Anspruchszinsen und § 252 Abs. 2 BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl & Partner, Rechtsanwälte, Petersbrunnstraße 13, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt nunmehr Finanzamt Österreich vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2013, 2014 und 2015 zur Einkommensteuer zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheiden vom wurde das Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2013 des BF wieder aufgenommen und ein neuer Einkommensteuerbescheid 2013 erlassen. Mit Bescheid vom gleichen Datum wurden für diese Einkommensteuer 2013 Anspruchszinsen i.H.v. € 50,25 festgesetzt.
Mit Bescheiden vom wurden die Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2014 und 2015 des BF wieder aufgenommen und neue Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 erlassen. Anspruchszinsen wurden für die Einkommensteuer 2014 und 2015 nicht festgesetzt.
Mit Schriftsätzen vom erhob der BF durch seine ausgewiesenen Vertreter Beschwerde nicht nur gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die gleichzeitig erlassenen Bescheide über die Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015, sondern auch gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2013, 2014 und 2015. Würde der Einkommensteuerbescheid "fallen", fielen auch keine Anspruchszinsen an, weswegen diese ersatzlos aufzuheben seien.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde gegen die Anspruchszinsen 2013 als unbegründet abgewiesen. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom gleichen Datum wurden Beschwerden über die Festsetzung der Anspruchszinsen gemäß § 260 BAO als unzulässig zurückgewiesen, da keine Anspruchszinsenbescheide für diese Jahre zugestellt worden seien.
Mit Vorlageanträgen vom beantragte der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das BFG und führte darin aus, dass - unter anderem - die Beschwerden gegen die Bescheide auf Festsetzung der Anspruchszinsen 2013, 2014 und 2015 aufrecht blieben. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch das Finanzgericht werde angeregt.
Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses des wurden die gegenständlichen Rechtsmittel der damit belasteten Gerichtsabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Das BFG legt seiner Entscheidung den im Verfahrensgang dargestellten Sachverhalt zugrunde, der sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens, sowie dem Vorbringen der Parteien im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ergibt. Dieser Sachverhalt ist - soweit aus den Akten des Verwaltungsverfahrens nachvollziehbar - von den Parteien des Verfahrens unbestritten.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zur Amtspartei ab :
Gemäß § 323b Abs.1 BAO treten das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.
Gemäß § 323b Abs. 2 BAO werden die am bei einem Finanzamt … anhängigen Verfahren von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren, das vom FA Salzburg-Stadt dem BFG vorgelegt worden war, ist somit ab das FA Österreich zuständig.
2.2. Zur Zuständigkeit der Gerichtsabteilung
Gemäß § 9 Abs. 9 BFGG kann der Geschäftsverteilungsausschuss einer Einzelrichterin oder einem Einzelrichter oder Senat eine ihr oder ihm zufallende Rechtssache durch Verfügung abnehmen, wenn die Einzelrichterin oder der Einzelrichter oder Senat verhindert oder wegen des Umfangs ihrer oder seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist. Auf Grund des im Verfahrensgang dargestellten Beschlusses des Geschäftsverteilungsausschusses ist sohin die nun zur Entscheidung des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens berufene Gerichtsabteilung zuständig.
2.3. Zur "Anregung" einer mündlichen Verhandlung durch den BF
Gemäß § 274 Abs. 1 Z. 1 lit. b) BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn dies … im Vorlageantrag (§ 264) beantragt wird.
Wie bei jedem Anbringen kommt es auf den Inhalt und nicht auf zufällige verbale Formen an. Kein ausreichender Antrag ist nach der Rechtsprechung beispielsweise das Ersuchen, zur Minimierung des verwaltungsökonomischen Zeiteinsatzes falls erforderlich, um Einladung zu einer mündlichen Verhandlung über das gegenständliche Berufungsthema ( ), …, der Antrag, "allenfalls" eine mündliche Verhandlung durchzuführen ( , 140-142), …, der Antrag "sofern notwendig eine mündliche Verhandlung anzuberaumen" ( ). (Ritz, BAO6, § 274, Tz. 5)
Im Antrag, "in eventu eine mündliche Berufungsverhandlung im Sinn des § 284 Abs. 1 BAO (jetzt § 274 Abs. 1 BAO)" anzuberaumen, vermochte der Gerichtshof im Hinblick auf seine Unbestimmtheit (in eventu) nicht als einen Parteienantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erkennen (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 2 74, E 18 unter Verweis auf ).
Der gegenständliche Vorlageantrag, in dem die gegenständliche Anregung einer mündlichen Verhandlung in der Begründung enthalten ist, wurde von einem Rechtsanwalt erstellt, der in seinem Schriftsatz sehr wohl Anträge (auf Vorlage verschiedenster Bescheide an das BFG) enthielt.
Unabhängig davon, dass die gegenständliche Anregung somit nicht als Antrag des BF formuliert wurde, sondern im Bereich einer ergänzenden Begründung des Beschwerdevorbringens im Vorlageantrag aufscheint, ist sich aus Sicht des BFG ein berufsmäßiger Parteienvertreter jedenfalls darüber im Klaren, dass eine Anregung lediglich eine unverbindliche Empfehlung und damit nicht die Ausübung eines die Behörde oder das Gericht bindendes Antragsrechtes darstellt. Damit liegt aber vergleichbar mit den oben dargestellten Beispielen kein tauglicher Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor. Die gegenständliche Formulierung einer "Anregung" ist nach dem Verständnis des BFG sogar noch weiter von einem Antrag nach § 274 Abs. 1 BAO entfernt, als dies die oben dargestellten Beispiele von bedingten Anträgen sind.
Da damit kein Antrag im Sinne des § 274 Abs. 1 BAO vorliegt und seitens des erkennenden Richters auch keine Notwendigkeit für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erkannt werden kann, konnte die gegenständliche Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
2.4. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 252 Abs. 1 BAO kann ein Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind, wenn einem Bescheid Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind.
Gemäß § 252 Abs. 2 BAO gilt Abs. 1 sinngemäß, wenn einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-, Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind.
§ 252 Abs. 2 BAO gilt auch für von den Abgabenbescheiden abgeleitete Anspruchszinsen (Ritz BAO6 § 252 Tz. 11 unter Verweis auf Fischerlehner, Abgabenverfahren2, § 252 Anm. 2)
Der BF verweist zur Begründung seiner Beschwerde gegen die Anspruchszinsen zur Einkommensteuer für das Jahr 2013 ausdrücklich darauf, dass dieser Zinsenbescheid "fallen" würde, wenn der Einkommensteuerbescheid 2013 nach seinem Antrag und der dazu vorgebrachten Begründung abgeändert werden würde. Damit ficht der BF aber den Bescheid über die Festsetzung der Anspruchszinsen mit der Begründung an, dass der dem Zinsenbescheid zugrunde liegende Einkommensteuerbescheid falsch ist.
Im Sinne der oben zitierten Gesetzesstellen führt eine derartige Begründung der Anfechtung zur Abweisung der Beschwerde gemäß § 252 Abs. 2 BAO. Das BFG folgt daher der Beschwerdevorentscheidung des FA. Die Beschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid zur Einkommensteuer 2013 ist als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 243 BAO sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Eine (zulässige) Bescheidbeschwerde setzt dabei einen rechtsgültig zustande gekommenen Bescheid voraus. (Ritz, BAO6, § 243, Tz.6)
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a) BAO Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Dies betrifft beispielsweise einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid. (Ritz, BAO6, § 260, Tz.8) Das BFG sieht daher die Entscheidung des FA, die Anspruchszinsenbescheide zur Einkommensteuer für 2014 und 2015 als unzulässig zurückzuweisen, als richtig an.
Auch die Beschwerden gegen die Anspruchszinsen zur Einkommensteuer 2014 und 2015 sind daher gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen. (Ritz, BAO6, § 279, Tz.20)
2.5. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die oben dargestellten Entscheidungen betreffend die Anspruchszinsen zur Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015 ergeben sich unmittelbar aus den zitierten Gesetzesbestimmungen der BAO. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 252 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100532.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at