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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.07.2021, RV/2100116/2017

Pendlerpauschale einer Alleinstehenden bei Vorliegen von zwei Wohnsitzen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Weinrauch Rechtsanwälte GmbH, Pestalozzistraße 3/19, 8010 Graz, über die Beschwerden vom
gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 bis 2014 und den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf.) beantragte in der elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 das Pendlerpauschale in Höhe von € 3672,00 und den Pendlereuro in Höhe von € 144,00 sowie die Berücksichtigung anderer Werbungskosten und Sonderausgaben.

Nach Aufforderung durch das Finanzamt legte die Bf. den Ausdruck des Pendlerrechners mit folgenden Angaben vor:
Wohnort: Adr. bei den Eltern
Arbeitsort: Arbeitsort
Arbeitsbeginn: 06:00 Uhr
Arbeitsende: 18:30 Uhr
schnellste Strecke: 72 km
Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels ist unzumutbar.

Lt. Abfrage im Zentralen Melderegister war die Bf. mit Hauptwohnsitz von bis in Adr. bei den Eltern, und mit Nebenwohnsitz vom bis in Adr. am Arbeitsort gemeldet.

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurden Werbungskosten in Höhe von 1707,93 €, das Sonderausgabenpauschale von 60 € und der Kirchenbeitrag von 250 € gewährt. In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass das Pendlerpauschale nicht berücksichtigt werden könne, da die Bf. einen Nebenwohnsitz in Graz habe und die vom Arbeitgeber einbehaltenen Beträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessentenvertretungen (z.B. Gewerkschaftsbeiträge) seien bereits bei der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt worden, ein nochmaliger Abzug im Rahmen des Veranlagungsverfahrens sei daher nicht möglich.

Mit Bescheiden vom wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2014 verfügt und mit neuen Sachbescheiden die Einkommensteuer für 2012 bis 2014 festgesetzt, wobei das Pendlerpauschale nicht mehr gewährt und auf die Begründung für 2015 verwiesen wurde.

Gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 bis 2015 erhob die steuerliche Vertretung der Bf. fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die Berücksichtigung des Pendlerpauschales mit folgender auszugsweise wieder gegebenen Begründung:
"Frau Bf. begann im Jahr 2009 eine Ausbildung als Sonderkindergartenpädagogin in Graz. Im Jahr 2010 mietete sie eine Wohnung in Graz und meldete diese Adresse als Nebenwohnsitz im Zentralen Melderegister. Hauptwohnsitzadresse blieb weiterhin die Adresse ihres Elternhauses in Adr..
Ab September 2011 war Frau
Bf. als Kindergärtnerin in einem Kindergarten in Graz beschäftigt, ihr tatsächlicher Lebensmittelpunkt befand sich jedoch weiterhin in Adr.. Frau Bf. pendelte regelmäßig von Adr. zu ihrer Arbeitsstelle in Graz. Den Nebenwohnsitz in Graz nutzte sie nur gelegentlich, etwa nach abendlichen Dienstbesprechungen oder späten Dienstschichten.
Ab dem Jahr 2011 beantragte Frau
Bf. eine Pendlerpauschale, wobei der Antrag jährlich erledigt wurde und die Pendlerpauschale auch ausbezahlt wurde. Mit dem Einkommensteuerbescheid 2015 vom wurde vom Finanzamt die Pendlerpauschale mit der Begründung nicht anerkannt, dass die Beschwerdeführerin einen Nebenwohnsitz in Graz gemeldet habe und daher keine Berücksichtigung der Pendlerpauschale möglich sei. Auch für die Veranlagungsjahre 2012, 2013 und 2014 versagte das Finanzamt die Berücksichtigung der Pendlerpauschale. Hinsichtlich der Begründung wurde auf den Einkommensteuerbescheid 2015 vom verwiesen, wonach die Beschwerdeführerin einen Nebenwohnsitz in Graz gemeldet habe und daher keine Berücksichtigung der Pendlerpauschale möglich sei.
Seit dem hat die Beschwerdeführerin nunmehr einen neuen Hauptwohnsitz in
Adr. neu gemeldet und den bisherigen Nebenwohnsitz in Graz gänzlich aufgegeben.
Die Beschwerdeführerin nutzte die Wohnung in jedoch Graz nur in Ausnahmefällen - längere Dienstzeiten, abendliche Dienstbesprechungen - als Übernachtungsmöglichkeit, in der Regel fuhr sie von ihrem Hauptwohnsitz in
Adr. zu ihrer Arbeitsstätte in Graz.
Die belange Behörde hat es im konkreten Fall unterlassen, darzulegen, aus welchen Gründen sie davon ausgeht. dass aufgrund des Vorliegens eines Nebenwohnsitzes die Pendlerpauschale nicht berücksichtigt werden kann. Die belange Behörde hätte konkret prüfen müssen, von welchem Wohnsitz aus, die Beschwerdeführerin überwiegend zur Arbeitsstätte fährt.
Im vorliegenden Fall ist daher die Versagung der Pendlerpauschale nur aufgrund des Bestehens eines Nebenwohnsitzes, nicht rechtskonform. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher - wie ausführlich dargestellt - somit in mehrfacher Hinsicht als rechtswidrig.
"
Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin beantragte bei Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an die 2. Instanz [gemeint Bundesfinanzgericht] die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

In Folge eines weiteren Ergänzungsersuchens des Finanzamtes legte die Bf. den Mietvertrag vom für die Wohnung in Adr. am Arbeitsort (ab , Mitmieter: ***1***), den Dienstvertrag mit der ***2*** ab als Kindergartenpädagogin mit dem Dienstort "***3***" und einem Beschäftigungsausmaß von 30 Wochenstunden sowie Stundenaufzeichnungen für den streitggst. Zeitraum vor und gab an, dass ihre Arbeitszeiten in der Regel von 06:00 bis 14:00 Uhr und von 10:30 bis 18:30 Uhr seien, gewechselt werde mit den Donnerstag-Diensten.
Die Strecke von ihrem Hauptwohnsitz zum Arbeitsort sei sie mit den zwei PKWs ihres Vaters gefahren, dieser habe ein Firmenfahrzeug seines Arbeitgebers zur Verfügung (Zulassungsscheine und Pickerlgutachten mit Kilometerständen im Anhang). Sie sei diese Strecke mindestens 11-mal im Monat gefahren, In der Wohnung in Graz sei sie meistens nur beim Dienstwechsel geblieben bzw. wenn am Abend Dienstgespräche (18:30 - 20:30 Uhr bzw. 18:00 - 20:00 Uhr) gewesen wären. Tankrechnungen habe sie nicht aufbewahrt.
Für die Arbeitnehmerveranlagungen 2013, 2014 und 2015 habe sie bereits Dienstort, Dienstzeiten und die Fahrten von ihrem Hauptwohnsitz zur Arbeitsstelle bekannt gegeben. Lt. telefonischer Auskunft des Finanzamtes könne sie das Pendlerpauschale von ihrem Hauptwohnsitz beantragen, sofern sie dort ihren "Lebensmittelpunkt" habe.
Weiters teilte die Beschwerdeführerin mit, dass auch ihre Mutter die Privat-PKWs benutze, diese fahre damit 2 - 3 mal in der Woche zur Arbeit (38 km hin und zurück). Je nach Arbeitszeit, Wetterlage und Transport von Spielen, Bastelmaterial, usw. habe die Bf. und ihre Mutter die Autos untereinander aufgeteilt.
Zuerst habe sie vor dem Kindergarten geparkt, nach Einführung der grünen Zone parke sie in der ***4***straße außerhalb der grünen Zone und gehe 15 Minuten zu Fuß zur Arbeit.
Im Haus der Eltern bewohne die Bf. ein Zimmer und benutze Küche/Bad/WC gemeinsam mit ihren Eltern.

Mit Beschwerdevorentscheidungen wurden die Beschwerden abgewiesen. Das Finanzamt führte in der Begründung aus:
"Die Lohnsteuerrichtlinien sehen vor, dass beim Vorliegen mehrerer Wohnsitze entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz für die Berechnung des Pendlerpauschales maßgeblich ist. Voraussetzung ist, dass die entsprechende Wegstrecke auch tatsächlich zurückgelegt wird.
Laut Pendlerverordnung liegt der Familienwohnsitz dort, wo
-ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder
- ein alleinstehender Steuerpflichtiger
seine engsten persönlichen Beziehungen und einen eigenen Hausstand hat.
Da im Elternhaus nur ein Zimmer bewohnt wird, trifft die Definition für einen Familienwohnsitz nicht zu. Das Pendlerpauschale ist demnach vom nächstgelegenen Wohnsitz zu berechnen.
Weiters konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Strecke von
Adr. nach Graz (70 km) tatsächlich überwiegend zurückgelegt wurde. Die Pflichtige verfügt über kein eigenes Kfz, es konnten keine Tankrechnungen oder Belege von Kreditkarten oder Bankomatkartenzahlung vorgelegt werden, auch gibt es keine Parknachweise oder ein Fahrtenbuch.
Dass die Strecke mit einem der beiden Autos des Vaters zurückgelegt wurde, konnte auch mit den Pickerlgutachten nicht glaubhaft gemacht werden. Demnach wurden im Jahr mit beiden Autos 30.000 km zurückgelegt, wovon mindestens 25.000 km auf die Pendlerstrecken von Mutter und Tochter entfallen und somit pro Auto nur noch 2.500 km im Jahr an Privatfahrten (Wochenenden, Besuche, Urlaube, Einkaufen, Ausflüge...) bleiben.
Auch Strom- und Heizkostenabrechnungen gaben im Vergleich zu den Zeiträumen, wo die Wohnung von 2 Personen genutzt wurde, keinen Aufschluss darüber, dass die Wohnung in den Zeiträumen in denen nur die Pflichtige darin wohnte, weniger genutzt wurde.
"

Daraufhin stellte die steuerliche Vertretung der Bf. die Anträge auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageanträge) und verwies auf die Beschwerdebegründungen.

Mit Schriftsatz vom gab die steuerliche Vertretung bekannt, dass die Beschwerdeführerin keine neuen Unterlagen und Vorbringen mehr einbringen werde und somit eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht als nicht notwendig erachtet werde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zählen zu den Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
[…]
c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:
Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.
d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,
bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.

Ab dem Veranlagungsjahr 2013 sind in dieser Gesetzesbestimmung folgende Ziffern anzuwenden:
e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:
-Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.
f) Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) maßgeblich.
[…]
j) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:
Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen.

Im § 4 der ab dem Veranlagungsjahr 2014 anzuwendenden PendlerVO (BGBl II 276/2013) wurde geregelt:
(1) Ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988) liegt dort, wo
1. ein in (Ehe)Partnerschaft oder in Lebensgemeinschaft lebender Steuerpflichtiger oder
2. ein alleinstehender Steuerpflichtiger
seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand (Abs. 2) hat.
(2) Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.

Hat der Steuerpflichtige eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung und kehrt er ungeachtet der weiten Entfernung dennoch überwiegend zum Familienwohnsitz zurück, so steht nach LStR 352 das Pendlerpauschale für Wegstrecken über 60 km zu. Daneben können für die über 120 km hinausgehende Wegstrecke die tatsächlichen Fahrtkosten geltend gemacht werden. Der Gesamtbetrag ist jedoch immer mit dem höchsten Pendlerpauschale begrenzt. Allfällige tatsächlich erwachsende Nächtigungskosten für jene Tage, an denen der Steuerpflichtige nicht an seinen Familienwohnsitz zurückkehrt, sind gesondert absetzbar. Insgesamt dürfen die genannten Aufwendungen (Pendlerpauschale, tatsächliche Fahrtkosten ab 120 km, gelegentliche Nächtigungskosten) aber nicht höher sein als die Kosten einer zweckentsprechenden Zweitwohnung und die mit dem Pendlerpauschale begrenzten Familienheimfahrten. (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 56, ABC der WK: Doppelte Haushaltsführung).

Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit e) maßgeblich (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 26)

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner (auch ohne Kind iSd § 106 Abs. 1) einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet. Auch ein allein stehender Steuerpflichtiger kann einen "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Begründet ein alleinstehender Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort einen Wohnsitz, ist besonders zu prüfen, ob nicht entweder von einer erstmaligen Hausstandsgründung oder von einer Wohnsitzverlegung auszugehen ist (LStR 343a). Ein Zimmer bei den Eltern ist nicht als Haushalt anzusehen () (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 56, ABC der WK: Doppelte Haushaltsführung).

Ab 2014 definiert § 4 PendlerVO den Begriff des Familienwohnsitzes. Demzufolge liegt ein Familienwohnsitz dort, wo ein Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt. Die Definition entspricht somit im Wesentlichen den von der Verwaltungspraxis und der Judikatur entwickelten Kriterien (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 56, ABC der WK: Doppelte Haushaltsführung).

Im gegenständlichen Fall mietete die Beschwerdeführerin bereits vor ihrem Berufseinstieg während ihrer Ausbildung zur Sonderkindergartenpädagogin in Graz die Wohnung Adr. am Arbeitsort, in der sie ab den Nebenwohnsitz anmeldete. Lt. Dienstvertrag begann sie dann am als Kindergartenpädagogin im ***3***, der Dienstort ist 1,1 km oder 14 Minuten Fußweg von ihrer Wohnung in Graz entfernt (www.google.maps). Im Elternhaus in Adr., 72 km von ihrem Dienstort entfernt, bewohnte sie nach eigenen Angaben ein Zimmer und benützte Küche, Bad und WC gemeinsam mit ihren Eltern.

Auf Grund dieser Feststellungen hatte die Bf. ihren eigenen Haushalt in ihrer Wohnung in Graz bereits vor Beginn der Beschäftigung im Kindergarten. Deshalb erübrigen sich Erwägungen dahingehend, ob und wie oft sie die Strecke vom Elternhaus zum Dienstort tatsächlich gefahren ist. Dass sie diese Strecke - wie sie behauptet - tatsächlich mindestens 11-mal im Monat gefahren sei - lässt sich im Übrigen mit den vorgelegten Unterlagen weder nachweisen noch glaubhaft machen, da die Privatautos ihres Vaters nicht nur von ihr genutzt werden und ein Fahrtenbuch oder Tankrechnungen und dgl. nicht vorgelegt wurden.

Darüber hinaus sind Fahrten zum Besuch der Eltern bzw. Fahrten eines allein stehenden Arbeitnehmers zum Eltern- und somit zum gemeinsamen Wohnsitz ausschließlich der privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnen und fallen unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 EStG 1988 (vgl. ; ; ; Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 346 ff zu § 4 EStG 1988; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 3 zu
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988).

Liegt ein Familienwohnsitz (am Hauptwohnsitz) nicht vor, folgt aus dem klaren Wortlaut des § 16 Abs. 1 Z 6 lit f EStG 1988, dass für die Berechnung des Pendlerpauschales zwingend der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz heranzuziehen ist. Maßgeblich für die Berechnung des Pendlerpauschales ist im Beschwerdefall folglich der Wohnsitz der Beschwerdeführerin an der Adresse Adr. am Arbeitsort.

Die in der Beschwerde genannten UFS-Entscheidungen sind bei der Beurteilung des ggst. Falles nicht heranzuziehen, da sie zu anders gelagerten Sachverhalten ergangen sind.

Grundsätzlich sind Fahrten zwischen dem Wohnort und der Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 5 EStG 1988 abgegolten. Abhängig von der Wegstrecke und der Zumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln wird auf Antrag eines Steuerpflichtigen ein Pendlerpauschale iSd § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c oder d EStG 1988 in Abzug gebracht, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen.

Die Wegstrecke zwischen der Wohnung in Graz und der Arbeitsstätte der Bf. beträgt 1,1 km, somit kann ein Pendlerpauschale bzw. Pendlereuro nicht in Abzug gebracht werden.

Die Bekanntgabe im Schriftsatz der steuerlichen Vertretung vom wertet das Bundesfinanzgericht als Zurücknahme des Antrages auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at