Mit Eintritt der vereinbarten aufschiebenden Bedingung (rechtskräftige Genehmigung der Umwidmung) ist die Steuerschuld entstanden. Die Steuerbemessung ist nach den Verhältnissen zu diesem Zeitpunkt vorzunehmen, dh. nicht vom Kaufpreis lt. Vertrag, sondern von dem mit SV-Gutachten festgestellten höheren Verkehrswert/gemeinen Wert der umgewidmeten Liegenschaft.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Rhomberg Steuerberatungs-GmbH, Ehrenbergstraße 27, 6600 Reutte, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend die Festsetzung der Grunderwerbsteuer, ErfNr, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
1. Mit Kaufvertrag vom 27.1./ hat die X-GmbH (= Beschwerdeführerin, Bf) von der Y-GmbH. das aus EZ1 abgetrennte, neugebildete Gst1 (Trennfläche 1) mit einer Fläche von 4.393 m² zum Kaufpreis von € 483.230 (€ 110/m²) erworben.
Laut Vertragspunkt 1. beabsichtigt die Bf, auf der Liegenschaft ein Hotel mit 100 Zimmern/200 Betten zu errichten, weshalb der Kaufvertrag ausdrücklich aufschiebend bedingt ist durch die rechtswirksame Widmung der Liegenschaft als "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb".
Der Kaufpreis ist in halbjährlichen Raten ab , die Grunderwerbsteuer und die Eintragungsgebühr binnen 14 Tagen ab allseitig beglaubigter Unterfertigung des Vertrages sowie Eintritt der aufschiebenden Bedingung der Flächenwidmung (Pkt. 1.) von der Bf zu entrichten (Punkt 4.). Gemäß Punkt 6. erfolgt die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft mit allseitig beglaubigter Vertragsunterfertigung. Die Rechtswirksamkeit ist laut Vertragspunkt 8. aufschiebend bedingt durch die rechtswirksame grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Der Vertrag wurde letztlich allseits beglaubigt am unterfertigt.
Zu diesem Vertrag wurde die Grunderwerbsteuer ausgehend vom vereinbarten Kaufpreis selbstberechnet und entrichtet.
2. Im Jahr 2018 hat das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu AB-Nr. xxx bei der Bf ua. zur Grunderwerbsteuer 2014 - 2015 eine Außenprüfung durchgeführt. Im Prüfbericht vom hat der Prüfer unter Tz 1 Folgendes festgestellt:
" … Mit Kaufvertrag vom 27.1./ hat die Fa. X-GmbH von der Y-GmbH. das Gst1 (4.393 m²) erworben. Der Kaufpreis betrug 483.320 €.
Mit Gutachten vom wurde der Wert des Gst1 mit 1.060.000 € ermittelt.
Stellungnahme der steuerlichen Vertretung:
Die X-GmbH hat nach Unterfertigung des Kaufvertrages alle Maßnahmen getroffen, um das Grundstück einer Widmung zuzuführen, welche den Bau des X-Hotel zulässt. Sprich es wurden die Planarbeiten durchgeführt, die Gespräche mit Entscheidungsträgern geführt, die Anträge gestellt. Kurz zusammengefasst, die Liegenschaft entwickelt. Die Umwidmung ist dann mit Stichtag erfolgt.
Stellungnahme des Finanzamtes:
Aus dem Protokoll vom des Gemeinderates der Gemeinde AA. ist ersichtlich, dass für das X-Hotel die Änderung des Raumordnungskonzeptes, eine Änderung des Flächenwidmungsplanes (Umwidmung eines Teiles des Gst2 von Sonderfläche Parkplatz in Sonderfläche Beherbergungsbetrieb mit einer zulässigen Höchstzahl von 200 Betten und 100 Räumen zur Beherbergung von Gästen) beschlossen wurde. Ebenfalls wurde die Erlassung eines Bebauungsplanes beschlossen.
Laut Pkt. h) "unberücksichtigt" (Seite 5) des Gutachtens bleiben sämtliche Entwicklungskosten für das geplante Hotelprojekt und alle Erschließungskosten etc. unberücksichtigt.
Bei der im Kaufvertrag hinsichtlich Rechtswirksamkeit vereinbarten Bedingung handelt es sich um eine auflösende Bedingung, und nicht um eine aufschiebende Bedingung. Im Innenverhältnis wurde vereinbart, dass der Vertrag bereits vor vollständiger Bezahlung des Kaufpreises grundbücherlich durchgeführt werden kann.
Berechnung der Grunderwerbsteuer:
Die Grunderwerbsteuer wurde am mittels Selbstberechnung mit 16.913,05 € ermittelt.
Gem. § 4 Abs. 1 (Anm.: richtig "Abs. 2") Z 3 lit a GrEStG idFv BGBl I 2014/36 ab ist die Steuer vom gemeinen Wert zu berechnen, wenn eine Gegenleistung geringer als der gemeine Wert ist.
gem. § 7 (1) 3 iVm § 4 (1) 3a GrEStG 1.060.000 x 3,5 % = 37.100,00
am selbst berechnet 16.913,05
Nachforderung 20.186,95 …"
3. Im Akt erliegen zwei Stellungnahmen seitens der Bf vom und zu den vorläufigen Prüfungsfeststellungen, worin ua. ausgeführt wurde:
Abgesehen von den Gemeinderatsbeschlüssen vom habe bei Abschluss Kaufvertrag () noch die Widmung als "Sonderfläche Parkplatz" vorgelegen; die aufsichtsbehördliche Genehmigung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes durch das Land XY sei erst am erfolgt. Bei gutachterlicher Feststellung des Verkehrswertes mit € 1,060.000 am hätte die aufsichtsbehördliche Genehmigung bereits vorgelegen. Die Bf habe im Vorfeld im Jahr 2014, um die Genehmigung zu erhalten, hohe Investitionen in das Projekt getätigt, dieses allein entwickelt und damit die Genehmigung der Umwidmung ermöglicht. Nach Ansicht des Finanzamtes wäre die GrESt vom Wert des Grundstückes nach Entwicklung zu berechnen. Bei diesen Kosten handle es sich nicht um eine Gegenleistung an den Verkäufer, sondern um eine Leistung des Investors, die nach dem Kauf zu einer Wertsteigerung führe. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung sei "letztendlich als Ausfluss dieser Bemühungen nach dem Vertragsabschluss" erfolgt. Nach der Faktenlage zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses habe der gezahlte Kaufpreis dem Verkehrswert der Liegenschaft entsprochen und sei die Grunderwerbsteuer zu Recht mit € 16.913,05 selbstberechnet worden.
4. An Unterlagen wurden ua. noch vorgelegt:
a) Protokoll der Gemeinderatssitzung der Gemeinde AA. am :
Unter Abschnitt 1) 1 a, b und c wird zum geplanten Hotelprojekt auf gegenständlicher Liegenschaft die entsprechende Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes (Ausweisung Sondernutzung Beherbergungsgroßbetrieb), die Änderung des Flächenwidmungsplanes (Umwidmung von Sonderfläche Parkplatz in Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb mit einer zulässigen Höchstzahl von 200 Betten und 100 Räumen zur Beherbergung von Gästen/§ 48 TROG 2011) und die Erlassung eines Bebauungsplanes nahezu einstimmig beschlossen.
b) Verordnungsplan der Gemeinde AA zur Änderung des Flächenwidmungsplanes:
Daraus geht hervor, dass die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Umwidmung in "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb" für X-Hotel mit Bescheid der XY Landesregierung vom (veröffentlicht am ) erteilt wurde; dem war ua. die abgeschlossene Planänderung vom zugrunde gelegen.
c) Verkehrswertgutachten des Sachverständigen DrB vom :
Vom Gutachter wurde, nach Lokalaugenschein am , im Rahmen eines umfassenden Vergleichswertverfahrens (Berücksichtigung der Preise aus vergleichbaren Gst-Verkäufen betr. Baugrundstücke, Tourismusobjekte und Hotelanlagen) ein Verkehrswert/gemeiner Wert des unbebauten Gst1 in Höhe von € 1.060.000 auf den Stichtag ermittelt.
Die Bewertung wurde unter Bedachtnahme auf Lage, Nutzungsmöglichkeit und unter der Annahme, dass die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung des Beherbergungsbetriebes bzw. die Widmung als Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb rechtskräftig vorliegen, vorgenommen. Unberücksichtigt geblieben sind alle bisherigen Projektentwicklungs- und allfällige Erschließungskosten (lt. Gutachten S. 5 h) und S. 19 d)).
5. Das Finanzamt hat sich dem Prüfergebnis angeschlossen und der Bf mit Festsetzungsbescheid gem. § 201 BAO vom , StrNr, ausgehend vom (gutachterlich festgestellten) gemeinen Wert der Liegenschaft (im Bescheid fälschlich: "von der Gegenleistung") die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 37.100 (bzw. Nachforderung von € 20.186,95) vorgeschrieben.
6. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird eingewendet:
Die Übergabe der Liegenschaft sei mit Unterfertigung des Kaufvertrages am erfolgt. Bei Verkauf sei sie noch nicht als Hotelliegenschaft entwickelt gewesen, sondern die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Umwidmung erst am erfolgt. Die Bf habe nach Unterfertigung des Kaufvertrages die Entwicklungsarbeiten durchgeführt, alle Maßnahmen zwecks Umwidmung getroffen und alle diesbezüglichen Investitionskosten alleine getragen. Auch wenn die Gemeinde bereits am die entsprechenden Beschlüsse gefasst habe, so sei zum Zeitpunkt des Kaufvertrages nur eine Widmung "Sonderfläche Parkplatz" vorgelegen. Die Argumentation des Finanzamtes bedeute, dass die Steuerbemessung vom Wert nach Projektentwicklung vorzunehmen wäre. Damit werde verkannt, dass es sich dabei um keine Gegenleistung an den Verkäufer handle. Außerdem seien die Bf und der Verkäufer zueinander fremd bzw. nicht gesellschaftsrechtlich verflochten. Es könne somit davon ausgegangen werden, dass es sich beim vereinbarten Kaufpreis um den tatsächlichen Verkehrswert der nicht entwickelten Grünfläche zum Veräußerungszeitpunkt gehandelt habe.
7. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen; in der gesondert übermittelten Begründung führt das Finanzamt aus:
Die Selbstberechnung der Steuer sei am erfolgt. Im Zuge der Prüfung sei hervorgekommen, dass in der Gemeinderatssitzung am neben der Änderung des Flächenwidmungsplanes auch die Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes sowie Erlassung des Bebauungsplanes beschlossen worden sei. Da somit kein Widerspruch zum örtlichen Raumordnungskonzept vorgelegen habe, hätte bereits zu diesem Zeitpunkt mit der - bloß noch formellen - aufsichtsbehördlichen Genehmigung gerechnet werden können. Den gutachterlich zum festgestellten Verkehrswert habe sohin das Grundstück bereits bei Abschluss des Kaufvertrages gehabt.
8. Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (BFG) ohne weiteres Vorbringen begehrt.
9. Durch Einsichtnahme des BFG in die Grundbuchs-Urkundensammlung wurde noch erhoben, dass betreffend die grundverkehrsbehördliche Genehmigung die "Bestätigung der Anzeige" des Rechtserwerbes (= Kaufvertrag vom ) gemäß § 25a Abs. 2 iVm § 23 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 vom vorliegt.
II. Sachverhalt:
An Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Bf im Jahr 2014 auf dem gegenständlichen Grundstück Gst1. ein Hotelprojekt mit 100 Zimmern/200 Betten entwickelt und hohe Investitionen in das Projekt getätigt hat, um die entsprechenden Genehmigungen zu erhalten bzw. die Genehmigung der Umwidmung von vormals "Sonderfläche Parkplatz" in "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb" zu ermöglichen (siehe laut eigenen Angaben in der Stellungnahme vom ).
In der Gemeinderatssitzung der Gemeinde AA am wurde zu diesem geplanten Hotelprojekt die entsprechende Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes (Ausweisung der Sondernutzung Beherbergungsgroßbetrieb), die Änderung des Flächenwidmungsplanes (Umwidmung von Sonderfläche Parkplatz in Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb mit einer zulässigen Höchstzahl von 200 Betten und 100 Räumen zur Beherbergung von Gästen/gem. § 48 TROG 2011) und die Erlassung eines Bebauungsplanes nahezu einstimmig beschlossen (lt. Gemeinderatsprotokoll vom , Abschnitt 1) 1 a, b und c).
Mit dem am letztlich allseitig unterfertigten Kaufvertrag hat die Bf von der Y-GmbH. zwecks beabsichtigter Hotelerrichtung das neugebildete Gst1. mit der Fläche von 4.393 m² zum vereinbarten Kaufpreis von € 483.230 (€ 110/m²) erworben. Die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages ist ausdrücklich aufschiebend bedingt durch die rechtswirksame Widmung der Liegenschaft als "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb" (Punkt 1.), wovon ua. die Entrichtung der Grunderwerbsteuer und der Grundbuchs-Eintragungsgebühr abhängig gemacht wurde (Punkt 4.). Der Kaufpreis ist in Raten ab zu bezahlen.
Die Grunderwerbsteuer wurde ausgehend vom vereinbarten Kaufpreis in Höhe von € 16.913,05 am selbstberechnet und abgeführt (lt. Finanzamt im Prüfbericht AB-Nr. xxx, Tz. 1, sowie in der Beschwerdevorentscheidung).
Die aufsichtsbehördliche Genehmigung der Umwidmung in "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb" wurde mit Bescheid der XY Landesregierung vom (veröffentlicht am ) erteilt; dem war ua. die abgeschlossene Planänderung vom zugrunde gelegen (siehe "Verordnungsplan der Gemeinde AA zur Änderung des Flächenwidmungsplanes").
Am erfolgte die grundverkehrsbehördliche "Bestätigung der Anzeige" des Rechtserwerbes gem. § 25a Abs. 2 TirGVG.
Vom Sachverständigen DrB wurde, datiert mit und aufgrund des Lokalaugenscheines am , auf den Stichtag ein Verkehrswertgutachten erstellt, wonach im Rahmen eines Vergleichswertverfahrens der Verkehrswert/gemeine Wert des unbebauten Gst1 mit € 1.060.000 festgestellt wurde; dies laut Gutachter unter Berücksichtigung der Lage, Nutzungsmöglichkeit etc. der Liegenschaft sowie unter der Annahme, dass die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung des Beherbergungsgroßbetriebes, dh. die Umwidmung im Flächenwidmungsplan in "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb", bereits vorliegen (siehe Verkehrswertgutachten Punkt II. c) (S. 10) und Punkt IV. (S. 20)).
III. Beweiswürdigung:
Ob ein Sachverhalt als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, ist im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Das Gericht hat dabei gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in freier Überzeugung eine Tatsache als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen. Dabei genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen zu erachten, die gegenüber allen anderen eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat (). Den erstmaligen Angaben der Abgabepflichtigen vor der Abgabenbehörde kommt dabei durchwegs eine höhere Glaubwürdigkeit zu.
Obiger Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt erliegenden, eingangs näher dargelegten und oben im Einzelnen bezeichneten Unterlagen sowie teils aus den eigenen Angaben seitens der Bf. Dabei ist den erstmalig im Zuge der Betriebsprüfung in der Stellungnahme vom gemachten Angaben der Bf dahin, dass das Hotelprojekt bereits 2014 entwickelt und hohe Investitionen getätigt wurden, um alle Genehmigungen und eine Umwidmung zu erhalten, weitaus höhere Glaubwürdigkeit beizumessen als den nachmaligen Beschwerdebehauptungen, dass sämtliche diesbezügliche Maßnahmen (Entwicklung, Investitionen etc.) erst nach Abschluss des Kaufvertrages getroffen worden seien, wobei dies mit den am getroffenen Gemeinderatsbeschlüssen ohnehin nicht in Einklang zu bringen wäre.
IV. Rechtslage:
1. Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl 1987/309 idgF., unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.
Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idF BGBl I 2014/36 (ab bis ) war die Grunderwerbsteuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung (§ 5), jedoch nach Abs. 2 Z 3 lit a dieser Bestimmung dann vom gemeinen Wert zu berechnen, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist oder die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes.
Die Steuerschuld entsteht gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG 1987, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.
Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung (§ 8 Abs. 2 GrEStG 1987).
Nach § 10 Abs. 1 GrEStG 1987 sind Erwerbsvorgänge, die diesem Bundesgesetz unterliegen, bis zum 15. Tag des der Entstehung der Steuerschuld zweitfolgenden Monates beim Finanzamt mit einer Abgabenerklärung anzuzeigen. Ist über den Erwerbsvorgang eine Schrift (Urkunde etc.) ausgefertigt worden, so ist sie unter Angabe der Erfassungsnummer dem Finanzamt in Abschrift zu übermitteln. Diese Verpflichtungen entfallen bei Erwerbsvorgängen, für die gemäß § 11 eine Selbstberechnung der Steuer erfolgt.
Gemäß § 11 Abs. 1 GrEStG 1987 sind Rechtsanwälte und Notare (Parteienvertreter) nach Maßgabe der §§ 12, 13 und 15 befugt, die Steuer für Erwerbsvorgänge, die diesem Bundesgesetz unterliegen, als Bevollmächtigte eines Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung (§ 10) erfolgt.
Nach § 13 Abs. 1 GrEStG haben die Parteienvertreter bis zum 15. des zweitfolgenden Monates eine Anmeldung über die selbstberechneten Vorgänge elektronisch beim Finanzamt vorzulegen. Die Anmeldung gilt als Abgabenerklärung.
Die Aufbewahrungsfrist zu allen bezughabenden Unterlagen/Schriften beträgt 7 Jahre. Gem. § 15 Abs. 2 GrEStG ist das Finanzamt befugt, Prüfungen hinsichtlich sämtlicher in der Anmeldung enthaltenen Angaben durchzuführen.
2. Rechtsprechung:
a) gemeiner Wert:
Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei dessen Veräußerung zu erzielen wäre. Alle, aber nur die gewöhnlichen Umstände, die den Preis beeinflussen, sind bei der Bestimmung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen.
Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (zB ).
Die brauchbarste Methode für die Feststellung des gemeinen Wertes eines Grundstückes wird der Vergleich mit tatsächlich in zeitlicher Nähe zum Feststellungszeitpunkt erfolgten Kaufgeschäften sein (vgl. ).
Der gemeine Wert kann durch verschiedene Beweismittel, zB Kaufpreis bei nicht lange zurückliegendem Ankauf oder auch Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften oder Immobilienpreisspiegel glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzungsgutachten nachgewiesen werden.
Ein von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen zum Nachweis des gemeinen Wertes erstellte Schätzungsgutachten hat grundsätzlich die Vermutung der Richtigkeit für sich.
(siehe zu vor auch: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 16 f. zu § 4 und Rz 25 ff. zu § 5)
b) Entstehung der Steuerschuld:
Wenn ein dem Grunderwerbsteuergesetz unterliegender Rechtsvorgang von einer (aufschiebenden) Bedingung oder von einer Genehmigung abhängig ist, so entsteht die Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung (vgl. zB uva.).
Aufschiebend ist eine Bedingung, wenn ein Rechtserwerb an sie geknüpft ist (). Maßgebend iSd § 8 Abs. 2 GrEStG ist sohin, ob die Wirksamkeit des Erwerbes vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung (Suspensivbedingung) abhängig ist (, 0095).
Bedarf ein Rechtsgeschäft der Genehmigung einer Behörde, so ist es aufschiebend bedingt bzw. schwebend unwirksam. Die Steuerschuld entsteht gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG nicht ex tunc, sondern erst mit der entsprechenden Genehmigung (vgl. ).
Da die Genehmigung nach den Regeln des bürgerlichen Rechts - anders als die aufschiebende Bedingung - auf den Zeitpunkt des Abschlusses des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäftes zurückwirkt, sind für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer die Verhältnisse (Steuersatz, Bemessungsgrundlage) am Tag des Vertragsabschlusses maßgeblich (vgl. u.a.; L 493/1-IV/10/00, ÖStZ 2000, 689).
(vgl. zu vor in: Fellner, aaO, Rzn 17-21 und 34-35 zu § 8 mit weiterer hg. Judikatur)
V. Erwägungen:
Im Gegenstandsfall wurde die Rechtswirksamkeit des mit allseitiger Unterfertigung am abgeschlossenen Kaufvertrages von den Vertragsparteien ausdrücklich unter die aufschiebende Bedingung der rechtswirksamen Umwidmung bzw. Änderung der Flächenwidmung in "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb" gestellt (siehe Punkt "I. Präambel" und unter Vertragspunkt 4.). Die diesbezüglich aufsichtsbehördliche Genehmigung der Umwidmung wurde mit Bescheid der XY Landesregierung am (veröffentlicht am ) erteilt. Erst mit Eintritt dieser dem Vertrag beigefügten aufschiebenden Bedingung wurde der Vertrag rechtswirksam und ist sohin gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG die Steuerschuld entstanden.
Damit übereinstimmend ist auch die Anmeldung des Rechtsvorganges bzw. die Selbstberechnung und Entrichtung der Grunderwerbsteuer erst in der Folge der entstandenen Steuerschuld entsprechend den Bestimmungen nach §§ 10 f. GrEStG am erfolgt.
Daneben gilt festzuhalten, dass eine (bescheidmäßig) grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Rechtserwerbes zufolge der "Bestätigung der Anzeige" gemäß § 25a Abs. 2 iVm § 23 TirGVG 1996 vom offenkundig nicht erforderlich war.
Im Hinblick auf die gegenständlich von den Parteien hinzugefügte aufschiebende Bedingung der Genehmigung der Umwidmung, ist - wie oben dargelegt im Gegensatz zu einer für die Rechtswirksamkeit unabdingbar erforderlichen behördlichen Genehmigung (zB grundverkehrsbehördliche Genehmigung; vgl. ) - hier nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäftes abzustellen. Für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer sind daher vielmehr die Verhältnisse (Steuersatz, Bemessungsgrundlage) zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgebend.
Gegenstand des Erwerbes bei Entstehung der Steuerschuld ist daher das zu diesem Zeitpunkt zugleich (am ) vorliegende umgewidmete Grundstück.
Da der mit Sachverständigengutachten vom festgestellte gemeine Wert/Verkehrswert abstellt auf das umgewidmete Grundstück bzw. gestützt ist auf die Annahme, dass die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen zur Hotelerrichtung bzw. die Widmung als "Sonderfläche Beherbergungsgroßbetrieb" rechtskräftig vorliegen (siehe Gutachten Punkt II. c) und Punkt IV.), ist sohin zum gegenständlich maßgebenden Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld der gutachterlich ermittelte Verkehrswert der Liegenschaft in Höhe von € 1.060.000 der Steuerbemessung zugrunde zu legen.
Angemerkt wird, dass laut SV-Gutachten (S. 5) die investierten Entwicklungskosten unberücksichtigt geblieben sind und damit eine allfällig daraus resultierende Werterhöhung - entgegen dem Beschwerdevorbringen - ohnehin nicht in den festgestellten gemeinen Wert miteingeflossen ist.
Im Übrigen ist nicht zu übersehen, dass laut eigenen Angaben (siehe Stellungnahme vom ) sämtliche wesentlichen Vorarbeiten wie Projektentwicklung und damit verbundene Investitionen etc. bereits vorab im Jahr 2014 getätigt wurden, um den Erhalt der erforderlichen behördlichen Genehmigungen zu gewährleisten, wozu die diesbezüglich zustimmenden Gemeinderatsbeschlüsse bereits in der Sitzung am gefasst wurden. Nach Ansicht des BFG kann demzufolge - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht davon gesprochen werden, dass das Grundstück "bei Verkauf noch nicht als Hotelliegenschaft entwickelt gewesen" sei und sämtliche Maßnahmen zwecks Umwidmung bzw. die Durchführung aller Entwicklungsarbeiten erst NACH Abschluss des Kaufvertrages (di. mit allseitiger Unterfertigung am ) erfolgt seien. Zudem stünde dieses Vorbringen - wie oben unter "Beweiswürdigung" ausgeführt - in offenkundigem Widerspruch zu den Gemeinderatsbeschlüssen vom , die wohl nur anhand des eingereichten, nahezu vollständig ausgearbeiteten bzw. entwickelten Hotelprojektes getroffen werden konnten. Insofern könnte auch den Ausführungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung (wie auch im Vorlagebericht), aufgrund der in der betr. Gemeinderatssitzung beschlossenen Änderungen des Flächenwidmungsplanes, des Raumordnungskonzeptes und der Erlassung eines Bebauungsplanes für das Hotelprojekt sei davon auszugehen, dass kein Widerspruch zum örtlichen Raumordnungskonzept vorgelegen habe und somit bereits zu diesem Zeitpunkt mit der aufsichtsbehördlichen Genehmigung habe gerechnet werden können, grundsätzlich nicht entgegen getreten werden.
VI. Ergebnis:
Gegenstand des Erwerbsvorganges im hier maßgebenden Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG, di. mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung der aufsichtsbehördlich genehmigten Umwidmung der Liegenschaft am , war das umgewidmete Grundstück, für welches der Verkehrswert/gemeine Wert mit Sachverständigengutachten in Höhe von € 1.060.000 festgestellt worden war.
Gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 lit a GrEStG 1987 idgF. ist daher dieser (höhere) gemeine Wert der Liegenschaft der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen.
Der Beschwerde konnte sohin kein Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage, ob eine aufschiebende Bedingung vorliegt, wann diesbezüglich die Steuerschuld entsteht und auf welche Verhältnisse zu welchem Zeitpunkt (Abschluss Rechtsgeschäft oder Entstehung der Steuerschuld) ua. bei der Steuerbemessung abzustellen ist, liegt die oben dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Im Übrigen handelt es sich um die sachverhaltsbezogene Lösung von Tatfragen im Einzelfall.
Eine ordentliche Revision ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, war doch mit dem Erkenntnis insgesamt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 8 Abs. 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 25a Abs. 2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl. Nr. 61/1996 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100272.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at