte eine dementsprechende Veranlagung.

Im Antrag vom auf Aufhebung dieses Bescheides gemäß § 299 BAO bringt der selbe steuerliche Vertreter vor, hinsichtlich der in den Vorjahren fehlenden Gründe zur Berücksichtigung für Familienheimfahrten bzw doppelte Haushaltsführung werde auf neue Judikatur gesetzt, wonach es ausreiche, dass am (ausländischen) Familienwohnsitz minderjährige Kinder wohnen, weil bei diesen Pflegebedürftigkeit gegeben sei und eine Mitübersiedelung der Familie in solchen Fällen unzumutbar sei (Verweis auf und dem folgend ; , RV/7103650/2019). Auch komme es nicht darauf an, dass in früheren Jahren die Übersiedelung zumutbar war (). Es sei somit völlig irrelevant, wann der Bf eine Beschäftigung in Österreich aufgenommen hat bzw wie sich seine Familienverhältnisse geändert haben, weil die Unzumutbarkeit aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen sei. Der Bf sei wöchentlich mit dem Zug von seiner Wiener Unterkunft zum Familienwohnsitz in ***1*** (Slowakei) nach Hause gefahren. Die doppelte Haushaltsführung samt Familienheimfahrten werde ab April 2018 statt des Pendlerpauschales begehrt, weil die Tochter des Bf Ende März 2018 geboren ist. Der Höhe nach werden 572,40 Euro für Bahnfahrten und 9x 250 Euro Miete für die Wiener Wohnung (die der Bf in Untermiete eines Bekannten benutze) begehrt.

Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde den Antrag des Bf abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, das Mitbewohnen von Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnungsverbandes mit Personen, zu denen keine Lebensgemeinschaft bestehe, begründe keinen Wohnsitz. Mangels zweiten Wohnsitzes könnten daher weder doppelte Haushaltsführung noch Familienheimfahrten geltend gemacht werden.

Die dagegen erhobene Beschwerde vom wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen, weil das bloße Vorhandensein minderjähriger unterhaltsberechtigter Kinder ohne weitere wirtschaftliche Gründe noch nicht zu einer Unzumutbarkeit führe, den Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort zu verlegen.

Im Vorlageantrag vom wiederholt der Bf sein Vorbringen und beantragt eine mündliche Verhandlung.

In der mündlichen Verhandlung wird seitens der belangten Behörde ausgeführt, dass die Wohnsituation des Bf am Beschäftigungsort mittlerweile nicht mehr beanstandet werde und auch die Wohnsitzverlegung aufgrund der VwGH-Judikatur und der in der Folge geänderten LStR unzumutbar sei. Es fehle dem Bf aber am Familienwohnsitz an einem eigenen Hausstand iSd § 4 Abs 2 Pendlerverordnung, weil das Haus den Schwiegereltern gehöre und nur Räumlichkeiten vom Bf mitbenutzt würden.

Dem gegenüber wendet der Bf ein, er bewohne dort mit seiner Familie eigene Räumlichkeiten und beteilige sich an den Kosten. Der Familienwohnsitz könne auch deshalb nicht an den Beschäftigungsort verlegt werden, weil es der Frau und dem Kind des Bf nicht zumutbar sei, in eine Zwei-Zimmer-Wohngemeinschaft einzuziehen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf arbeitet in Wien, nutzt hier die Wohnung (bestehend aus Wohnküche, Schlafzimmer, Vorzimmer und Bad) eines Bekannten gegen Kostenbeteiligung mit und wohnt im Streitjahr gemeinsam mit seiner Frau und der am ***2***.2018 geborenen Tochter in der Slowakei im Haus seiner Schwiegereltern, rund 125 km und eineinhalb Autostunden (bzw zwei Stunden öffentlich) von Wien entfernt. Dort steht ihm in einem Haus mit Wohnküche, einem Bad, einem WC, drei Zimmern und Wintergarten ein Zimmer alleine für sich und seine Familie zur Verfügung. Küche und Sanitäranlagen werden gemeinsam verwendet. Zu den Betriebskosten und anfallenden Reparaturen leistet der Bf einen angemessenen Beitrag. Über die Wochenenden fährt der Bf vom Arbeitsort zum Familienwohnsitz. Seine Frau hat im Streitjahr nur Einkünfte von 435 Euro erzielt. Auf einem 2017 erworbenen Grundstück in einer Nachbargemeinde der Familienunterkunft errichtet der Bf seither ein eigenes Haus, das im Lauf des Jahres 2021 von ihm und seiner Familie bezogen wird.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den Parteienvorbringen sowie den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Bescheide der Abgabenbehörde im Sinn des Abs. 1 des § 299 BAO sind nicht nur erstmals erlassene, sondern auch solche Bescheide abändernde oder aufhebende Bescheide. Auch Beschwerdevorentscheidungen sind Bescheide der Abgabenbehörde und daher gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufhebbar; einer solchen Aufhebung kann allerdings § 300 Abs. 1 erster Satz BAO entgegen stehen (vgl. etwa Ritz, Kommentar zur BAO6, Rz 5 zu § 299 BAO; ).

Zwischen dem Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde und der Maßnahme nach § 299 Abs. 1 BAO bestehen erhebliche Unterschiede. So ist im Rahmen eines Verfahrens über einen Antrag nach § 299 Abs. 1 BAO lediglich der geltend gemachte Aufhebungsgrund zu prüfen (vgl. ). Auch handelt es sich bei einer Entscheidung über einen Antrag nach § 299 Abs. 1 BAO - anders als im Falle einer Entscheidung über eine Bescheidbeschwerde - um eine Ermessensentscheidung. Es ist daher auch anerkannt, dass ein Antrag nach § 299 BAO und ein "Rechtsmittel" einander nicht ausschließen (vgl. ; , Ro 2019/13/0014).

Ein Aufhebungsbescheid nach § 299 BAO ist ein Bescheid kassatorischer Art. "Sache", daher den Gegenstand des Aufhebungsverfahrens, bilden die Gründe, auf die sich die Unrichtigkeit des Spruchs des aufgehobenen Bescheides stützt (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, Anm. 11 und 13 zu § 299 BAO unter Hinweis auf , mwN; ).

Weiters ist Sache des h.g. anhängigen Verfahrens nur das Verfahren um die begehrte Aufhebung gemäß § 299 BAO. Mit der Aufhebung ist nur dann der neue Einkommensteuerbescheid zu verbinden, wenn "dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist" (§ 299 Abs 2 BAO). Da aber das Abgabenverfahren selbst nicht Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens ist, kann das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis nur die Aufhebung aussprechen. Ein neuer Einkommensteuerbescheid ist von der Abgabenbehörde zu erlassen.

Gerichtsurteile sind Einzelfallentscheidungen, die darüber hinaus grundsätzlich keine Bindungswirkung entfalten. Eine formale Bindung der Abgabenbehörde an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes sieht § 278 Abs 3 BAO nur bei Zurückverweisungen vor. Aus § 282 BAO ist jedoch abzuleiten, dass auch im Fall der Aufhebung gemäß § 299 BAO die belangte Behörde bei Erlassung des neuen Sachbescheides zumindest an jene rechtliche Beurteilung gebunden ist, die laut Verwaltungsgericht dazu geführt hat, dass der Spruch des aufgehobenen Bescheides sich als nicht richtig erwiesen hat (§ 299 Abs 1 BAO). Nur so kann sichergestellt werden, dass unverzüglich der Rechtszustand hergestellt wird, welcher der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entspricht (vgl § 282 BAO).

Werbungskosten sind nach § 16 Abs 1 Satz 1 EStG Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs 1 Z 1 EStG dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG sind Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits- (Tätigkeits-)Ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abzugsfähig, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchstens in § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG angeführten Betrag übersteigen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten sind nach ständiger Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl etwa ). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl Tz 17).

Die Anforderungen an den Wohnsitz am Beschäftigungsort sind gering, bereits ein Zimmer in Untermiete kann den Anspruch auf Ersatz der Kosten für doppelte Haushaltsführung vermitteln ( Tz 11 mwN).

Über die Qualität des Familienwohnsitzes hat der VwGH ausgeführt, das Fehlen eines "eigenen Hausstands" im Heimatort ist kein absolutes Hindernis für die Berücksichtigung der strittigen Aufwendungen (vgl. mit Hinweis auf ). Maßgeblich ist vielmehr der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung, wobei der Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort, dem Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen, maßgebliche Bedeutung beigemessen wird (wiederum mit Verweis auf ; 2002/15/0119; , 96/15/0259).

Die Ausgaben für Pendlerpauschale und Familienheimfahrten betreffend (§ 16 Abs 1 Z 6 lit f und § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG) sieht seit 2014 § 4 Abs 1 Z 1 der Pendlerverordnung vor, dass der Familienwohnsitz dort liegt, wo ein in (Ehe)Partnerschaft lebender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Bindungen und einen Hausstand hat, wobei als Hausstand (Abs 2 leg cit) der Besitz einer Wohnung gilt, die seinen Lebensbedürfnissen entspricht; kein Hausstand liegt vor, wenn Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Personen, die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt werden.

Für Kosten einer Wohnung am Beschäftigungsort fehlt eine derart einengende Definition. Das Gesetz stellt auch nicht explizit auf das Vorliegen einer "doppelten Haushaltsführung" ab. Zu prüfen ist das Vorliegen von "Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen" gemäß § 16 Abs 1 EStG. Solche können aber auch dann hinsichtlich einer Wohnung am Beschäftigungsort gegeben sein, wenn die Familienwohnung unentgeltlich überlassen ist bzw der Arbeitnehmer den Haushalt mitbestimmt und nicht bloß in einen fremden Haushalt eingegliedert ist, zumal nicht den Wohnverältnissen am Familienwohnort maßgebliche Bedeutung zukommt, sondern - wie bereits erwähnt - der Zumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung, wobei der Eignung der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort, dem Wohnbedürfnis Rechnung zu tragen, maßgebliche Bedeutung beigemessen wird (zu alledem erneut ).

Aus der Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen kann sich ein gewichtiger Grund ergeben, den Hauptwohnsitz beizubehalten; dieser ins Treffen geführte Umstand darf nicht von vornherein als bedeutungslos abgetan werden (). Unzumutbar kann eine Wohnsitzverlegung auch dann sein, wenn der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort über keine Wohnung verfügt, die geeignet ist, als Mittelpunkt der Lebensinteressen zu dienen (vgl LStR 2002 Rz 345).

Für den Beschwerdefall ist aus diesen Ausführungen folgendes zu gewinnen:

Dass der Bf am Beschäftigungsort eine Wohnung erhält, liegt ausschließlich in der Tatsache begründet, dass der Arbeitsplatz zu weit vom Familienwohnort entfernt liegt, als dass eine tägliche Rückkehr zumutbar wäre. Die Ausgaben für die Wiener Wohnung sind somit beruflich veranlasst. Es erscheint auch unzumutbar für die Familie, in eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Wien zu übersiedeln, die vom Bf lediglich mitbenutzt wird. Dies bezieht sich nicht erst auf den Zeitraum ab der Geburt, sondern gilt auch für die ersten Monate des Jahres 2018, in denen die Frau des Bf hochschwanger war. Die Wohnung am Beschäftigungsort ist den beruflichen Bedürfnissen des Bf entsprechend und keineswegs unangemessen gewählt. Die damit zusammenhängenden Ausgaben stellen daher während des gesamten Jahres 2018 Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 EStG dar. Die Familienwohnung im Haus der Schwiegereltern spielt dabei eine untergeordnete Rolle, wobei durch den mehrjährigen gemeinsamen Haushalt und die Kostenbeteiligung des Bf an der Haushaltsführung an der Familienunterkunft davon auszugehen ist, dass der Bf nicht bloß in einen fremden Haushalt eingegliedert ist, sondern diesen mitbestimmt. Insgesamt sind daher die Voraussetzungen dafür gegeben, die Kosten der Wohnung am Arbeitsplatz steuerlich geltend zu machen.

Was aber die Fahrtkosten betrifft, so ist die Definition des § 4 Pendlerverordnung heranzuziehen. Dieser Bestimmung wird das mitbewohnte Haus der Schwiegereltern nicht gerecht. Dem Bf und seiner Familie steht lediglich ein Zimmer im Haus exklusiv zur Verfügung, alle anderen Teile werden bloß mitbewohnt. Für einen eigenen Hausstand wäre es jedoch erforderlich, zumindest für die eine Haushaltsführung üblichen Tagesabläufe wie Kochen und Körperpflege eigene Räumlichkeiten zur Verfügung zu haben. Da aber sämtliche dafür nötige Einrichtungen im Haus der Schwiegereltern bloß mitbenutzt werden, liegt kein eigener Hausstand iSd § 4 Abs 2 Pendlerverordnung vor.

Für die Berechnung eines Pendlerpauschales kann daher nicht auf den slowakischen Familienwohnsitz abgestellt werden, weil ein solcher aus Sicht des § 16 Abs 1 Z 6 lit f EStG 1988 nicht vorliegt. Auch Familienheimfahrten können aus dem selben Grund nach § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 nicht gewährt werden. Die Wohnung am Beschäftigungsort ist der Arbeitsstätte zu nahe gelegen, um über den Verkehrsabsetzbetrag hinaus Ansprüche zu vermitteln.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der Frage, ob die Definition des § 4 Pendlerverordnung für den Familienwohnsitz bzw den eigenen Hausstand nur für Fahrtkosten bedeutend ist, oder auch für den gleichlautend von der Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Pendlerverordnung verwendeten Begriff betreffend allgemeine Kosten der doppelten Haushaltsführung anwendbar ist, fehlt eine Rechtsprechung des VwGH, daher war die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103847.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at