TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.07.2021, RV/7400123/2021

Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe, Gleichbehandlungsnachweis nicht erbracht, Einbringlichkeit erschwert

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Wolfgang Winkler, Ditscheinergasse 2, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Haftung gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 samt Nebenansprüchen (Säumniszuschläge) und § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** wurde über das Vermögen der ***X-GmbH*** der Konkurs eröffnet, deren Geschäftsführer seit ***Datum2*** der nunmehrige Beschwerdeführer (Bf.) sowie Herr ***Gf2*** waren.

Am erging an den Bf. ein Haftungsvorhalt betreffend am Abgabenkonto aushaftenden Rückständen an Kommunalsteuer 5-12/2019 in Höhe von € 6.605,28, Säumniszuschlag hiezu in Höhe von € 36,24 und Dienstgeberabgabe 5-12/2019 in Höhe von € 430,00.

Im diesbezüglichen Antwortschreiben vom wurde die anwaltliche Vertretung des Bf. bekanntgegeben.

Der Bf. bestreite die Richtigkeit der geltend gemachten Rückstände. Gemäß der vorliegenden Buchhaltung bestünden keine Rückstände für das Jahr 2019. Der Bf. ersuche um Aufschlüsselung des Rückstandes auf die einzelnen Monate, damit die geltend gemachten Beträge mit der Buchhaltung abgeglichen werden könnten.

Sollten die Rückstände erst nach Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH im Zuge einer Prüfung festgestellt worden seien, werde um Zustellung der Grundlagenbescheide ersucht, um diese bekämpfen zu können. Der Bf. habe ab Erkennen der Krise sämtliche Gläubiger gleich behandelt. Auch zur Erstellung eines Gleichbehandlungsnachweises benötige der Bf. eine Aufschlüsselung der behaupteten Abgabenrückstände auf die einzelnen Beitragsmonate.

Mit Vorhalt vom übermittelte die belangte Behörde dem Bf. eine Aufgliederung der Abgabenrückstände wie folgt:

Kommunalsteuer 2019:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Erklärte Steuerbeträge
Bezahlte Steuerbeträge
Offene Rückstände
Jänner
913,64
913,64
0,00
Februar
910,60
910,60
0,00
März
929,04
929,04
0,00
April
905,54
905,54
0,00
Mai
905,54
905,54
0,00
Juni
905,54
905,54
0,00
Juli
906,66
906,66
0,00
August
1.639,64
36,01
1.603,63
September
1.007,19
0,00
1.007,19
Oktober
1.043,79
0,00
1.043,79
November
1.076,80
0,00
1.076,80
Dezember
1.873,87
0,00
1.873,87
Summe
13.017,85
6.412,57
6.605,28

Dienstgeberabgabe 2019:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Erklärte Steuerbeträge
Bezahlte Steuerbeträge
Offene Rückstände
Jänner
78,00
78,00
0,00
Februar
78,00
78,00
0,00
März
94,00
94,00
0,00
April
72,00
72,00
0,00
Mai
72,00
72,00
0,00
Juni
88,00
88,00
0,00
Juli
64,00
64,00
0,00
August
64,00
2,00
62,00
September
82,00
0,00
82,00
Oktober
88,00
0,00
88,00
November
88,00
0,00
88,00
Dezember
110,00
0,00
110,00
Summe
978,00
548,00
430,00

Die belangte Behörde wies darauf hin, dass die Rückstände ausschließlich aus den nicht vollständig entrichteten, vom Bf. selbst gelegten Jahreserklärungen für die Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer des Jahres 1999 (Anm. BFG: richtig wohl 2019) stammen würden.

Der Bf. werde eingeladen, der belangten Behörde eine Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum August bis Dezember 2019 vorzulegen.

Die belangte Behörde führte weiters aus, wie die Liquiditätsaufstellung zu erfolgen habe (der genaue Text wird mangels Entscheidungsrelevanz nicht wiedergegeben.

Mit Eingabe vom ersuchte der Vertreter des Bf. um Fristerstreckung zur Erstellung des Liquiditätsnachweises bis .

Mit Schreiben vom verlängerte die belangte Behörde die Frist bis .

In der Folge wurde kein Gleichbehandlungsnachweis vorgelegt.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGBl. Nr. 819/1993, in der geltenden Fassung für den Rückstand der GmbH an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in Höhe von € 6.641,52 für den Zeitraum August bis Dezember 2019 und weiters gemäß § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 17/1970, in der geltenden Fassung, für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen der GmbH in der Höhe von € 430,00 für den Zeitraum August bis Dezember 2019 haftbar gemacht.

Nach Zitierung der § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes, des § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes und des § 80 Abs. 1 BAO wurde ausgeführt, dass mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

In der Stellungnahme vom werde die Richtigkeit der geltend gemachten Rückstände bestritten und um monatliche Aufteilung der Abgabenrückstände ersucht. Zusätzlich werde Gläubigergleichbehandlung vorgebracht.

Mit Parteiengehör vom sei dem Bf. die monatliche Aufteilung der Steuerbeträge und der nicht entrichteten Abgabenbeträge antragsgemäß mitgeteilt worden. Weiters sei der Bf. darauf hingewiesen worden, dass die Abgabenrückstände ausschließlich aufgrund der Nichtzahlung der selbst eingebrachten Jahreserklärungen stammten. Abschließend sei dem Bf. Gelegenheit gegeben worden, einen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu übermitteln. Dazu seien ihm detaillierte Informationen zur Durchführung übermittelt worden.

Bis dato sei weder eine Stellungnahme noch ein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung übermittelt worden.

Der Bf. sei seit ***Datum2*** im Firmenbuch als Geschäftsführer der GmbH eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der GmbH auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Primärschuldnerin nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Der Rückstand am Abgabenkonto setze sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
5-12/2019
6.605,28
Säumniszuschlag
Hiezu
36,24
Dienstgeberabgabe
5-12/2019
430,00

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Bescheidbeschwerde wurde ausgeführt, dass der Bf. ab Erkennen der Krise sämtliche Gläubiger gleich behandelt habe. Ihn treffe daher kein Verschulden an den geltend gemachten Abgabenrückständen. Ein Gleichbehandlungsnachweis werde vom Bf. erstellt, jedoch verfüge er derzeit nicht über alle Buchhaltungsbelege, da sich diese zum Teil bei der Insolvenzverwalterin befänden. Eine Erstellung des Gleichbehandlungsnachweises nehme daher noch Zeit in Anspruch.

Zudem habe die Behörde den Haftungsbescheid vor Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptschuldnerin erlassen. Der haftungsbegründende Sachverhalt stehe somit noch gar nicht fest. Es sei mit einer hohen Quote zu Gunsten der Gläubiger zu rechnen, da die Hauptschuldnerin über eine Liegenschaft verfüge, die im Zuge des Insolvenzverfahrens verwertet werde. Der erlassene Bescheid sei daher rechtswidrig, da der mögliche Ausfall der Behörde noch nicht einmal feststehe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Nach Zitierung der für die Geltendmachung der Haftung maßgeblichen Rechtsvorschriften wurde ausgeführt, dass Voraussetzungen für die Haftung eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit seien.

Dass die im Haftungsbescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

In der Beschwerde werde im Wesentlichen vorgebracht, ab Erkennen der Krise sämtliche Gläubiger gleich behandelt zu haben. Ein Gleichbehandlungsnachweis werde vom Bf. erstellt, jedoch verfüge der Bf. nicht über alle Buchhaltungsbelege, da sich diese zum Teil bei der Insolvenzverwalterin befinden würden. Zudem habe die Behörde den Haftungsbescheid vor Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptschuldnerin erlassen. Der haftungsbegründende Sachverhalt stehe somit noch gar nicht fest. Es sei mit einer hohen Quote zu Gunsten der Gläubiger zu rechnen, da die Hauptschuldnerin über eine Liegenschaft verfüge, die im Insolvenzverfahren verwertet werde. Der erlassene Bescheid sei rechtswidrig, da der mögliche Ausfall der Behörde noch nicht einmal feststehe.

Dazu werde Folgendes festgestellt:

Mit Schreiben vom sei der Bf. eingeladen worden, eine Liquiditätsaufstellung zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung vorzulegen. Antragsgemäß sei dem Bf. eine monatliche Aufstellung der Steuerbeträge bekannt gegeben worden. Trotz Fristerstreckung bis sei vom Bf. weder eine Stellungnahme noch ein Nachweis für die behauptete Gläubigergleichbehandlung übermittelt worden. Das Vorbringen der Gläubigergleichbehandlung sei daher als Schutzbehauptung anzusehen.

Zum Vorbringen der Ausfall der Behörde stehe noch nicht einmal fest, werde festgehalten, dass entsprechend der anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften allein auf Grund der Tatsache eines anhängigen Konkursverfahrens davon ausgegangen werden könne, dass die verfahrensgegenständlichen Abgabenrückstände bei der Primärschuldnerin nicht oder zumindest erschwert einbringlich seien. Ein Zuwarten bis zum Abschluss des Konkursverfahrens zur Feststellung einer allfällig erzielten Konkursquote sei gesetzlich nicht vorgesehen und könne von der Abgabenbehörde daher auch nicht abverlangt werden.

Im Übrigen sei vom Masseverwalter im zuletzt veröffentlichten Beschluss vom ***Datum3*** festgestellt worden, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche, um Masseforderungen zu erfüllen (Masseunzulänglichkeit) Diese Tatsache stehe im klaren Widerspruch zur behaupteten hohen Quote.

Der Bf. habe in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei.

Die Pflichtverletzung des Bf. ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Bf. hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.

Mit Schriftsatz vom brachte der Vertreter namens des Bf. einen Vorlageantrag ein und führte aus, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin noch nicht abgeschlossen sei, wobei auf Grund des Liegenschaftsvermögens der Hauptschuldnerin eine hohe Quote zu erwarten sei. Derzeit stehe der Ausfall noch nicht fest, sodass auch die Voraussetzungen für die Erlassung eines Haftungsbescheides noch nicht vorlägen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen:

a) Kommunalsteuer:

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

b) Dienstgeberabgabe

Gemäß § 5 DGAG beträgt die Abgabe für jeden Dienstnehmer und für jede angefangeneWoche eines bestehenden Dienstverhältnisses 2 Euro.

Gemäß § 6 Abs. 1 DGAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.

c) Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs.2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

d) Geltendmachung von Haftungen

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs.2 BAO gilt sinngemäß.

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a Wiener Dienstgeberabgabegesetz (DGAG) neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Haftungsvoraussetzungen:

Voraussetzungen für die Geltendmachung der Haftung sind:

1) Abgabenforderung gegen die vertretene Gesellschaft,

2.) eine erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderungen

3.) Stellung des Geschäftsführers als Vertreter

4.) die abgabenrechtliche Pflichtverletzung und das Verschulden des Geschäftsführers an der Pflichtverletzung

5.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit

Dazu im Einzelnen:

  • Abgabenforderungen

Unbestritten ist das Bestehen der haftungsgegenständlichen Forderungen an Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe. Diese Abgabenrückstände resultieren aus der Nichtentrichtung der sich aus den von der GmbH eingebrachten Jahreserklärungen ergebenden Nachforderungen.

Die Aufgliederung der haftungsgegenständlichen am Konto aushaftenden Rückständen an Kommunalsteuern und Dienstgeberabgabe wurde dem Bf. mit Vorhalt vom aufgegliedert bekannt gegeben und betreffen den Zeitraum August bis Dezember 2019. Die Säumniszuschläge wurden mit Bescheiden vom (€ 18,11 wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Kommunalsteuer Juni 2019) und (€ 18,13 wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Kommunalsteuer Juli 2019) festgesetzt.

  • Erschwerte Einbringlichkeit

Im Gegensatz zu dem hier nicht zur Anwendung kommenden § 9 BAO (Haftung für Abgabenschuldigkeiten) setzen § 6a Abs. 1 KommStG und § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes nicht die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten voraus, sondern dass diese nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können.

Die Einbringlichkeit beim Abgabenschuldner muss lediglich mit Schwierigkeiten verbunden sein, die Einbringung beim Abgabenschuldner also im Vergleich zu einer durchschnittlichen Einbringung bloß erschwert sein, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass eine solche Schwierigkeit bereits im Falle der Konkurseröffnung vorliegt.

Im gegenständlichen Fall wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** das Konkursverfahren über das Vermögen der ***X-GmbH*** eröffnet. Gemäß Beschluss vom ***Datum3*** zeigte der Masseverwalter an, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen (Masseunzulänglichkeit).

Somit steht fest, dass die Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bei der Primärschuldnerin nicht bloß erschwert ist, sondern dass sogar deren Uneinbringlichkeit vorliegt.

  • Stellung des Geschäftsführers als Vertreter

Gemäß dem vorliegenden Firmenbuchauszug fungierte der Bf. ab ***Datum2*** gemeinsam mit ***Gf2*** als Geschäftsführer der GmbH und kann damit, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zur Haftung herangezogen werden.

  • abgabenrechtliche Pflichtverletzung und das Verschulden des Geschäftsführers an der Pflichtverletzung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 6aKommStG annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. ).

Der Vertreter haftet für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. ).

Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Es ist dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. ).

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Die pauschale Behauptung, die Abgabenbehörde sei nicht benachteiligt, bzw. alle Gläubiger gleich behandelt worden, reicht nicht aus ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderten Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben, wobei es auf die Abgabenverbindlichkeiten einerseits und die Summe der übrigen Verbindlichkeiten andererseits ankommt - hat der Bf. obwohl er dazu durch die belangte Behörde aufgefordert und ihm auch die Aufgliederung des Rückstandes auf die einzelnen Monate nach Abgabenart und Betrag durch die belangte Behörde (vgl. Vorhalt vom ) bekanntgegeben wurde, nicht aufgestellt. Nachdem seit diesem Vorhalt beinahe ein Jahr vergangen ist, stand auch ausreichend Zeit zur Einsichtnahme in die Unterlagen bei der Insolvenzverwalterin zur Verfügung. Entgegenstehende Hindernisse wurden nicht dargetan.

Weiters hat die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung darauf hingewiesen, dass der Bf. trotz Fristverlängerung der Aufforderung zur Erbringung des Liquiditätsstatus nicht gefolgt ist, weshalb das Vorbringen der Gläubigergleichbehandlung als Schutzbehauptung anzusehen sei.

Obwohl die Beschwerdevorentscheidung die Wirkung eines Vorhaltes hat, ist der Bf. dem nicht entgegengetreten.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Angemerkt wird, dass die belangte Behörde dem Bf. zwar nicht die Aufgliederung Säumniszuschläge übermittelt hat, die mit insgesamt € 36,24 lediglich 0,51% des Haftungsbetrages darstellen. Da der Bf. keine Liquiditätsberechnung vorgelegt hat, ist dieser Verfahrensmangel im Hinblick auf die Geringfügigkeit des Betrages unbeachtlich.

  • Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die erschwerte Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

  • Ermessen

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann. Ein solcher Fall liegt hier im Hinblick auf das über das Vermögen der GmbH eröffnete Insolvenzverfahren nicht vor.

Der Bf. fungierte zwar nicht als alleiniger, sondern mit einem weiteren Geschäftsführer. Da auch der weitere Geschäftsführer zur Haftung herangezogen wurde, liegt auch kein Ermessensfehler vor.

Mit der gegenständlichen Beschwerde hat der Bf. ohnehin keine Einwendungen zum Ermessen vorgebracht.

Die Geltendmachung der Haftung entspricht verfahrensgegenständlich auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit.

  • Ergebnis

Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

Der Haftungsbetrag in Höhe von € 7.071,52 gliedert sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
8/2019
1.603,63
Kommunalsteuer
9/2019
1.007,19
Kommunalsteuer
10/2019
1.043,79
Kommunalsteuer
11/2019
1.076,80
Kommunalsteuer
12/2019
1.873,87
Dienstgeberabgabe
8/2019
62,00
Dienstgeberabgabe
9/2019
82,00
Dienstgeberabgabe
10/2019
88,00
Dienstgeberabgabe
11/2019
88,00
Dienstgeberabgabe
12/2019
110,00
Säumniszuschlag betr.
Kommunalst. 6/2019
Bescheid vom
18,11
Säumniszuschlag betr.
Kommunalst. 7/19
Bescheid vom
18,13

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Darüber hinausgehende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher ausgeschlossen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 9 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 11 Abs. 2 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400123.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at