Festsetzungsverjährung bei der Kapitalertragsteuer
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/5101493/2015-RS1 | Da Verwaltungsgerichte keine Abgabenbehörden sind, stellen deren Ermittlungshandlungen im Abgabenverfahren keine Verlängerungshandlungen dar (Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB § 209, 580). Somit stellen diese Erledigungen des Verwaltungsgerichtes keine Verlängerungshandlungen iSd. § 209 Abs. 1 BAO dar. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Martin Friedl, Marktplatz 2, 4650 Lambach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Kapitalertragsteuer 2003, 2004, 2005 und 2006 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensablauf und Parteienvorbringen
1. Mit den Bescheiden jeweils vom schrieb die belangte Behörde dem Bf. wie folgt Kapitalertragsteuer vor:
[...]
[...]
[...]
Der Bericht über die Außenprüfung bei der "***1***. vorm. ***2***" vom , AbNr. ***3***, stellte sich betreffend der in den Bescheiden erwähnten Textziffern zu verdeckten Ausschüttungen an den Bf. wie folgt dar:
[...]
[...]
2. Mittels Schriftsatz vom brachte der Bf. gegen die Bescheide vom betreffend Kapitalertragsteuer das Rechtsmittel der Berufung ein. Der Bf. beantragte unter anderem die ersatzlose Aufhebung der Bescheide.
3. Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde das Rechtsmittel dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
4. Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Verfahren ging gemäß Artikel 151 Abs. 51 Ziffer 8 B-VG in Verbindung mit § 1 Bundesfinanzgerichtgesetz auf das Bundesfinanzgericht über. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO waren Berufungen, die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängig waren, vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
5.Der Spruch des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101121/2014, über die Beschwerde des Bf. vom betreffend die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Kapitalertragsteuer 2003 und 2004 lautete wie folgt:
Der Spruch des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101122/2014, über die Beschwerde des Bf. vom betreffend die Bescheide der belangten Behörde vom betreffend Kapitalertragsteuer 2005 und 2006 lautete wie folgt:
Die beiden genannten Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts vom enthielten im Wesentlichen jeweils folgende Begründung:
Der Bescheidspruch enthalte jeweils keine ausreichende Umschreibung des beurteilten Sachverhaltes. Aus dem Bescheidspruch sei nur die Höhe der Kapitalertragsteuer ersichtlich, welche für die einzelnen Jahre festgesetzt wurde. Es könne nicht festgestellt werden, wie hoch die auf jede einzelne verdeckte Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer sei und vor allem, wann die einzelnen Beträge zugeflossen seien. Aus diesem Grund seien die bekämpften Bescheide mit so vielen Fehlern und Unklarheiten behaftet, dass es nicht möglich sei, die zu entscheidende Sache ausreichend zu konkretisieren. Die Bescheide seien daher ersatzlos aufzuheben gewesen, was mangels entschiedener Sache eine neuerliche Bescheiderlassung nicht ausschließe (vgl. , und Fischerlehner, UFSAktuell 2006, 119 sowie UFSAktuell 2006, 278). Bei einer allfälligen neuerlichen Bescheiderlassung wäre auf näher genannte Kriterien in Bezug auf Verjährung Bedacht zu nehmen.
Hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2003 wurde in der Begründung des Erkenntnisses vom , RV/5101121/2014, ausgeführt, dass in den angefochtenen Bescheiden betreffend jeder Feststellung zu verdeckten Gewinnausschüttungen jeweils Feststellungen zum Vorsatz des Bf. und zur Hinterziehung der Abgabe fehlen würden. In Hinblick auf den Umfang der Themenbereiche sei es zweckmäßig, dass die diesbezüglichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde durchgeführt werden.
Unter Verweis auf die Ausführungen in Zusammenhang mit dem Kapitalertragsteuerbescheid 2003 werde der Kapitalertragsteuerbescheid 2004 unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben.
6. Mit den nunmehr beschwerdegegenständlichen Bescheiden vom (Datum laut Bescheidzweitschriften: , jedoch laut Beschwerde und Vorlagebericht offenbar tatsächlich ), zugestellt am , setzte die belangte Behörde betreffend die Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2003, 2004, 2005 und 2006 jeweils Kapitalertragsteuern gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988 fest.
Die entsprechenden Bescheide lauteten wie folgt:
[...]
[...]
[...]
[...]
7. Gegen die Bescheide vom betreffend die Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2003, 2004, 2005 und 2006 brachte der Bf. die (nunmehr streitgegenständliche) Beschwerde vom (bei der belangten Behörde eingelangt am ) ein. Die steuerliche Vertretung verwies auf ihre Zustellvollmacht und stellte die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf eine Entscheidung durch den Senat sowie auf ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide.
Die Bescheide würden den Bf. im seinem Recht auf Nichtvorschreibung von Kapitalertragsteuern und durch die Erlassung von Jahresbescheiden in seinem Recht auf Erlassung von Einzelbescheiden verletzen. Es sei nicht klar zu erkennen, für welche Kapitalerträge die zu welchem Zeitpunkt gem. § 4 BAO entstandene Kapitalertragsteuer festgesetzt worden sei, weshalb die angefochtenen Bescheide den Bf. in seinem Recht auf Individualisierung eines Bescheidspruches in Sammelbescheiden verletzen würden. Betreffend die Jahre 2005 und 2006 würden Feststellungen über die Abgabenhinterziehung fehlen, weshalb diese Kapitalertragsteuern nach § 207 Abs. 2 BAO verjährt seien und - soweit vor dem entstanden - bereits gem. § 209 Abs. 3 BAO absolut verjährt seien.
8. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Kapitalertragsteuer 2003 und 2004 sowie Kapitalertragsteuer 2005 und 2006, zugestellt am , wurde jeweils die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass mit Erkenntnis vom die Kapitalertragsteuerbescheide vom für die Jahre 2005 und 2006 gem. § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Abgabenbehörde zurückverwiesen worden seien.
9. Mit Vorlageantrag vom , bei der belangten Behörde per Post eingelangt am , beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht und wiederholte die in der Beschwerde gestellten Anträge.
Die belangte Behörde gehe davon aus, dass das Bundesfinanzgericht mit den Erkenntnissen vom , GZ. RV/5101121/2014 und GZ. RV/5101122/2014, die Kapitalertragsteuerbescheide vom für die Jahre 2003 bis 2006 "gem. § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Abgabenbehörde zurückverwiesen" habe.
Wäre dies der Fall, würden die angefochtenen Bescheide tatsächlich die Bescheide vom gem. § 278 BAO ersetzen können und es stünde gem. § 209a Abs. 5 BAO den Abgabenfestsetzungen die Verjährung nicht entgegen, weil sie binnen einem Jahr ab Bekanntgabe der aufhebenden Entscheidungen ergangen seien.
Die zuletzt relevierte Jahresfrist habe im vorliegenden Fall aber schon deshalb keine Bedeutung, weil schon die Behauptung der belangten Behörde, "Mit Erkenntnis vom wurden die Kapitalertragsteuerbescheide vom für die Jahre 2003 und 2004 [bzw. 2004 und 2005] gem. § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Abgabenbehörde zurückverwiesen", aktenwidrig sei.
Hätte nämlich das Bundesfinanzgericht am tatsächlich die Beschwerde vom durch Aufhebung der Bescheide vom unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen wollen bzw. erledigt, hätte das Gericht dies nicht - wie hier geschehen - in Erkenntnissen, sondern mit Beschlüssen gem. § 278 Abs. 1 BAO getan. Es könne aber selbst für das Finanzamt kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei den Bundesfinanzgerichtserledigungen vom um Erkenntnisse und nicht um Beschlüsse handle, weil auch in den Beschwerdevorentscheidungen von einem "Erkenntnis" und nicht von einem "Beschluss" die Rede sei. Schon aus diesem Grund sei die Erlassung der angefochtenen Bescheide mehr als grenzwertig.
Damit sei aber den Begründungen der Beschwerdevorentscheidungen, "Gem. § 278 Abs. 2 BAO tritt durch die Aufhebung das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung der aufgehobenen Bescheide befunden hat", völlig der Boden entzogen. Den angefochtenen Bescheiden stehe daher - wie bereits in der Beschwerde vom ausführlich vorgetragen - die Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO und - zum allergrößten Teil sogar - die absolute Verjährung des § 209 Abs. 3 BAO entgegen.
10. Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht gibt die belangte Behörde zum Sachverhalt an, dass dem Bf. nach der Aufhebung der Kapitalertragsteuerbescheide für die Jahre 2003-2006 wegen Fehler und Unklarheiten die Kapitalertragsteuern für 2003-2006 neuerlich direkt vorgeschrieben worden seien. Dabei seien für jedes Jahr die Zuflüsse mit den Zuflusszeitpunkten und Beträgen samt Kapitalertragsteuer einzeln aufgegliedert worden und es sei auf die jeweilige Tz des Betriebsprüfungsberichtes hingewiesen worden. Die Kapitalertragsteuerbescheide seien gemeinsam mit dem Betriebsprüfungs-Bericht dem steuerlichen Vertreter zugestellt worden. Auf die Erkenntnisse des und RV/5101122/2014 sowie den Betriebsprüfungs-Bericht werde verwiesen. Der Bf. moniere die Mangelhaftigkeit der Bescheide und dass infolge der ersatzlosen Aufhebung der Bescheide durch "Erkenntnis" ohnehin Verjährung eingetreten sei. Diesbezüglich werde jedoch auf die Ausführungen in den beiden Erkenntnissen hingewiesen.
11. Das Rechtsmittel ging bei der Gerichtsabteilung GA des Bundesfinanzgerichtes am ein. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung GA gemäß § 9 Abs. 9 BFGG mit Wirkung zum abgenommen und der Gerichtsabteilung GA neu zugeteilt.
12. Mit Befangenheitsanzeige vom erklärte die zuständige Richterin, dass sie im gegenständlichen Beschwerdeverfahren aufgrund eines vorgelagerten Beschwerdeverfahrens über eine eigene Erledigung entscheiden müsste, weshalb eine Befangenheit im Sinne des § 76 Abs. 1 lit. c BAO vorliege. Es werde daher um Übertragung des Aktes an die Vertretung ersucht.
13. Mit wurde der Akt der Gerichtsabteilung ***4*** neuzugeteilt.
14. Die belangte Behörde ergänzte auf Anforderung des Bundesfinanzgerichtes mit E-Mail vom die Beschwerdevorlage und übermittelte die Kapitalertragsteuerbescheide vom betreffend die Jahre 2003, 2004, 2005 und 2006 sowie eine Buchungsübersicht des Abgabenkontos des Bf. betreffend Kapitalertragsteuern.
15. Mit dem Urteil des Landesgerichtes ***6*** vom , Az. ***5***, wurde die beschwerdeführende Partei schuldig gesprochen, als für die abgabenrechtlichen Belange verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. ***1***., vormals ***7*** (St.Nr. ***8***) im Amtsbereich des Finanzamtes Braunau Ried Schärding in den Jahren 2000 bis 2003 vorsätzlich unter Verletzung einer abgaben rechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch die Abgabe von unrichtigen Kapitalertragssteuererklärungen eine Verkürzung an Kapitalertragsteuer gemäß § 33 Abs 1 FinStrG
a) für das Jahr 2000 in Höhe von € 2.877,22
b) für das Jahr 2001 in Höhe von € 70.717,20
c) für das Jahr 2002 in Höhe von € 7.983,40
d) für das Jahr 2003 in Höhe von € 4.565,56
dadurch bewirkt, dass er in den Steuererklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen mittels fingierter Rechnungen zu Unrecht Vorsteuern geltend gemacht und zu Unrecht Betriebsausgaben abgesetzt sowie Betriebseinnahmen der Abgabenbehörde gegenüber nicht erklärt hat.
Hingegen wurde die beschwerdeführende Partei mit hinsichtlich der Strafantrag/Anklageschrift vom erhobenen Anklage freigesprochen, er habe als Abgabenpflichtiger, und zwar als Geschäftsführer der Fa. ***1***., vormals ***7*** (St.Nr. ***8***) im Amtsbereich des Finanzamtes Braunau Ried Schärding in den Jahren 2000 - 2003 vorsätzlich unter Verletzung einer abgaben rechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht an Kapitalertragsteuer
2000 weitere € 137.459,01
2001 weitere € 68.529,96
2002 weitere € 79.702,92
2003 weitere € 100.884,86
dadurch bewirkt, dass er in den Steuererklärungen und Umsatzsteuenıoranmeldungen mittels fingierter Rechnungen zu Unrecht Vorsteuern geltend gemacht und Betriebsausgaben abgesetzt sowie Betriebseinnahmen und Provisionen der Abgabenbehörde gegenüber nicht erklärt habe und habe hiedurch weitere Finanzvergehen der Abgabenhinteıziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG und § 33 Abs. 2 lit. a) FinStrG begangen.
16. Mit Anbringen vom wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat zurückgenommen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts basiert auf folgendem Sachverhalt, der in den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes abgebildet und soweit nicht gesondert angeführt unbestritten ist.
Mit Bescheiden jeweils vom wurde der beschwerdeführenden Partei vom Finanzamt für die Veranlagungsjahre 2000 bis 2006 Kapitalertragsteuer in Gesamthöhe von € 565.940,15 vorgeschrieben. Mit Erkenntnis vom , RV/5101121/2014 und RV/5101122/2014 gab das Bundesfinanzgericht der von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Beschwerde vom hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2003 und 2004, sowie 2005 und 2006 Folge und hob die angefochtenen Bescheide ersatzlos auf.
Darin ist angeführt, dass der Berufung/Beschwerde vom wird Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben werden.
In den Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101121/2014 und RV/5101122/2014 ist gleichlautend angeführt:
"Aus diesem Grund sind die bekämpften Bescheide mit so vielen Fehlern und Unklarheiten behaftet, dass es nicht möglich ist, die zu entscheidende Sache ausreichend zu konkretisieren. Die Bescheide waren daher ersatzlos aufzuheben, was mangels entschiedener Sache eine neuerliche Bescheiderlassung nicht ausschließt."
Im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101121/2014 ist zudem ausgeführt:
"Die angefochtenen Kapitalertragsteuerbescheide … waren daher unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufzuheben."
Der Abgabenanspruch hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2003, 2004, 2005 und 2006 ist laut den Sachverhaltsfeststellungen im Vorverfahren zu den Bilanzstichtagen , , und entstanden.
Mit den angefochtenen Bescheiden vom wurden vom Finanzamt abermals Bescheide über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2003, 2004, 2005 und 2006 erlassen.
Beweiswürdigung
Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen.
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der beschwerdeführenden Partei sowie auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen des Finanzamtes und ist insoweit unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Rechtslage:
Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs. 1 BAO).
Die für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Gesetzesbestimmungen sind:
§ 278 Bundesabgabenordnung (BAO):
(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
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a) | weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch |
b) | als zurückgenommen (§ 85 Abs 2, § 86a Abs 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs 3, § 261) zu erklären, |
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
(1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.
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§ 208 Abs 1 lit a BAO: Die Verjährung beginnt in den Fällen des § 207 Abs 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird. |
Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.
Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4). In den Fällen eines Erwerbes von Todes wegen oder einer Zweckzuwendung von Todes wegen verjährt das Recht auf Festsetzung der Erbschafts- und Schenkungssteuer jedoch spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der Anzeige.
(1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde.
(3) Sofern nicht Abs 1 oder 2 anzuwenden ist, darf in einem an die Stelle eines früheren Bescheides tretenden Abgabenbescheid, soweit für einen Teil der festzusetzenden Abgabe bereits Verjährung eingetreten ist, vom früheren Bescheid nicht abgewichen werden.
(4) Abgabenerklärungen gelten als Anträge im Sinn des Abs 2, wenn die nach Eintritt der Verjährung vorzunehmende Abgabenfestsetzung zu einer Gutschrift führen würde.
(5) Soweit die Verjährung der Festsetzung einer Abgabe in einem Erkenntnis (§ 279) nicht entgegenstehen würde, steht sie auch nicht der Abgabenfestsetzung in dem Bescheid der Abgabenbehörde entgegen, der den gemäß § 278 oder § 300 aufgehobenen Bescheid ersetzt, wenn dieser Bescheid binnen einem Jahr ab Bekanntgabe (§ 97) des aufhebenden Beschlusses bzw. innerhalb der Frist des § 300 Abs 1 lit. b ergeht.
(6) Wird eine Bescheidbeschwerde oder ein Vorlageantrag nach Eintritt der Verjährung gemäß § 209 Abs 3 erster Satz zurückgenommen, so steht der Eintritt der Verjährung der Festsetzung einer Abgabe, soweit sie hinterzogen ist, nicht entgegen, wenn diese Festsetzung innerhalb eines Jahres ab Zurücknahme der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages erfolgt.
Zur Kapitalertragsteuer 2003 und 2004
Der Spruch eines Bescheides ist im Zweifel iSd angewendeten Gesetzes auszulegen ("gesetzeskonforme" Bescheidauslegung, ; , 2005/15/0055, , 2009/15/0182; , 2010/15/0064). Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (zB ; , 2006/15/0257; , 2005/15/0035; , 2009/15/0182); es sei denn, dass zwischen Spruch und Begründung Widersprüche bestehen oder zumindest nicht ausgeschlossen sind (). Bei eindeutigem Spruch ist die Begründung nicht zu seiner Ergänzung oder Abänderung heranzuziehen (, ZfVB 1997/1/424).
Aus dem Spruch des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101121/2014 geht zweifelsfrei hervor, dass es sich bei dieser Aufhebung um eine meritorische Beschwerdeerledigung iSd § 279 BAO gehandelt hat. Der Spruch war eindeutig, lediglich die Begründung war widersprüchlich. Der letzte Satz der rechtlichen Erwägungen "Die angefochtenen Kapitalertragsteuerbescheide 2003 und 2004 waren daher unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde gemäß § 278 Abs 1 BAO aufzuheben." widerspricht einerseits dem Spruch der Entscheidung und auch dem kompletten Begründungsteil samt rechtlichen Erwägungen und kann daher nicht dazu führen, die angeführte Entscheidung unter § 278 BAO zu subsumieren. Außerdem hätte eine Erledigung nach § 278 BAO in Form eines Beschlusses ergehen müssen (siehe dazu auch ). Aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Entscheidung des um keine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde gehandelt hat, kommt die Bestimmung des § 209a Abs 5 BAO nicht zum Tragen.
Richtig ist die in diesem Erkenntnis unter Bezug auf , und Fischerlehner, UFS Aktuell 2006, 119 sowie UFS Aktuell 2006,278 vertretene Auffassung, dass eine neuerliche Bescheiderlassung mangels entschiedener Sache nicht ausgeschlossen ist.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war daher zu prüfen, inwieweit unter Anwendung der Verjährungsbestimmungen der §§ 207 ff BAO eine neuerliche Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2003 und 2004 zulässig war.
Gemäß § 207 Abs 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei näher genannten - gegenständlich nicht vorliegenden - Abgaben drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Bei hinterzogenen Abgaben beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre (§ 209 Abs 3 BAO). Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO mit dem Ablauf des Jahres, indem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Der Abgabenanspruch hinsichtlich Kapitalertragsteuer 2003 und 2004 ist laut den Sachverhaltsfeststellungen im Vorverfahren zu den Bilanzstichtagen und entstanden, sodass das Recht auf Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2001 und 2002 zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung () selbst unter der Annahme, dass ein Teil der Kapitalertragsteuer 2003 (€ 4.565,56 laut Strafurteil des Landesgerichtes ***6*** ***9***) hinterzogen wurde, bereits absolut verjährt war (vgl. ).
Die angefochtenen Bescheide betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2003 und 2004 waren daher ersatzlos aufzuheben.
Zur Kapitalertragsteuer 2005 und 2006
Die Kapitalertragsteuer für 2005 ist am und für 2006 am entstanden. Somit begann die Verjährungsfrist für die Kapitalertragsteuer für 2005 nach § 208 Abs. 1 lit a BAO mit dem Ablauf des Jahres 2006 und für die Kapitalertragsteuer 2006 mit Ablauf des Jahres 2007. Die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für 2005 und 2006 mit den Bescheiden vom ist eine Verlängerungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO und verlängert die Verjährungsfrist jeweils um ein Jahr (§ 209 Abs. 1 BAO), sodass das Recht zur Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2005 zum und jenes zur Festsetung der Kapitalertragsteuer 2006 zum verjährt ist.
Die Berufung/Beschwerde gegen die Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2005 und 2006 wurde am dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt. Im Jahr 2014 erfolgte eine Vorhaltsbeantwortung an das Bundesfinanzgericht. Das Erkenntnis betreffend die Kapitalertragsteuer 2005 und 2006 erging am . Da Verwaltungsgerichte keine Abgabenbehörden sind, stellen deren Ermittlungshandlungen im Abgabenverfahren keine Verlängerungshandlungen dar (Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB § 209, 580). Somit stellen diese keine Erledigungen des Verwaltungsgerichtes keine Verlängerungshandlungen iSd. § 209 Abs. 1 BAO dar. Die Festsetzung der Kapitalertragsteuer 2005 und 2006 mit den Bescheiden vom erfolgte somit nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO. Ein Hinweis, dass die betroffenen Abgaben hinterzogen sind, ergibt sich weder aus der Aktenlage noch wurde dies von der belangten Behörde behauptet. Aufgrund des Umstandes, dass es sich bei der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101122/2014 um keine Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde gehandelt hat, kommt die Bestimmung des § 209a Abs. 5 BAO nicht zum Tragen.
Die angefochtenen Bescheide betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2005 und 2006 waren daher ersatzlos aufzuheben.
Zur Zulässigkeit einer Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).
Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Auf Grund der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und sind auch durch die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101493.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at