Vermietung an nahestehende Personen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 5, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamt Salzburg-Stadt (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Umsatzsteuer und Köperschaftsteuer, jeweils für 2004 bis 2008, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende GmbH wurde am im Firmenbuch eingetragen und ist im Geschäftszweig "Projektentwicklung und Verwaltung eigenen Vermögens" tätig. Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin ist Frau AS.
1 Außenprüfung
Im Zuge einer den beschwerdegegenständlichen Zeitraum umfassenden abgabenbehördlichen Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin (kurz: Bf) wurden im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Die Bf ist eine GmbH deren alleinige Gesellschafterin Frau AS ist. Gegenstand des Unternehmens sei laut Gesellschaftsvertrag "die Vermietung, Verpachtung und Beteiligung, sowie der An- und Verkauf von Liegenschaften im Rahmen der Verwaltung eigenen Vermögens, die Projektentwicklung und die Verwaltung eigenen Vermögens". Mit Kaufvertrag vom habe die Bf eine Wohnung in X im Ausmaß von 103,94 m², mit PKW-Abstellplatz und Kellerabteil, um einen Kaufpreis in der Höhe von € 369.605,66 (inklusive € 61.600,94 USt) erworben. Die Finanzierung der Liegenschaft sei über einen Bankkredit mit einem Gegenwert von € 370.000,- erfolgt. Die Wohnung sei zu 100% fremdfinanziert worden. Die Kreditrückzahlung sei mit 240 gleichhohen monatlichen Raten in der Höhe von € 1.950,- vereinbart worden. Die Tilgung sei über das laufende Geschäftsbankkonto der Bf erfolgt. Der aus der VSt-Rückzahlung im Zusammenhang mit dem Kauf der Wohnung resultierende Guthabenstand auf dem Bankkonto der Bf sei zunächst für die Rückzahlung des Kredites verwendet worden. Durch diesen Bankguthabenstand konnten bis April 2008 die monatlichen Rückzahlungsraten abgedeckt werden. Danach seien monatliche Zahlungen von Herrn WS, dem Gatten der Gesellschafterin der Bf, in Höhe der Kreditraten auf das Konto der Bf getätigt worden.
Mit Datum sei ein Mietvertrag bezüglich der Wohnung zwischen der Bf als Vermieterin und Herrn MS (Bruder von WS) abgeschlossen worden. Die Anmietung der Wohnung sei aufgrund der, von MS im Zuge dessen Scheidung, übernommenen Verpflichtung der Wohnversorgung seiner geschiedenen Gattin erfolgt. Diese habe die Wohnung in der Folge mit den beiden Kindern bewohnt. Der Mietvertrag sei von Herrn MS sowie seiner geschiedenen Gattin als Nutzerin der Wohnung unterzeichnet worden. Als Mietzeins seien € 950,- zuzüglich 10% USt vereinbart worden. Das Betriebskostenakonto sei mit monatlich € 163,50 brutto festgelegt worden. Laut Mietvertrag sollten die Betriebskosten von der Nutzerin der Wohnung beglichen werden. Die tatsächlichen Zahlungen der monatlichen Betriebskosten seien aber vorerst von der S-OEG getätigt bzw. über das Verrechnungskonto der Bf verbucht worden. Im Zuge der jährlichen Abschluss- bzw. Umbuchungen sei das Forderungs-Verrechnungskonto gegen das private Verrechnungskonto des WS ausgebucht worden. Aus diesen Umbuchungsvorgängen ergebe sich, dass WS die Bezahlung der Betriebskosten zur Gänze übernommen habe. Bei der Bf seien die aus den Betriebskosten entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschafterin über ihr Verrechnungskonto zugerechnet worden.
Die Mieterträge seien über ein allgemeines Forderungskonto eingebucht worden. Tatsächliche Zahlungen seien nur vereinzelt vom Bankkonto der S-OEG erfolgt. Folgende Tabelle stelle das Forderungs-Mietkonto im Prüfungszeitraum dar:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
Forderung Miete | 5.127,74 | 16.674,44 | 16.674,44 | 16.674,44 | 16.674,44 |
EB 1.1. VJ | 0,00 | 311,08 | 13.085,52 | 29.759,96 | 46.434,40 |
Zahlungen OEG | 4.816,66 | 3.900,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Forderung 31.12. | 311,08 | 13.085,52 | 29.759,96 | 46.434,40 | 63.108,84 |
Der Zusammenhang mit der Wohnungsvermietung mit den aus der Scheidung des Schwagers der Gesellschafterin entstanden Verpflichtungen sei von der Bf nicht bestritten worden. Ebenso sei es unstrittig, dass Herr WS letztlich sowohl die Betriebskosten als auch die Kreditraten übernommen habe.
Der Kauf der Wohnung sei außerdem der einzige Liegenschaftserwerb der Bf bis ins Jahr 2007 gewesen. In den Jahren 2007 und 2008 seien weitere Wohnungen für Arbeitnehmer der S-OEG und weiterer verbundener Unternehmen angeschafft worden.
Es sei daher nicht nur ein zeitlicher, sondern auch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Gründung der GmbH und der Scheidung des Herrn MS gegeben. Es könne unter Außerachtlassung der steuerlichen Vorteile kein wirtschaftlicher Grund für die Gründung erblickt werden. Es handle sich daher um einen Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 22 BAO. Als Nutznießer dieser Konstruktion komme nur Herr MS in Betracht, um die durch die Scheidungsvereinbarung erforderliche private Kostentragung der Wohnung in das Erscheinungsbild einer unternehmerischen Vermietung zu kleiden. Die gewählten Vorgehensweisen seien nur über die familienhafte Nahebeziehung zu erklären und seien nicht fremdüblich. Die Vorsteuern aus dem Kauf der Wohnung seien daher nicht anzuerkennen. Die von der Bf getätigten monatlichen Darlehensrückzahlungen würden eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafterin darstellen.
2 Bescheide
Die Abgabenbehörde folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ (zum Teil nach Wiederaufnahme des Verfahrens) mit Datum die entsprechenden Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2004-2008. Die Kapitalertragsteuer aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung wurde der Bf mittels Haftungsbescheiden vom für die Jahre 2004-2008 vorgeschrieben. In den Begründungen wurde jeweils auf die Feststellungen im Außenprüfungsbericht verwiesen.
3 Berufung (Beschwerde)
Mit Schriftsatz vom brachte die Bf Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen die Umsatz- und Körperschaftssteuerbescheide 2004-2008 sowie die Haftungsbescheide ein. In der Begründung wurde ausgeführt, dass Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern bei Vorliegen der Fremdüblichkeit steuerlich anerkannt werden müssten. Die Abgabenbehörde habe sich in ihren Entscheidungen ausschließlich auf die Bestimmungen der §§ 21 und 22 BAO gestützt. Es stehe jedoch dem Abgabepflichtigen frei, in welcher Rechtsform er am wirtschaftlichen Verkehr teilnehme, solange er in nachvollziehbarer und fremdüblicher Weise seine Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen gestalte. Dies sei beim vorliegenden Sachverhalt gegeben. Der Betriebsgegenstand der Bf sei die Vermietung und Verpachtung, sowie Vermögensverwaltung. Die Rechtsbeziehungen seien fremdüblich und transparent gestaltet. Die Liegenschaft sei um € 2.963,-/m² angekauft und um eine Nettomiete von € 9,20/m² vermietet worden. Laut Immobilienpreisspiegel liege der durchschnittliche Quadratmeterpreis einer Eigentumswohnung in dieser Lage bei ca. € 3.000,-/m² und die durchschnittliche Miete bei € 8/m². Es handle sich daher um eine steuerrelevante Einkunftsquelle, die auch objektiv betrachtet dazu geeignet ist, zu einer Vermögensvermehrung bei der Bf beizutragen. Herr MS habe daraus keinen persönlichen Vorteil, weder in wirtschaftlicher noch in steuerrechtlicher Hinsicht. Er ist weder Gesellschafter noch Organ der Bf. Die Form der Bezahlung der Miete sei aus steuerlicher Sicht unerheblich, da es zu einem Vermögensabfluss aus der Privatsphäre des Herrn MS gekommen sei. Eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafterin könne daher nicht nachvollzogen werden. Bei der gegenständlichen Wohnung handle es sich außerdem um kein Luxusobjekt, sondern ein jederzeit am freien Markt zu denselben Konditionen vermietbares Objekt. Daraus folge, dass die Behörde die Wohnung als nicht dem Privatbereich der Gesellschaft zugehörig betrachten könne. Liebhaberei liege ebenfalls nicht vor. Die Bf sei auch eindeutig Unternehmerin im Sinne des UStG. In der Berufung wurde außerdem die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
4 Vorlage der Berufung
Daraufhin legte das Finanzamt am die Berufung (Beschwerde) ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung (Beschwerdevorentscheidung) dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
5 Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes
Gemäß § 323 Abs. 38 1. Satz BAO idF FVwGG 2012, BGBl I Nr. 14/2013, sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
6 Verfahren vor dem BFG
Mit Schreiben vom gab die Bf dem Bundesfinanzgericht bekannt, nunmehr durch einen Rechtsanwalt vertreten zu sein. Außerdem sei über das Vermögen der Einschreiterin ein Konkursverfahren eröffnet worden, welches mit einem rechtskräftigen Zahlungsplan geendet habe. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wurde zurückgezogen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Die Bf ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin ist Frau AS.
Gegenstand des Unternehmens ist laut Gesellschaftsvertrag vom "die Vermietung, Verpachtung und Beteiligung, sowie der An- und Verkauf von Liegenschaften im Rahmen der Verwaltung eigenen Vermögens und die Verwaltung eigenen Vermögens".
Die Bf erwarb mit Kaufvertrag vom eine Eigentumswohnung in X, im Ausmaß von 103,94 m² zu einem Kaufpreis von insgesamt € 369.605,66 (inkl. 20% USt).
Mit Datum wurde ein Mietvertrag bezüglich der gegenständlichen Wohnung zwischen der Bf als Vermieterin und Herrn MS, dem Schwager der Gesellschafter-Geschäftsführerin, abgeschlossen. Die Vermietung erfolgt aufgrund der, von Herrn MS im Zuge seiner Ehescheidung übernommenen, Verpflichtung der Wohnversorgung seiner geschiedenen Gattin und der gemeinsamen Kinder (Scheidungsvergleich vom ). Der Mietvertrag wurde von Herrn MS als Mieter und seiner geschiedenen Gattin als Nutzerin unterzeichnet.
Die Wohnung wurde zur Gänze über einen Bankkredit fremdfinanziert. Der Gatte der Gesellschafter-Geschäftsführerin, Herr WS, hat nach Aufbrauchen des VSt-Guthabens die Bezahlung der monatlichen Kreditraten übernommen.
Der vereinbarte Mietzins beträgt monatlich € 950,- zzgl. 10% USt (€ 95.-). Das Betriebskostenakonto wurde mit monatlich € 163,50 (brutto) festgelegt. Die Betriebskosten sollten laut Mietvertrag von der Nutzerin bezahlt werden.
Die tatsächlichen Zahlungen der monatlichen Betriebskosten wurden vorerst von der S-OEG getätigt bzw. über das Verrechnungskonto verbucht. Im Zuge der jährlichen Abschluss- bzw. Umbuchungen wurde das Forderungs-Verrechnungskonto gegen das private Verrechnungskonto des WS (Gatte der Gesellschafter-Geschäftsführerin) ausgebucht. WS hat daher die Bezahlung der Betriebskosten zur Gänze übernommen. Bei der Bf sind die aus den Betriebskosten entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschafterin über ihr Verrechnungskonto zugerechnet worden.
Die Mieterträge sind zunächst über ein allgemeines Forderungs-Mietkonto verbucht worden. Tatsächliche Zahlungen/Überweisungen erfolgten nur vereinzelt vom Bankkonto der S-OEG (Gesellschafter die Brüder MS und WS). In den Jahren 2006-2008 erfolgten keine Zahlungen. Zum wies das Forderungskonto Forderungen aus der Vermietung in Höhe von insgesamt € 63.108,84 aus. Folgende Tabelle stellt das Forderungs-Mietkonto im Prüfungszeitraum dar:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
Forderung Miete | 5.127,74 | 16.674,44 | 16.674,44 | 16.674,44 | 16.674,44 |
EB 1.1. VJ | 0,00 | 311,08 | 13.085,52 | 29.759,96 | 46.434,40 |
Zahlungen OEG | 4.816,66 | 3.900,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Forderung 31.12. | 311,08 | 13.085,52 | 29.759,96 | 46.434,40 | 63.108,84 |
Es besteht unstrittig ein familiäres Naheverhältnis zwischen der Gesellschafter-Geschäftsführerin und dem Mieter der Wohnung Herrn MS (Schwager).
Die Bf hat in den Jahren 2004-2008 folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt bzw. wurden bescheidmäßig festgesetzt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2004: € -14.501,98 | 2005: € -8.737,54 |
2006: € 4.973,98 | 2007: € -5.434,49 |
2008: € -26.087,53 |
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.
Aus dem Mietvertrag ergibt sich, dass Herr MS zur Bezahlung der Miete verpflichtet war. Seine geschiedene Gattin hatte lediglich die Betriebskosten über ein Betriebskostenakonto zu tragen.
Da Herr MS der Schwager der Gesellschafter-Geschäftsführerin ist, handelt es sich beim Mieter der gegenständlichen Eigentumswohnung um einen nahen Angehörigen.
Die Wohnung wurde im Zusammenhang mit der Scheidung der Herrn MS und seinen daraus entstandenen Verpflichtungen angemietet. Dies wird von der Bf nicht bestritten.
Laut den vorliegenden Unterlagen wurden bislang nur geringe Mietbeträge bezahlt (siehe oben). Das entsprechende Forderungskonto wies zum einen Forderungsstand von € 63.108,84 auf. Ein Nachweis einer späteren Zahlung durch den Mieter wurde von der Bf nicht erbracht. Die Mietzinszahlungen in den Jahren 2004 und 2005 wurden nicht von Herrn MS, sondern von der S-OEG getätigt.
Auch die Betriebskosten wurden nicht, wie im Mietvertrag vereinbart, von der Nutzerin der Wohnung beglichen, sondern von Herrn WS, dem Gatten der der Gesellschafter-Geschäftsführerin. Hier wurde ebenfalls kein gegenteiliger Nachweis erbracht.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Umsatzsteuer:
Unionsrechtliche Grundlagen:
Die 6. MwSt-Richtlinie 77/388/EWG (im Folgenden kurz: Richtlinie) kennt den Begriff des Unternehmers nicht, sondern bestimmt dazu Folgendes:
Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Als wirtschaftliche Tätigkeiten gelten unter anderem Leistungen, die die Nutzung von körperlichen und nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfassen. Durch die Bezugnahme auf wirtschaftliche Tätigkeiten wird auf nachhaltige, einnahmenorientierte Aktivitäten abgestellt.
Nationale Rechtsgrundlagen:
Nach § 2 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 iVm § 8 Abs. 2 KStG 1988 normiert einen Vorsteuerausschluss im Bereich der Verwendung von Gebäuden durch Kapitalgesellschaften für verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl. ).
Im vorliegenden Fall hat die Bf eine von ihr angeschaffte Wohnung an einen nahen Angehörigen der Gesellschafterin im Zusammenhang mit dessen Verpflichtungen aufgrund seiner Scheidung vermietet.
Nach der neueren Judikatur des VwGH sind im Bereich der Umsatzsteuer bei Vermietungen an den Gesellschafter bzw. nahestehenden Personen drei Konstellationen denkbar (va. ; , vgl auch Zorn, RdW 2021/68, und Lachmayer, SWK 3/2012, 119), dies sind:
• die bloße Gebrauchsüberlassung
• die verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" im Zusammenhang mit Luxusimmobilien und
• die "klassische" verdeckte Ausschüttung.
Zunächst ist zu prüfen, ob eine bloße Gebrauchsüberlassung vorliegt. Nach der Judikatur des VwGH kann die Einräumung einer laufenden Nutzung an einer Wohnimmobilie durch eine Körperschaft an ihr nahestehende Personen eine bloße Gebrauchsüberlassung darstellen, die keine unternehmerische Betätigung iSd UStG begründet (Lachmayer, SWK 3/2012, 119). Erfolgt die Überlassung der Nutzung einer Wohnimmobilie an die nahestehende Person nicht deshalb, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihr einen Vorteil zuzuwenden, so fehlt es an einer wirtschaftlichen Tätigkeit iSd UStG. Für die erforderliche Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten verweist der VwGH auf das Enkler, C-230/94 (vgl. Lachmayer, SWK 3/2012, 119). Demnach kommt es unter Bedachtnahme auf alle Besonderheiten des Einzelfalls entscheidend darauf an, ob die Nutzungsüberlassung unter Umständen erfolge, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit für gewöhnlich ausgeübt werde.
Rechtsfolge einer Gebrauchsüberlassung ist, dass keine unternehmerische Tätigkeit iSd UStG vorliegt und damit der Vorsteuerabzug aus der Errichtung des Gebäudes nicht zusteht. Die tatsächlich bezahlten Mieten unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
Das VwGH-Erkenntnis zu Ra 2020/15/0067 enthält nähere Ausführung dazu, wie eine Gebrauchsüberlassung zu prüfen ist. Demnach ist für die Frage, ob eine bloße Gebrauchsüb-erlassung an den Gesellschafter (causa societatis) oder eine wirtschaftliche Tätigkeit iSd Umsatzsteuer vorliegt, ein Vergleich zwischen den Umständen, unter denen das Wohngebäude im gegenständlichen Fall den Gesellschaftern überlassen wurde, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit für gewöhnlich ausgeübt wird, vorzunehmen. An einer wirtschaftlichen Tätigkeit fehlt es dann, wenn sich aus dem Gesamtbild der Umstände ergibt, dass die Überlassung der Nutzung eines Wohnhauses an die Gesellschafter nicht deshalb erfolgt, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihnen einen Vorteil zuzuwenden. Dabei hat eine Berücksichtigung aller Gegebenheiten, die für einen Einzelfall charakteristisch sind, zu erfolgen (vgl. Lachmayer, SWK 3/2012, 119).
Nach Prodinger (SWK 12/2021, 729) fallen unter diese Kategorie Gestaltungen, bei denen die Zurverfügungstellung der Immobilie offensichtlich wegen einer Vorteilszuwendung und nicht zur Erzielung von Einnahmen erfolgt. Als Beispiel nennt er eine Privatstiftung, die nach der Stiftungsurkunde dem Begünstigten unentgeltlich Wohnraum zur Verfügung stellen soll. Weiters ist zu prüfen, ob sich insgesamt der Vermieter wie ein fremdüblicher Vermieter verhält. Dazu zählen etwa Fragen, ob der Mietvertrag sämtliche übliche Klauseln erhält, zeitgerecht abgeschlossen wurde und auch faktisch nach seinen Bestimmungen gelebt wird, der Bezug des Objekts erst mit dem Abschluss des Mietvertrags stattgefunden hat usw.
Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar nicht um die Vermietung einer Immobilie an den Gesellschafter, unstrittig liegt jedoch ein Naheverhältnis zwischen der Gesellschafterin und dem Mieter der Wohnung vor (Schwager). Die eben angeführte Judikatur des VwGH ist daher auch in diesem Fall anwendbar.
Der Mietvertrag über die gegenständliche Wohnung enthält grundsätzlich alle üblichen Klauseln. Darin wurde vereinbart, dass die Nutzerin der Wohnung die Betriebskosten zu tragen hat. Die Miete hat laut Mietvertrag der Mieter, Herr MS, zu bezahlen. Beides ist in der Praxis jedoch so nie geschehen. Der Mietvertrag wurde daher faktisch nie gelebt.
Die gegenständliche Vorgehensweise ist insgesamt nicht fremdüblich. Es ist nicht fremdüblich, dass die Betriebskosten von einer Person getragen werden, die grundsätzlich in das Mietverhältnis nicht involviert ist (Ehegatte der Gesellschafter-Geschäftsführerin). Noch wesentlicher ist der Umstand, dass die Miete nicht oder nur in geringem Ausmaß bezahlt wurde. Die Höhe der vereinbarten Miete erscheint zwar durchaus fremdüblich, dies allein hat jedoch ohne Bezahlung keine Bedeutung. Bei einem fremden Dritten würden bei Nichtbezahlung der Miete über mehrere Jahre Maßnahmen gesetzt bzw. würde das Mietverhältnis aufgelöst werden. Von der Bf wurde nicht nachgewiesen, dass die Mietschulden mittlerweile getilgt seien.
Eine überschlagsmäßige Berechnung ergibt, dass es insgesamt bei der Vermietung zu keinem Gesamtüberschuss gekommen sein kann. Die Wohnung ist zu Gänze fremdfinanziert. Die erklärten Einkünfte aus der Vermietung in den Jahren 2004-2008 sind bis auf ein Jahr (2006) negativ. Die Wohnung wurde im Jahr 2010 verkauft. Es handelt sich daher um einen abgeschlossenen Zeitraum.
Aus dem Gesamtbild der Umstände ergibt sich, dass die Überlassung der Nutzung der Wohnung an einen nahen Angehörigen der Gesellschafterin nicht deshalb erfolgt ist, um Einnahmen zu erzielen, sondern um diesem einen Vorteil zuzuwenden, indem er seiner Verpflichtung aus der Ehescheidung nachkommen konnte. Es liegt demnach keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des UStG vor und stehen aus diesem Grund die geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht zu.
Körperschaftssteuer:
Gemäß § 8 Abs. 2 KStG ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen
- im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder
- entnommen oder
- in anderer Weise verwendet wird.
Das entscheidende Merkmal einer verdeckten Ausschüttung iSd § 8 Ab. 2 KStG ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverwendung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben, was anhand eines Fremdvergleichs zu ermitteln ist. Dabei kann auch darauf Bedacht genommen werden, wie ein gewissenhafter, nur auf die Interessen der Körperschaft Bedacht nehmender Geschäftsleiter gehandelt hätte.
In der Körperschaftsteuer sind nach der bisherigen Rechtsprechung nicht vier, sondern zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden: Das Vorliegen von außerbetrieblichem Vermögen und die Betriebsvermögenseigenschaft des Gebäudes. Folge der Zuordnung zum außerbetrieblichen Vermögen ist, dass Aufwendungen, die das Gebäude betreffen, von der Körperschaft nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Auf der Ertragsseite gibt es weder eine Hochrechnung auf die Renditemiete (Marktmiete) noch eine Versteuerung der vom Gesellschafter tatsächlich bezahlten Miete. Auf Ebene des Gesellschafters kommt es zu einer laufenden Ausschüttung in Höhe der Differenz zwischen tatsächlich bezahlter Miete und Renditemiete (Marktmiete). Die Kategorie "Gebrauchsüberlassung" wurde für die Umsatzsteuer entwickelt. In der Körperschaftsteuer kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an, ob außerbetriebliches Vermögen (allenfalls durch Liebhaberei) oder Betriebsvermögen vorliegt (vgl Lachmayer, SWK 3/2012, 119, mwN). Bestand bei einem Rechtsgeschäft von vornherein die Absicht der Vorteilszuwendung, dann war schon dieser Vorgang nicht betrieblich veranlasst und der damit verbundene Aufwand verdeckte Ausschüttung (; ).
Die Zuwendung eines Vorteiles an einen Anteilsinhaber kann dabei auch darin gelegen sein, dass eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person begünstigt wird (vgl. VwGH, , 2000/13/0208, ).
Im vorliegenden Fall wurde die Miete nur in geringem Ausmaß bezahlt und lediglich der Forderungsstand auf dem Forderungskonto erhöht. Eintreibungsmaßnahmen seitens der Gesellschaft oder eine Kündigung des Mietverhältnisses fanden nie statt. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist es nie zu einem Vermögensabfluss bei Herrn MS gekommen. Die (wenigen) geleisteten Zahlungen stammen nicht von Herrn MS, sondern von der S-OEG.
Aufgrund dessen, dass keine bzw. so gut wie keine Miete bezahlt wurde, stellte die Vermietung nie eine Einkunftsquelle für die Gesellschaft dar. Die erklärten Einkünfte waren bis auf ein Jahr immer negativ (siehe oben).
Die Gründung der Gesellschaft erfolgte außerdem in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung des Herrn MS (Scheidungsvergleich vom , Gesellschaftsvertrag ).
Bei der gegenständlichen Vermietung bestand daher von vornherein die Absicht der Vorteilszuwendung an die Gesellschafterin bzw. deren nahen Angehörigen. Eine betriebliche Veranlassung ist nicht gegeben und es liegt kein Betriebsvermögen vor.
Auf Gesellschafter Ebene kam es zu einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe der Differenz zwischen der bezahlten Miete und der vereinbarten Miete und nicht, wie vom Finanzamt festgesetzt, in Höhe der Darlehensraten.
In Bezug auf die Körperschaftssteuerbescheide ergeben sich daraus zahlenmäßig keine Änderungen, da sich die Passivierung der Kapitalertragssteuer und die Forderung (KESt Gesellschafter) neutralisieren. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage erfolgt ebenfalls nicht (außerbetriebliches Vermögen).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei den Rechtsfragen zur umsatz- und körperschaftsteuerlichen Beurteilung einer Wohnungsvermietung an nahestehende Personen auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100489.2010 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at