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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 13.07.2021, RV/7100587/2020

Familienheimfahrten nach Polen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Richter Dr. Wolfgang Pavlik, die Richterin MMag. Elisabeth Brunner, die Laienrichterin Mag. Claudia Strohmaier und den Laienrichter Erwin Agneter, über die Beschwerde des Bf., Wien, vom , gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (Bf), ein polnischer Staatsbürger, ist seit mehr als 15 Jahren in Österreich beschäftigt und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Ehegattin und die beiden Kinder (geb. 1997 und 2000) leben in Polen.

Der Bf machte in der ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 vom u.a. Familienheimfahrten iHv € 3.670,00 als Werbungskosten geltend.

Am erging an den Bf seitens des Finanzamtes (FA) folgender Ergänzungsvorhalt:

"Voraussetzungen für die steuerliche Absetzbarkeit einer doppelten Haushaltsführung sowie von Familienheimfahrten sind u.a., dass die Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes anhand einer der folgenden Gründe unzumutbar sein muss:

. der (Ehe)Partner verdient mehr als 6.000,- € jährlich
. man übt selbst eine zweite Berufstätigkeit in der Nähe des Familienwohnsitzes aus
. bei ständig wechselnden Arbeitsstätten
. wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist (bei Entsendung von Ihrem Arbeitgeber am Familienwohnsitz in ein anderes Land)

. bei Unzumutbarkeit der Mitübersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor (z. B. bei einem Alleinstehenden oder einem Steuerpflichtigen, dessen Ehegatte oder Lebensgefährte nicht mehr als 6.000,- € jährlich verdient), so können die Kosten für eine beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden.

.Warum ist die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort Ihres Arbeitsplatzes (Wien) nicht möglich?

. Meldebestätigung aller am Familienwohnsitz lebenden Personen

. Nachweis darüber, dass es sich beim Familienwohnsitz um Ihren eigenen Hausstand handelt (Miet-, Kaufvertrag, Grundbuchsauszug)

. Einkommensnachweis Ihrer (Ehe)Partnerin (durch am Familienwohnsitz ansässige Steuerbehörde ausgefülltes Formular E9)

. Mietvertrag der Wohnung in Wien

. genaue Aufstellung der Heimfahrten mit Angaben zu jeder Reise hinsichtlich Datum der Hin-und Rückreise und dem verwendeten Verkehrsmittel, bei Fahrten mit dem eigenen KFZ: Vorlage des detailliert geführten Fahrtenbuches, des KFZ-Zulassungsscheines, sowie sämtliche Tankbelege

. Bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Vorlage der Tickets

Sämtliche Unterlagen sind ggf. in beglaubigter Übersetzung in die deutsche Sprache nachzureichen"

Der Bf legte dem FA am die Gehaltszettel des Dienstgebers für 2018, den Grundsteuerbescheid vom betreffend das Haus in Polen, einen Zulassungsschein für das von ihm verwendete Kraftfahrzeug, handschriftliche Aufzeichnungen über Familienheimfahrten 2018 mit Datum, Uhrzeit der Abfahrt, Ankunftszeit, Ort (von nach) und Entfernung (jeweils 482 km, insgesamt 15.662 km) sowie eine Bescheinigung EU/EWR der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) von 2018 betreffend seine Ehegattin vor, derzufolge diese in Polen keine steuerpflichtigen Einkünfte bezog.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurden die vom Bf geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten mit der Begründung nicht berücksichtigt, dass der Bf die benötigten Unterlagen (zum Teil) nicht bzw. nicht in beglaubigter Übersetzung beigebracht habe. Die Aufwendungen hätten daher in freier Beweiswürdigung nur in Höhe der nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Aufwendungen berücksichtigt werden können.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde vom , persönlich dem FA überreicht am , brachte der Bf vor, dass die von ihm geltend gemachten Aufwendungen von Familienheimfahrten iHv € 3.670,00 beruflich veranlasst seien. Er fahre fast jede Woche nach Polen. Die Entfernung von Österreich betrage 382 Km. Die Übersiedlung der gesamten Familie sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz nur Werbungskosten seien, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorlägen. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in üblicher Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne, weil zum Beispiel der/die (Ehe-)Partner(in) am Ort des Familienwohnsitzes (un)selbständige Einkünfte in relevanter Höhe erziele (mehr als € 6.000,00 jährlich). Dies sei im Fall des Bf laut den vorgelegten Bescheinigungen jedoch nicht gegeben. Da im Fall des Bf somit die Voraussetzungen nicht zutreffen, hätten die geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht als Werbungskosten im Sinne des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1988 berücksichtigt werden können.

Der Bf stellte am einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht und bringt vor, dass sein Familienwohnsitz in Polen 382 km von Österreich entfernt liege. Eine tägliche Rückkehr könne nicht zugemutet werden. Seine Gattin lebe in Polen und sei nicht erwerbstätig. Er arbeite in Österreich und lebe in einer Firmenwohnung mit Kollegen und fahre einmal monatlich nach Polen. Die Übersiedlung der gesamten Familie sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar, weil er in Polen ein Wohnhaus und einen 3,5 Ha Grund besitze (Verweis auf Beilage).

Der Bf beantragte gemäß § 272 BAO die Entscheidung durch den zuständigen Senat des Bundesfinanzgerichtes.

Das FA legte mit Vorlagebericht vom die Beschwerde dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bf ist polnischer Staatsbürger, verheiratet und Vater von zwei Kindern, geboren 1997 und 2000.

Seine Gattin und die volljährigen Kinder haben den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Polen. Die Familie besitzt in Polen ein Haus samt Ackerland von ca. 3,2 Ha.

Die Gattin hatte im Jahr 2018 keine steuerpflichtigen Einkünfte in Polen.

Der Bf ist seit 2003 mit wechselnden Nebenwohnsitzen in Österreich gemeldet, arbeitet seit dieser Zeit in Österreich und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Einkünfte des Bf aus nichtselbständiger Arbeit betrugen im Streitjahr 2018 knapp € 27.000,00. Die Einkünfte des Bf aus der Bewirtschaftung des Ackerlandes sind unerheblich.

Die Entfernung (Fahrtstrecke mit Kfz) vom Nebenwohnsitz des Bf in Wien zum Familienwohnsitz in Polen, beträgt 426 Km (Fahrtzeit lt. Google maps 4 Stunden und 19 Minuten).

Taugliche Nachweise über Familienheimfahrten wurden nicht erbracht (s. unten rechtliche Beurteilung).

Beweiswürdigung:

Die persönlichen Verhältnisse des Bf sind den Verwaltungsakten zu entnehmen und unstrittig.

Die nichtselbständige Tätigkeit des Bf im Inland ist erwiesen. Die Höhe der nichtselbständigen Einkünfte ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Einkommensteuerbescheid.

Der Bf hat keine landwirtschaftlichen Einkünfte nachgewiesen, sondern lediglich vorgebracht, er besitze einen Grund von 3,5 Ha. Er hat nachgewiesen, dass er für Ackerland (3,1873 physische Fläche, 1,1990 Berechnungsfläche) eine Landwirtschaftssteuer von 64,20 PLN (ca. € 15,00) bezahlt, sodass im Hinblick auf die Größe des Ackerlandes und die darauf entfallende Steuer sowie den fehlenden Nachweis von Einkünften davon auszugehen sind, dass diese im Vergleich zu den inländischen nichtselbständigen Einkünften unerheblich sind.

Die Gattin des Bf bezog 2018 in Polen im Jahr 2018 keine steuerpflichtigen Einkünfte (Bescheinigung EU/EWR der ausländischen Steuerbehörde zur Einkommensteuererklärung für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der EU und des EWR für 2018 - Formular E 9).

Die Wohnsitze des Bf sind durch den Verwaltungsakt (Bescheid vom des Bürgermeisters der Gemeinde XY.) und durch eine ZMR-Abfrage erwiesen.

Laut Bescheinigung vom (beglaubigte Übersetzung aus dem Polnischen) hat der Bf seit den gewöhnlichen Aufenthalt in XY. und sind an der Adresse seine Gattin und die beiden Kinder gemeldet.

Rechtliche Beurteilung:

Rechtsgrundlage:

§ 16 Abs 1 EStG 1988 definiert Werbungskosten als Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 20 Abs 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit. c EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen, nicht abgesetzt werden.

Doppelte Haushaltsführung:

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für eine doppelte Haushaltsführung (Familienwohnsitz, weiterer Wohnsitz am Beschäftigungsort) sind steuerlich nur zu berücksichtigen, wenn eine berufliche Veranlassung für die doppelte Haushaltsführung besteht. Von einer beruflichen Veranlassung ist dem Grunde nach auszugehen, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen so weit von seinem Beschäftigungsort entfernt ist, dass ihm die tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes noch als durch die Einkunftserzielung veranlasst gilt (vgl. , , , , , vgl. auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch Rz 102 zu § 16 EStG, 664 letzter Absatz).

Vorübergehende und auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung:

Unterschieden wird zwischen einer vorübergehenden und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung. Der wesentliche Unterschied zwischen einer vorübergehenden und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung liegt darin, dass von einer vorübergehenden doppelten Haushaltsführung dann gesprochen wird, wenn die nachgewiesene Absicht besteht, nach einem absehbaren Zeitraum der auswärtigen Berufsausübung wieder an den Ort des Familienwohnsitzes zurückzukehren, während eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung die Verlegung des Familienwohnsitzes auf längere Sicht unzumutbar erscheinen lässt. Für beide Arten der doppelten Haushaltsführung gilt allgemein, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen ().

Familienheimfahrten:

Familienheimfahrten sind die Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz, also zwischen zwei Wohnungen. Es liegt sohin ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung zu verweisen wäre.

Steuerlich absetzbar werden diese Kosten allerdings dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird (vgl. Doralt, EStG13, § 16 Rz 220 Familienheimfahrten sowie Rz 200/14).

Nach der Judikatur des VwGH sind die Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Arbeitsstätte vom Familienwohnort so weit entfernt ist, dass die tägliche Rückkehr nicht mehr zumutbar ist, weil die Arbeitsstätte außerhalb des Einzugsbereiches des Familienwohnsitzes liegt (vgl. , , vgl auch Zorn in Hofstätter / Reichel, EStG Kommentar § 16 Abs 1 Z 6 Tzen 72, 75, und die dort zitierte VwGH-Rechtsprechung; Jakom/Lenneis EStG, 2015, § 16 Rz 56 "Doppelte Haushaltsführung").

Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familien-wohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt ().

Familienwohnsitz ist jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (, , vgl auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch Rz 102 zu § 16 EStG, 665).

Im Streitfall ist der Familienwohnsitz des Bf in Polen ca. 400 Kilometer von seinem Beschäftigungsort in Wien entfernt, sodass eine tägliche Rückkehr zweifelsfrei nicht zugemutet werden kann.

Aufwendungen für Familienheimfahrten können bis zur Höhe des großen Pendlerpauschales (bei einer einfachen Fahrtstrecke von über 60 Kilometer) - dieses betrug im Streitjahr 3.672,00 Euro - Berücksichtigung finden.

Voraussetzung der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes:

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des (Familien-)Wohnsitzes kann ihre Ursachen in der privaten Lebensführung (ausnahmsweise, wenn objektiv beachtenswerte Umstände wie zB die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger vorliegen) als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit des (Ehe-)Partners haben (; , 2001/13/0216, ). Diese Umstände müssen aber von erheblichem objektiven Gewicht sein (vgl. , , ).

Ist die Wahl oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen, sind die daraus entstandenen Aufwendungen (wenn nicht besondere, objektiv beachtenswerte Umstände vorliegen, siehe oben) nicht abzugsfähig (-G/04, vgl. , und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, ist nach den Umständen des Einzelfalles () und aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. , ). Auf die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung in einem früheren Zeitraum kommt es somit nicht an (vgl. ; , VwSlg 8874/F). Beispielsweise lässt sich die Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung im jeweiligen Streitjahr mit der jahrelangen Beibehaltung des Familienwohnsitzes und der ohnehin durch die Behörde erfolgten Anerkennung einer jahrelangen Übergangszeit nicht begründen (vgl. , VwSlg 8265/F).

Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen und nachzuweisen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes als unzumutbar ansieht.

Die Abgabenbehörde ist nicht verpflichtet, die behauptete Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung unter Gesichtspunkten zu prüfen, die der Abgabepflichtige trotz gebotener Gelegenheit nicht vorgetragen hat (, , ).

Keine Gründe für die Unzumutbarkeit der Verlegung des (Familien-)Wohnsitzessind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die folgenden:

- Einkünfte des Ehepartners des Steuerpflichtigen von untergeordnetem Ausmaß. Betragen die Einkünfte des (Ehe)Partners höchstens 6.000,00 Euro, machen sie jedoch mehr als ein Zehntel der Einkünfte des Steuerpflichtigen aus, kommt den Einkünften des (Ehe-)Partners eine wirtschaftliche Bedeutung zu, die aus der Sicht des Steuerpflichtigen die Unzumutbarkeit eines Wechsels des Familienwohnsitzes bewirken kann (, vgl auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 16 Tz 102, und Doralt, EStG7, § 4 Tz 351).
- wenn der Lebensmittelpunkt des Ehepartners seit jeher am derzeitigen Familienhaupt-wohnsitz liegt ();

- Beeinträchtigung der persönlichen Befindlichkeit der Ehefrau durch einen Umzug an den Ort der Erwerbstätigkeit des Ehemannes (vgl. etwa zu "Heimweh" );

- Verlust des "sozialen Umfeldes" begründet keine steuerlich beachtenswerten Gründe für die Beibehaltung des Wohnsitzes (vgl. );

- Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes (, ).

Ergebnis:

Der Bf brachte im Vorlageantrag vor, dass seine Gattin nicht erwerbstätig sei. Die Übersiedlung der gesamten Familie sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar, weil er in Polen ein Wohnhaus und einen 3,5 ha Grund besitze.

Der Bf ist seit mehr als 15 Jahren in Österreich nichtselbständig erwerbstätig.

Die belangte Behörde gab dem Bf Gelegenheit, die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht.

Von einer Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung zufolge nennenswerter Einkünfte seiner Ehegattin am Familienwohnort oder in dessen Nähe ist nicht auszugehen, da die Ehegattin erwiesenermaßen im Jahr 2018 keine Einkünfte erzielt hat, der Gesamtbetrag der Einkünfte des Bf im Jahr 2018 knapp € 27.000,00 betrug und die landwirtschaftlichen Einkünfte (aus der Bewirtschaftung des Ackerlandes) unerheblich sind.

Der Bf brachte auch nicht vor, dass er die Verlegung des Familienwohnsitzes je in Erwägung gezogen hat. Der Beschwerdefall lässt somit erkennen, dass der Bf eine doppelte Haushaltsführung nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer angelegt hat.

Nach der Rechtsprechung liegt eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht schon deshalb vor, weil der Steuerpflichtige am Familienwohnsitz ein Eigenheim (errichtet) hat.

Diese seine Entscheidung muss es dem Bf, da ihm keine aus der Sicht seiner Person zu bejahende Unzumutbarkeit des Wohnsitzwechsels zu Grunde liegt, allerdings verwehren, die aus der Beibehaltung des Familienwohnsitzes resultierenden Mehraufwendungen seiner Berufstätigkeit in Österreich auf dem Wege des Werbungskostenabzuges zu Lasten des Steueraufkommens von der Allgemeinheit finanzieren zu lassen.

Der Umstand, dass der Bf in Polen ein Haus und ein Grundstück besitzt, sind im Sinne der dargestellten Judikatur keine beachtenswerten, objektiven wirtschaftlichen Gründe, sondern handelt es sich um subjektive, persönliche Vorlieben für das Beibehalten des Familienwohnsitzes in Polen und somit steuerlich unbeachtlich.

Wie die belangte Behörde im Vorlagebericht zu Recht ausführt, können wirtschaftliche Gründe, wie etwa das Unterhalten einer der Eigenversorgung dienenden Landwirtschaft, eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes nur begründen, wenn zusätzlich am Familienwohnsitz unterhaltsberechtigte und betreuungsbedürftige Kinder leben (vgl. RZ 345 LStR 2002 und Lenneis in Jakom EStG, 12. Aufl. 2019, § 16, V. ABC der Werbungskosten Rz 56 Stichwort Doppelte Haushaltsführung Punkt d). Da beide Kinder des Bf im Jahr 2018 bereits volljährig waren, kann wohl nicht von betreuungsbedürftigen Kindern ausgegangen werden. Es ist davon auszugehen, dass bei volljährigen Kindern grundsätzlich keine Ortsgebundenheit des haushaltsführenden Elternteils mehr besteht (s ).

Da die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung somit nicht vorliegen, sind auch die geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten nicht anzuerkennen.

Im Übrigen hat der Bf auch keinen geeigneten Nachweis für die von ihm geltend gemachten Aufwendungen für die Familienheimfahrten erbracht (zB keine Vorlage eines Fahrtenbuches, keine Treibstoffrechnungen). Der vom FA abverlangte Mietvertrag für die Wohnung in Wien wurde ebenfalls nicht vorgelegt.

Das FA hat die Berücksichtigung der beantragten Aufwendungen für Familienheimfahrten daher zu Recht nicht gewährt.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Ob die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort zumutbar ist, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () jeweils im Einzelfall, bezogen auf die konkret vorliegenden tatsächlichen Umstände, zu beurteilen. Das gegenständliche Erkenntnis war somit nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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